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Veröffentlicht am 07.07.2024

Schöne Illustrationen, aber die Geschichte bleibt hinter den Erwartungen zurück.

Stolz und Vorurteil
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"Stolz und Vorurteil" ist ein Klassiker der Literatur, den Jane Austen vor über zweihundert Jahren verfasste. Die Graphic Novel Adaption von Claudia Kühn und Tara Spruit, erschienen bei Loewe Graphix, ...

"Stolz und Vorurteil" ist ein Klassiker der Literatur, den Jane Austen vor über zweihundert Jahren verfasste. Die Graphic Novel Adaption von Claudia Kühn und Tara Spruit, erschienen bei Loewe Graphix, bietet eine neue, visuell ansprechende Variante der Geschichte. Jane Austen ist bekannt für ihre scharfsinnige Gesellschaftskritik und feinfühligen Charakterstudien, während Tara Spruit mit ihren bezaubernden Illustrationen den klassischen Text auf eine neue Ebene hebt.

Worum geht's? Elizabeth Bennet hat vier Schwestern und eine Mutter, deren größte Sorge es ist, alle Töchter unter die Haube zu bringen. Als der vermögende Mr. Bingley und sein attraktiver Freund Mr. Darcy das benachbarte Anwesen Netherfield beziehen, ist Mrs. Bennet außer sich vor Aufregung. Doch schon beim ersten Tanz wird Elizabeth klar, dass sie niemals einem so stolzen und arroganten Mann wie Mr. Darcy ihr Herz schenken könnte. Oder doch? Diese Graphic Novel lädt dazu ein, den zeitlosen Klassiker neu zu erleben, unterstützt von Tara Spruits wunderschön gestalteten Illustrationen.

Ich hatte bisher weder viel mit Jane Austen (ich weiß - shame on me) noch mit Graphic Novels zu tun, weshalb dieses Buch für mich Neuland war. Während mir die Geschichte an sich wenig zusagte und einige Fragen offenblieben, konnte mich die Graphic Novel dennoch überzeugen. Ich freute mich auf das Buch, da ich ein großer Bridgerton-Fan bin. Leider kam dabei keine vergleichbare Stimmung auf. Grundsätzlich ist die Graphic Novel schön illustriert. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass im Sinne der Diversität mehr darauf geachtet wird, diverse Menschen abzubilden. Das ist aus meiner Sicht eine vertane Chance. Da ich die ursprüngliche Geschichte nicht kenne, kann ich dazu wenig sagen, außer eben, dass sie mich leider nicht umgehauen hat.

Fazit: Die Graphic Novel "Stolz und Vorurteil" von Jane Austen, adaptiert von Claudia Kühn und illustriert von Tara Spruit, bietet eine visuell ansprechende Neuinterpretation des Klassikers. Während die Illustrationen schön gestaltet sind, hätte mehr Diversität berücksichtigt werden können. Insgesamt fand ich die Geschichte aber wenig fesselnd, was zu meiner Bewertung von 3 von 5 Sternen führt.

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Veröffentlicht am 29.06.2024

Feministische Neuinterpretation, die aber hinter den Erwartungen zurück bleibt

Wendy, Darling – Dunkles Nimmerland
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»Ich kenne keine Geschichten.« »Das musst du«, sagt Peter. »Alle Mütter kennen Geschichten. Wozu sind sie denn sonst gut? - Buchzitat (S.58/E-Book)

"Wendy, Darling" von A.C. Wise ist eine feministische ...

»Ich kenne keine Geschichten.« »Das musst du«, sagt Peter. »Alle Mütter kennen Geschichten. Wozu sind sie denn sonst gut? - Buchzitat (S.58/E-Book)

"Wendy, Darling" von A.C. Wise ist eine feministische Neuinterpretation der klassischen Geschichte von Peter Pan. Im Mittelpunkt steht Wendy, die inzwischen erwachsen geworden ist und als Mutter lebt. Doch ihre Vergangenheit holt sie ein, als Peter Pan zurückkehrt und ihre Tochter nach Nimmerland entführt. Wendy muss zurück in das magische Land, um ihre Tochter zu retten und sich den dunklen Geheimnissen der Insel zu stellen. A.C. Wise ist bekannt für ihre Werke wie „Hooked“ und wurde für zahlreiche Literaturpreise nominiert, darunter der Nebula Award und der Bram Stoker Award. Ursprünglich aus Kanada, lebt sie heute in Pennsylvania, USA.

Zum Inhalt: Nach ihrer Rückkehr aus Nimmerland ist Wendy Darling erwachsen geworden. Sie lebt ein scheinbar normales Leben, bis Peter Pan zurückkehrt und ihre Tochter entführt. Wendy muss sich erneut nach Nimmerland begeben, um ihre Tochter zu retten. Dabei wird sie mit den dunklen Seiten des vermeintlichen Paradieses konfrontiert und muss sich Peter Pan stellen, der Frauen nur als Mütter sieht und in Rollen zwängt. Die Geschichte behandelt Themen wie das Erwachsenwerden, die Rollenbilder von Frauen und die düsteren Aspekte von Nimmerland.

Meinung: Peter Pan war einer meiner liebsten Kindheitsfilme, weshalb ich sehr gespannt auf dieses Buch war. Leider hatte ich anfangs Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzukommen. Ich hatte mir etwas anderes erwartet und war kurz davor, das Buch abzubrechen, zog es dann aber doch durch. Das Buch bot mir dann doch noch viele interessante Aspekte und gab mir neue Perspektiven auf die Figur des Peter, die ich als Kind nicht hatte. Wenn ich jetzt als Erwachsene darüber nachdenke, wird Wendy von Peter nur als Mutter gesehen – die einzige Rolle, die eine Frau seiner Meinung nach haben kann. Die Geschichte versprach viel Spannung, blieb aber hinter den Erwartungen zurück. Leider zog sich die Handlung stellenweise sehr in die Länge, während das Ende für mich zu plötzlich und offen kam. Die Auflösung der Geschichte war einerseits vorhersehbar und andererseits viel zu unaufregend, sodass sie nach einer so langen Suche unbefriedigend war. Es gibt sehr wenige Dialoge, stattdessen viele Gedanken und Beschreibungen, sodass die Geschichte größtenteils im Kopf der Charaktere spielt. Die Stimmung des Buches ist durchwegs düster, und der Schreibstil war nicht so flüssig wie gewünscht. Zudem konnte ich zu keiner Figur eine emotionale Bindung aufbauen, was ich sehr schade finde.

"Wendy, Darling" hat interessante Ansätze und bietet neue Perspektiven auf eine bekannte Geschichte, blieb aber hinter meinen Erwartungen zurück. Die düstere Stimmung und die starke feministische Sichtweise sind gut umgesetzt, jedoch hätte ich mir mehr Spannung und emotionale Bindung zu den Charakteren gewünscht. Deshalb vergebe ich 3 von 5 Sternen.

Wenngleich sich der Schmerz in ihr ausbreitet wie ein Bluterguss, ist ihr bewusst, dass Nimmerland eine Lüge ist. Dies ist die Idealvorstellung von einem Strand, die Meeresflut zwar stark genug, um ein Abenteuer zu bieten, doch niemals so stürmisch, dass sie eine Bedrohung wäre, und das Wasser nie zu warm oder zu kalt. In Nimmerland ist jeder Baum perfekt, um hinaufzuklettern, und die Sterne am Nachthimmel formen stets fantastische Bilder. Es ist eine Welt, die ein Junge erschaffen hat, damit sie all seine Wünsche erfüllt. Sie ist nicht real. - Buchzitat (S.67/E-Book)

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Veröffentlicht am 18.06.2024

Vielschichtig, aber langatmig – und leider auch mit einigen Längen. Kanns daher nur bedingt empfehlen.

Die Perserinnen
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Im Traum war ich fasziniert davon gewesen, dass eine Tote bluten konnte. In unserer Familie galten Träume nicht als bedeutungslos, vor allem nicht, wenn man sich an sie erinnerte. Sie wurden wahr - oder ...

Im Traum war ich fasziniert davon gewesen, dass eine Tote bluten konnte. In unserer Familie galten Träume nicht als bedeutungslos, vor allem nicht, wenn man sich an sie erinnerte. Sie wurden wahr - oder ihr genaues Gegenteil trat ein. Weil es keine Regel dahinter gab, waren Träume aufregend und auch angsteinflößend. Wir fürchteten sie. - Buchzitat (S.78)

"Die Perserinnen" von Sanam Mahloudji erzählt die Geschichte der iranischen Familie Valiat im Exil sowie im Iran und beleuchtet das Leben von drei Generationen von Frauen, die mit ihrer Identität und ihren Wurzeln ringen. Die Autorin, Sanam Mahloudji, 1977 in Teheran geboren, flüchtete mit ihrer Familie während der iranischen Revolution in die USA und lebt heute in London. Mit einem Hintergrund in der Juristerei und zahlreichen Veröffentlichungen in renommierten literarischen Zeitschriften, legt sie nun ihren ersten Roman vor.

Seit dem Sturz des Schahs 1979 sind die Töchter der iranischen Familie Valiat im amerikanischen Exil. Ihre Mutter, die Tradition und Stolz verkörpert, blieb damals allein mit ihrer Enkelin in Iran zurück. Ein jährliches Familientreffen in Aspen wird zum Wendepunkt, als die exzentrische Shirin nach einer Verhaftung gegen Kaution freikommt. Dies Ereignis zwingt die Frauen, ihre Haltung zu ihren persischen Wurzeln und ihrer zukünftigen Identität zu überdenken. Die Geschichte wird aus der Perspektive von fünf Frauen erzählt und erstreckt sich über drei Generationen.

Das wunderschöne Cover und der ansprechende Titel haben mich ebenfalls sofort angesprochen und zum Lesen motiviert. Der Roman an sich behandelt zahlreiche Themen (mal mehr, mal weniger tief) wie Heimat, Verwurzelung, Liebe, Alter(n), ungesunde Schönheitsideale, gesellschaftlichen Druck und Rassismus, was ich sehr ansprechend fand. Im Kern dreht sich die Geschichte um eine Familie, dargestellt durch die Erlebnisse und Herausforderungen von Großmutter, Müttern und Töchtern. Jede Frau hat mit ihren ganz eigenen Problemen zu kämpfen, dazu kommen dann noch die Anforderungen/Erwartungen der anderen Familienmitglieder. Leider konnte ich persönlich keine tiefe Verbindung zum Buch und den Charakteren aufbauen. Allen voran Shirin die teilweise wirklich mehr als fragwürdige Einstellungen hat... Am besten gefallen hat mir die Sichtweise von Bita, die sich noch am kritischsten gegenüber der Vergangenheit und Familiengeschichte äußert. Auch von Sima hätte ich gerne noch mehr gelesen. Ihre Kapitel waren leider die kürzesten insgesamt. Es gab viele Stellen, die sich sehr in die Länge gezogen haben und deshalb hab ich auch etwas länger gebraucht mit dem Lesen als sonst.

Der Schreibstil von Mahloudji wiederum ist klar, ohne unnötige Schnörkel, was das Lesen angenehm macht. Das Buch enthält gelegentlich interessante Informationen über die Geschichte Irans, diese sind jedoch eher oberflächlich. Und neben all der Kritik gibt es auch einige wunderschöne Stellen.

"Die Perserinnen" bietet eine interessante, aber teilweise leider auch langatmige Auseinandersetzung rund um die Themen Identität und Wurzeln. Trotz eines klaren und angenehmen Schreibstils sowie einem mehr als schönen Cover blieb das Buch hinter meinen Erwartungen zurück - ich hätte mir basierend auf dem Klappentext mehr erwartet. Deshalb vergebe ich 3 von 5 Sternen.

Irgendwann wird es eine neue Revolution geben, und dann werde ich bereit sein. Ich bin bereit. Sie können uns nicht ewig unterdrücken, unsere Herzen nicht ewig zum Schweigen bringen. Die Islamische Republik kann nicht ewig leben. Ich weiß, es hängt von den Frauen ab. Sie bereit sein. - Buchzitat (S.436/437)

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Veröffentlicht am 24.05.2024

Ein Buch, das zum Nachdenken anregt, aber aufgrund seiner komplexen Handlung und distanzierten Charaktere nicht vollständig überzeugen kann.

Das andere Tal
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Scott Alexander Howard hat mit "Das andere Tal" sein Romandebüt gemacht, das sich durch eine Mischung aus Zeitreise und philosophischer Reflexion auszeichnet. Der Autor, promoviert in Philosophie und ehemaliger ...

Scott Alexander Howard hat mit "Das andere Tal" sein Romandebüt gemacht, das sich durch eine Mischung aus Zeitreise und philosophischer Reflexion auszeichnet. Der Autor, promoviert in Philosophie und ehemaliger Postdoktorand in Harvard, wagt sich in seinem ersten Werk an ein komplexes Thema heran und setzt dabei auf eine packende Erzählweise.

In "Das andere Tal" wird die Geschichte einer ungewöhnlichen Welt erzählt, in der die Zeit in verschiedenen Teilen des Tals um 20 Jahre versetzt ist. Die Protagonistin Odile entdeckt ein Geheimnis, das das Leben ihres Freundes Edme bedroht, und steht vor der Herausforderung, das ihr auferlegte Schweigen zu brechen. Das Buch erkundet die Themen Freiheit, Schicksal und die Konsequenzen von Entscheidungen auf fesselnde Weise.

Meine Meinung zu "Das andere Tal" ist zwiegespalten. Während mich der Schreibstil des Autors fasziniert hat und ich die Idee der Zeitreise interessant fand, hatte ich dennoch Schwierigkeiten, mich in die Geschichte hineinzuversetzen. Der Wechsel zwischen verschiedenen Zeiten und Orten verwirrte mich oft, und die distanzierten Protagonist:innen haben es nicht geschafft, mich emotional zu packen. Gleichzeitig aber bietet das Buch reichlich Diskussionspotential und regt zum Nachdenken über philosophische Fragen an. Die düstere Atmosphäre und der trostlose Grundtenor der Geschichte sind aber weniger mein Fall.

Insgesamt betrachtet ist "Das andere Tal" ein anspruchsvolles Werk, das eine Mischung aus Zeitreisethematik und philosophischer Reflexion bietet. Obwohl mich das Buch nicht komplett gecatcht hat und ich einige Kritikpunkte vor allem was die komplexe Handlung und die auf mich distanziert wirkenden Charaktere habe, fand ich den Schreibstil sehr gelungen und für alle die das mögen auch das Aufgreifen philosophischer Themen. Mein Fall ist es nicht wirklich. Daher vergebe ich 3 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 16.05.2024

Lehrer:innen-Dasein zwischen Idealismus und Realität: Wenn der Schulalltag zur Hölle wird

Unterrichten in Pink
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"Ich würde der Atmosphäre in der Schule ein wenig Farbe entgegensetzen. In meiner Welt gäbe es Unterricht in Pink. Ich würde den Schülern empathisch und fröhlich begegnen und sie würden es nicht ausnutzen, ...

"Ich würde der Atmosphäre in der Schule ein wenig Farbe entgegensetzen. In meiner Welt gäbe es Unterricht in Pink. Ich würde den Schülern empathisch und fröhlich begegnen und sie würden es nicht ausnutzen, sondern dankbar annehmen. Wir würden als Kollegium geschlossen auftreten und die Schulleitung würde uns den Rücken freihalten und schwierige Schülereltern in ihre Grenzen weisen." - Buchzitat S. 161 (Print)
Wiana Wiesmanns Roman "Unterrichten in Pink" wirft einen schonungslosen Blick auf den Schulalltag einer Lehrerin und die damit verbundenen Herausforderungen. Die Autorin, selbst jahrelang im Schuldienst tätig, bringt ihre Erfahrungen und Eindrücke in diesem Debütroman zum Ausdruck, der auf wahren Begebenheiten beruht. Das Cover Erinnert mich an Pink Floyd: Another brick in the wall.

Zum Inhalt: "Unterrichten in Pink" erzählt die Geschichte von Wiebke Wollnau, einer Lehrerin, die nach der Elternzeit an die Wolkenheimer Realschule versetzt wird. Doch ihr anfänglicher Enthusiasmus weicht schnell der Ernüchterung, als sie feststellt, dass der Schulalltag von Streitigkeiten, Fehlverhalten und mangelnder Unterstützung geprägt ist. Während Wiebke verzweifelt versucht, ihren Platz als Lehrerin zu finden und gleichzeitig Zeit für ihre eigenen Kinder aufzubringen, eskaliert die Situation immer weiter, bis sie schließlich selbst von ihrer Klasse angegriffen wird.

Die Protagonistin Wiebke ist stark auf die Vermittlung von Lehrstoff fokussiert, was einerseits verständlich ist, andererseits hätte sie möglicherweise durch Ausflüge und Exkursionen eine andere Seite ihrer Schüler:innen kennenlernen können und sie eine andere von ihr. In der heutigen Zeit sollte die Aufgabe einer Lehrperson nicht nur darin bestehen, Wissen zu vermitteln, sondern auch darin, mündige und selbst denkende Menschen zu formen. Sie hätte sich auch definitiv mehr behaupten müssen, auch wenn das vlt. nicht leicht ist oder nicht ihrer Art entspricht. Das Kollegium an der Schule erweist sich aber auch definitiv nicht als Stütze: Es mangelt an Wertschätzung und Unterstützung. Großes Engagement wird erwartet, auch in der Freizeit, was vor allem Teilzeitkräfte (wie Wiebke) vor große Herausforderungen stellt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird durch mangelnde Vertretungsregelungen zusätzlich erschwert. Besonders erschreckend fand ich die Situationen, in denen Lehrerinnen wie Birgit allein gelassen wurden und Eltern sich querstellten. Auch der Druck, der auf Schüler:innen lastet, darf nicht vergessen werden. Trotzdem rechtfertigt das bspw. nicht, dass Wiebke im 1. Jahr 23, im zweiten 26 und im dritten sogar 30 Schüler:innen ALLEINE als Klassenlehrperson in Teilzeit managen muss. Das ist untragbar.

Aus meiner Perspektive als Außenstehende habe ich großen Respekt vor dem Lehrerberuf, nicht zuletzt durch meine eigenen Erfahrungen bei Workshops an Schulen. Das Buch hinterlässt jedoch einen zwiespältigen Eindruck. Obwohl es realistisch die Herausforderungen des Schulalltags darstellt, fehlen manchmal Lösungsansätze und die Figuren der Familie von Wiebke, von der ich überdies gerne mehr gelesen hätte bleiben blass. Ich hab mich gewundert, dass sich die Situation nicht noch krasser auf das Familienleben ausgewirkt hat. Die Schüler:innen lernt man vor allem durch ihre negativen Eigenschaften kennen, was einen einseitigen Blick bedeutet. U

Noch ein Wort zur Schulsozialarbeit (SSA), die scheinbar an Wiebkes Schule kein Ressourcenproblem hat. Ich kenn das anders. Teilweise sind sie in Teilzeit mit 24h an 3 versch. Schulen. Was da in der Zeit dann alles gemacht werden soll... Angefangen von Einzelgesprächen mit Schüler:innen und oder Eltern über Unterstützung der Lehrkraft im Unterricht oder dem Durchführen von eigenen Präventiven Workshopsangeboten... Auch Sozialarbeitende können nicht zaubern und was die Ausbildung anbelangt... Zumindest in meinem Studium haben wir nichts Spezifisches für den Job als SSA gelernt. Das Studium ist sehr generalistisch ausgelegt, sollte man danach ja in den versch. Berufsfeldern (Suchtbereich, Familienberatung, Strafvollzug, Behörde, Krankenhaus, Kita, Jugendzentrum, Schule...) Anschluss finden. Insofern ist die Erwartungshaltung ggü. SSA sehr hoch. Dazu kommt noch, dass anders als in Wiebke Schule die SSA auch oft ein schweres Standing hat. Denn die Lehrpersonen wollen sie vielfach nicht einbeziehen weil sie es als Zeichen von Schwäche Werten und bei den Schüler:innen bzw. Eltern hat sie auch einen schlechten Ruf.

Was mir nicht sogut gefallen hat: Trotz der realistischen Darstellung des Schulalltags hätte ich mir nach dem überwiegend negativen Verlauf des Romans etwas Hoffnungsvolles gewünscht, wie beispielsweise Am Ende alternative Lösungsansätze oder statistische Daten zum Bildungssystem. Zu Beginn zeigt sich Wiebke als motivierte und authentische Lehrerin, die ihre Schwachstellen kennt und Strategien entwickelt hat, um in Notfällen zu handeln. Manche Szenen fand ich doch sehr überspitzt bzw. unrealistisch. Kann mir kaum vorstellen, dass ein FeuerPROBEalarm, dem Termin beim Jugendamt vorgehen soll... Eine für mich sehr schwierige Stelle war die, als Wiebke auf die ältere Schwester eines Schülers zugegangen ist, weil sie die Eltern nicht erreicht hat bzw. sprachlich nicht verstanden haben. Das trägt zur "Parentifizierung" bei, also dass Kinder eigentlich Rollen von Eltern übernehmen (müssen). Passiert leider SEHR oft bei Kindern, deren Eltern die Sprache (noch) nicht gut sprechen. Der Hinweis zum Gendern am Anfang fand ich gut aber ich hätte es schöner gefunden, wenn mal konsequent die weibliche Form verwendet worden wäre. Was mir auch nicht so gut gefallen hat: Die beiden Lehrer die Wiebke supporten sind beides männlich gelesene Personen. Hier hätte ich es toll gefunden, wenn es Geschlechterparität gegeben hätte.

Das Buch hat mich zwiegespalten zurückgelassen. Einerseits freue ich mich, dass Wiebke halbwegs gut aus der Sache herausgekommen ist und sich selbst treu geblieben ist. Andererseits hätte sie sich meiner Meinung nach vor ihrem Kollegium mehr behaupten müssen. Ihre Empathie gegenüber den Schüler:innen ist aber lobenswert, und ich hoffe, dass sich ganz bald was am System ändert, damit Resignation, Zeitleisten und "positive Dinge heute-Zettel" bald der Vergangenheit angehören.

"Unterrichten in Pink" ist ein eindringlicher Roman, der die Herausforderungen des Schulalltags und die Belastung der Lehrkräfte authentisch darstellt. Obwohl der Roman mich nicht zu 100% überzeugen konnte, bietet er dennoch einen wichtigen Einblick in die Problematik des Bildungssystems und verdient daher 3 von 5 Sternen.

"Ich habe mir diesen Beruf irgendwie anders vorgestellt, murmelte ich. Ich unterrichte eigentlich gerne. Aber ich bin keine Sozialarbeiterin, keine Deeskalationstrainerin, keine Detektivin und auch keine Polizistin. Das wollte ich nie." - Buchzitat S. 186 (Print)

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