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Veröffentlicht am 28.05.2024

Die Entstehung des (biblischen) Patriarchats aus feministischer Sicht

Mein Name ist Lilith
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"Es ist sinnlos, die Vergangenheit neu zu schreiben. Nicht der Anfang muss sich ändern, sondern das Ende. Ich ziehe einen dicken roten Strich über jede einzelne Seite. Mit Tinte, die ich aus Blättern, ...

"Es ist sinnlos, die Vergangenheit neu zu schreiben. Nicht der Anfang muss sich ändern, sondern das Ende. Ich ziehe einen dicken roten Strich über jede einzelne Seite. Mit Tinte, die ich aus Blättern, Rinde und Käfern aus dem Wald gemischt habe, beginne ich neu." - Buchzitat (S. 409)

"Mein Name ist Lilith" von Nikki Marmery ist ein fesselnder Roman, der die Geschichte von Lilith, der ersten aber meist unbekannten Frau Adams, neu erzählt. Nikki Marmery, eine frühere Journalistin, hat sich intensiv mit der christlichen Mythologie und historischen Quellen beschäftigt, um ein differenziertes Bild von Lilith zu zeichnen. Marmery lebt mit ihrem Mann in Amersham, England, und "Mein Name ist Lilith" ist ein eindrucksvolles Beispiel für ihre Fähigkeit, historische und mythologische Stoffe literarisch zu verarbeiten und das ganze noch aus einer feministischen Perspektive heraus.

Worum geht`s? Im Paradies weigert sich Lilith, sich Adams Willen zu unterwerfen, und wird aus dem Garten Eden verbannt. Zornig beobachtet sie, wie Gott Eva erschafft, die sich fügt. Lilith erinnert sich an Asherah, die mächtige Ur-Göttin, und macht sich zusammen mit dem Erzengel Samael auf die Suche nach ihr, um die Frauen aus der Unsichtbarkeit zu befreien und die wahre Geschichte ans Licht zu bringen.

Das Cover des Buches ist ein echter Knaller. Wunderschön gestaltet und sehr farbintensiv. Nachdem ich von "Bible Bad Ass" sehr begeistert war (bei dem es auch um unterdrückte Frauen in der Bibel ging, die sich im einem WhatsApp-Chat offenbaren), hatte ich mir von "Mein Name ist Lilith" eine ähnliche Erfahrung erhofft. Das Buch wurde mir von einer Buchhändlerin empfohlen, die aber selbst "Bible Bad Ass" (noch) nicht gelesen hatte. Thematisch dreht sich das Buch stark um die Unterdrückung der Frau auf Basis des Patriarchats, religiöser Vorstellungen (Monotheismus und die damit verbundene Gewalt). Viele Anspielungen auf biblische Geschichten sind enthalten, jedoch waren für mich, die ich wenig religiöse Vorkenntnisse habe, nur die offensichtlichsten erkennbar. Um alle Details und Anspielungen zu verstehen, sind vermutlich mehr Hintergrundwissen und Interesse an religiöser Mythologie erforderlich.

Der Roman erstreckt sich von der Schöpfungsgeschichte im Jahr 4004 v. Chr. bis in die Gegenwart, ist in fünf Teile gegliedert und mit 400+ Seiten definitiv sehr umfangreich. Ich bin anfangs nicht gut reingekommen. Es ging nur schleppend vorwärts, und hat eine Weile gedauert bis ich in die Geschichte hineinfand und mich an den Schreibstil gewöhnt hatte. Die bildhafte Sprache und die ausführlichen Naturbeschreibungen, haben mir jedoch im weiteren Verlauf sehr gut gefallen. Bedauerlich fand ich, dass die erklärenden Kapitel am Ende des Buches, die wichtige Informationen über die Figuren und Metaphern liefern, nicht von Anfang an erwähnt wurden. Diese zusätzlichen Informationen hätten mein Verständnis der Geschichte sicherlich vertieft, vor allem weil ich leider nicht sehr bewandert mit der Bibel, ihren Figuren und Symbolen bin.

"Mein Name ist Lilith" ist sicherlich kein Buch, das man schnell zwischendurch lesen kann. Einige Passagen zogen sich in die Länge, und ich denke, dass auch 200 bis 250 Seiten ausgereicht hätten, um die Geschichte zu erzählen. Dennoch bietet das Buch spannendes Diskussionspotenzial und regt zum Nachdenken an, insbesondere darüber, wie sich die Welt entwickelt hätte, wenn Bibelgeschichten von Frauen überliefert worden wären. Die Handlung hat stellenweise etwas von einem spannenden dystopischen Fantasyroman

Alles in allem ist "Mein Name ist Lilith" ein gut recherchierter und anspruchsvoller Roman, der mich dazu gebracht hat, über die Rolle der Frauen in religiösen Mythen/in der Geschichte nachzudenken und mir zu überlegen, wie diese Unterdrückung sich auch heute noch weiterspinnt. Trotz einiger Längen und der Schwierigkeit, sich in die Geschichte einzufinden, hat mich das Buch durch seinen Schreibstil uns die außergewöhnliche Idee doch noch überzeugen können. Ich gebe dem Buch daher 4 von 5 Sternen.

"Frauen bringen das Leben in die Welt. Frauen zu erniedrigen heißt, das Leben selbst herabzuwürdigen. Es muss Gleichheit sein, nicht Herrschaft. Harmonie, nicht Hierarchie. Barmherzigkeit, nicht Gewalt. Frauen müssen wertgeschätzt werden, so wie wir diese Welt wertschätzen, die uns erhält." - Buchzitat (S. 338/339)

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Veröffentlicht am 21.05.2024

Geschichte und Gegenwart: Hannah Arendt im 21. Jahrhundert

Wir sind frei, die Welt zu verändern
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Lyndsey Stonebridge, Professorin für Humanities und Menschenrechte an der Universität Birmingham, hat sich in ihrem neuesten Buch "Wir sind frei, die Welt zu verändern" der Philosophin Hannah Arendt und ...

Lyndsey Stonebridge, Professorin für Humanities und Menschenrechte an der Universität Birmingham, hat sich in ihrem neuesten Buch "Wir sind frei, die Welt zu verändern" der Philosophin Hannah Arendt und deren Denken gewidmet. Stonebridge, die bereits mit mehreren Preisen für ihre Arbeiten ausgezeichnet wurde, bringt ihre Expertise aus den Bereichen politische Theorie, Literatur und Geschichte in dieses Werk ein. Bekannt für ihre tiefgründigen Analysen zu Migration, Menschenrechten und den Auswirkungen von Gewalt, gelingt es ihr, Arendts Gedankenwelt mit der heutigen Zeit zu verknüpfen.

In "Wir sind frei, die Welt zu verändern" bietet Stonebridge eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit dem Leben und den Ideen von Hannah Arendt. Das Buch geht über eine bloße Biografie hinaus, indem es Arendts philosophische Ansätze in den Kontext der modernen Welt stellt. Es beleuchtet Arendts Erfahrungen von ihrer Kindheit und Studium, über ihre Flucht aus dem Nazi-Deutschland bis zu ihrem Wirken in den USA. Stonebridge zeigt, wie Arendt Tyrannei, Rassismus, postfaktische Politik und andere gesellschaftliche Umwälzungen erlebte und darüber schrieb. Der zentrale Gedanke des Buches ist, dass wir durch Arendts Philosophie lernen können, wie wir unsere heutige Welt besser verstehen und gestalten können.

Als jemand, der bisher wenig über Hannah Arendt gelesen hat und ihr kritisch gegenüberstand (aufgrund dessen was ich in der letzten Zeit in Bezug auf Rassismus und ihre Meinung dazu gelesen hab), hat mich dieses Buch besonders angesprochen. Die Tatsache, dass Lyndsey Stonebridge auch Kritik an Arendts Positionen übt, fand ich sehr authentisch und ehrlich. Das Buch ist mehr als eine gewöhnliche Biografie. Es verbindet die Lebensgeschichte von Arendt mit einer tiefen Analyse ihrer Werke und deren Relevanz für unsere heutige Zeit.
Die Autorin zeigt beispielsweise auf anschauliche Weise, wie Arendt wohl auf zeitgenössische Herausforderungen wie Donald Trump, den Aufstand vom 6. Januar, die Umweltkatastrophe und QAnon reagiert hätte.

Das Buch ist flüssig geschrieben und kombiniert akademisches Schreiben mit persönlicher Reflexion. Dies macht es auch für Neulinge - wie mich - im philosophischen Denken zugänglich. Die Präsentation und Synthese von Arendts Gedanken sind hervorragend gelungen. Allerdings sind die Versuche, Arendts Ideen direkt auf moderne Themen anzuwenden, nicht ganz gelungen wie ich finde. Die Stärke des Buches liegt eindeutig in der Darstellung und Erklärung von Arendts Philosophie, während die direkte Anwendung auf aktuelle Ereignisse manchmal etwas gezwungen wirkt.

"Wir sind frei, die Welt zu verändern" ist eine tiefgründige und inspirierende Lektüre, die einen neuen Blick auf Hannah Arendt und ihre Relevanz für die heutige Zeit bietet. Lyndsey Stonebridge gelingt es, komplexe philosophische Ideen verständlich und zugänglich zu machen. Das Buch überzeugt durch seine fundierte Analyse und die Verknüpfung der Vergangenheit mit der Gegenwart. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 21.05.2024

Mütter Europas: Wie DNA-Forschung unsere Geschichte neu schreibt

Mütter Europas
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"Mütter Europas. Die letzten 43 000 Jahre" von Karin Bojs ist ein Buch, das die Rolle der Frauen in der europäischen Geschichte beleuchtet. Karin Bojs, ehemalige Leiterin der Wissenschaftsredaktion der ...

"Mütter Europas. Die letzten 43 000 Jahre" von Karin Bojs ist ein Buch, das die Rolle der Frauen in der europäischen Geschichte beleuchtet. Karin Bojs, ehemalige Leiterin der Wissenschaftsredaktion der schwedischen Tageszeitung "Dagens Nyheter", hat für ihre Arbeit zahlreiche Auszeichnungen erhalten und ist Ehrendoktorin der Universität Stockholm. Nach ihrem Bestseller "Meine europäische Familie" setzt sie nun ihre Reise durch die Geschichte mit einem besonderen Fokus auf Frauen fort.

In diesem Buch untersucht Karin Bojs die Entwicklung der Geschlechterverhältnisse von der Steinzeit bis zur Bronzezeit. Sie beleuchtet, wie Frauen in diesen frühen Gesellschaften lebten und wie sich ihre Rolle im Laufe der Zeit verändert hat. Basierend auf den neuesten DNA-Analysen und archäologischen Funden, stellt Bojs die Theorie der Prähistorikerin Marija Gimbutas vor, die matrilineare, friedliche Gesellschaften in "Alteuropa" postulierte, welche durch patriarchalische Reitervölker aus dem Osten verdrängt wurden. Das Buch führt uns an verschiedene Ausgrabungsorte und zeigt auf, wie die Forschung von Frauen die "Schlagseite der Geschichte" durch rein männliche Perspektiven korrigiert hat.

Besonders beeindruckend finde ich die detaillierte Präsentation der Fortschritte in der DNA-Forschung, die mit archäologischen und paläontologischen Erkenntnissen abgeglichen werden. Die thematische Gliederung des Buches kann ich zwar nachvollziehen, aber mit der zeitlichen und örtlichen Einordnung hab ich mir schwer getan. Der Schreibstil ist flüssig und gut lesbar, und die vielen Quellen und Belege machen den Eindruck eines soliden recherchierten wissenschaftlichen Werks.

Ein weiterer Pluspunkt des Buches ist die anschauliche Darstellung der Wanderbewegungen in der Prähistorie und wie diese die gesellschaftlichen Strukturen (noch heute) beeinflussten. Dies war für mich besonders augenöffnend und zeigte, wie dynamisch und komplex die frühgeschichtlichen Gesellschaften waren. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass bestimmte Aspekte, wie die patriarchalischen Strukturen und deren Ursachen, noch tiefer untersucht worden wären.

Das Buch ist gut recherchiert und bietet eine Fülle an faszinierenden Details, die mir zum großen Teil neu waren. Für Leserinnen wie mich, die sich noch nicht wirklich mit Ur- und Frühgeschichte beschäftigt haben oder schon vor langer zeit von der Schule abgegangen sind, ist das Buch manchmal eine Herausforderung und ich musste manches "googeln".

"Mütter Europas" ist alles in allem aber ein gut recherchiertes und anschaulich geschriebenes Buch, das einen neuen Blick auf die Geschichte der Geschlechterverhältnisse in Europa bietet. Trotz einer kleinerer Kritikpunkte hat mich das Buch durch seine Tiefe und den Umfang der präsentierten Informationen überzeugt. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 21.05.2024

Vegan vom Grill: Genussvolle Rezepte für die Grillsaison

Vegan vom Grill
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"Vegan vom Grill" von Katy Beskow ist ein Kochbuch, das die Welt des veganen Grillens erkundet. Katy Beskow, eine preisgekrönte Köchin und Kochbuchautorin, lebt im ländlichen Yorkshire und kocht in ihrer ...

"Vegan vom Grill" von Katy Beskow ist ein Kochbuch, das die Welt des veganen Grillens erkundet. Katy Beskow, eine preisgekrönte Köchin und Kochbuchautorin, lebt im ländlichen Yorkshire und kocht in ihrer kleinen, aber feinen Küche. Sie hat bereits mehrere Kochbücher veröffentlicht und ist bekannt für ihre unkomplizierten Gerichte aus saisonalen Zutaten. Ihr neuestes Werk verspricht in die Kunst des veganen Grillens einzuführen.

Das Kochbuch beinhaltet eine vielfältige Auswahl an Grillrezepten, die in vier Kategorien unterteilt sind: Hauptgerichte vom Grill, Barbecue-Beilagen, Salate & Extras und Süße Verführungen. Das Kochbuch gliedert sich aber nicht in diesen 4 Kategorien, sondern stellt die vorhandenen Rezepte in Form von 10 Menüvorschlägen mir je ca. 5 Gerichte pro Menü vor. Die Rezepte werden entweder auf dem Grill zubereitet oder in der Küche vorbereitet. Das Buch beginnt mit grundlegenden Tipps zum Grillen, einschließlich der Wahl des richtigen Grills, der Verwendung von Holzkohle und nützlichem Zubehör. Von Pilzwürsten "Masala" über Rauchige Paella mit Riesenbohnen bis hin zu Barbecue Banoffee Pie – hier ist sicherlich für jeden Geschmack etwas dabei.

Mir ist vor allem sofort das ansprechende, aber schlichte Layout auf. Die Bilder sind sehr schön, aber leider hat nicht jedes Rezept ein eigenes Foto, was besonders beim eBook auffällt. Die Grafik ist sehr minimalistisch gehalten, was einerseits gut ist, um den Fokus auf die Rezepte zu lenken, aber andererseits hätte ich mir manchmal etwas mehr visuelle Vielfalt (versch. Schriften, Einsatz von Farben, Hervorhebungen etc.) gewünscht. Die Rezepte klingen durchweg köstlich und sind oft schon als komplettes Menü zusammengestellt. Bspw. Menü 10: Geräuchertes Süßkartoffel-Chili mit Schokolade und Zimt, Apfel-Kürbis-Pilz-Spieße mit Thymianöl, Backkartoffeln mit Salzkruste, Salat mit Pekannüssen, Äpfeln und gerösteten Karotten, Honeycomb-Toffee.

Katy Beskow räumt mit dem Vorurteil auf, dass vegane Grillgerichte langweilig sind. Und das gelingt ihr meiner Meinung nach sehr überzeugend. Die Gerichte selbst variieren in ihrer Komplexität, was sowohl für Anfänger:innen als auch für erfahrene Köch:innen etwas bietet. Viele Rezepte benötigen nur wenige Zutaten, die meist im Supermarkt erhältlich sind. Besonders freue ich mich darauf, den Bean Burger mit Erdnussbutter, Chili Jam und Minibrezeln sowie die Pulled-Mango-Tacos auszuprobieren.

Leider gibt es einige Punkte, die mir weniger gut gefallen haben. Es wird im Buch nicht gegendert, und die Zubereitungszeiten, Back- oder Kühlzeiten zu Beginn der Rezepte fehlen. Die "heißen Tipps" am Ende der meisten Rezepte sind eine gute Idee, aber sie fallen grafisch nicht genug auf, um direkt ins Auge zu springen.

Insgesamt ist "Vegan vom Grill" ein gelungenes Kochbuch, das zeigt, dass veganes Grillen abwechslungsreich und lecker sein kann. Trotz kleinerer Schwächen überzeugt es mit kreativen Rezepten und hilfreichen Tipps. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 17.05.2024

Verloren und Gefunden: Eine Suche nach Familie und Identität in Georgien

Vor einem großen Walde
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"Vor einem großen Walde" von Leo Vardiashvili ist ein beeindruckender Roman, der tief in die bewegte Geschichte Georgiens eintaucht. Der Autor Leo Vardiashvili, in Tbilissi aufgewachsen und mit zwölf Jahren ...

"Vor einem großen Walde" von Leo Vardiashvili ist ein beeindruckender Roman, der tief in die bewegte Geschichte Georgiens eintaucht. Der Autor Leo Vardiashvili, in Tbilissi aufgewachsen und mit zwölf Jahren nach England emigriert, hat in London Literatur studiert und arbeitet heute als Steuerberater in Birmingham. Mit diesem Werk zeigt er nicht nur seine literarische Begabung, sondern auch seine tiefe Verbundenheit zu seinem Herkunftsland.

Die Geschichte spielt im Jahr 2015 und handelt von Saba, der nach Georgien reist, um seine verschwundene Familie zu finden. Nachdem sein Vater und älterer Bruder auf der Suche nach seiner Mutter spurlos verschwunden sind, macht sich Saba auf eine gefährliche Reise in ein ihm unbekanntes Land. Begleitet von den Stimmen seiner georgischen Familie und Hinweisen seines Bruders, führt ihn seine Suche nach Südossetien und durch einen großen Wald – eine Grenze zwischen Ländern, Wahn und Wirklichkeit, Leben und Tod. Der Roman schildert eindrucksvoll Sabas Kampf um Hoffnung und Menschlichkeit inmitten von Gewalt, Korruption und Trauma.

Das Cover ist wunderschön, bunt und geheimnisvoll, was mich sofort angesprochen hat. Mit rund 450 Seiten ist das Buch recht umfangreich, was jedoch nicht abschrecken sollte. Obwohl ich mich bisher wenig mit der Geschichte Georgiens beschäftigt habe, hat mich dieses Buch dazu angeregt, mehr darüber zu lernen. Die Geschichte rund um Saba hat mich unerwartet getroffen und tief berührt. Besonders gelungen ist die Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart, wobei Sabas Erinnerungen an das einst gekannte, nun fremde Land mit seiner Realität verschwimmen.

Der Roman thematisiert Gewalt, Korruption, Zerrissenheit, Trauma, Bürgerkrieg, Flucht, Tod und Verlust, aber auch Hoffnung und Menschlichkeit. Die Buchbeschreibung erinnerte mich an eine Schnitzeljagd im Familiengeschichte-Stil, was sich als treffend erwies. Der Schreibstil ist sehr bildhaft und das Buch lässt sich flüssig lesen. Trotz des ernsten Themas gelingt es Vardiashvili, die Geschichte auf eine humorvolle Weise zu erzählen. Durch das Buch erfährt man auch einiges über die Kultur Georgiens, von der ich mir noch mehr gewünscht hätte. Insgesamt fand ich das Buch gleichzeitig traurig, interessant, spannend und es hat mich nachdenklich gemacht.

Im Fazit gebe ich "Vor einem großen Walde" 4 von 5 Sternen. Es ist ein kraftvolles Leseerlebnis, das mich bewegt und inspiriert hat, mehr über die georgische Geschichte und Kultur zu erfahren. Ich kann es nur jedem und jeder empfehlen!

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Das hat meine Meinung dazu jedoch nicht beeinflusst.

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