Klappentext:
„Der finnische Journalist Markus Siltanen zieht Anfang der 1980er Jahre mit seiner Familie von Helsinki nach Ostberlin, um dort für seine linksgerichtete Zeitung als Auslandskorrespondent zu arbeiten. Vilja, seine Tochter, verbringt ihre Kindheit in der geteilten Stadt, bis die Familie überstürzt nach Finnland zurückkehrt. Mit der Zeit lösen sich Viljas Erinnerungen an ihre Kindheit in Ostberlin auf, ähnlich wie das Land selbst. Jahre später findet Vilja nach dem Tod ihres Vaters ein verstörendes Konvolut von Briefen, unterzeichnet von einer mysteriösen Berlinerin mit dem Decknamen »Margot«, mit der ihr Vater eine leidenschaftliche Liebesbeziehung hatte. Vilja erkennt sich in dem »Kastanie« genannten Kind wieder, das in einer engeren Beziehung mit Margot gelebt haben musste. Aber welche? Und was wird verborgen? Vilja beschließt, die Unbekannte aufzuspüren, und reist nach 30 Jahren erstmals wieder nach Berlin, um Antworten zu finden. Die nach der Wende verwandelte Stadt bringt verschüttete Erinnerungen ans Licht, aber das Wichtigste scheint zu fehlen. Die spannungsgeladene Suche nach Margot reißt alle Gewissheiten ein und stellt infrage, was sie über Eltern und Kindheit zu wissen glaubte.
Im Mittelpunkt von Meri Valkamas von Beginn an fesselnder Erzählung steht die Suche einer jungen Frau nach drängenden Antworten. In ihrer prall erzählten Geschichte gelingt der Autorin ein sehr menschliches Buch, das nach und nach die zerbrechlichen Fragmente der Erinnerungen ihrer Protagonistin und damit die Geschichte der Familie Siltanen zusammensetzt. Und sie erzählt von einer untergegangenen Epoche, denn die selbst in Ostberlin aufgewachsene Valkama zeichnet gleichzeitig ein lebendiges Bild vom Untergang einer Ideologie und der bis ins Private reichenden Kollateralschäden.“
Ich gehöre ja zu den Lesern die gerne das Buchcover mit der Geschichte identifizieren. Bereits im Klappentext wird dies alles bereits aufgelöst - das hat mich schonmal befriedigt. Nun aber zur Geschichte von Autorin Meri Valkamas. In ihrer Geschichte „Deine Margot“ lässt sie sehr viele persönliche Parts mit einfließen, da sie selbst in Ostberlin aufgewachsen ist. In ihrer Geschichte verfolgen wir Viljas Geschichte und die ihres Vaters. Der Verlauf der Geschichten ähnelt dem aktuell gern genutzten Muster: aus hinterlassenen Briefen des Toten (hier ihr Vater) wird nun in der Jetztzeit die Wahrheit gesucht. Valkamas nutzt für diese Erzählung verschiedene Zeitenwechsel. Unsere Erzählerin Vilja bleibt dabei stets unterkühlt und wirkt recht zurückhaltend auf den Leser trotz ihrer energischen und spannenden Suche. Ich muss zugeben, ich fand das recht gelungen, da so die Sicht auf die Geschichte ihres Vaters und Margot besser in den Fokus gerät und eben die damalige Zeit und ja, es ist auch sehr schwierig Kindheitserinnerungen die über 30 Jahre her sind noch gescheit zu rekapitulieren bzw. eben nicht mit den neuen Erkenntnissen zu vermischen. Vilja kramt ja einerseits in ihren Gedanken und Erinnerungen selbst (welche ja auf Grund ihres damalige Alters recht schwach sind) aber eben auch in der Lebensgeschichte und vermeintlichen Geheimnisses ihres Vaters. Ist Margot wirklich eine „Margot“? Was geschah damals? Warum ist von einer Kastanie die Rede? Dieser Verlauf ist wahrlich spannend zu lesen und Fragen werden gut dosiert im gesamten Buch aufgelöst. Dass Valkama so schreiben konnte, lag an ihren eigenen Erfahrungen und das merkt man einfach beim lesen. Ihr Stil und ihr Ausdruck sind bestimmend und stark wann es passend ist aber auch leise wenn es eben leise sein muss. Hier und da gibt es unrunde Sätze. Da scheint etwas bei der Übersetzung unglücklich gelaufen zu sein aber gut. Der Sinn ist dennoch verständlich, hätte aber im Lektorat auffallen müssen. Die geschichtlichen Aspekte sind ebenfalls sehr gekonnt hier eingewoben worden. Sie beschreibt zudem in gewisser Weise harte Kost. Ich als „Kind“ aus dem Osten darf das sagen. Warum? Was wäre denn gewesen wenn alles anders gekommen wäre? Was wäre wenn die Geschichte einen anderen Verlauf genommen hätte und die DDR hätte weiter existieren dürfen? Genau darum geht es hier. Nur stellen sich die Wenigsten diese Frage gerne laut. Solche Themen werden gern mit sich im Stillen ausgetragen um nicht gleich als alter Kommunist oder gar Stehengebliebener zu gelten. War denn damals alles schlecht? Nicht alles war schlecht aber auch nicht alles gut - so könnte man es wohl am besten zusammenfassen. Sehnsüchte, Wünsche, Träume und die Suche nach Heimat, nach Wahrheit und Klarheit sind hier Mittelpunkt der Geschichte. Ich vergebe 4 sehr gute Sterne hierfür und bin gespannt was von der Autorin noch zu erwarten ist!