Profilbild von Magnolia

Magnolia

Lesejury Star
online

Magnolia ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Magnolia über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.06.2024

Spannend, verstörend, lange nicht durchschaubar

Das Baumhaus
0

Nachdem mich die „Wolfskinder“ in Gänze gefesselt haben, wollte ich Vera Bucks neuestes Buch unbedingt lesen. Und ich habe es nicht bereut. Auch wenn es eher gemächlich startet, so steigert sich das in ...

Nachdem mich die „Wolfskinder“ in Gänze gefesselt haben, wollte ich Vera Bucks neuestes Buch unbedingt lesen. Und ich habe es nicht bereut. Auch wenn es eher gemächlich startet, so steigert sich das in drei Teilen angelegte Buch ab Teil zwei ungemein und hält die Spannung bis zum Ende.

Der Prolog, in dem ein 10jähriger Junge verschleppt wird, lässt Schlimmes ahnen, auch wenn ich diese ersten Seiten der nachfolgenden Story nicht zuordnen kann. Und doch ahne ich, dass diese Geschichte mit dem 5jährigen Fynn zu tun hat, der bei einem idyllischen Urlaub mit seinen Eltern Henrik und Nora verschwindet. Die kleine Familie hat ein Haus in Schweden geerbt und so beschließen sie, dass dies in Zukunft ihr Ferienhaus sein wird. Das auf den ersten Blick idyllisch gelegene Haus ist nicht im besten Zustand, auch wirkt der nahe Wald beinahe bedrohlich.

Im ersten Teil werden eher die einzelnen Protagonisten vorgestellt wie etwa Rosa, die eine skelettierte Kinderleiche ausgräbt. Wechselnde Kapitel erzählen auch von der Familie und von Marla, die zeitlich nicht einzuordnen ist und lange undurchschaubar bleibt. Und dann verschwindet Fynn. Die Suche ist nervenraubend und für sie alle zunehmend zerstörerisch. Die Charaktere werden zergliedert, unschöne Dinge werden sichtbar. Der Blick hinter die mühsam aufrecht erhaltene Fassade hält dem äußeren Schein nicht stand. Dazwischen lese ich von Marla und weiß schon einiges von ihr und doch nicht genug. Zu der durchweg bedrohlichen Grundstimmung kommt sie direkt mystisch daher und bleibt es ziemlich lange.

Die Örtlichkeiten sind bedrohlich, unheimlich, geheimnisumwittert und beklemmend, die Figuren sind es ebenso. Zu den meisten entwickle ich eine tiefe Abneigung, lediglich Henrik kann ich trotz vieler Widrigkeiten einigermaßen verstehen. Dies ist eher gefühlsmäßig erklärbar, eher dadurch, dass mir die anderen Charaktere so gar nicht sympathisch sind. Die Story bietet viel, sobald sie Fahrt aufgenommen hat und fördert zum Schluss Abgründiges zutage, das einen schaudern lässt. Spannend, verstörend, unheimlich – ein Thriller, so wie ich ihn mag.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.06.2024

Gunhild, eine unerschrockene junge Frau zur Zeit Karls des Großen

Die List der Grafentochter
0

„Die List der Grafentochter“ führt weit zurück in die Zeit, als Karl der Große König des Frankenreiches war. Es ist Anfang Dezember anno 785, als Gunhild und ihre jüngeren Brüdern Giselher und Warmunt ...

„Die List der Grafentochter“ führt weit zurück in die Zeit, als Karl der Große König des Frankenreiches war. Es ist Anfang Dezember anno 785, als Gunhild und ihre jüngeren Brüdern Giselher und Warmunt auf der Erphesburg die Rückkehr ihrer Eltern - Graf Hardrad und seine Gattin Brunichild - erwarten. Gunhild hat in ihrer Abwesenheit das Sagen auf der Burg, auch wenn dies Warmunt, mit seinen dreizehn Jahren der Jüngste, nicht gefällt. Doch auf Gunhild ist Verlass, sie ist willensstark und zupackend, sie ist seit jeher an Vaters Seite. Doch nun steht ihre Vermählung mit einem Thüringer Gaugrafen an. Die Hochzeitsvorbereitungen sind in vollem Gange, als König Karl bestimmt, Gunhild mit seinem engen Vertrauten Autkar zu verehelichen. Sie sträubt sich dagegen und wird kurzerhand entführt.

Neben diesen Verwicklungen klingen die Sachsenkriege an. Karls Feldzüge, deren Ziel die Unterwerfung und die erzwungene Christianisierung der Sachsen waren, sind nicht nur auf seiner Seite verlustreich. Wir lesen auch von Fastrada, Karls vierter Ehefrau, die sehr grausam gewesen sein soll. Ihr Charakter ist gut eingefangen, sie ist trotz ihrer unbarmherzigen, machtbesessenen Art ihrem Karl eine liebende Ehefrau. Als Karl bei einem seiner Feldzüge in einen Hinterhalt gelockt und an einem unbekannten Ort gefangen gehalten wird, spitzt sich die Lage zu, eine Verschwörung bahnt sich an, Fastrada ist außer sich, sie lässt foltern und verhängt als Strafe den Tod am Strang.

Isabel Voss hat das frühe Mittelalter, das Leben der einfachen Leute und der Grafen auf ihren Burgen in Zeiten Karls des Großen anschaulich beschrieben. „Fakten und Fiktion“ nennt sie ihre Schlussbemerkung. Das Historische, um das sich die fiktive Geschichte rankt, ist bestens recherchiert. Zur besseren Orientierung ist das Ortsverzeichnis am Ende des Buches hilfreich, denn im frühen Mittelalter hatten die Orte und die Landschaften völlig andere Namen, die von den heutigen vielfach nicht abgeleitet werden können. Jedoch habe ich ein Personenverzeichnis vermisst, denn die vielen und zudem heutzutage nicht mehr gebräuchlichen Namen sind schon verwirrend, auch wäre eine Landkarte der besseren Übersicht wegen nicht verkehrt gewesen.

Das Leben im Jahre 786 war schon ein ganz anderes. Auch wenn ich historische Romane gerne und viel lese, so bleibt die Zeit Karls des Großen eher ausgespart. Umso gespannter war ich auf „Die List der Grafentochter“, auf Gunhild, einer unerschrockenen, fortschrittlich handelnden und denkenden jungen Frau, die ihre List geschickt und wohldurchdacht ausgeführt und zu einem guten Ende gebracht hat. Dieser historische Roman hat mich nach anfänglichen Schwierigkeiten mit den vielen Personen und dem fehlenden Personen- und Familienregister, das bei historischen Romanen durchaus üblich ist, dennoch gut unterhalten.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 31.05.2024

Durchweg spannend

Akte Nordsee - Das schweigende Dorf
0

Was war das denn? Mitten in der Nacht ruft ein Mann bei Fentje an, um ihr zu sagen, dass er ihre Hilfe braucht, da er demnächst des Mordes verdächtigt wird. Als bald danach im Nachbarort zwei Tote gefunden ...

Was war das denn? Mitten in der Nacht ruft ein Mann bei Fentje an, um ihr zu sagen, dass er ihre Hilfe braucht, da er demnächst des Mordes verdächtigt wird. Als bald danach im Nachbarort zwei Tote gefunden werden und einer davon derjenige sein soll, der sie vorsorglich als Anwältin anheuern wollte, wird sie hellhörig. Was genau ist da geschehen und warum dieser doch sehr mysteriöse Anruf? Und da auch Niklas als Journalist in diese Taten irgendwie involviert ist, beginnen die beiden mit ihren ganz eigenen Nachforschungen.

Schon der Prolog macht neugierig. Da sucht einer den Kanal ab, ganz im Verborgenen, denn seine Frau darf davon nichts wissen. Wie hängt diese Suche mit den beiden Toten zusammen? Lange, sehr lange ist dies nicht sichtbar.

„Das schweigende Dorf“ ist nach „Der Teufelshof“ mein zweites Buch der Akte Nordsee, das erste dieser Reihe „Am dunklen Wasser“ will unbedingt noch gelesen werden. Fentje Jacobsen und Niklas John – unterschiedlicher könnten die beiden nicht sein und doch haben sie einen Draht zueinander, der mal stabil und hart wie Stahl ist, dann aber wieder ziemlich brüchig zu sein scheint. Fentje ist Anwältin mit Leib und Seele, ihre Kanzlei betreibt sie auf dem Schafshof ihrer Großeltern, was den Vorteil hat, die beiden im Blick zu haben, während Niklas John als Journalist auch in Krisengebieten zu finden ist. Sein feudales Heim findet man in St. Peter-Ording und gerade eben ist auch Blofeld, die luxuriöse Katze, wieder bei ihm eingezogen.

Auch dieser dritte Fall hat mich abgeholt, er ist spannend mit verschwiegenen, verschlagenen, unsympathischen, äußerst kriminellen und auch liebenswerten Charakteren, denen ich ihre Eigenarten durchweg abnehme. Die eingestreuten plattdeutschen Redensarten und Sätze passen perfekt in die Umgebung und sind dank den gut in den Text eingebundenen Übersetzungen auch für alle verständlich. Auch Fentjes Großmutter mischt hier kräftig mit, ihr Part war mir jedoch zu übergriffig, zu gewollt. Auch wenn ich es durchaus schätze, dass neben den im Vordergrund stehenden Ermittlungen Privates durchklingt, so hat Oma sich zu weit vorgewagt und ist ins Unglaubwürdige abgedriftet. Die weitreichenden Ermittlungen an sich haben mich jedoch wieder versöhnt.

Eva Almstädt hat mich lange im Dunkeln gelassen, sie hat mich zuweilen auf Irrwege geführt und mir einen Schluss präsentiert, den ich so dann doch nicht erwartet hätte. Gut so, sie hat mir einmal mehr kurzweilige Lesestunden beschert und nun hoffe ich, dass ihre beiden Hauptakteure bald wieder ermitteln werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.05.2024

Vorprogrammiertes Verwirrspiel

Liebe, Scones und Küstenträume (Die kleine Burg in Irland)
0

Ungestört ihre Masterarbeit fertig schreiben – mit diesem Vorhaben fliegt Susa nach Irland. Daheim kommt sie grad nicht dazu, sich zu konzentrieren und so bietet ihr ein guter Freund an, auf Ballylavorn ...

Ungestört ihre Masterarbeit fertig schreiben – mit diesem Vorhaben fliegt Susa nach Irland. Daheim kommt sie grad nicht dazu, sich zu konzentrieren und so bietet ihr ein guter Freund an, auf Ballylavorn Castle, das er für alle denkbaren Anlässe vermietet und das gerade keine zahlenden Gäste hat, sich eine Auszeit zu gönnen. Den Billigflug kann sie sich gerade so leisten, der Aufenthalt auf der Burg ist für sie kostenlos.

Kaum angekommen, steht sie vor dem ersten Problem. Der Konditorei-Besitzer David ist so gar nicht erfreut, sie hier vorzufinden, hat er doch für die nächsten Tage die Räumlichkeiten der Burg für seinen Workshop angemietet. Eine Doppelbelegung – Susas Freund hat da wohl was verschlafen. Nun, es kommt für sie ganz dicke, David komplimentiert sie hinaus. Kurz darauf jedoch bietet er ihr großzügig ein nicht benötigtes Zimmer an, im Gegenzug dafür erklärt sie sich bereit, die Workshop-Teilnehmer zu bekochen.

Das so wunderschön gestaltete Cover ist zur Einstimmung in dieses vorprogrammierte Verwirrspiel genau richtig, Susas Kochkünste tun ein Übriges. Hanna Holmgrens Wohlfühlroman mit allerlei Irrungen und einer gehörigen Prise Liebe liest sich flott, man taucht förmlich ein, möchte so manch Leckerei probieren und das alles inmitten einer herrlich beschriebenen Landschaft. Neben Susa und David sind da auch die ziemlich versnobte Claire, der nette Harry und Eoin, den ich nicht nur wegen seiner kreativen Ader sofort ins Herz geschlossen habe.

Als willkommene Zugabe sind am Ende des Buches Original irische Rezepte zum Nachkochen und –backen abgedruckt wie etwa Susas Liebeskummer-Kuchen. Dieser spielt natürlich in unserer Story eine nicht zu unterschätzende Rolle, schon allein die Zutaten klingen verführerisch und machen große Lust, diesen Kuchen baldmöglichst selber zu backen. Und – er wird auch ganz ohne Liebeskummer schmecken, da bin ich mir ganz sicher.

Die kleine Burg in Irland als Schauplatz einer Liebesgeschichte, versüßt mit allerlei Köstlichkeiten, ist wie ein Kurzurlaub zum Wegträumen und sich wohlfühlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.05.2024

Außergewöhnlich

Die Doppelte Frau
0

Ein Stück österreichische Zeitgeschichte vor der Kulisse der Festspielstadt Salzburg erzählt dieser Krimi Noir. Darin eingebettet erfährt man von der Fotografin Betty Steinhart, die Carl Ellingers Fotoatelier ...

Ein Stück österreichische Zeitgeschichte vor der Kulisse der Festspielstadt Salzburg erzählt dieser Krimi Noir. Darin eingebettet erfährt man von der Fotografin Betty Steinhart, die Carl Ellingers Fotoatelier übernimmt. Er emigriert nach Kanada und überlässt seiner talentierten Mitarbeiterin sein Atelier, das auch unter Bettys Führung weiterhin seinen Namen trägt.

Aus drei Perspektiven wird dieser Krimi-Noir erzählt, wobei die fiktiven Figuren Eva und Max mit dem US-Amerikaner Harry eine erzählerische Einheit bilden. Der Krieg ist gerade mal zu Ende, der Glanz der Festspielstadt Salzburg noch nicht wiederhergestellt.

Die Hauptakteure dieses Krimis sind die bis zuletzt mysteriöse Eva, der Privatdetektiv Max und Harry J. Collins, der real existente Kommandant der US-Army. Das Nachwort gibt nähere Auskunft über ihn und die anderen, hier vorkommenden historischen Persönlichkeiten. Daneben ist von der Fotografin Betty Steinhart die Rede, wobei sie hier eher durch ihre Fotografien, die zwischen den Text abgedruckt sind, spürbar ist. Und – was ich außerordentlich schätze – finden sich am Ende des Buches die dazugehörigen Beschreibungen der jeweiligen Bilder wie etwa Szenen aus dem Jedermann, von Max Reinhardt, Paula Wessely, Lil Dagover und Marlene Dietrich, um nur einige wenige zu nennen. Die Story wird durch die Graphic Novels zusätzlich aufgewertet, diese vertiefen einzelne Szenen und machen das Buch zu etwas ganz Besonderem.

Es hat schon einige Zeit gedauert, um der Handlung folgen zu können. Die drei Hauptakteure erzählen in loser Folge, gefühlt übergangslos, sodass ich bei einigen Sequenzen nochmal zurückblättern musste. Die Geschichte verlangt ein aufmerksames Lesen, es ist ein Krimi Noir, den ich so noch nie gelesen und auch optisch noch nie gesehen habe. Schon allein diese beiden Aspekte und dazu die hartgesottenen Kerle inklusive Eva, die bis zuletzt nicht recht zu durchschauen war – vor dem Hintergrund des Nachkriegs-Salzburg - geben dem Roman die besondere Note.

„Die doppelte Frau“ fordert ihre Leser, das Rätsel um Betty Steinhart erspürt man eher dazwischen, die Handlung mit ihren Krimi-Elementen ist spannend, das Historische gut mit dem Fiktiven verknüpft. Eine schlussendlich stimmige, eine außergewöhnliche Story.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere