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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.05.2024

Ida

Windstärke 17
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Windstärke 17 – Caroline Wahl
Dies ist die Fortsetzung von Wahls Bestseller „22 Bahnen“, in dem Tilda die Hauptrolle gespielt hatte. Nun sind einige Jahre vergangen, die Mutter ist gerade verstorben und ...

Windstärke 17 – Caroline Wahl
Dies ist die Fortsetzung von Wahls Bestseller „22 Bahnen“, in dem Tilda die Hauptrolle gespielt hatte. Nun sind einige Jahre vergangen, die Mutter ist gerade verstorben und die kleine Schwester Ida ist die Protagonistin.
Wütend und voller Schuldgefühle weiß Ida nicht wohin mit sich selbst und all ihren Gefühlen. Zu Tilda nach Hamburg will sie nicht. Und so verschlägt es sie mehr oder weniger zufällig auf die Insel Rügen, wo sie von dem älteren Ehepaar Marianne und Knut herzlich aufgenommen wird. Gerade als es bergauf zu gehen scheint, wird Marianne krank. Und dann ist da auch noch Leif…
Caroline Wahl hat einfach einen tollen Erzählton. Absolut authentisch und schnörkellos erweckt sie ihre jugendliche Protagonistin zum Leben. Es sind einfache, dennoch wunderschöne lockere Sätze, die von so banalen wie tiefgreifenden Lebenswahrheiten berichten. Man hat das Gefühl als ginge Tildas Geschichte beinahe nahtlos in Idas Erzählung über. Obwohl es etliche neue Figuren gibt, ist man sofort wieder in der Geschichte angekommen. Denn das Grundthema bleibt im Wesentlichen das Gleiche: eine schwierige Kindheit und Mutter-Tochter-Beziehung, ein zu frühes Ende der Kindheit, der holprige Wechsel vom Mädchen zur Frau, mit viel zu vielen Sorgen. Ziemlich schwere Themen, die durch den lockeren, unkomplizierten Schreibstil etwas aufgelockert werden.
Auch dies ist wieder eine gelungene, bitter-süße Geschichte von Caroline Wahl.
4 Sterne

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.05.2024

Oda

Wie Inseln im Licht
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Wie Inseln im Licht – Franziska Gänsler
Die fünfjährige Oda verschwindet an der französischen Atlantikküste spurlos. Nach zwanzig Jahren, nach dem Tod der Mutter, sucht ihre große Schwester Zoey ihren ...

Wie Inseln im Licht – Franziska Gänsler
Die fünfjährige Oda verschwindet an der französischen Atlantikküste spurlos. Nach zwanzig Jahren, nach dem Tod der Mutter, sucht ihre große Schwester Zoey ihren damaligen Wohnort wieder auf – auf der Suche nach Antworten. Was ist damals eigentlich passiert?
Ein wirklich hochinteressanter Roman. Literarisch hochwertig und tiefgründig liest er sich fesselnd wie ein Thriller. Eine fantastische Mischung. Obwohl die Sätze oft eher knapp und einfach gehalten sind, steckt eine tiefe Poesie in diesem Text. Der atmosphärische Erzählstil beschreibt detailliert Erinnerungen, Gefühle und (Natur-) Empfindungen. Dennoch bleibt da immer eine gewisse Distanz zu den Figuren.
Was erst wirkt, wie der Versuch einer Aufarbeitung des Verlusts der Schwester, gewinnt immer mehr an Komplexität. Zoeys Erinnerungen an jenen Sommer vor 20 Jahren sind nur bruchstückhaft und widersprüchlich. Anschließend zieht die Mutter sich komplett zurück – über Oda wird nie wieder gesprochen.
Es stecken viele Themen in diesem Roman, mir hat sich vor allen Dingen die ungewöhnlich enge toxische Mutter-Tochter-Beziehung eingeprägt.
Wie in einem Cold-Case gibt es viele Puzzleteile, die sich erst nach und nach ineinander fügen. Die Auflösung scheint am Ende absolut klar, trotzdem wäre ich niemals von selbst darauf gekommen.
Sehr lesenswert – 4 Sterne

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Veröffentlicht am 21.05.2024

Der stumme Protest der Frauen

Und alle so still
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Und alle so still – Mareike Fallwickl
Was würde denn eigentlich passieren, wenn die Frauen einfach all ihre Arbeit niederlegen würden? Sich einfach wortlos auf den Boden legen würden und nicht mehr verfügbar ...

Und alle so still – Mareike Fallwickl
Was würde denn eigentlich passieren, wenn die Frauen einfach all ihre Arbeit niederlegen würden? Sich einfach wortlos auf den Boden legen würden und nicht mehr verfügbar wären. Wer würde all die Care-Arbeit übernehmen – zuhause oder auch im Krankenhaus? All die schlecht bezahlten, typischen „Frauenberufe“ – was würde geschehen?
Das Grundthema dieses Romans ist die fehlende Wertschätzung der überwiegend von Frauen ausgeübten Tätigkeiten und die anhaltende Erschöpfung vieler Frauen.
Wieder ein wütendes, feministisches Werk von der österreichischen Autorin. Während „Die Wut, die bleibt“ einen Ist-Zustand dokumentierte, spielt „Und alle so still“ mit der Möglichkeit eines Protests, eines kollektiven Burn-outs.
Erzählt wird diese Geschichte in drei Handlungssträngen. Da ist einmal Elin, eine junge Influencerin, die Gewalt erfahren hat und sich in ihrem Leben nicht mehr wohl fühlt. Nuri ist ein junger Mann mit Migrationshintergrund, Schulabbrecher, der keinen Fuß auf den Boden bekommt und zusätzlich mit einem toxischen Männlichkeitsbild kämpft. Und dann ist da noch Ruth, eine Pflegefachkraft in ihren Fünfzigern, die im Krankenhaus arbeitet und ihre Belastungsgrenze eigentlich längst erreicht hat. Diese drei Figuren geraten nun in diese stummen Proteste der Frauen.
Mit Ruth konnte ich mich noch am besten identifizieren. Der Pflegenotstand, der eskaliert – ein wichtiges, spannendes Thema. Elin blieb für mich leider relativ blass. Und Nuri ist eigentlich eine sympathische Figur, allerdings ist er im gesamten, durchgehend Männer bashenden Roman, der einzige vernünftige Vertreter seiner Gattung. Dass dies ausgerechnet ein junger Mann mit Migrationshintergrund vom Rande der Gesellschaft sein musste, passt für mich nicht so richtig.
Meiner Meinung nach hat sich die Autorin hier ein wenig übernommen mit dem Versuch, die Themen für drei Romane in einen einzigen zu quetschen. Ich finde, das Pflege-Thema hätte ein eigenes Buch verdient gehabt, ohne durch andere, nur halb ausgearbeitete Themen überlagert zu werden. Das ist schade, denn Fallwickl hat einen wunderbaren Schreibstil. Dennoch hat sie mich hier nicht so sehr fesseln können, wie in ihrem Vorgänger.
3 Sterne

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Veröffentlicht am 17.05.2024

Die letzte Front

Yellowface
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Yellowface – Rebecca F. Kuang
Ein fesselnder Roman mit tiefen Einblicken in den Literaturbetrieb und das Verlagsgeschäft.
June Hayward und Athena Liu haben sind beides ambitionierte junge Autorinnen. Während ...

Yellowface – Rebecca F. Kuang
Ein fesselnder Roman mit tiefen Einblicken in den Literaturbetrieb und das Verlagsgeschäft.
June Hayward und Athena Liu haben sind beides ambitionierte junge Autorinnen. Während die Werke der asiatisch stämmigen Athena gehypt werden, interessiert sich für Junes Debüt kaum jemand. Als Athena unerwartet stirbt, nimmt die schockierte anwesende June im Affekt deren Manuskript an sich. Sie veröffentlicht es als Juniper Song unter dem Titel „Die letzte Front“ und muss fortan alles dafür geben, ihr Geheimnis zu bewahren.
Zuerst einmal war ich überrascht, wie fesselnd und eingängig diese Geschichte geschrieben ist. Ich war sofort in der Handlung angekommen und habe mich keine Sekunde gelangweilt.
Im Prinzip handelt es sich hierbei um eine Abrechnung mit dem Literaturbetrieb. Rassismus, gegenseitiger Neid und Missgunst, ein Wirrwarr aus Agenten, Lektoren und Verlegern machen den Erfolg eines Romans zu einem Spiel in der Lotterie. Tatsächliches Talent rückt in den Hintergrund, es zählt nur, was sich vermarkten lässt. Wobei man der Autorin zugute halten muss, dass sie die Umstände in ihrer Geschichte in vielen Schattierungen präsentiert; es gibt nicht nur Schwarz und Weiß. Im Gegenteil, die Grenzen verschwimmen. Oftmals ist es eine eher moralische Frage, was ist hier Recht oder Unrecht. Wobei durchaus das Wesen des Urheberrechts eine Rolle spielt.
Kuang hat selbst einen asiatischen Hintergrund. Ihre Ich-Erzählerin in diesem Roman ist weiß und fühlt sich gerade dadurch benachteiligt. Eine spannende Perspektive. Rassismus wird hier aus vielen verschiedenen Blickwinkeln thematisiert.
Ebenfalls eine sehr große Rolle spielen die Schnelllebigkeit in der Buchbranche sowie die Schattenseiten der Sozialen Medien.
Somit ist dies ein Werk, das mich bestens unterhalten hat.
4 Sterne

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Veröffentlicht am 19.03.2024

Ewige Jugend

Wir werden jung sein
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Wir werden jung sein – Maxim Leo
Vier Probanden einer medizinischen Studie, die völlig aus dem Ruder läuft, ein versehentliches wissenschaftliches Experiment und ein spannender Blick in eine mögliche Zukunft. ...

Wir werden jung sein – Maxim Leo
Vier Probanden einer medizinischen Studie, die völlig aus dem Ruder läuft, ein versehentliches wissenschaftliches Experiment und ein spannender Blick in eine mögliche Zukunft. Auf jeden Fall wirft dieser erfrischende Roman etliche ethische, philosophische und gesellschaftliche Fragen auf.
Die unvorhersehbaren Folgen einer medizinischen Studie basieren auf einer Verjüngung der Probanden um gleich mehrere Jahre. Der Teenager, der plötzlich die Lust auf seine Freundin verliert, die kinderlose Frau, die unversehens doch noch schwanger wird, die ehemalige Leistungssportlerin, die nach Jahren alle Rekorde bricht, der alte Immobilienmogul, der mit dem Leben abgeschlossen hatte und nun über neue Kräfte verfügt.
Es sind spannende Entwicklungen, die völlig neue Sichtweisen eröffnen. Ich finde, das wurde auch ganz gut vermittelt. Jede Menge Probleme und Gedankenspiele tauchen auf: Wie wird das sein, wenn der Mensch ewig jung und gesund bleiben wird, jetzt da diese Möglichkeit in greifbare Nähe rückt.
Sprachlich und stilistisch ist dieser Roman leicht zugänglich und eher auf eine breite Zielgruppe zugeschnitten. Ich persönlich finde, dieses Werk hätte gut und gerne ein paar Seiten mehr vertragen, um sich noch besser auf die einzelnen Figuren einlassen zu können. Auch waren es mir ein paar zu viele wilde Entwicklungen. Ich fand es teilweise ein wenig übertrieben, effektheischend, aber wer weiß, vielleicht wäre gerade das ja realistisch.
Insgesamt ein spannendes Leseerlebnis. 4 Sterne.


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