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Veröffentlicht am 28.05.2024

Kommt nicht ans 2. Buch heran aber dennoch eine Leseempfehlung!

Flug 416
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"Flug 416" von T. J. Newman ist ein atemberaubender Thriller, der von der ersten bis zur letzten Seite fesselt. T. J. Newman, eine ehemalige Buchhändlerin und langjährige Flugbegleiterin, arbeitete von ...

"Flug 416" von T. J. Newman ist ein atemberaubender Thriller, der von der ersten bis zur letzten Seite fesselt. T. J. Newman, eine ehemalige Buchhändlerin und langjährige Flugbegleiterin, arbeitete von 2011 bis 2021 für Virgin America und Alaska Airlines. Ihren Debütroman (also dieser Roman) schrieb sie größtenteils während Nachtflügen. Das Buch wurde ein internationaler Bestseller und wurde von vielen Lesern und Kritiken hochgelobt. Die Autorin lebt in Phoenix, Arizona, und hat mit ihrem zweiten Roman „Absturz“ ebenfalls großen Erfolg erzielt.

In "Flug 416", ihrem ersten Roman, steht Kapitän Bill Hoffman vor einer unmöglichen Wahl: Ein Entführer hat seine Familie in seine Gewalt gebracht und stellt ihm ein grausames Ultimatum – entweder bringt Bill das Flugzeug mit 149 Menschen an Bord zum Absturz oder seine Familie wird getötet. Während das Flugzeug in 10.000 Meter Höhe dem Ziel New York entgegenfliegt, kämpft Bill um die Kontrolle über die Maschine und versucht, den Komplizen des Entführers zu identifizieren, der sich unter den Passagieren befindet. Ein dramatischer Kampf ums Überleben beginnt, der nicht nur im Cockpit, sondern auch in der Kabine und am Boden tobt.

Das Buch habe ich in nur zwei Tagen verschlungen. Anlass war, dass ich das 2. Buch der Autorin vor Kurzem als Hörbuch gehört hab und davon sehr beeindruckt war. Daher musste ich natürlich auch den 1. Band „Flug 416“ lesen. Die Kapitel enden fast immer mit einem Cliffhanger, was das Buch sehr schwer aus der Hand zu legen macht. Man wird sofort in die Geschichte hineingezogen und rätselt mit Bill mit, wer der Entführer und sein Komplize sein könnten. Die Erzählweise aus mehreren Perspektiven – dem Cockpit, der Kabine und dem Geschehen am Boden – verleiht dem Thriller zusätzliche Tiefe und Spannung. Dennoch reicht es für mich nicht ganz für ein 5-Sterne-Buch, da mir etwas gefehlt hat, was ich nicht genau definieren kann. Es ist jedoch ein wirklich guter Thriller, der bis zum Schluss Spannung und Unterhaltung bietet, auch wenn er meiner Meinung nach nicht an den 2. Band heranreicht.

"Flug 416" ist ein äußerst spannender Thriller, der einen bis zur letzten Seite in Atem hält. T. J. Newman hat eine packende Geschichte geschaffen, die durch ihre Dramatik und gut gezeichnete Charaktere überzeugt. Trotz kleinerer Mängel verdient das Buch solide 4 von 5 Sternen und ist definitiv eine Leseempfehlung für Thriller-Fans.

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Veröffentlicht am 28.05.2024

Chukwuebuka Ibeh liefert ein tiefgründiges Porträt über den gesellschaftlichen Umgang mit queeren Menschen in Nigeria.

Wünschen
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"Wie lächerlich, wie gefühllos und absurd diese Erwartungen an ein Kind waren. Er war erst acht und wusste nicht, was »angemessenes« Verhalten bedeutete. Doch als sie das Licht in seinem Zimmer ausmachte, ...

"Wie lächerlich, wie gefühllos und absurd diese Erwartungen an ein Kind waren. Er war erst acht und wusste nicht, was »angemessenes« Verhalten bedeutete. Doch als sie das Licht in seinem Zimmer ausmachte, nachdem es ihr gelungen war, seine Tränen zu trocknen, und er eingeschlafen war, wünschte sie sich, dass er nur ein ganz kleines bisschen gewöhnlicher wäre." - Buchzitat (S. 22 - E-Book)

"Wünschen" von Chukwuebuka Ibeh ist ein aufwühlender und eindringlicher Roman, der die Geschichte des jungen Obiefuna erzählt, der im Nigeria der 2000er-Jahre mit seiner sexuellen Identität und gesellschaftlichen Zwängen kämpft. Chukwuebuka Ibeh, geboren 2000 in Port Harcourt, Nigeria, gilt als internationaler Shootingstar der nigerianischen Literatur. Er hat kreatives Schreiben bei renommierten Schriftsteller:innen wie Dave Eggers, Chimamanda Ngozi Adichie und Tash Aw studiert. Seine Werke wurden in angesehenen Publikationen wie "McSweeney’s" und "The New England Review of Books" veröffentlicht. "Wünschen" ist sein erster Roman, dessen Filmrechte bereits vor Erscheinen verkauft wurden. Ibeh studiert derzeit an der Washington University in St. Louis, Missouri.

Der Roman erzählt die Geschichte von Obiefuna. Als sein Vater einen intimen Moment zwischen ihm und einem anderen Jungen entdeckt, wird Obiefuna in einInternat verbannt, das von strenger Hierarchie und Gewalt beherrscht wird. Auf der Suche nach Verbundenheit entfremdet er sich von allem Vertrauten. Währenddessen kämpft seine Mutter Uzoamaka darum, ihren Sohn nicht zu verlieren. Vor dem Hintergrund drakonischer Gesetze gegen Homosexualität in Nigeria zeichnet Ibeh ein vielschichtiges Porträt über Liebe, Einsamkeit und die Suche nach einem freien Leben.

Von Anfang an hat mich das Buch gefesselt, obwohl es mir zunächst schwerfiel, in die Geschichte hineinzukommen und mich an den Schreibstil zu gewöhnen. Besonders eindrucksvoll fand ich die Szenen im Internat, die die bedrückende Atmosphäre und die strenge Hierarchie realistisch und bewegend darstellen.

Das Cover des Buches, das ein Netz auf der Haut darstellt, konnte ich zwar nicht vollständig deuten, es hat mich aber trotzdem magisch angezogen und mich dazu animiert, das Buch zu lesen. Die Erzählweise bietet einen tiefen Einblick in das Leben von Obiefuna und seiner Familie. Immer wieder bekommt man auch einen Einblick in die Perspektive anderer Charaktere wie beispielsweise Obiefunas Mutter Uzoamaka, was der Geschichte zusätzlich Tiefe verleiht. Überhaupt war die Beziehung zwischen Obiefuna und seiner Mutter für mich der berührendste Aspekt des Buches, der die Zerrissenheit und die tiefe emotionale Bindung zwischen Mutter und Sohn darstellt. Die Sprache des Romans ist eindringlich und bringt die inneren Kämpfe und das Begehren der Protagonisten so gut rüber.

Ich wusste bisher wenig über Nigeria, und dieser Roman hat mir nicht nur die politische Lage nähergebracht, sondern auch das komplexe Geflecht aus Traditionen und religiösen Überzeugungen beleuchtet, die das Leben dort prägen. Besonders eindrucksvoll ist, wie der Roman die Brutalität der diskriminierenden nigerianischen Gesetze darstellt, die Homosexualität kriminalisieren und mit harten Strafen bis hin zur Todesstrafe bedrohen. Die Geschichte beleuchtet die Auswirkungen dieser Gesetze auf das Individuum und die Gesellschaft und zeigt die Gewalt und Verfolgung, denen queere Menschen ausgesetzt sind.

"Wünschen" ist ein beeindruckendes Debüt, das durch seine emotionale Tiefe und seinem gesellschaftskritischen Ansatz berührt. Der erste Teil hat mich mehr überzeugt und das Ende war mir persönlich zu abrupt. Dennoch hat mich das Buch durch seine Vielschichtigkeit und die eindringliche Erzählweise überzeugt. Chukwuebuka Ibeh ist ein vielversprechender Autor, von dem wir hoffentlich noch viel hören werden. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.

»Ich habe das alles nur zu deinem Besten getan«, sagte Anozie. »Es ist nicht normal, so zu leben. Es gibt mittlerweile sogar ein Gesetz dagegen. Du kannst ins Gefängnis kommen, wenn du so was tust.« »Ich habe mein ganzes Leben lang in einem Gefängnis gelebt, Papa.« »Aber was würden die Leute sagen, Obiefuna?« - Buchzitat S. 314 (E-Book)

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Veröffentlicht am 28.05.2024

Die Entstehung des (biblischen) Patriarchats aus feministischer Sicht

Mein Name ist Lilith
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"Es ist sinnlos, die Vergangenheit neu zu schreiben. Nicht der Anfang muss sich ändern, sondern das Ende. Ich ziehe einen dicken roten Strich über jede einzelne Seite. Mit Tinte, die ich aus Blättern, ...

"Es ist sinnlos, die Vergangenheit neu zu schreiben. Nicht der Anfang muss sich ändern, sondern das Ende. Ich ziehe einen dicken roten Strich über jede einzelne Seite. Mit Tinte, die ich aus Blättern, Rinde und Käfern aus dem Wald gemischt habe, beginne ich neu." - Buchzitat (S. 409)

"Mein Name ist Lilith" von Nikki Marmery ist ein fesselnder Roman, der die Geschichte von Lilith, der ersten aber meist unbekannten Frau Adams, neu erzählt. Nikki Marmery, eine frühere Journalistin, hat sich intensiv mit der christlichen Mythologie und historischen Quellen beschäftigt, um ein differenziertes Bild von Lilith zu zeichnen. Marmery lebt mit ihrem Mann in Amersham, England, und "Mein Name ist Lilith" ist ein eindrucksvolles Beispiel für ihre Fähigkeit, historische und mythologische Stoffe literarisch zu verarbeiten und das ganze noch aus einer feministischen Perspektive heraus.

Worum geht`s? Im Paradies weigert sich Lilith, sich Adams Willen zu unterwerfen, und wird aus dem Garten Eden verbannt. Zornig beobachtet sie, wie Gott Eva erschafft, die sich fügt. Lilith erinnert sich an Asherah, die mächtige Ur-Göttin, und macht sich zusammen mit dem Erzengel Samael auf die Suche nach ihr, um die Frauen aus der Unsichtbarkeit zu befreien und die wahre Geschichte ans Licht zu bringen.

Das Cover des Buches ist ein echter Knaller. Wunderschön gestaltet und sehr farbintensiv. Nachdem ich von "Bible Bad Ass" sehr begeistert war (bei dem es auch um unterdrückte Frauen in der Bibel ging, die sich im einem WhatsApp-Chat offenbaren), hatte ich mir von "Mein Name ist Lilith" eine ähnliche Erfahrung erhofft. Das Buch wurde mir von einer Buchhändlerin empfohlen, die aber selbst "Bible Bad Ass" (noch) nicht gelesen hatte. Thematisch dreht sich das Buch stark um die Unterdrückung der Frau auf Basis des Patriarchats, religiöser Vorstellungen (Monotheismus und die damit verbundene Gewalt). Viele Anspielungen auf biblische Geschichten sind enthalten, jedoch waren für mich, die ich wenig religiöse Vorkenntnisse habe, nur die offensichtlichsten erkennbar. Um alle Details und Anspielungen zu verstehen, sind vermutlich mehr Hintergrundwissen und Interesse an religiöser Mythologie erforderlich.

Der Roman erstreckt sich von der Schöpfungsgeschichte im Jahr 4004 v. Chr. bis in die Gegenwart, ist in fünf Teile gegliedert und mit 400+ Seiten definitiv sehr umfangreich. Ich bin anfangs nicht gut reingekommen. Es ging nur schleppend vorwärts, und hat eine Weile gedauert bis ich in die Geschichte hineinfand und mich an den Schreibstil gewöhnt hatte. Die bildhafte Sprache und die ausführlichen Naturbeschreibungen, haben mir jedoch im weiteren Verlauf sehr gut gefallen. Bedauerlich fand ich, dass die erklärenden Kapitel am Ende des Buches, die wichtige Informationen über die Figuren und Metaphern liefern, nicht von Anfang an erwähnt wurden. Diese zusätzlichen Informationen hätten mein Verständnis der Geschichte sicherlich vertieft, vor allem weil ich leider nicht sehr bewandert mit der Bibel, ihren Figuren und Symbolen bin.

"Mein Name ist Lilith" ist sicherlich kein Buch, das man schnell zwischendurch lesen kann. Einige Passagen zogen sich in die Länge, und ich denke, dass auch 200 bis 250 Seiten ausgereicht hätten, um die Geschichte zu erzählen. Dennoch bietet das Buch spannendes Diskussionspotenzial und regt zum Nachdenken an, insbesondere darüber, wie sich die Welt entwickelt hätte, wenn Bibelgeschichten von Frauen überliefert worden wären. Die Handlung hat stellenweise etwas von einem spannenden dystopischen Fantasyroman

Alles in allem ist "Mein Name ist Lilith" ein gut recherchierter und anspruchsvoller Roman, der mich dazu gebracht hat, über die Rolle der Frauen in religiösen Mythen/in der Geschichte nachzudenken und mir zu überlegen, wie diese Unterdrückung sich auch heute noch weiterspinnt. Trotz einiger Längen und der Schwierigkeit, sich in die Geschichte einzufinden, hat mich das Buch durch seinen Schreibstil uns die außergewöhnliche Idee doch noch überzeugen können. Ich gebe dem Buch daher 4 von 5 Sternen.

"Frauen bringen das Leben in die Welt. Frauen zu erniedrigen heißt, das Leben selbst herabzuwürdigen. Es muss Gleichheit sein, nicht Herrschaft. Harmonie, nicht Hierarchie. Barmherzigkeit, nicht Gewalt. Frauen müssen wertgeschätzt werden, so wie wir diese Welt wertschätzen, die uns erhält." - Buchzitat (S. 338/339)

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Veröffentlicht am 21.05.2024

Geschichte und Gegenwart: Hannah Arendt im 21. Jahrhundert

Wir sind frei, die Welt zu verändern
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Lyndsey Stonebridge, Professorin für Humanities und Menschenrechte an der Universität Birmingham, hat sich in ihrem neuesten Buch "Wir sind frei, die Welt zu verändern" der Philosophin Hannah Arendt und ...

Lyndsey Stonebridge, Professorin für Humanities und Menschenrechte an der Universität Birmingham, hat sich in ihrem neuesten Buch "Wir sind frei, die Welt zu verändern" der Philosophin Hannah Arendt und deren Denken gewidmet. Stonebridge, die bereits mit mehreren Preisen für ihre Arbeiten ausgezeichnet wurde, bringt ihre Expertise aus den Bereichen politische Theorie, Literatur und Geschichte in dieses Werk ein. Bekannt für ihre tiefgründigen Analysen zu Migration, Menschenrechten und den Auswirkungen von Gewalt, gelingt es ihr, Arendts Gedankenwelt mit der heutigen Zeit zu verknüpfen.

In "Wir sind frei, die Welt zu verändern" bietet Stonebridge eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit dem Leben und den Ideen von Hannah Arendt. Das Buch geht über eine bloße Biografie hinaus, indem es Arendts philosophische Ansätze in den Kontext der modernen Welt stellt. Es beleuchtet Arendts Erfahrungen von ihrer Kindheit und Studium, über ihre Flucht aus dem Nazi-Deutschland bis zu ihrem Wirken in den USA. Stonebridge zeigt, wie Arendt Tyrannei, Rassismus, postfaktische Politik und andere gesellschaftliche Umwälzungen erlebte und darüber schrieb. Der zentrale Gedanke des Buches ist, dass wir durch Arendts Philosophie lernen können, wie wir unsere heutige Welt besser verstehen und gestalten können.

Als jemand, der bisher wenig über Hannah Arendt gelesen hat und ihr kritisch gegenüberstand (aufgrund dessen was ich in der letzten Zeit in Bezug auf Rassismus und ihre Meinung dazu gelesen hab), hat mich dieses Buch besonders angesprochen. Die Tatsache, dass Lyndsey Stonebridge auch Kritik an Arendts Positionen übt, fand ich sehr authentisch und ehrlich. Das Buch ist mehr als eine gewöhnliche Biografie. Es verbindet die Lebensgeschichte von Arendt mit einer tiefen Analyse ihrer Werke und deren Relevanz für unsere heutige Zeit.
Die Autorin zeigt beispielsweise auf anschauliche Weise, wie Arendt wohl auf zeitgenössische Herausforderungen wie Donald Trump, den Aufstand vom 6. Januar, die Umweltkatastrophe und QAnon reagiert hätte.

Das Buch ist flüssig geschrieben und kombiniert akademisches Schreiben mit persönlicher Reflexion. Dies macht es auch für Neulinge - wie mich - im philosophischen Denken zugänglich. Die Präsentation und Synthese von Arendts Gedanken sind hervorragend gelungen. Allerdings sind die Versuche, Arendts Ideen direkt auf moderne Themen anzuwenden, nicht ganz gelungen wie ich finde. Die Stärke des Buches liegt eindeutig in der Darstellung und Erklärung von Arendts Philosophie, während die direkte Anwendung auf aktuelle Ereignisse manchmal etwas gezwungen wirkt.

"Wir sind frei, die Welt zu verändern" ist eine tiefgründige und inspirierende Lektüre, die einen neuen Blick auf Hannah Arendt und ihre Relevanz für die heutige Zeit bietet. Lyndsey Stonebridge gelingt es, komplexe philosophische Ideen verständlich und zugänglich zu machen. Das Buch überzeugt durch seine fundierte Analyse und die Verknüpfung der Vergangenheit mit der Gegenwart. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 21.05.2024

Mütter Europas: Wie DNA-Forschung unsere Geschichte neu schreibt

Mütter Europas
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"Mütter Europas. Die letzten 43 000 Jahre" von Karin Bojs ist ein Buch, das die Rolle der Frauen in der europäischen Geschichte beleuchtet. Karin Bojs, ehemalige Leiterin der Wissenschaftsredaktion der ...

"Mütter Europas. Die letzten 43 000 Jahre" von Karin Bojs ist ein Buch, das die Rolle der Frauen in der europäischen Geschichte beleuchtet. Karin Bojs, ehemalige Leiterin der Wissenschaftsredaktion der schwedischen Tageszeitung "Dagens Nyheter", hat für ihre Arbeit zahlreiche Auszeichnungen erhalten und ist Ehrendoktorin der Universität Stockholm. Nach ihrem Bestseller "Meine europäische Familie" setzt sie nun ihre Reise durch die Geschichte mit einem besonderen Fokus auf Frauen fort.

In diesem Buch untersucht Karin Bojs die Entwicklung der Geschlechterverhältnisse von der Steinzeit bis zur Bronzezeit. Sie beleuchtet, wie Frauen in diesen frühen Gesellschaften lebten und wie sich ihre Rolle im Laufe der Zeit verändert hat. Basierend auf den neuesten DNA-Analysen und archäologischen Funden, stellt Bojs die Theorie der Prähistorikerin Marija Gimbutas vor, die matrilineare, friedliche Gesellschaften in "Alteuropa" postulierte, welche durch patriarchalische Reitervölker aus dem Osten verdrängt wurden. Das Buch führt uns an verschiedene Ausgrabungsorte und zeigt auf, wie die Forschung von Frauen die "Schlagseite der Geschichte" durch rein männliche Perspektiven korrigiert hat.

Besonders beeindruckend finde ich die detaillierte Präsentation der Fortschritte in der DNA-Forschung, die mit archäologischen und paläontologischen Erkenntnissen abgeglichen werden. Die thematische Gliederung des Buches kann ich zwar nachvollziehen, aber mit der zeitlichen und örtlichen Einordnung hab ich mir schwer getan. Der Schreibstil ist flüssig und gut lesbar, und die vielen Quellen und Belege machen den Eindruck eines soliden recherchierten wissenschaftlichen Werks.

Ein weiterer Pluspunkt des Buches ist die anschauliche Darstellung der Wanderbewegungen in der Prähistorie und wie diese die gesellschaftlichen Strukturen (noch heute) beeinflussten. Dies war für mich besonders augenöffnend und zeigte, wie dynamisch und komplex die frühgeschichtlichen Gesellschaften waren. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass bestimmte Aspekte, wie die patriarchalischen Strukturen und deren Ursachen, noch tiefer untersucht worden wären.

Das Buch ist gut recherchiert und bietet eine Fülle an faszinierenden Details, die mir zum großen Teil neu waren. Für Leserinnen wie mich, die sich noch nicht wirklich mit Ur- und Frühgeschichte beschäftigt haben oder schon vor langer zeit von der Schule abgegangen sind, ist das Buch manchmal eine Herausforderung und ich musste manches "googeln".

"Mütter Europas" ist alles in allem aber ein gut recherchiertes und anschaulich geschriebenes Buch, das einen neuen Blick auf die Geschichte der Geschlechterverhältnisse in Europa bietet. Trotz einer kleinerer Kritikpunkte hat mich das Buch durch seine Tiefe und den Umfang der präsentierten Informationen überzeugt. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.

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