Cover-Bild Und alle so still
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23,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Rowohlt
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 368
  • Ersterscheinung: 16.04.2024
  • ISBN: 9783498002985
Mareike Fallwickl

Und alle so still

Ein großer feministischer Gesellschaftsroman über Widerspruchsgeist und Solidarität 

An einem Sonntag im Juni gerät die Welt aus dem Takt: Frauen liegen auf der Straße. Reglos, in stillem Protest. Hier kreuzen sich die Wege von Elin, Nuri und Ruth. Elin, Anfang zwanzig, eine erfolgreiche Influencerin, der etwas zugestoßen ist, von dem sie nicht weiß, ob es Gewalt war. Nuri, neunzehn Jahre, der die Schule abgebrochen hat und versucht, sich als Fahrradkurier, Bettenschubser und Barkeeper über Wasser zu halten. Ruth, Mitte fünfzig, die als Pflegefachkraft im Krankenhaus arbeitet und deren Pflichtgefühl unerschöpflich scheint.

Es ist der Beginn einer Revolte, bei der Frauen nicht mehr das tun, was sie immer getan haben. Plötzlich steht alles infrage, worauf unser System fußt. Ergreifen Elin, Nuri und Ruth die Chance auf Veränderung?

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.06.2024

Ein literarischer Schlag in die Magengrube.

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Mareike Fallwickl hat wieder einmal zugeschlagen. Mit Worten. Ihre Romane sind immer ein Schlag in die Magengrube. Schon bei "Die Wut, die bleibt" habe ich fast körperlich auf ihre Worte reagiert. Ein ...

Mareike Fallwickl hat wieder einmal zugeschlagen. Mit Worten. Ihre Romane sind immer ein Schlag in die Magengrube. Schon bei "Die Wut, die bleibt" habe ich fast körperlich auf ihre Worte reagiert. Ein Kloß im Hals und Wut im Bauch. "Und alle so still" hat mich wieder genauso hart getroffen.

Fallwickl stößt hier einen Gedanken an, den ich bisher nicht in dieser meerscharfen Klarheit zuende gedacht habe: Was passiert, wenn Frauen von jetzt auf gleich alle Care-Arbeit niederlegen und sich einfach verweigern?! Wenn das, was seit Jahrhunderten gesellschaftlich als völlig "normal" angesehen wird, plötzlich einfach nicht mehr stattfindet? Mir hat dieses Gedankenexperiment in seiner unglaublichen Radikalität eine Gänsehaut nach der anderen beschert. Gerade Ruth, die sich aufopfernde Krankenschwester, hat es mir besonders angetan. Ruth, die ihren behinderten Sohn pflegte und sich dadurch ins gesellschaftliche Aus katapultierte. Weil eine vermeintliche "Normalität" uns so sehr bestimmt, dass wir davon abweichende Realitäten und Lebensverläufe gar nicht zulassen und mitdenken können. Ich weiß genau wovon Ruth spricht. Aus eigener, familiärer und beruflicher Erfahrung. Oder Nuri, der in absolut prekären Verhältnissen lebt und sich von einem miesen Job zum nächsten schleppt, um irgendwie zu überleben - auch vor dieser Realität verschließen wir nur zu gerne die Augen.

Klar, nun könnte man fragen, warum Fallwickl das alles mit dem literarischen Holzhammer erzählen muss? Denn ihre Bücher sind unglaublich schmerzhaft und ja, in gewisser Hinsicht auch belehrend. Weil meiner Meinung nach eine "nette" Geschichte einfach nicht mehr ausreicht. Es gibt unzählige Geschichten, die genauso viel bewirken wie das Klatschen für die Pflege in der Pandemie. Man klatscht, dreht sich um und macht weiter mit dem eigenen Kram. Fallwickels Romane sind radikal, sie gehen einen Schritt weiter (vielleicht auch einen zu weit) und denken um die Ecke. Das bleibt in Erinnerung, das lässt einen nicht so schnell los. Mich jedenfalls nicht.

Für mich war "Und alle so still" jedoch weniger ein Roman, als vielmehr ein Theaterstück. Das ist auch mein einziger Kritikpunkt. Die Figuren wirken ein wenig wie Schablonen oder Marionetten, die für diesen oder jenen Zweck auf die Bühne gestellt und verschoben werden. Man schaut von außen auf ihre Handlungen, aber bekommt sehr wenig von ihren Gedanken, Gefühlen und individuellen Entwicklungen mit. In diesem Fall heiligt der Zweck die Mittel, aber insgesamt war mir der Text als Roman ein wenig zu fragmentarisch. Auf einer Bühne würde er hingegen fantastisch funktionieren.

Lest alle diesen Roman oder geht ins Theater (denn ich wünsche mir unbedingt eine Bühnenversion davon!)! Die angesprochenen Themen sind einfach zu wichtig und groß, um nicht wieder und wieder und wieder aufgegriffen zu werden. Fallwickl macht das auf sehr radikale, aber auch berührende Art und Weise. Ich habe so viele Male einen dicken Kloß im Hals und Tränen in den Augen gehabt. Oder vor Wut gezittert. Genau das wollen wir doch von Literatur, oder nicht?

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Veröffentlicht am 21.05.2024

Der stumme Protest der Frauen

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Und alle so still – Mareike Fallwickl
Was würde denn eigentlich passieren, wenn die Frauen einfach all ihre Arbeit niederlegen würden? Sich einfach wortlos auf den Boden legen würden und nicht mehr verfügbar ...

Und alle so still – Mareike Fallwickl
Was würde denn eigentlich passieren, wenn die Frauen einfach all ihre Arbeit niederlegen würden? Sich einfach wortlos auf den Boden legen würden und nicht mehr verfügbar wären. Wer würde all die Care-Arbeit übernehmen – zuhause oder auch im Krankenhaus? All die schlecht bezahlten, typischen „Frauenberufe“ – was würde geschehen?
Das Grundthema dieses Romans ist die fehlende Wertschätzung der überwiegend von Frauen ausgeübten Tätigkeiten und die anhaltende Erschöpfung vieler Frauen.
Wieder ein wütendes, feministisches Werk von der österreichischen Autorin. Während „Die Wut, die bleibt“ einen Ist-Zustand dokumentierte, spielt „Und alle so still“ mit der Möglichkeit eines Protests, eines kollektiven Burn-outs.
Erzählt wird diese Geschichte in drei Handlungssträngen. Da ist einmal Elin, eine junge Influencerin, die Gewalt erfahren hat und sich in ihrem Leben nicht mehr wohl fühlt. Nuri ist ein junger Mann mit Migrationshintergrund, Schulabbrecher, der keinen Fuß auf den Boden bekommt und zusätzlich mit einem toxischen Männlichkeitsbild kämpft. Und dann ist da noch Ruth, eine Pflegefachkraft in ihren Fünfzigern, die im Krankenhaus arbeitet und ihre Belastungsgrenze eigentlich längst erreicht hat. Diese drei Figuren geraten nun in diese stummen Proteste der Frauen.
Mit Ruth konnte ich mich noch am besten identifizieren. Der Pflegenotstand, der eskaliert – ein wichtiges, spannendes Thema. Elin blieb für mich leider relativ blass. Und Nuri ist eigentlich eine sympathische Figur, allerdings ist er im gesamten, durchgehend Männer bashenden Roman, der einzige vernünftige Vertreter seiner Gattung. Dass dies ausgerechnet ein junger Mann mit Migrationshintergrund vom Rande der Gesellschaft sein musste, passt für mich nicht so richtig.
Meiner Meinung nach hat sich die Autorin hier ein wenig übernommen mit dem Versuch, die Themen für drei Romane in einen einzigen zu quetschen. Ich finde, das Pflege-Thema hätte ein eigenes Buch verdient gehabt, ohne durch andere, nur halb ausgearbeitete Themen überlagert zu werden. Das ist schade, denn Fallwickl hat einen wunderbaren Schreibstil. Dennoch hat sie mich hier nicht so sehr fesseln können, wie in ihrem Vorgänger.
3 Sterne

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Veröffentlicht am 08.05.2024

Wichtiger Roman, der gerne drastischer hätte sein dürfen

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Inhalt:
Es ist scheinbar ein Tag wie jeder andere, aber einzelne Frauen legen sich in einem stillen Protest auf den Boden. Wir sehen Ruth im Zwiespalt zwischen ihrer Verantwortung als Krankenpflegerin ...

Inhalt:
Es ist scheinbar ein Tag wie jeder andere, aber einzelne Frauen legen sich in einem stillen Protest auf den Boden. Wir sehen Ruth im Zwiespalt zwischen ihrer Verantwortung als Krankenpflegerin und ihrer persönlichen Erschöpfung, Elin, die sehr wohlhabend aufgewachsen ist und als Influencerin arbeitet und Nuri, dessen Eltern nach Österreich gekommen sind, in der Hoffnung, sich ein neues Leben aufzubauen und der sich von schlecht bezahltem Gelegenheitsjob zu Gelegenheitsjob rettet.
Wir lesen, wie die Menschen sich einander annähern, wie unsere Hauptfiguren sich kennenlernen, wie sie zusehen, wie alles zu entgleiten droht und welche Lösungen sich vielleicht daraus ergeben könnten.

Meine Meinung:
Natürlich wusste ich, worauf ich mich in etwa beim Lesen einlassen würde, an diesem Buch kommt man ja seit Wochen nicht mehr vorbei, aber ich hatte Rezensionen und Beschreibungen bewusst bloss überflogen, um mich ganz auf das Buch einlassen zu können. Ich bin sehr gut in die Geschichte gekommen und habe vor allem Ruth sofort ins Herz geschlossen. Fallwickl hat sich ausführlich mit der Arbeit im Gesundheitssystem auseinandergesetzt und dies wunderbar in die Figur und die Beschreibungen einfliessen lassen. Ruth war es auch, die mich wirklich zu Tränen gerührt hat und deren Umgang mit der Situation mich am stärksten beeindruckt hat. Mir hat aber auch sehr gut gefallen, dass Fallwickl mit Nuri einen ebenfalls vom System benachteiligten Mann, einen Menschen mit Migrationshintergrund, der weit unter dem Existenzminimum (über-)lebt und seine Ausbildung abgebrochen hat, um Geld verdienen zu können, portraitiert. Der Roman zeigt auf, dass eben nicht nur Frauen von vorherrschenden Strukturen benachteiligt werden, sondern dass gesamthafte Lösungen uns allen helfen würden.

Sprache und Aufbau:
In gewohnt sehr detailliert und poetisch beschreibender Sprache entwickelt Fallwickl diese Geschichte und springt einfach mitten in die Szene hinein. Dies hat mir persönlich sehr gut gefallen. Wir alle wissen, was Sache ist, ein überlastetes System bricht zusammen, die Menschen, die es mit letzter Kraft zusammenhalten, brechen zusammen und eine Lösung dafür gibt es nicht oder zumindest nicht über Nacht. Nach und nach wurde die Geschichte zäh und zäher und die Dialoge wirkten für mich immer theatralischer. Hier hätte ich mir mehr Schlichtheit aber auch mehr Schlagkraft gewünscht. Ich bin aber sehr froh, dass Fallwickl dem Grundsatz treu geblieben ist, positive, von Liebe geprägte und unterstützende Beziehungen zwischen Frauen darzustellen.
Das Ende des Romans habe ich mit eher gemischten Gefühlen erwartet, wusste ich doch, dass es aus der im Roman mit den sich hinlegenden Frauen überspitzt dargestellten Situation nicht wirklich einen Ausweg geben würde. Fallwickl hat aber einen guten, sehr passenden und eher offenen Schluss für diese Geschichte gefunden und insgesamt haben mich natürlich vor allem der Inhalt, aber auch der Aufbau und die Sprache sehr überzeugt.

Meine Empfehlung:
Lest ihn, den feministischen Roman der Stunde. Lasst euch ein auf dieses was-wäre-wenn-Gefühl, fühlt euch getragen von weiblicher Solidarität und Liebe, von der Hoffnung auf eine Gesellschaft, die zusammenspannt. Diskutiert dieses Buch, kritisiert es, wenn ihr mögt, zieht eure Lehren daraus und transportiert dann positive, unterstützende Gefühle aber auch viel Aktivismus in euer Umfeld, eure Freund*innenschaften und eure Familien.

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Veröffentlicht am 25.04.2024

Frauenbewegung heute

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Das Buch ist leider sehr einseitig geschrieben. Die drei Protagonisten lernen sich alle langsam durch das Buch hinweg, trotz ihrer großen Differenzen, ihren verschiedenen Hintergründen, Altern und Lebenslagen, ...

Das Buch ist leider sehr einseitig geschrieben. Die drei Protagonisten lernen sich alle langsam durch das Buch hinweg, trotz ihrer großen Differenzen, ihren verschiedenen Hintergründen, Altern und Lebenslagen, kennen. Die Charaktere waren mir nicht durchweg realistisch gezeichnet. Insbesondere mit Elin und Nuri hatte ich mitunter Probleme. Ruth dagegen ist sehr tiefsinnig, realistisch und es ist sehr tragisch, dass sie erst im hohen Alter ihre Lage realisiert und kritisch zurückblickt. Lange nachdem es schon zu spät ist. Elin ist als Influencerin eher unrealistisch dargestellt. Sie tut sich plötzlich mit Arzthelferinnen zusammen und protestiert für die Frauenbewegung, wenn sie parallel ganz andere Probleme als die Unterbezahlung der Pflegekräfte hat. Wenn noch stärker zum Ausdruck gekommen wäre, dass es um generell alle Frauen, ganz gleich des Berufs und co. geht, dann hätte ich das noch verstanden und nachvollziehen können, aber so war ich eher irritiert. Die Idee ist nämlich gut. In Nuris Geschichte konnte ich viel Wahrheit entdecken. Die stumme Mutter, die die Sprache nie gelernt hat und ihrem Kind daher nie eine Chance geboten hat, es in Deutschland zu schaffen. er ist somit für ein ähnlich miserables Leben prädestiniert. Und er erkennt es und schämt sich für sie. In Großen und Ganzen war mein Problem allerdings, dass die ganze Protestbewegung nur auf eine Stadt reduziert wurde und darin bestand auf der Straße zu sitzen und Wege zu blockieren. Das hat schon bei der letzten Generation nicht funktioniert. Daher hatte ich mir hier mehr erwartet. Dennoch gut geschrieben. Die Stimmen sind angenehm zu hören.

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Veröffentlicht am 21.04.2024

Wenn Frauen streiken würden

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Was wäre, wenn sich alle Frauen* solidarisieren und einheitliche Ziele verfolgen würden? Sicher ist das unrealistisch, aber es ist ein spannendes Gedankenexperiment!" Und alle so still" ist ein fesselnder ...

Was wäre, wenn sich alle Frauen* solidarisieren und einheitliche Ziele verfolgen würden? Sicher ist das unrealistisch, aber es ist ein spannendes Gedankenexperiment!" Und alle so still" ist ein fesselnder Roman, der von diesem bemerkenswerten Ereignis ausgeht: Frauen liegen auf der Straße und verweigern Care-Arbeit, um gegen die Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft zu protestieren. Die Wege der Protagonist:innen Elin, Nuri und Ruth überschneiden sich an diesem besonderen Tag im Juni, und durch ihre unterschiedlichen Perspektiven erfahren wir mehr über die Auswirkungen dieses Protests. Dabei spitzt der Roman die Konflikte zwischen Männern und Frauen stark zu, um auf die gesellschaftlichen Probleme aufmerksam zu machen.

Der Roman bringt die Themen der Ausbeutung von Frauen, prekären Arbeitsverhältnissen und sozialen Ungerechtigkeiten eindringlich, teils derb, teils poetisch zur Sprache. Besonders einfallsreich sind die Zwischeneinschübe aus der Perspektive von Gegenständen wie einer Pistole oder einer Gebärmutter, die eine einzigartige Sichtweise auf die Ereignisse bieten.

Insgesamt ist "Und alle so still" ein äußerst aktuelles Werk, das wichtige gesellschaftliche Probleme anspricht und den Leser zum Nachdenken anregt. Auch wenn mich die anfänglich derbe Sprache zunächst abschreckte, konnten mich die Tiefe und Relevanz der Geschichte letztendlich überzeugen. Dies war mein erster Fallwickl-Roman, aber sicher nicht mein letzter!

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