Cover-Bild Am Himmel die Flüsse
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19,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser, Carl
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 22.07.2024
  • ISBN: 9783446280854
Elif Shafak

Am Himmel die Flüsse

Roman
Michaela Grabinger (Übersetzer)

Narin ist neun, als in dem ezidischen Dorf am Tigris Planierraupen auftauchen. Ihre Heimat soll einem Dammbauprojekt der türkischen Regierung weichen. Die Großmutter, fest entschlossen, die Enkelin an einem ungestörten Ort taufen zu lassen, bereitet alles für die Reise ins heilige Lalisch-Tal vor. Kurz vor Aufbruch stößt Narin auf das Grab eines gewissen Arthur – direkt neben dem ihrer Ururgroßmutter Leila. Wer war dieser „König der Abwasserkanäle und Elendsquartiere“, der Junge aus dem viktorianischen London, von den Ufern der verschmutzten Themse? Und was hat er mit Narins eigener Vertreibung zu tun? Meisterhaft verwebt Elif Shafak Vergangenheit und Gegenwart zu einem soghaften Roman über sich kreuzende menschliche Schicksale und die Macht jahrhundertealter Konflikte.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.09.2024

Alle Wege führen übers Wasser

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Arthur hat ein besonderes Talent - sein Erinnerungsvermögen ist außergewöhnlich, jeder Tag seines Lebens ist ihm geistig präsent. Geboren in Londons Armenvierteln des 19. Jahrhunderts, verschafft ihm seine ...

Arthur hat ein besonderes Talent - sein Erinnerungsvermögen ist außergewöhnlich, jeder Tag seines Lebens ist ihm geistig präsent. Geboren in Londons Armenvierteln des 19. Jahrhunderts, verschafft ihm seine Gabe im Laufe der Zeit gesellschaftlichen Aufstieg. Alles was er will, ist Ninive zu erforschen, jene Stadt Mesopotamiens, die durch steinerne und tönerne Artefakte der Nachwelt erhalten geblieben ist und dessen gefundene und geborgene Schätze die Aufmerksamkeit der interessierten englischen Bevölkerung auf sich zieht. Arthur kann sich die Keilschrift beibringen und erhält den Auftrag des British Museums hunderte Tontafeln zu enträtseln. Nach einer sensationellen Entdeckung scheint Arthur sein Ziel erreicht zu haben: er wird beauftragt, in sein umträumtes Mesopotamien zu reisen, um dort fehlende Textbausteine zu suchen.

Gut 150 Jahre später entdeckt die neunjährige Jesidin Narin auf einem alten Friedhof am Tigris den Grabstein des Engländers und fragt sich, was es mit diesem "König der Abwasserkanäle und Elendsquartiere" auf sich hat. Wie ist ihr Schicksal miteinander verbunden?

Auch die Hydrologin Zaleekah scheint mit den beiden ein Band zu haben, aber das ist lange nicht ersichtlich. Sie kämpft mit der Trennung von ihrem Mann und mit den Erwartungen ihrer Familie, welche sie scheinbar nicht erfüllen kann. Was alle vereint ist ein einziger Tropfen Wasser.

Elif Shafak schafft in "Am Himmel die Flüsse" einen einfühlsamen und schönsprachigen Roman, der durch die unterschiedlichen Zeiten springt und die drei Handlungsebenen schlussendlich stimmig miteinander vereint. Alle Protagonist:innen werden zeitgenössisch portraitiert, sodass es ein Leichtes ist, sich in deren Situation hineinzuversetzen. Die Sprache Shafaks ist oft tiefgründig und philosophisch, oft regt sie zum Nachdenken an. Einer der vielen Beispiele: "Arthur kommt der Verdacht, dass wir mit dem Wort Kultur das wenige bezeichnen, das wir vor einem Verlust retten konnten, an den sich niemand erinnern will." (S. 423)

Vor allem die Geschichte um Arthur, die am ausführlichsten erzählt wird, hat mich in den Bann gezogen. Spannend ist, dass seine Figur eine reale, historische Person als Vorbild hat, auch weitere Protagonist:innen sind an historische Persönlichkeiten angelehnt, wie uns die Autorin im Nachwort ausführlich wissen lässt. Nichtsdestotrotz hat der Roman seine Längen. Besonders die Geschichte um Narin enthält viele Schilderungen, welche die Jesidische Kultur erklären. Zwar finde ich das grundsätzlich äußerst interessant, hier hat mich die Autorin aber aufgrund des Detailreichtums um den (Aber-)Glauben oft verloren, ich empfand es als irrsinnig langatmig und musste das Buch regelmäßig zur Seite legen. Oft habe ich mich gefragt, weshalb sich die Autorin dazu entschieden hat, drei Charaktere in den Fokus zu nehmen. Besonders Arthur, aber auch Zaleekah hätten einen eigenen Roman verdient, ich hätte gerne noch mehr über sie gewusst. Für dieses Buch hätte ich mir aber manchmal etwas knappere Beschreibungen gewünscht, da etliche Schilderungen für den Fortgang der zusammenhängenden Geschichte nicht unbedingt notwendig gewesen wären und für meinen Geschmack eine gewisse Langatmigkeit geliefert haben.

Die Beobachtungen der unterschiedlichen Kulturen und deren Aufeinandertreffen sind Shafak besonders geglückt und hat mich viel darüber gelehrt. Das Buch ist grundsätzlich sehr lehrreich, neben den Kulturen und der mesopotanischen Geschichte, erfahren die Lesenden auch viel über Wasser und Flüsse und wie der Mensch diese geprägt und/oder versucht hat zu unterdrücken. Im Nachwort erfahren wir, dass die Autorin umfangreich recherchiert hat und setzt das Erzählte somit auf eine fundierte Wissensbasis.

Mein Fazit: Am Himmel die Flüsse ist ein schönsprachiger und gedankenanregender Roman auf drei Erzählebenen, der die drei Schicksale der Protagonist:innen langsam aber stimmig zusammenführt. Ein Stück weit betrachtet er unterschiedliche Kulturen, ist sehr lehrreich und philosophisch, weißt aber durch ab und an auftretenden Detailreichtum auch seine Längen auf. Trotzdem: eine absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 27.05.2024

Eine interessante Zeitreise

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Vergangenheit und Gegenwart treffen hier zusammen in einem in mehrfacher Hinsicht interessanten Roman, der nicht nur über menschliche Schicksale erzählt, sondern diese kreativ verknüpft mit aktuellen ...

Vergangenheit und Gegenwart treffen hier zusammen in einem in mehrfacher Hinsicht interessanten Roman, der nicht nur über menschliche Schicksale erzählt, sondern diese kreativ verknüpft mit aktuellen und jahrhundertealten religiösen und politischen Konflikten. Auf drei Zeitebenen agieren drei Hauptfiguren, die mithilfe der drei Atome von Wasser, nämlich H-O-H, die Welt des Königreichs Assyrien in mehrfacher Hinsicht lebendig werden lassen. Narin, Zaleekhah, Arthur sind 2018 nach Fertigstellung der Talsperre am Tigris mit ihren Schicksalen vereint. Assurbanipal als Herrscher über das wohlhabendste Imperium der gesamten Welt spielt mit seiner riesigen Bibliothek in Ninive, der Hauptstadt Mesopotamiens, eine gewichtige Rolle. Das dort befindliche Gilgamesch-Epos fesselt Arthur, der 1840 am Ufer der Themse geboren wird. Neben seinem beachtlichen Lebensweg gesellt sich 2018 Zaleekhah, Hydrologin, dazu, auf einem Hausboot auf der Themse lebend. Und schließlich geht es 2014 um Narins eigener Vertreibung aus Hasankeyf am Tigris wegen eines Dammbauprojektes der türkischen Regierung. Das Leben der Eziden, einer Minderheit im osmanischen Reich, kein »Volk der Schrift«, deren Sitten und alten Künste werden lebendig beschrieben. Historische Figuren und tatsächliche Geschehnisse wie z.B. Dr. John Snow und seiner Entdeckung in Bezug auf Cholera oder das Flusspferd Obaysch, das ein osmanischer Pascha den Engländern schenkte, sind eingeflochten. Thematisiert wird auch die Frage, ob ausländische Museen wie das Britische Museum und reiche Privatleute überhaupt Besitz an dem kulturellen Erbe wie hier den Kunstschätzen aus Ninive anmelden können. Ein interessanter Roman über Ninive und seine kulturellen Überreste, angedockt an die lange Reise eines Regentropfens.

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Veröffentlicht am 21.06.2024

Fremde Kulturen

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Elif Shakah hat in ihrem neuen Roman „ Am Himmel die Flüsse „ viele menschliche Schicksale miteinander verbunden und mich durch ihre phantastische Geschichte sehr unterhalten. Der Roman ist in verschiedene ...

Elif Shakah hat in ihrem neuen Roman „ Am Himmel die Flüsse „ viele menschliche Schicksale miteinander verbunden und mich durch ihre phantastische Geschichte sehr unterhalten. Der Roman ist in verschiedene Handlungsstränge unterteilt, die am Ende der Geschichte geschickt zusammengeführt werden. Ein der Protagonistinnen ist die neunjährige Narin, die in einem ezidischen Dorf am Tigris wohnt, dessen Existenz durch ein Dammbauprojekt der türkischen Regierung bedroht ist. Ihre Großmutter beschließt Narin an einem ruhigen Ort im Iran taufen zu lassen. Vor der gemeinsamen Abreise entdeckt Narin das Grab von Arthur, der neben ihrer Ururgroßmutter begraben ist. Der zweite Protagonist ist Arthur, der in ärmlichsten Verhältnissen in London vor über 100 Jahren geboren und aufgewachsen ist und es geschafft hat, ein Gelehrter zu werden und Tontafeln zu entziffern. Zaleekhah ist eine Wissenschaftlerin, die sich auf das Thema Wasser spezialisiert hat. Assurbanial , ein großer, früherer Herrscher hatte eine große Bibliothek aus Tontafeln, die letztendlich von Arthur entziffert wurden. Verbunden sind diese vielen Charaktere durch das Element Wasser, durch Wassertropfen, die immer wieder auftauchen. In dem interessanten Roman werden unzählige Konflikte angesprochen und besonders das Thema der Vertreibung der religiösen Minderheit der Eziden ist das große Thema.

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