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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.09.2024

Das soll Liebe sein?

Mein Mann
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In Maud Venturas Roman „Mein Mann“ geht es um eine attraktive 40jährige, die als Lehrerin und Übersetzerin arbeitet. Sie ist seit 15 Jahren verheiratet und hat zwei Kinder. Sie könnte rundherum glücklich ...

In Maud Venturas Roman „Mein Mann“ geht es um eine attraktive 40jährige, die als Lehrerin und Übersetzerin arbeitet. Sie ist seit 15 Jahren verheiratet und hat zwei Kinder. Sie könnte rundherum glücklich sein, wenn da nicht ihre Obsession wäre. Sie liebt ihren Mann wie am ersten Tag, hat aber Angst, dass er sie irgendwann verlässt und sich scheiden lässt. Jeden Tag soll er seine Liebe in Wort und Tat beweisen, sonst wird er nach einem ausgeklügelten System bestraft. Im schlimmsten Fall betrügt sie ihn mit irgendeinem Bekannten, der für sie keine Rolle spielt außer als Mittel zum Zweck: der Bestrafung. Der Leser folgt der Beschreibung einer typischen Woche im Leben dieser Frau, die nicht einmal eine normale, liebende Mutter sein kann, weil die Kinder eigentlich nur stören und viel zu viel Zeit beanspruchen, die sie allein mit ihrem Mann verbringen könnte, wenn sie kinderlos wäre.
Es gibt nicht viel Handlung in diesem Roman. Da geht es in vielfacher Wiederholung immer nur um die Besessenheit und krankhafte Kontrollsucht der Protagonistin, die eigentlich nur auf ein Scheitern der Beziehung hinauslaufen können. Am Schluss wartet die Autorin in einem Epilog allerdings mit einer großen Überraschung auf, die mich mit dem Roman versöhnt hat.
Auch wenn die Geschichte stellenweise gewöhnungsbedürftig ist, ist sie interessant, gerade weil sie so anders ist als alles, was man kennt. Deshalb spreche ich dennoch eine Empfehlung aus.

Veröffentlicht am 01.09.2024

Eine Mordserie in einem verfluchten Dorf

Das Dorf der acht Gräber
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Der vorliegende Roman ist der dritte aus einer Serie von 77 um Privatdetektiv Kosuke Kindaichi. Tatsuya Terada, 28 kommt auf Einladung seines Großvaters in ein kleines japanisches Dorf, weil dieser ihn ...

Der vorliegende Roman ist der dritte aus einer Serie von 77 um Privatdetektiv Kosuke Kindaichi. Tatsuya Terada, 28 kommt auf Einladung seines Großvaters in ein kleines japanisches Dorf, weil dieser ihn zum Erben einsetzen möchte. Dieses Dorf hat eine bemerkenswerte Geschichte. Jahrhunderte zuvor wurden acht Samurai, die hier Schutz gesucht hatten, von den Dorfbewohnern ermordet, weil diese ihren Goldschatz an sich bringen wollten. Seitdem liegt ein Fluch über dem Dorf. 27 Jahre vor dem Einsetzen der Romanhandlung ereignete sich erneut ein Blutbad. Tatsuyas Vater Yozo aus der Tajimi-Familie tötete mehr als 30 Dorfbewohner. Sein vom Stiefvater aufgezogener Sohn Tatsuya ist deshalb nicht willkommen, weil man eine Wiederholung der furchtbaren Ereignisse befürchtet. Diese Furcht scheint nicht unbegründet, denn Tatsuyas Großvater stirbt durch Gift in der Gegenwart des Enkels, danach noch weitere Familienmitglieder, außerdem zwei Nonnen und ein Arzt. Die örtliche Polizei ermittelt, außerdem Privatdetektiv Kosuke Kindaichi. Auch Tatsuya versucht herauszufinden, wer hinter den Taten steckt. Er ist gleichzeitig der Hauptverdächtige. Der Leser verfolgt diese Ermittlungen mit unzähligen falschen Fährten und begleitet den jungen Mann durch unterirdische Gänge und Höhlen, wo er nicht nur Gold findet, sondern auch eine mumifizierte Leiche.

Die Geschichte ist wegen der unübersichtlichen Handlung und der ungeheuren Personenvielfalt nicht leicht zu lesen. Ich habe streckenweise den Überblick verloren. Bedauerlicherweise spielt Privatdetektiv Kosuke Kindaichi keine wesentliche Rolle in der Handlung. Er bleibt eine Nebenfigur. Dennoch hat mir der Roman insgesamt gefallen, und ich habe vor, weitere Titel der Serie zu lesen, wenn auch vielleicht nicht alle 77.

Veröffentlicht am 26.05.2024

Anthony Horowitz gerät unter Mordverdacht

Mord stand nicht im Drehbuch
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Im neuen Roman beschließt die Romanfigur Anthony Horowitz die Zusammenarbeit mit Privatdetektiv Daniel Hawthorne nach den drei vertraglich vereinbarten Titeln zu beenden. Sie haben sich nie besonders ...


Im neuen Roman beschließt die Romanfigur Anthony Horowitz die Zusammenarbeit mit Privatdetektiv Daniel Hawthorne nach den drei vertraglich vereinbarten Titeln zu beenden. Sie haben sich nie besonders gut verstanden, weil Hawthorne meist Informationen zurückgehalten hat und dem Autor lediglich die Aufgabe zukam, die Geschichten aufzuschreiben. Doch dann braucht er plötzlich Hawthornes Hilfe. Horowitz hat Mindgame, ein Theaterstück, geschrieben, das in der Provinz Erfolg hatte und nun im Londoner Westend Premiere hat. Bei der Premierenfeier taucht Harriet Throsby, eine gefürchtete Kritikerin auf und gibt ein vernichtendes Urteil über den Text, die Regie und die Leistung der Schauspieler ab. Am nächsten Morgen wird sie in ihrem Haus ermordet aufgefunden, erstochen mit einem der Dolche, die bei der Premierenfeier an das Team verteilt worden waren. Indizien deuten auf Horowitz als Täter hin. Detective Inspector Cara Grunshaw und DC Derek Mills verhaften ihn, und er verbringt eine Nacht im Gefängnis. Schon bald muss er sich bei Hawthorne verstecken, weil immer mehr Indizien gegen ihn sprechen und die Polizei ihn sucht, obwohl jeder der Anwesenden bei der Feier ein starkes Motiv hatte, die Kritikerin zu töten. Throsby ist auch die Autorin von drei Büchern, mit denen sie vor Jahren enormen Schaden angerichtet hatte. Auch hier könnte das Motiv für die Bluttat liegen.
Mir hat der spannende Roman sehr gut gefallen, und wieder war es mir nicht möglich, die Lösung zu erraten, denn es gibt so viele Wendungen und falsche Spuren. Ich freue mich jedenfalls schon auf die Fortsetzung der Serie.

Veröffentlicht am 06.08.2023

Rätselhafte Mordserie

Mord auf der Insel Gokumon
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Im Mittelpunkt von “Mord auf der Insel Gokumon“ steht wieder Privatdetektiv Kosuke Kindaichi. Er reist auf die Insel Gokumon, um ein Versprechen zu erfüllen, das er seinem auf der Rückreise vom Kriegseinsatz ...


Im Mittelpunkt von “Mord auf der Insel Gokumon“ steht wieder Privatdetektiv Kosuke Kindaichi. Er reist auf die Insel Gokumon, um ein Versprechen zu erfüllen, das er seinem auf der Rückreise vom Kriegseinsatz verstorbenen Freund Chimata gegeben hat. Er soll die Familie von seinem Ableben unterrichten und möglichst die Ermordung von Chimatas drei Halbschwestern verhindern. Diese rätselhafte Bitte beschäftigt den Ermittler besonders. Er erfüllt den ersten Teil seines Auftrags auf der Insel, wo er mit Misstrauen empfangen wird. Dann geschieht der erste Mord, und man verdächtigt vorübergehend den fremden Gast. Kosuke Kindaichi lernt die Familie des Freundes kennen und damit die komplizierten Machtstrukturen mit allen Rivalitäten und Animositäten. Vor allem geht es um die Erbfolge. Der Großvater Kaemon hatte den nun verstorbenen Enkel eingesetzt, weil dessen Vater nicht in Frage kommt. Er hat den Verstand verloren und wird dauerhaft auf dem Familiensitz eingesperrt. Dann geschehen weitere Morde. Kindaichi findet zunächst keinen Hinweis auf den oder die Täter. Auch die Polizei tappt völlig im Dunkeln. Zu merkwürdig sind die in Anspielung auf berühmte Haikus arrangierten Leichen. Und dennoch ist es am Ende der beste Ermittler Japans, der den Fall löst.
Mir hat der zweite Fall der Serie wieder gut gefallen, obwohl dem Autor ein spannender, temporeicher Plot offensichtlich weniger wichtig ist als die Darstellung der japanischen Kultur mit ihren Mythen und Ritualen. Der Leser taucht in eine sehr interessante fremde Welt ein. Das ist schon etwas völlig anderes als ein Taunus- oder Ostseekrimi. Mir hat der Roman so gut gefallen, vor allem die sympathische Figur des Ermittlers, dass ich mit Sicherheit auch den nächsten Band lesen werde, sobald die deutsche Übersetzung erscheint – immerhin mit fünfzig Jahren Verspätung. Ich spreche eine uneingeschränkte Empfehlung aus.

Veröffentlicht am 06.08.2023

Start in ein neues Leben

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
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Im Mittelpunkt des neuen Romans von Doris Knecht steht eine namenslose Frau am Wendepunkt ihres Lebens. Nach dem Scheitern ihrer Ehe war sie neben ihrer Berufstätigkeit als Schriftstellerin und Journalistin ...


Im Mittelpunkt des neuen Romans von Doris Knecht steht eine namenslose Frau am Wendepunkt ihres Lebens. Nach dem Scheitern ihrer Ehe war sie neben ihrer Berufstätigkeit als Schriftstellerin und Journalistin viele Jahre lang alleinerziehende Mutter. Jetzt machen die Zwillinge Mila und Max ihren Schulabschluss und werden ausziehen und ihr eigenes Leben führen. Die Mutter kann sich die große Wohnung in ihrem Wiener Lieblingsviertel nicht mehr leisten und muss in eine preiswerte kleinere Wohnung ziehen. Das bedeutet, dass sie sich auch von einem großen Teil der Einrichtung und zahllosen Erinnerungsstücken aus den letzten zwanzig Jahren trennen muss. Sie beginnt aufzuräumen und die Dinge, die sie nicht mehr braucht oder für die kein Platz mehr ist, zu verschenken, zu verkaufen oder zu entsorgen. Im Zuge dieser Tätigkeit schweifen ihre Gedanken immer wieder in die Vergangenheit, in ihre unglückliche Kindheit als älteste von fünf Schwestern. In ihrer Familie hat sie sich nicht nur optisch immer als Außenseiterin gefühlt. Deshalb wollte sie als Jugendliche so bald wie möglich weit weg von der Enge des Elternhauses. Direkt nach dem Schulabschluss sorgte sie deshalb dafür, dass Hunderte von Kilometern zwischen ihrem Heimatdorf und ihrer neuen Bleibe in Wien lagen. Sie denkt an ihre Jugend, ihre zwei Abtreibungen und ihre Ehe. Immer wieder stellt sie fest, dass sie sich an die Vergangenheit anders erinnert als ihre Mutter und ihre Freundinnen. Außerdem hat sie vieles komplett vergessen. Eine vollständige Liste aller Dinge, die sie vergessen hat, kann es logischerweise nicht geben. Obwohl sie Veränderung immer gehasst hat, hat sie keine Angst vor der räumlichen Trennung von ihren Kindern. Sie glaubt nicht an den Schmerz, den ihr andere prophezeien, sondern sieht in dem bevorstehenden Neuanfang auch die Chance, endlich ein Leben in Freiheit und Unabhängigkeit zu führen. Sie selbst bestimmt, wie ihr künftiges Leben aussehen wird und wer sie selbst sein will.
Mir hat die ruhig erzählte Geschichte dieser Selbstfindung gefallen, obwohl ich mir stellenweise etwas mehr Handlung gewünscht hätte als die Wohnungssuche für sich selbst und die Kinder und die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit, dem eigenen Ich. Dennoch ein durchaus empfehlenswerter Roman.