Eine zerbrechliche Liebe & eine vergessene Vergangenheit vereint
In ihrem neuen Roman setzt Selina Wilhelm einmal mehr ihre Kunst des Schreibens unter Beweis.
Sophia lebt ohne Erinnerung an ihre Vergangenheit, umso erstaunter ist sie, als sie Stelle der Gouvernante ...
In ihrem neuen Roman setzt Selina Wilhelm einmal mehr ihre Kunst des Schreibens unter Beweis.
Sophia lebt ohne Erinnerung an ihre Vergangenheit, umso erstaunter ist sie, als sie Stelle der Gouvernante der kleinen Emilia antreten darf. Fortan lebt sie auf dem Anwesen von Adrian Moore & wird von allen herzlich Willkommen, während der Earl von Claydon Manor immer durch seine Abwesenheit glänzt & auch gegenüber seiner Tochter sehr eisig daherkommt. Sophia hört eine Stimme, die ihr immer wieder zu flüstert, dass sie sich erinnern soll & der kleinen Emilia helfen soll. Zunächst ist sie irritiert, da es scheint als spräche die verstorbene Mrs. Moore zu ihr, doch auch die kleine Emilia hört ihre Mutter & ist überzeugt, dass Sophia nicht nur hier ist um der Kleinen zu helfen, sondern auch um ihrer eigenen Vergangenheit auf die Spur zu kommen.
"Das Geheimnis von Claydon Manor" ist mein erster Ausflug in die Welt der historischen Romane und hat mich definitiv nicht enttäuscht.
Selina konnte mich auch mit diesem Buch direkt zu Beginn abholen & zog mich in das Jahr 1855 in England.
In dieser Geschichte lernen wir zudem sehr viele Charaktere kennen und mit der Zeit auch lieben.
Unsere Hauptprotagonisten sind aber natürlich in erster Linie Sophia & Adrian als auch zu einem gewissen Teil natürlich die kleine Emilia.
Sophia ist durch den Verlust ihrer eigenen Vergangenheit natürlich oftmals in ihrem Verhalten etwas unsicher. Neben der Tochter des Earls blüht sie aber sofort auf. Als gehöre sie an die Seite eines Kindes & hätte nie etwas anderes getan als als Gouvernante zu arbeiten.
Zu Beginn hatte ich die Befürchtung, dass Sophia hier vielleicht als bemitleidenswert erscheinen würde, da gerade diese Amnesie hätte dazu verleiten lassen können. Doch trotz der Ungewissheit und ihres oft unsicheren Verhaltens, tritt sie als starke Persönlichkeit auf. Unbeirrbar in ihrem Handeln ist sie die gute Seele des Buches & des Hauses. Sie wagt sich viel, für die damalige Zeit sogar zu viel, aber immer mit den richtigen Absichten.
Adrian kommt hingegen direkt zu Beginn sehr kühl daher. Er hält alle Menschen in seinem Umfeld auf Abstand. Gerade seine Tochter leidet hierunter. Er befindet sich in einem Kampf mit sich selbst & seiner Vergangenheit. Nach dem tragischen Tod seiner Frau Emma, verschließt er sich vor jeder möglichen Wärme und Liebe für ihn, die ihm allen voran von Emilia entgegengebracht wird. Immer wieder stößt er sie von sich & zerbricht dabei nicht nur das Herz seiner Tochter, sondern auch sich selbst immer wieder.
Da die Autorin den Leser auch immer wieder zurückführt in die Jahre mit seiner Frau, fällt der Grad zwischen Verachtung & Sympathie gegenüber diesem Mann sehr schmal aus. Es ist ein Drahtseilakt, bei dem ich aber immer wieder an das Gute in ihm glauben wollte.
Emilia ist hier aber definitiv der Sonnenschein der ganzen Geschichte. Trotz der Zurückweisung ihres Vaters ist sie voller Liebe & kindlichem Tatendrang die Welt zu entdecken.
Sie ist diejenige, die uns aufzeigen wird, dass nicht alles nur schwarz und weiß ist & dass es Dinge gibt, von denen wir Erwachsenen nicht mehr allzu viel verstehen oder sie gar sehen können.
Durch den Schreibstil von Selina Wilhelm kommt in diesem Buch auch zu keiner Zeit Langeweile auf. Ihr Storytelling ist detailreich & lässt einen in Gedanken selbst durch das viktorianische England streifen, auch, wenn wir die meiste Zeit hier natürlich auf dem Anwesen Claydon Manor verbringen. Ich für meinen Teil hätte nach Möglichkeit aber sehr gerne meine Sachen gepackt und wäre zu diesem bunten Haufen hinzugezogen.
Die Sprünge zwischen den Jahren 1849 & 1855 wurden hier auch sehr gut umgesetzt. Trotz der verschiedenen Handlungsstränge hatte man hierbei nie das Gefühl den Anschluss zu verlieren, sobald es einen erneuten Wechsel gab. Die Sprünge sind auch in der Kapitelübersicht gekennzeichnet, sodass man sofort weiß wo man sich nun befinden wird und jegliche Verwirrung ausgeschlossen ist.
Verwirrung erfährt man hier als Leser nur beim Lösen des Rätsels um den Tod von Emma (Adrians Frau), als auch um die Vergangenheit unseres Hauptcharakters Sophia.
Erst 70 Seiten vor Ende des Buches hatte ich eine vage Ahnung wohin die Reise gehen könnte. Diese Ahnung wurde aber nicht ganz bestätigt & so haute mich der Plottwist doch noch ganz unerwartet aus den Socken. Ein Twist wie er definitiv zur Autorin passt, wenn man bereits Bücher von ihr gelesen hat.
Ich kann verstehen, dass das Ende des Buches auch nicht jedermanns Fall ist. Auch ich musste das Ganze erst einmal sacken lassen & gedanklich das Ganze noch einmal durchgehen. Dabei habe ich für mich beschlossen, dass es ein guter Abschluss war. Alles, was ich mir sonst als Ende hätte ausmalen können, wäre einfach unbefriedigend gewesen. Die hier gefundene Lösung zur Beendigung ist bei genauerer Betrachtung für mich auch schlüssig mit der Handlung des Buches & den kleinen Hinweisen, welche hier immer wieder gesät werden.
Fazit:
LeserInnen die nicht nur auf der Suche nach einer Liebesgeschichte in längst vergangener Zeit sind, sondern auch gerne mitfiebern bei der Auflösung vieler Rätsel werden hier definitiv ihren Spaß haben.
Das Buch versprüht eine leichte Magie, welche so zerbrechlich ist wie ein kleiner Schmetterling.