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Veröffentlicht am 31.05.2024

Helenendeich

Akte Nordsee - Das schweigende Dorf
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Im Dorf Helenendeich an der Nordsee findet man zwei Leichen. Einer hat den anderen umgebracht und dann Selbstmord begangen. Dabei hat der Mörder kurz zuvor noch mit der Anwältin Fentje Jacobsen telefoniert. ...

Im Dorf Helenendeich an der Nordsee findet man zwei Leichen. Einer hat den anderen umgebracht und dann Selbstmord begangen. Dabei hat der Mörder kurz zuvor noch mit der Anwältin Fentje Jacobsen telefoniert. Die Polizei ist nicht gerade erbaut von Einmischungen, aber Fentje und der Journalist Niklas John können es nicht lassen.

Etliche Bekannte trifft man in Teil Drei der charmanten Krimireihe wieder, neue Figuren, wie der Tierarzt Onno von Venen, kommen hinzu. Lebendig wird das Ganze nicht zuletzt durch Großmutter Gretjes Eiderstedter Platt und ihre unermüdlichen Heiratspläne für Fentje. Und auch Niklas‘ Katze Blofeld gehört mittlerweile zum „Inventar“, ohne Katzenszenen kann man sich Akte Nordsee nur noch schwer vorstellen. Wie nebenbei gibt es natürlich auch kriminalistische Rätsel zu lösen, wobei Fentje und Niklas allerdings auf tiefes Schweigen stoßen - wer nicht aus Helenendeich stammt, wird erst einmal ignoriert. Im Vergleich zu den bisherigen Bänden kommt diesmal lange keine rechte Spannung auf. Erst im letzten Drittel geht es turbulenter zu, dafür aber nicht immer ganz glaubwürdig. Über gewisse Schwachstellen retten die ausgezeichnet vorstellbaren Personen hinweg. Auch der sehr angenehm zu lesende und wortgewandte Schreibstil Eva Almstädts muss erwähnt werden.

Als Begleiter der Akte Nordsee von Anfang an, bin ich trotz meiner Kritik natürlich sehr neugierig, wie alles weitergeht, wessen Hochzeit Gretje als nächstes plant und welche Leiche Fentje und Niklas wiederum auf den Plan ruft.

Veröffentlicht am 28.05.2024

Von Historie zu Aktuell

Frankfurt – Sagen & Legenden aus der Stadt am Main
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Hinter diesem hübschen Titelbild versteckt das schmale Bändchen mit 160 Seiten wahre Schätze rund um Frankfurt, die es zu entdecken gilt!

Mario Junkes bündelt nicht einfach Sagen und Legenden und fasst ...

Hinter diesem hübschen Titelbild versteckt das schmale Bändchen mit 160 Seiten wahre Schätze rund um Frankfurt, die es zu entdecken gilt!

Mario Junkes bündelt nicht einfach Sagen und Legenden und fasst diese zu einem neuen Werk zusammen, nein, er verknüpft diese mit historischen Fakten und spannt einen interessanten Bogen zu aktuellen, zeitgenössischen Themen – durchaus mit der ein oder anderen persönlichen Meinung des Autors. Von der Gründung Frankfurts und der Namensgebung der Stadt am Main geht es durchs Gehölz des Stadtwaldes, Äpfelwein und Hungersnot sind Thema, ebenso wie Mummenschanz, (Zwangs)Hochzeit, Religion und Politik. Übersichtlich in Themenblöcke gegliedert, sammelt Mario Junkes historische Fakten, welche zusammengetragenen Sagen von Autoren wie beispielsweise Ludwig Bechstein einen fundierten Rahmen verleihen. Interessantes zur Entstehung von Namen und unterschiedlichen Schreibweisen, sowie geschichtliche Zusammenhänge begleiten auf spannende Weise Märchenhaftes und über die Jahrhunderte Überliefertes. So darf der Leser tief eintauchen in die Geschichte von Frankfurt am Main, als Reisebegleiter oder einfach, weil die Lektüre lehrreich und unterhaltsam zugleich ist.

Schöne Stiche oder andere Illustrationen würden dieses Büchlein noch abrunden, aber auch so ist es ein gefälliges Teil in der Bibliothek, das sich auch als Präsent sicher gut eignet.

Veröffentlicht am 28.05.2024

Glück in Karlsbad

Die Hotelerbin
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Als Stubenmadl hat Eva, die Tochter eines Tagelöhners, in Karlsbad angefangen, durch Fleiß und Eifer hat sie sich im Hotel Janker bis zur rechten Hand der Chefin hochgearbeitet. Das Glück, sich selbst ...

Als Stubenmadl hat Eva, die Tochter eines Tagelöhners, in Karlsbad angefangen, durch Fleiß und Eifer hat sie sich im Hotel Janker bis zur rechten Hand der Chefin hochgearbeitet. Das Glück, sich selbst bald mit dem Ersparten einen Verkaufsstand leisten zu können, wird jedoch getrübt von der Gier des Vaters, der von der noch minderjährigen Tochter immer wieder Geld fordert.

Einige Zeit ist vergangen, seit Eva vom Hotel Adonis ins Janker gewechselt hat. Mit etlichen Freundinnen steht sie nur mehr im Briefkontakt, auch von ihrer Familie am Land entfernt sie sich immer mehr. Was Eva allerding nicht verliert, sind ihr Lebensmut und ihre sorgfältig gehegten Zukunftspläne. Entschlossen und zupackend wie am ersten Tag, begeistert die junge Dame Kollegen ebenso wie Vorgesetzte und erobert viele Herzen im Flug. Auch in diesem dritten Band zeigt sie Courage und Hausverstand, was sie so sympathisch werden lässt. In angenehmem Schreibstil entwirft Ada Caine einige Hürden, welche Eva nehmen muss, will sie ihr Glück erreichen. Der Abschluss der Trilogie ist gut gewählt, bevor der Geschichte der Pfiff ausgeht. So kann der Leser sich selbst gut vorstellen, wie es in der Kurstadt weitergehen könnte, wie jene Erfolg verzeichnen, die mit ganzem Herzen bei der Sache sind und nicht allein nach Ruhm und Geld gieren.

Auch wenn es mit Hunde- und Räuberszenen manchmal an den Rand der Glaubwürdigkeit geht, ist „Die Hotelerbin“ ein schöner Abschluss der Karlsbad-Reihe, die ich als sehr unterhaltsam gerne weiterempfehle.

Veröffentlicht am 26.05.2024

Im Widerstand

Wir waren nur Mädchen
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Während des Zweiten Weltkriegs schließt sich die unscheinbare Jusstudentin Hannie Schaft dem Widerstand an. Aus vergleichsweise harmlosen Aufgaben wie dem Verteilen von Zeitungen wird bald mehr für die ...

Während des Zweiten Weltkriegs schließt sich die unscheinbare Jusstudentin Hannie Schaft dem Widerstand an. Aus vergleichsweise harmlosen Aufgaben wie dem Verteilen von Zeitungen wird bald mehr für die entschlossene junge Frau: sie wird ausgebildet im Umgang mit Schusswaffen. Zielstrebig hält sie mit ihren Freunden und Mitstreitern durch bis zum bitteren Ende.

Basierend auf historischen Tatsachen und akribischer Recherche erzählt Autorin Buzzy Jackson aus dem Leben Hannie Schafts. Erst kommt die Geschichte etwas langatmig und unspektakulär daher. Hannie scheint so emotionslos wie schüchtern zu sein, ihre Handlungen scheint sie zwar strukturiert, aber eher automatisiert zu setzen und vermittelt so den anfänglichen Eindruck einer naiven oder oberflächlichen Person. Vielleicht ist aber auch genau das wesentlich, um im Widerstand bestehen zu können? Nach einigen Längen steigt die Spannung endlich an, bis es im letzten Viertel tatsächlich zu überaus realistischen, recht grausigen Szenen kommt. Aufgrund zahlreicher Überlieferungen gelingt es Jackson hervorragend, aus dem wahren Leben zu berichten, fehlende Teile werden geschickt ergänzt und verweben Fiktion mit Historie. Erwähnenswert sind jedenfalls auch das Nachwort und die Anmerkungen der Autorin, wodurch der Leser nochmals einen guten Überblick bekommt zu historischen Persönlichkeiten und Details zur niederländischen Zeitgeschichte.

Fazit: trotz einiger Längen zu Beginn und im Mittelteil ein überaus interessanter Roman mit sehr realistischen, besonders am Ende sogar brutalen Szenen, die nur schwer zu ertragen sind.

Veröffentlicht am 21.05.2024

Kindheit

Amrum
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Nanning ist in Hamburg geboren, lebt aber, seit er sich erinnern kann, auf der Nordseeinsel Amrum. Während des Kriegs herrschen schwierige Zeiten, dennoch scheinen Nanning und sein bester Freund Hermann ...

Nanning ist in Hamburg geboren, lebt aber, seit er sich erinnern kann, auf der Nordseeinsel Amrum. Während des Kriegs herrschen schwierige Zeiten, dennoch scheinen Nanning und sein bester Freund Hermann nicht unglücklich zu sein. Sie helfen am Bauernhof aus für eine Kanne Milch und ein Stückchen Butter, jagen Kaninchen und tauschen Schollen, um ihre Familien zu unterstützen. Die Unterschiede - Nannings Familie ist Hitler treu, Hermann wächst abseits der Pimpfe auf - stören die Kinder im Alter von zehn Jahren nicht, aber ihre Welt verändert sich mit Hitlers Tod schlagartig.

Das Portrait einer Insel, das karge, herausfordernde, aber nicht unbedingt völlig triste Leben zweier Burschen, hält der Leser mit diesem Buch in Händen. Voller Leidenschaft beschreibt das Autorenduo die Landschaft Amrums, erzählt detailliert von der Vogelwelt und der Weite des Meeres. Allerdings muss in Zeiten der Not vor allem an sich selbst und die Familie gedacht werden, so wird nicht ausgespart, wie Nanning ein Kaninchen tötet, häutet und zerlegt, um die schwangere Mutter mit etwas Fleisch zu versorgen. Bei allen Gegensätzen geht es in dieser Geschichte um Freundschaft, Familie und Zusammenhalt, wenn es nötig ist.

Was man in jeder Zeile spürt, ist Hark Bohms Verbundenheit mit Amrum, der Insel, auf der er aufgewachsen ist, die er seine Heimat nennt. Dadurch ist auch der Leser ganz nah dran am Geschehen, erlebt Kaninchenjagd und Ausflug mit dem Segelboot, um Schollen zu fangen, hautnah mit, als ob er selbst dabei wäre. Bohm sieht genau hin, schreibt detailgetreu, aber doch ohne Schnörkel, passend zur damaligen Zeit. Viel Wissenswertes zum Überleben in Krisenzeiten, zur politischen Situation, die Nanning hin- und herreißt zwischen Liebe zur regimetreuen Mutter und den Skeptikern des Führerkults, fließt ein in diesen Roman, möglicherweise auch die ein oder andere autobiografische Szene.

Ein interessantes Buch, welches sachlich, aber doch in romanhaftem Stil, Zeitzeugnis ablegt und die Dinge vor allem aus Sicht der Kinder darstellt. Lesenswert.