Cover-Bild Das letzte Jahr
18,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Edition Atelier
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 152
  • Ersterscheinung: 05.09.2017
  • ISBN: 9783903005334
Ilse Tielsch

Das letzte Jahr

1938: Die neunjährige Elfi Zimmermann erlebt das letzte Jahr vor dem Ausbruch des 2. Weltkriegs in einem südmährischen Städtchen. Zu Beginn des Jahres freut sie sich über ihr neues Fahrrad, im Herbst besetzen Hitlers Truppen die Sudetengebiete, und alles beginnt sich zu verändern. Elfi kann nicht verstehen, warum ihre jüdische Freundin, viele Nachbarn und immer mehr Geschäfte verschwinden und warum ihre Eltern nicht mit ihr sprechen, sondern nur miteinander flüstern.
Ilse Tielsch zeigt ein in dieser schwierigen Zeit in ihren Gedanken und Ängsten alleingelassenes Mädchen, das nicht akzeptieren will, dass sein unbeschwertes Leben nicht mehr möglich ist.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.10.2017

Elfis Welt zerbricht

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Dieses in einer zauberhaften Sprache und Erzählweise geschriebene Buch mag man nicht mehr aus der Hand legen. Es berichtet vom Beginn der NS-Herrschaft und dem Leben in Mähren unmittelbar vor Ausbruch ...

Dieses in einer zauberhaften Sprache und Erzählweise geschriebene Buch mag man nicht mehr aus der Hand legen. Es berichtet vom Beginn der NS-Herrschaft und dem Leben in Mähren unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges.
Das kleine Mädchen Elfi muss schmerzhaft erfahren, wie ihre heile Welt und ihre behütete Kindheit langsam zerstört werden. Alles deutet darauf hin, dass bald nichts mehr so ein wird wie bis gerade eben noch. Das macht ihr Angst. Sie weiß nicht mehr, wo sie hingehört und was sie den Erwachsenen glauben soll.
Es ist eine fesselnde, berührende und traurige Geschichte, die aber auch ihre Lichtblicke hat. Man fühlt sich beim Lesen immer an den braven Soldaten Schwejk erinnert, der durch seine Spitzbübigkeit und seinen nie versiegenden Humor in allen Lebenslagen noch halbwegs unbeschadet durchkommt.
Das wünscht man auch Elfi und ihrer Familie.

Veröffentlicht am 24.10.2017

Einfach wunderschön

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Elfi möchte später im Zirkus arbeiten und übt dafür schon auf ihrem roten Fahrrad, das sie zum Geburtstag bekommen hat. Sie liebt es über die Hügel zu rasen und die Gegend zu erkunden. Ihre Eltern machen ...

Elfi möchte später im Zirkus arbeiten und übt dafür schon auf ihrem roten Fahrrad, das sie zum Geburtstag bekommen hat. Sie liebt es über die Hügel zu rasen und die Gegend zu erkunden. Ihre Eltern machen sich keine Sorgen, wenn sie mit ihren neun Jahren herumfährt, weil in der kleinen Stadt sowieso nichts passieren kann. Falls etwas passiere, würde irgendjemand die Mutter sofort holen.
Die zweite Option, die sie für die Zukunft hat, ist, um nach Amerika auszuwandern, um den “Indianern” zu helfen. Das sagt sie ihrer Mutter aber noch nicht, weil die wahrscheinlich nichts davon halten würde…

Ilse Tielschs Schreibstil hat mich von Anfang an an Ilse Aichinger erinnert. Als sich dieses Gefühl der Bekanntheit immer mehr versterkt hat, habe ich ein bisschen recherchiert und es hat sich heraus gestellt, dass mein Gefühl gar nicht soweit hergeholt war.

So schreibt Hans Weigel zum Erscheinen des Buches "Ein Elefant in unserer Straße":
»Wenn der Kafka und der Orwell als gemeinsame Tochter die Ilse Aichinger gehabt hätten, und die wiederum eine Verbindung mit Herzmanovsky-Orlando eingegangen wäre, dann wäre die Ilse Tielsch-Felzmann herausgekommen, mit Mark Twain als Vater.«

Dieser Verbindung kann ich nur zustimmen. Wo Ilse Aichinger vieles ausführlich beschreibt, sind Ilse Tielschs Beschreibungen minimalistischer, aber haben den gleichen Charme.

Elfi ist eine wunderbare Protagonistin. Sie ist so gut beschrieben, dass sie zum Greifen nah ist. Sie könnte einfach aus dem Buch spazieren und ein wirklicher Mensch sein. Nicht jede Autorin oder Autor schafft es, die Charaktere in einem Buch so plastisch zu beschreiben, aber Ilse Tielsch hat es gemeistert!
Man sieht die Welt durch die Augen der Neunjährigen: die Veränderungen der Zeit, die sie nur nach und nach zu verstehen lernt; die Versuchung, alles ohne nachzudenken nachzuplappern, was die Leute behaupten, aber letztendlich doch zur Vernunft zu kommen.

Auch wenn mir normalerweise dieser Coverstil nicht gefallen würde, finde ich, dass er wunderbar zum Inhalt passt, einfach und kompliziert zugleich - genau wie die Geschichte selbst.

Auch wenn ich verstehe, dass der Roman aufgehört hat, wo er aufhört, finde ich es schade…

Ilse Tielschs Schreibstil hat mir sehr gut gefallen und Elfi ist mir sehr ans Herz gewachsen. Da ich noch nie zuvor von Ilse Tielsch gehört habe, was eigentlich für mich als Österreicherin sehr erstaunlich ist, werde ich mich nach diesem tollen Buch ihren anderen Büchern widmen.
Ich kann nur hoffen, dass ihr das Gleiche tut.

Veröffentlicht am 28.12.2017

berührend und fesselnd

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Elfi Zimmermann, ein neunjähriges Mädchen, lebt in Mähren in einem kleinen Dorf, das von Tschechen, Deutschen und jüdischen Einwohnern im Einklang bewohnt wird. Jeder kauft bei dem anderen ein, grüßt sich ...

Elfi Zimmermann, ein neunjähriges Mädchen, lebt in Mähren in einem kleinen Dorf, das von Tschechen, Deutschen und jüdischen Einwohnern im Einklang bewohnt wird. Jeder kauft bei dem anderen ein, grüßt sich auf der Straße - sowohl auf tschechisch, als auch auf deutsch - und die Kinder verbringen ihre Freizeit miteinander, egal ob sie zur tschechischen oder deutschen Schule gehen. Alles ist idyllisch.


Elfi ist ein liebenswertes Mädchen, das sich über ihr neues Fahrrad freut und später entweder nach Amerika zu den Indianern auswandern will oder aber auch beim Zirkus auftreten möchte, wie ihre Tante. Sie könnte Kunststücke auf ihrem Fahrrad machen. Ihre Eltern haben ihr beigebracht, dass es keinen Unterschied macht, wer welche Nationalität hat, welche Sprache spricht oder welcher Religion angehört. Das sei nicht wichtig, solange man eine anständige Person ist. Dies alles ist so wunderbar beschrieben aus der Sicht von Elfi, die uns teilhaben lässt an ihren Gedanken, Erlebnissen, Gefühlen und Ängsten.


Doch nach und nach fallen ihr Veränderungen in ihrem kleinen Dorf und auch bei ihren Eltern auf. Ihre Freundin Lilli ist von einem auf den anderen Tag nicht mehr da und keiner will ihr erklären, wieso. Viele Geschäfte (mit jüdischen Inhabern) im Dorf sind plötzlich geschlossen. Die tschechischen Erwachsenen gehen nur noch bei den Tschechen einkaufen und die deutschen bei den Deutschen. Und dann darf sie auf einmal nicht mehr zu einem Turnfest gehen, wo doch ihre Freundinnen auch dort hingehen. Ihre Verwirrungen bekommt man hautnah mit, als eine Art Vertrauensperson. Man möchte ihr als Leser am liebsten alles erklären, sie trösten, in Schutz nehmen und für sie da sein in einer Zeit der Veränderung.


Anfangs musste ich erst reinfinden in das Buch. Denn der Schreibstil war etwas ungewöhnlich: Die Gedankensprünge, einfache Ausdrucksweise und ein Lesefluss, der immer mehr an Tempo gewann. Doch nach den ersten zwei Kapiteln war es ein leichtes zu folgen und ich wollte das Buch nicht mehr aus der Hand legen.


Elfi ist eine fantastische Protagonistin. Mit ihrer kindlichen Art, wie sie die Dinge sieht und versteht, reißt sie den Leser mit in ihre Gedankenwelt und ihre Träume von einer Zukunft als Zirkusartistin oder in Amerika. Ihre Freude über ihr neues Fahrrad und somit her Mobilität lassen auch eigene Kindheitserinnerungen aufkommen. So wie zu Beginn des Buches Freude empfunden wird, überwiegt zum Ende hin Mitgefühl und Traurigkeit über ihre zerbrochene Welt und die Einsamkeit.


Es ist definitiv ein Buch, das man gelesen haben sollte, um daran erinnert zu werden, dass es nicht nur eine (erwachsene) Sichtweise der Dinge gibt und die Kinder manchmal viel mehr verstehen, als man ihnen zutraut.

Veröffentlicht am 03.11.2017

Die Vorboten des Krieges

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In diesem kleinen Büchlein mit 152 Seiten steckt sehr viel Inhalt. Man erlebt die Gedanken eines neunjährigen Mädchens, während sich die Welt im Umbruch befindet.

1938: Für Elfi ist es ganz normal in ...

In diesem kleinen Büchlein mit 152 Seiten steckt sehr viel Inhalt. Man erlebt die Gedanken eines neunjährigen Mädchens, während sich die Welt im Umbruch befindet.

1938: Für Elfi ist es ganz normal in ihrem kleinen Dorf in Mähren gemeinsam mit Tschechen, Juden und Deutschen aufzuwachsen. Vor nicht allzu langer Zeit gehörte Mähren noch zu Österreich. Jetzt ist in Wien Hitler einmarschiert und Österreich gehört zur Ostmark und ihr Dorf Tarowitz wurde böhmisch. Marschenka, das Dienstmädchen der Familie stammt aus dem Nachbardorf Klein Tarowitz (Tarowitschky), wo großteils nur Tschechen leben. In Groß Tarowitz leben wiederum mehr Deutsche. Für die Kinder der Region ist dies kein Problem und man verständigt sich auch ohne große Probleme. Auch ihre Eltern sind liberal eingestellt und vermitteln Elfi, dass es egal ist. welcher Herkunft man ist. So kauft auch die Mutter ihren Lieblingsschinken bei Frau Hirsch, einer Jüdin und das Brot bei der Bäckerei Plicha, die einen Deutschen gehört.

Ilse Tielsch beschreibt in wunderbar authentischer Sprache aus der Ich-Perspektive über das Leben der neunjährigen Elfi. Dabei ist die Sprache angepasst, aber nicht zu kindlich. Man hat das Gefühl das Mädchen erzählt in einer Art Tagebuch von ihren Gedanken, Wünschen und Zielen. So sieht der Leser die Welt mit den Augen eines Kindes. Oft musste ich schmunzeln über ihren Ideenreichtum oder die Gedankengänge, die sie hat. Ich fühlte mich wieder als Kind und habe auch einige Parallelen aus meiner Kindheit zu der von Elfi entdecken können.
Noch ist ihr Leben in Ordnung. Sie wächst behütet auf und hat keinerlei Vorurteile. Am liebsten fährt sie mit ihrem roten Fahrrad hügelauf- und abwärts und versucht sich an diversen Kunststücken. Elfi träumt vom Zirkus oder davon mit dem Schiff über den Ozean zu fahren und nach Amerika auszuwandern. Durch ihre Liebe zu Bücher und den Romanen von Karl May interessiert sie sich für das Leben der Indianer. Mit ihren Freundinnen Lilli, einer Jüdin und Alenka, einer Tschechin, erlebt sie noch einen unbeschwerten Sommer. Und doch gibt es bereits dunkle Wolken am Himmel. Lilli und ihre Familie sind eines Tages verschwunden. Auch die jüdischen Geschäfte sind plötzlich geschlossen. Deutsche und Tschechen kaufen nur mehr bei ihresgleichen ein. Die Eltern verhalten sich immer ängstlicher und seltsamer und ihre Mutter beachtet sie kaum mehr. Elfi ist verwirrt und fühlt sich einsam. Warum sind ihre Eltern nicht mehr fröhlich? Warum kommt Lilli nicht zurück? Es wird das letzte Jahr einer unbekümmerten Kindheit sein...

Ilse Tielsch hat in diesem wunderbaren Roman einige Erlebnisse aus ihrer Kindheit verarbeitet und in einem bezaubernden Schreibstil, der einem direkt in die kindliche Seele blicken lässt, wiedergegeben. Trotz des eher beklemmenden Themas schreibt die Autorin mit viel Humor und sehr identisch aus kindlicher Sichtweise.

Fazit:
Trotz der wenigen Seiten ein berührendes Buch mit viel Inhalt. Man erlebt die tiefbewegenden Gedanken eines Kindes, das den Umbruch der Gesellschaft bis zum Kriegsbeginn miterlebt. Durch den authentischen Schreibstil und einer kleinen Prise Humor wird das schwierige Thema aus kindlicher Sichtweise leichtfüßiger beschrieben.

Veröffentlicht am 12.11.2017

Konnte mich nicht überzeugen

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Elfi ist neun Jahre alt und lebt 1938 in einem Dorf, wo Deutsche, Tschechen und Juden sich freundlich begegnen. Ein Jahr vor dem zweiten Weltkrieg liebt sie in ihrer „perfekten“ Kinderwelt. Sie hat ein ...

Elfi ist neun Jahre alt und lebt 1938 in einem Dorf, wo Deutsche, Tschechen und Juden sich freundlich begegnen. Ein Jahr vor dem zweiten Weltkrieg liebt sie in ihrer „perfekten“ Kinderwelt. Sie hat ein Fahrrad, welches ihr die Welt zu Füßen legt und Freunde. Elfi möchte später zum Zirkus.
Doch die friedliche Stimmung in dem Dorf kippt, als das erste judenfeindliche Gedankengut Elfis heile Welt erreicht. Die jüdische Freundin verschwindet und Elfi versteht nicht, warum sie in einigen Laden nicht mehr einkaufen darf.

Das Cover passt super zum Inhalt. Man sieht dieses altmodisch gekleidete Mädchen mit ihrem Fahrrad. Allerdings ist das Cover nicht sehr auffällig und ich weiß nicht, ob ich im Buchladen nicht dran vorbeilaufen würde.

Der Autorin ist es gut gelungen die damalige Welt durch Kinderaugen zu betrachten und dieses Gefühl dem Leser auch zu vermitteln.
Elfis Beschreibungen des langsam kriechenden Hasses wirkt sehr authentisch.

Bis auf den schleichenden Judenhass passiert nicht wirklich viel in der Geschichte. Elfi fährt mit ihrem Rad oder schmiedet Zukunftspläne.
Irgendwie fehlt in dem Roman eine richtige Handlung und so fand ich es teilweise sehr langweilig und langatmig.

Die Geschichte von dem kleinen Mädchen, welches auf einmal mit Judenfeindlichkeit konfrontiert wird und die Welt nicht mehr versteht ist, hat so viel Potenzial. Leider konnte mich die Umsetzung nicht wirklich überzeugen.

Das Buch kann ich deswegen nicht weiterempfehlen.