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Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Deutschenmädchen

Das Haus der verlorenen Kinder
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Marie, Vollwaise, und nach Aufenthalten bei verschiedensten Pflegefamilien orientierungslos, versucht im Berufsleben Fuß zu fassen. Nach einigen missglückten Versuchen verpflichtet sie sich für ein soziales ...

Marie, Vollwaise, und nach Aufenthalten bei verschiedensten Pflegefamilien orientierungslos, versucht im Berufsleben Fuß zu fassen. Nach einigen missglückten Versuchen verpflichtet sie sich für ein soziales Jahr in einem Pflegeheim in Wiesbaden. Nachdem Marie mit 18 Jahren vom Jugendamt in Berlin Einsicht in ihre Akten bekommen hat, fand sie in den eher dürftigen Unterlagen ein Foto einer jungen Frau mit einem Baby und einer Notiz auf der Rückseite. Mit diesem Hinweis entscheidet sie sich bewusst für ein ganz bestimmtes Haus, das während des zweiten Weltkrieges ein Kinderheim der Lebensborn-Einrichtung war. In diesen Heimen wurden damals "arisch reine" Kinder zur Adoption - bevorzugt an Familien von SS-Angehörigen - freigegeben. Diese waren oft die "verbotenen Früchte" einer Liebe zwischen einem deutschen Soldaten und einem jungen Mädchen in den deutsch besetzten Gebieten. In diesen, nun als Seniorenheim benutzten Haus, versucht Marie die Spur zur Vergangenheit ihrer Familie zu finden...

Danch wechselt die Geschichte in den zweiten Erzählstrang ins Norwegen 1941. Wir lernen die beiden Freundinnen Lisbet und Oda kennen, die im kleinen Dörfchen Loshavn im Süden Norwegens leben. Als deutsche Soldaten das Gebiet besetzen und die jungen Männer bei Familien untergebracht werden, verliebt sich Lisbet in den besonnenen Erich und Oda in den gutaussehenden Günter. Sie werden damit zu geächteten "Deutschenmädchen" und in der Folge von der eigenen Familie verstoßen. Als Erich und Günter zuerst nach Kristiansand und später an die Ostfront geschickt werden, haben die beiden Freundinnen nur noch einander. Doch dann ist Oda plözlich verschwunden und Lisbet schwanger. Letztere erhält Hilfe im Haus Lebensborn in Hurda Yerk, der Zuchtanstalt der Deutschen, wo sie auch Oda wieder trifft....

Die Autorin, die hier unter Pseudonym schreibt und hinter der sich die Schriftstellerin Nicole Steyer verbirgt (allen Leserinnen von historischen Romanen sicherlich keine Unbekannte), war vor Ort in Hurda Yerk, einen der Lebensborneinrichtungen in Norwegen. Unzählige ähnliche Schicksale norwegischer Mädchen hat sie zum Anlass für diese Geschichte genommen, in deren ihre fiktiven Charaktere Lisbet und Oda für eine große Anzahl von Frauen stehen. Hier wurde genauestens recherchiert.
Mich hat wieder besonders der Erzählstrang in der Vergangenheit gefesselt, der zuerst die Unbekümmertheit der beiden Mädchen, die erste große Liebe und dann die tiefe Verzweiflung wunderbar widergespiegelt hat. Die Emotionen und Gefühle waren durch die Zeilen hindurch spürbar und das Schicksal von Lisbet und ihre tiefe Freundschaft zueinander äußerst lebendig beschrieben.

Aber auch der Erzählstrang aus dem Jahr 2005 rund um Marie und ihrer verzweifelten Suche nach ihrer Identität hat mir gut gefallen, auch wenn er im Vergleich zum Teil aus der Vergangenheit etwas blasser bleibt. Hier konnte ich manche Verhaltensweisen nicht ganz nachvollziehen.
Die Spannung bleibt bis zum Schluss erhalten und viele Geheimnisse werden erst zum Ende hin gelüftet. Einige davon kann man erraten, andere ließen mich wiederum erschrocken nach Luft schnappen. Die beiden Zeitstränge führen am Ende perfekt zusammen und runden die Geschichte harmonisch ab.
Im Nachwort geht die Autorin noch genauer auf die Lebensborn-Einrichtungen ein und auf die Schatten, die bis in die Gegenwart reichen.

Ein paar Fragen blieben für mich allerdings unbeantwortet, weshalb ich hier keine volle 5 Sterne vergebe, obwohl mich der Roman sonst wirklich überzeugt und noch lange nachgehallt hat.

Schreibstil:
Die Autorin schreibt sehr flüssig und konnte mich mit ihrer emotionalen Erzählweise an die Seiten fesseln. Neben den Charaktereigenschaften wurde auch die wunderbare Schärenlandschaft von Norwegen und das karge Leben während des Krieges bildhaft beschrieben.
Die Gefühlswelt und das Schicksal der Frauen von damals, wurde ebenso lebendig und emotional geschildert, wie Maries verzweifelte Suche nach ihrer Identität und einer eigenen Familie.

Fazit:
Eine sehr emotionale Geschichte, die noch lange nachhallt. Obwohl ein paar Fragen für mich unbeantwortet blieben, fasziniert dieser dramatische Roman rund um zwei Freundinnen, die eine dunkle Vergangenheit der deutschen Geschichte miterleben müssen, sehr.

Veröffentlicht am 02.07.2024

Fuchs und Nachtigall

Eifelfrauen: Der Ruf der Nachtigall
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Altenburg 1945. Der Krieg ist zu Ende, doch die Bevölkerung leidet noch unter den Nachkriegwehen. Hunger und die Anwesenheit der Besatzer lässt die Menschen - nicht nur in der Eifel - auf bessere Zeiten ...

Altenburg 1945. Der Krieg ist zu Ende, doch die Bevölkerung leidet noch unter den Nachkriegwehen. Hunger und die Anwesenheit der Besatzer lässt die Menschen - nicht nur in der Eifel - auf bessere Zeiten hoffen.

Im zweiten Band der Dilogie "Eifelfrauen - Der Ruf der Nachtigall" stehen Klara und Mia, die Töchter von Johanna, im Fokus. Unterschiedlich wie Tag und Nacht, jedoch unzertrennlich, lieben sie das Leben auf dem Land. Die schüchterne Klara liebt die Musik und singt wie die titelgebende Nachtigall. Mia hingegen geht auf die Menschen zu, ist praktisch veranlagt und hat ein Gespür für Zahlen. Als es einen Tanzabend in Kätts Gasthaus gibt, lernen beiden den verwegenen Tschechen Pavel Vévoda kennen. Der Musiker verdreht beiden Mädchen den Kopf und überredet Klara in Köln eine Gesangskarriere zu starten. Auch Mia zieht hinaus aus Altenburg. Sie nimmt das Angebot ihres Onkel Heinrichs an, der sie in die Fuchs Tabakwerke einführt. Heinrich und Greta fehlt es an einem Nachfolger und Mia soll ausgerechnet an den Ort, vor dem Johanna damals geflüchtet ist.
Kann der Familienzwist dadurch behoben werden? Und welchen Weg werden die beiden jungen Frauen gehen?

Der Roman wird abwechselnd aus der Sicht von Mia und Klara erzählt. So erhalten wir einen perfekten Einblick in das Gefühlsleben beider Schwestern.
Die Charaktere sind sehr lebendig dargestellt und besitzen Tiefe. Auch die Nebenfiguren wirken authentisch und einige von ihnen schließt man sehr ins Herz.
Natürlich treffen wir dabei auch auf alte Bekannte, aber auch auf neue Figuren. Ein Personenregister am Beginn des zweiten Bandes hilft bei der Orientierung, denn die Anzahl der Figuren ist doch groß.

Sehr gefallen hat mir auch der Blick hinter die Kulissen der Oper und des Bühnenbildes. Klaras Wandel von der schüchternen jungen Frau hin zu einer selbstsicheren Opernsängerin ist bemerkenswert. Sie findet in der Musik ihre innere Stärke. Nur in der Liebe scheint Klara kein Glück zu haben...
Auch Mia ist verunsichert, was die Liebe betrifft. Warum interessiert sich Simon, der Leiter der Werbeabteilung der Fuchs Tabakwerke, so detailliert für ihre Familiengeschichte?

Der Schreibstil von Brigitte Riebe ist wie immer ausdrucksstark, einfühlsam und atmosphärisch. Manchmal fand ich ihn jedoch etwas zu detailliert, denn oftmals wird in Nebensächlichkeiten abgeschweift.
Die Figuren sind sehr lebendig dargestellt und man fiebert mit ihnen mit. Die historischen Begebenheiten sind wieder perfekt in die Handlung miteinbezogen.
In der Nachkriegszeit sind besonders Themen, wie die Aufteilung in Besatzungszonen, Lebensmittelmarken, der Wiederaufbau und die juristische Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen wichtig. Geschichte, die lebendig wird, ist mir bei Romanen dieser Art ganz besonders wichtig und das beherrscht die Autorin wirklich großartig!

Fazit:
Eine tolle Fortsetzung der Eifelfrauen Dilogie, die mich sehr gut unterhalten hat und nun einen würdigen und atmosphärischen Abschluss bildet. Ich empfehle den ersten Band unbedingt vor "Der Ruf der Nachtigall" zu lesen, damit man das "Komplettpaket" noch mehr genießen kann.

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Veröffentlicht am 27.06.2024

Bewegender Roman über das Artensterben

Zugvögel
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In diesem Roman befinden wir uns in einer Zukunft, die leider gar nicht mehr weit entfernt scheint, wenn wir die Klimakrise nicht unter Kontrolle bekommen. Das Artensterben ist bereits in vollem Gange. ...

In diesem Roman befinden wir uns in einer Zukunft, die leider gar nicht mehr weit entfernt scheint, wenn wir die Klimakrise nicht unter Kontrolle bekommen. Das Artensterben ist bereits in vollem Gange. Die Küstenseeschwalben sind eine der letzten Vogelarten, die noch nicht ausgestorben sind. Sie haben die längste Flugstrecke, denn sie sind der einzige Zugvogel, der in der Nordpolarregion brütet und in der Südpolarregion überwintert.

Ornithologin Franny Stones größter Wunsch ist es, diese Vögel zu begleiten. Sie schafft es Peilsender bei drei Küstenseeschwalben anzubringen. Obwohl ihr der Artenschutz sehr am Herzen liegt, kann sie nur mit einem Hochseefischerboot diese Reise starten.
"Ich erforsche die Flugrouten der Küstenseeschwalbe, unter besonderer Berücksichtigung der Frage, wie der Klimawandel ihre Fluggewohnheiten verändert." (S. 41/42)

In Ennie Malone, Kapitän eines dieser Boote, scheint sie endlich jemand gefunden zu haben, der genauso verrückt zu sein scheint, wie sie selbst. Bis sie ihn jedoch dazu überreden kann, seine Route zu ändern, dauert es. Die Fischerei liegt darnieder und es gibt nur noch wenige aktive Fischerboote. Franny weist sie deshalb darauf hin, dass die Küstenseeschwalben wissen, wo sich noch Fischschwärme aufhalten, denn sie sind auch ihre Futterquelle. Dies ist der ausschlaggebende Punkt für Kapitän Ennie Malone und seiner Crew, die Franny äußerst misstrauisch gegenüber sind. Eine gefährliche Reise Richtung Antarktis wartet auf sie....

Der Einstieg ist mir nicht sehr leicht gefallen. Nur schwer konnte ich mich mit Franny, geboren in Australien mit irischen Wurzeln, vaterlos und vom anderen Ende der Welt zurück auf die grüne Insel gebracht, identifizieren. Wie ihre Mutter ist Franny rastlos und "leidet an Wanderfüssen". Sie kann nicht allzu lange an einem Ort verweilen und ergreift eher früher als später die Flucht. Franny verspürt außerdem eine tiefe Liebe zum Meer, die ich als eher wasserscheue Person nicht wirklich nachempfinden kann. Trotzdem habe ich ihre Sehnsucht, Verzweiflung und ihren Mut immer durch die Zeilen erkennen können.

Der Weg vom Nord- zum Südpol ist die Rahmenhandlung des Romans. Während wir in der Gegenwart auf engem Raum an Bord der "Saghani" sind, erfahren wir in Rückblenden nach und nach Einzelheiten aus Frannys Leben. Sie ist jedoch eine unzuverlässige Erzählerin und führt den Leser manchmal in die Irre.
In diesen Abschnitten erfahren wir mehr über Frannys Kindheit, den Beginn einer außergewöhnlichen Liebe und einem Geheimnis, welches sie mit sich trägt.
Neben Franny sind auch die weiteren Figuren, wie Niall, Ennis und der Rest der Crew, so lebendig dargestellt, dass man das Gefühl hat, dabeizusein. Ganz besonders mochte ich den kurzen Aufenthalt am Leuchtturm in Neufundland, wo die Familie von Crew Mitglied Samuel, wohnt.

Charlotte McConaghy hat mit ihrem Debüt einen Roman erschaffen, der unter die Haut geht und nachdenklich macht. Man spürt immer wieder Frannys Kampf gegen die Zerstörung der Umwelt und auch ihren eigenen, der sie schier zerreißen möchte. Man erlebt ihrem Schmerz und ihre selbstzerstörerischen Kräfte "hautnah" mit. Die Naturbeschreibungen, das Leben auf dem Schiff und die Kälte in den Eismeeren sind sehr bildhaft dargestellt. Das Artensterben ist allgegenwärtig und macht beim Lesen sehr nachdenklich. Es bleibt ein tragisches und schmerzhaftes Gefühl beim Lesen, welches mit einem kleinen Hoffnungsschimmer am Ende dann doch noch versöhnlich ist.


Fazit:
Eine bewegende und intensive Geschichte, die beim Lesen sehr starke Gefühle hervorruft. Für Natur- und Meerliebhaber ein solutes MUSS!

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Veröffentlicht am 18.06.2024

Aufbruch in eine neue Welt

Savannah – Aufbruch in eine neue Welt
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Schon lange habe ich keinen Auswanderer-Roman mehr gelesen, die man früher zahlreich in den Buchhandlungen finden konnte. Seit einigen Jahren sind diese jedoch kaum mehr zu finden. Deshalb habe ich mich ...

Schon lange habe ich keinen Auswanderer-Roman mehr gelesen, die man früher zahlreich in den Buchhandlungen finden konnte. Seit einigen Jahren sind diese jedoch kaum mehr zu finden. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, als ich "Savannah - Aufbruch in eine neue Welt" gesehen habe. Bei vorablesen habe ich reingelesen und wurde sofort von der Geschichte in den Bann gezogen. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich den Roman gewonnen habe.

Dies ist der erste Band der Siedler-Reihe von Malou Wilke und wir begleiten die allerersten Siedler, die sich 1733 im Bundesstaat Georgianiederlassen. Unter ihnen ist die junge schwangere Nellie Bernstein, die von ihrem Vater vor die Tür gesetzt wurde. Gemeinsam mit den anderen Vertrieben, wie den Protestanten aus dem Salzburger Erzherzogtum, die ihre Heimat wegen ihres Glaubens verlassen müssen oder anderen Heimatlosen, begleiten wir sie auf den Weg nach Amerika, wo eine völlig ungewisse Zukunft auf die Aussiedler wartet....

Der erste Band ist in vier Teile gegliedert und erzählt von den Jahren 1733 bis 1739. Malou Wilke schreibt sehr bildhaft, wie damals die Kolonie unter James Oglethorpe entstanden ist. Ein völlig neues Land mit komplett anderen Witterungsverhältnissen, unbekannten Tieren und den ursprünglichen Einwohnern, den Yamacraw, warten auf die Europäer. Die Beziehung zu den indigenen Völkern wird natürlich ebenfalls thematisert, wie auch die Feindschaft zu den Spaniern, die sich bereits weiter südlich angesiedelt haben. Der historisch belegte Gründer von Georgia, James Oglethorpe, ist natürlich ein wichtiger Wegbegleiter für die ersten und weiterhin ankommenden Europäer und erhält auch im Roman einen wichtigen Part.

Neben dem Aufbau einer neuen Siedlungsgemeinschaft stehen die zwischenmenschlichen Beziehungen im Vordergrund. Sind die ersten Siedler friedfertig und wollen sich ein angenehmes Zusammenleben gestalten, werden die Probleme mit dem Ankommen immer weiterer Menschen größer. Alkohol und Streitigkeiten, wie auch das Verbot der Sklaverei, die trotzdem Einzug hält, werden zu Themen, die die Gemeinschaft spalten. Aber auch die Natur bringt immer wieder neue Probleme, die die Siedler vor große Herausforderungen stellen.
Es war ungemein spannend zu lesen, wie die Menschen sich aus dem Nichts eine neue Heimat erschaffen.

Nellie ist eine sehr sympathische und starke junge Frau, deren Leben bisher alles andere als gut war. Alle neuen Bewohner, die Savannah schließlich gründen, sind Menschen, die vor etwas flüchten und sich ein besseres Leben erhoffen. Allerdings wurde mir Nellie im Laufe des Romans fast zu gut dargestellt, denn sie ist für viele in der Kolonie eine Stütze, die immer für sie da ist - trotz aller Rückschläge und Verluste.

Bis zu den ersten 400 Seiten war ich extrem begeistert vom Roman und war mir sicher, dass ich ein fünf Sterne Buch, sogar ein Highlight, vor mir habe. Danach nahmen aber die Tragödien und Verluste immer mehr zu. Kaum ein Kapitel kam ohne Tote und Naturkatastrophen aus. Natürlich war vieles für die Siedler fremd, wie das ihnen unbekannte, aber immer wiederkehrende Gelbfieber, das viel zu viele dahingerafft hat. Trotzdem wurde mir das Elend bald zu viel, denn es zog mich doch ziemlich runter und nahm der Geschichte das gewisse Etwas, was mich an den bisherigen Seiten so fasziniert hatte.

Trotzdem ist der erste Band der Siedler-Saga eine ganz tolle und spannende Geschichte, die über die ersten Siedler unter James Oglethorpe und der neuen Kolonie Georgia, erzählt. Ich habe jede Menge Neues gelernt und werde auf jeden Fall auch den zweiten Band lesen, der Ende des Jahres erscheint.

Fazit:
Ein mitreißender erste Band einer Auswanderer-Saga, die über die Entstehung von Georgia erzählt. Spannend und empfehlenswert für alle Leser:innen, die gerne über fremde Länder im historischen Kontext lesen.

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Veröffentlicht am 25.05.2024

Im dunklen, dunklen Wald

Das Baumhaus
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Ein schwedischer Thriller von einer deutschen Autorin? Gehts das? - und wie!
Vera Bucks neuer Thriller ist eine komplexe und wendungsreiche Geschichte, die aus der Sicht von Henrik, Marla, Nora und Rosa ...

Ein schwedischer Thriller von einer deutschen Autorin? Gehts das? - und wie!
Vera Bucks neuer Thriller ist eine komplexe und wendungsreiche Geschichte, die aus der Sicht von Henrik, Marla, Nora und Rosa erzählt wird. Es sind sehr individuelle Charaktere, wobei Rosa für mich der mit Abstand interessanteste ist.
Das Buch ist von Beginn an fesselnd. Bereits der Prolog ließ mich erschauern. Wir werden mit einer Figur konfrontiert, die uns das ganze Buch über begleitet und mir Gänsehaut beschert hat.
Der Thriller beginnt mit der Ankunft von Henrik, Nora und Fynn, einer deutschen Familie, die im ehemaligen Sommerhaus von Henriks Großvater in Västernorrland, ihren Urlaub verbringen möchten. Das seit Jahren leerstehende Haus ist jedoch ziemlich heruntergekommen. Der Garten ist verwildert und die Zufahrt zum Haus kaum mehr zu finden und einsehbar. Vom dunklen Wald in der Nähe geht etwas Bedrohliches aus. Henrik verbindet jedoch mit dem Haus Erinnerungen an seine Ferien bei seinem geliebten Großvater in Schweden. Als er im Wald ein Baumhaus entdeckt, kommen Erinnerungen an eine Begebenheit in ihm hoch, die er jahrzehntelang verdrängt hatte.
Als Fynn beim Spielen im Wald innerhalb von kurzer Zeit plötzlich verschwindet, fällt das Kartenhaus der nach außen hin harmonischen Familie in sich zusammen.

Henrik ist Kinderbuchautor und seine Fantasie scheint keine Grenzen zu haben. Das bringt ihn aber auch oftmals in Schwierigkeiten, weil er auch gerne flunkert. Selbst Nora weiß nicht immer, wann er lügt oder die Wahrheit spricht. Für ihn ist vieles ein großes Abenteuer, bis ihn gewisse Erinnerungen einholen, die ihm keine Ruhe lassen.

Nora hütet ein Geheimnis und möchte dieses mit der Urlaubsreise nach Schweden hinter sich lassen. Doch das scheint nicht möglich. Verstörende Nachrichten auf ihrem Handy und eine unbestimmte Angst lassen sie nicht wirklich los.

Spannend fand ich den Charakter von Rosa. Sie ist alles andere als erfreut, dass sie wieder zu Hause einziehen muss. Sie soll ihren Vater bei der Pflege ihres verunglückten Bruders helfen, der seitdem querschnittgelähmt ist. Dafür muss sieh ihre eigenen Pläne zurückstecken.
Rosa interessiert sich seit ihrer Kindheit für den Tod und hat in forensischer Botanik promoviert. Sie untersucht die Auswirkungen von Tierkadavern in der unmittelbaren Umgebung von Bäumen. Ihr seltsame Vorliebe hat sie allerdings zur Einzelgängerrin gemacht. Als sie bei ihren Grabungen auf ein Kinderskelett stößt, bittet die Polizei um ihre Hilfe. Sie soll weitere Grabungen durchführen, denn in den letzten Jahrzehnten sind einige Kinder auf mysteriöse Weise verschwunden.

Und dann ist da noch Marla. Das kleine Mädchen wurde entführt und wird seitdem in einem Baumhaus gefangen gehalten.

Die Figuren sind sehr facettenreich und unheimlich gut dargestellt. Jeder von ihnen hat etwas zu verbergen. Als Leser erlebt man die Gedanken und Ängste der Figuren immer hautnah mit.
Der Schreibstil ist sehr bildhaft und lebendig. Ich bin begeistert!

Durch die wechselnden Kapitel mit unterschiedlichen Erzählern entsteht eine Spannung, die sich immer weiter aufbaut. Vera Buck gelingt es eine atmosphärische Grundstimmung zu erzeugen, die eher düster und beklemmend ist.
Mich hat der Plot fasziniert und die Sogwirkung, die bereits zu Beginn entsteht, hat mich das Buch kaum aus der Hand legen lassen. Die Autorin hat einige Themen aufgemacht, die nach und nach an Intensivität gewinnen. Puzzlestein um Puzzlestein lassen ein Gesamtbild entstehen, welches sich dann doch wieder verändert.
Vera Buck hat viele Wendungen eingebaut, die überraschen und mich oftmals kurz die Luft anhalten hat lassen. Man rätselt gerne mit und wird doch auf eine falsche Fährte geführt, wobei es trotzdem immer wieder weitere Verdächtige gibt. Mit einem Verdacht lag ich richtig, doch mit dem tatsächlichen Ende konnte mich die Autorin richtig überraschen.
Zum Ende hin wurde mir der komplexe Thriller fast ein wenig zu schnell aufgelöst. Ein Twist nach dem anderen folgte und mir schwirrte richtig der Kopf! Die Auflösung ist trotzalledem schlüssig und nachvollziehbar.

Fazit:
Ein verstörender Thriller, der den Alptraum vieler Eltern Wirklichkeit werden lässt. Facettenreiche Charaktere und eine durchgehend beklemmende Atmosphäre ließen mich das Buch kaum aus der Hand legen. Das Ende war mir dann jedoch fast ein bisschen zu schnell und es ging Schlag auf Schlag.
Der Schreibstil ist fantastisch und ich werde mir auch noch die anderen Romane/Thriller der Autorin näher anschauen, wobei ich "Runa" bereits im Regal stehen habe.

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