Bewegender Roman über das Artensterben
ZugvögelIn diesem Roman befinden wir uns in einer Zukunft, die leider gar nicht mehr weit entfernt scheint, wenn wir die Klimakrise nicht unter Kontrolle bekommen. Das Artensterben ist bereits in vollem Gange. ...
In diesem Roman befinden wir uns in einer Zukunft, die leider gar nicht mehr weit entfernt scheint, wenn wir die Klimakrise nicht unter Kontrolle bekommen. Das Artensterben ist bereits in vollem Gange. Die Küstenseeschwalben sind eine der letzten Vogelarten, die noch nicht ausgestorben sind. Sie haben die längste Flugstrecke, denn sie sind der einzige Zugvogel, der in der Nordpolarregion brütet und in der Südpolarregion überwintert.
Ornithologin Franny Stones größter Wunsch ist es, diese Vögel zu begleiten. Sie schafft es Peilsender bei drei Küstenseeschwalben anzubringen. Obwohl ihr der Artenschutz sehr am Herzen liegt, kann sie nur mit einem Hochseefischerboot diese Reise starten.
"Ich erforsche die Flugrouten der Küstenseeschwalbe, unter besonderer Berücksichtigung der Frage, wie der Klimawandel ihre Fluggewohnheiten verändert." (S. 41/42)
In Ennie Malone, Kapitän eines dieser Boote, scheint sie endlich jemand gefunden zu haben, der genauso verrückt zu sein scheint, wie sie selbst. Bis sie ihn jedoch dazu überreden kann, seine Route zu ändern, dauert es. Die Fischerei liegt darnieder und es gibt nur noch wenige aktive Fischerboote. Franny weist sie deshalb darauf hin, dass die Küstenseeschwalben wissen, wo sich noch Fischschwärme aufhalten, denn sie sind auch ihre Futterquelle. Dies ist der ausschlaggebende Punkt für Kapitän Ennie Malone und seiner Crew, die Franny äußerst misstrauisch gegenüber sind. Eine gefährliche Reise Richtung Antarktis wartet auf sie....
Der Einstieg ist mir nicht sehr leicht gefallen. Nur schwer konnte ich mich mit Franny, geboren in Australien mit irischen Wurzeln, vaterlos und vom anderen Ende der Welt zurück auf die grüne Insel gebracht, identifizieren. Wie ihre Mutter ist Franny rastlos und "leidet an Wanderfüssen". Sie kann nicht allzu lange an einem Ort verweilen und ergreift eher früher als später die Flucht. Franny verspürt außerdem eine tiefe Liebe zum Meer, die ich als eher wasserscheue Person nicht wirklich nachempfinden kann. Trotzdem habe ich ihre Sehnsucht, Verzweiflung und ihren Mut immer durch die Zeilen erkennen können.
Der Weg vom Nord- zum Südpol ist die Rahmenhandlung des Romans. Während wir in der Gegenwart auf engem Raum an Bord der "Saghani" sind, erfahren wir in Rückblenden nach und nach Einzelheiten aus Frannys Leben. Sie ist jedoch eine unzuverlässige Erzählerin und führt den Leser manchmal in die Irre.
In diesen Abschnitten erfahren wir mehr über Frannys Kindheit, den Beginn einer außergewöhnlichen Liebe und einem Geheimnis, welches sie mit sich trägt.
Neben Franny sind auch die weiteren Figuren, wie Niall, Ennis und der Rest der Crew, so lebendig dargestellt, dass man das Gefühl hat, dabeizusein. Ganz besonders mochte ich den kurzen Aufenthalt am Leuchtturm in Neufundland, wo die Familie von Crew Mitglied Samuel, wohnt.
Charlotte McConaghy hat mit ihrem Debüt einen Roman erschaffen, der unter die Haut geht und nachdenklich macht. Man spürt immer wieder Frannys Kampf gegen die Zerstörung der Umwelt und auch ihren eigenen, der sie schier zerreißen möchte. Man erlebt ihrem Schmerz und ihre selbstzerstörerischen Kräfte "hautnah" mit. Die Naturbeschreibungen, das Leben auf dem Schiff und die Kälte in den Eismeeren sind sehr bildhaft dargestellt. Das Artensterben ist allgegenwärtig und macht beim Lesen sehr nachdenklich. Es bleibt ein tragisches und schmerzhaftes Gefühl beim Lesen, welches mit einem kleinen Hoffnungsschimmer am Ende dann doch noch versöhnlich ist.
Fazit:
Eine bewegende und intensive Geschichte, die beim Lesen sehr starke Gefühle hervorruft. Für Natur- und Meerliebhaber ein solutes MUSS!