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Veröffentlicht am 08.06.2024

Sommertraum

Tod auf der Unterbühne
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Die junge Polizistin Antonia Ranik hat sich aus Wien an eine Kleinstadt versetzen lassen. Ihr Chef Hufnagl und sie werden zu einer Wirtshausschlägerei gerufen. Da kommt die Nachricht herein, dass es bei ...

Die junge Polizistin Antonia Ranik hat sich aus Wien an eine Kleinstadt versetzen lassen. Ihr Chef Hufnagl und sie werden zu einer Wirtshausschlägerei gerufen. Da kommt die Nachricht herein, dass es bei der Generalprobe des Sommertheaters einen Todesfall gegeben hat. Ranik wird zum Theater geschickt, um zu ermitteln, wieso dieser Sommernachtstraum so plötzlich zerplatzt ist. Der Regisseur Mateo Ander ist in der Unterbühnenkonstruktion gestürzt und so unglücklich gefallen, dass er förmlich aufgespiesst wurde. Unfall oder Mord? Antonia Ranik hat sofort ein komisches Gefühl. Und da ihr Chef nicht da ist, ist sie die Chefin und sie beginnt zu ermitteln.

Dies ist der erste Band einer Reihe um Bezirksinspektorin Antonia Ranik, ihren Chef Hufnagl und ihren Partner, den Streifenpolizisten Berger. Antonia muss sich zwar erstmal in ihrem neuen Umfeld zurechtfinden, doch sie ist zum ersten Mal frei. Sie ist geschieden, ihre Tochter ist im Internat und sie kann sich richtig um ihre Karriere kümmern. Mit ihrer Energie kommt sie nicht überall gut an, aber sie kann auch Pluspunkte sammeln. Nur mit den Nachforschungen bei den Theaterleuten geht es nicht so richtig voran. Es ist schließlich nicht klar, ob es nicht einfach ein Unfall war. Die Schauspieler und Mitarbeiter des Theaters machen nicht viele Angaben. Klar ist allerdings, der Regisseur war nicht beliebt.

Ein Fall im Theatermilieu kommt nicht allzu häufig vor. Hier kann man mal hinter die Kulissen lesen. Neben dem zunächst undurchdringlichen Fall, gibt es etliches über die Arbeit bei der Inszenierung zu erfahren. Vielleicht am Beginn etwas zu viel Information und zu wenig Fall, das wird aber schnell ausbalanciert. Außerdem ist es fesselnd zu erfahren, wie sich die junge Polizistin langsam in ihre neue Aufgabe einarbeitet und auch ihren Kollegen Berger für die Ermittlung begeistert. Der Chef Hufnagl ist dagegen manchmal eine richtige Spaßbremse, wie Chefs mitunter so sind, es darf halt nichts kosten. Überraschend ist dagegen die Entwicklung der Nachforschungen. Wird sich Antonia Raniks Baugefühl als richtig erweisen? Jeder, der sich diesen Reihenstart mit der sympathischen Inspektorin zu Gemüte führt, wird es erfahren.

Veröffentlicht am 03.06.2024

Mandelblüte

Schweigendes Les Baux
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Es ist die Zeit der Mandelblüte in der Provence. Allerdings hält das die Mörder nicht von ihren Taten ab. Capitaine Roger Blanc und sein Team werden zu einer Kunstausstellung in einem Steinbruch gerufen. ...

Es ist die Zeit der Mandelblüte in der Provence. Allerdings hält das die Mörder nicht von ihren Taten ab. Capitaine Roger Blanc und sein Team werden zu einer Kunstausstellung in einem Steinbruch gerufen. Dort wurde ein Besucher tot aufgefunden. Sofort ist erkennbar, dass es sich nicht um einen natürlichen Tod handelt. Schnell finden sie heraus, dass der Mann von einem ortsansässigen Mandelbauern engagiert worden ist. Diesem wurde ein Bild gestohlen und es sollte wiederbeschafft werden. Allerdings finden die Polizisten auch heraus, dass der Tote, ein Privatdetektiv, auch noch in einer anderen Sache ermittelt hat. War die Annahme des Auftrags nur vorgeschoben?

In seinem achten Fall erlebt Capitaine Roger Blanc die Mandelblüte in Les Baux. Lange Zeit wurden in Europa kaum noch Mandelbäume gepflanzt. Doch nach und nach kommen die Landwirte wieder dazu, sich für die Bäume und ihre Früchte zu interessieren. Gleichzeitig wurde die Tat an einen außergewöhnlichen Ort durchgeführt. In einem stillgelegten Steinbruch werden Bilder bekannter Künstler an die Wände projiziert. Warum ist ausgerechnet hier ein Mord geschehen? Zunächst wird der Leiter des Kunstprojekts befragt und dann der Auftraggeber des Toten. Dieser hatte einen bestimmten Personenkreis in Verdacht und auch seine Gründe, nicht zur Polizei zu gehen.

Der Autor ist nicht nur ein Kenner der Provence, er hat auch seine Zelte dort aufgeschlagen. Man merkt seinen Romanen an, dass er über einen Lieblingsort schreibt. Das weckt das Interesse an einem Urlaub. Da viel Liebe auf die Schilderungen der Umgebung verwendet wird, fängt die Ermittlung eher gemächlich an. Wie eigentlich nicht ungewöhnlich tappen die Beamten zunächst im Dunklen. Erst als sich noch etwas ganz anderes abzeichnet, wird es langsam spannend. Im Privaten hat sich die Situation für Roger Blanc beruhigt. Für ihn heißt ruhig aber irgendwie auch langweilig. Vielleicht ist die Bekanntschaft mit seiner Nachbarin Paulette ein guter Ansatz. Dieser achte Band der Reihe verläuft eher ruhig, was zum Glück dennoch in einen fesselnden Fall mündet, der einem klarmacht, dass auch in einer angesehenen Familie nicht immer alles so ist, wie es den Anschein hat.

Veröffentlicht am 01.06.2024

Urlaub in Cornwall

Wenn die Masken fallen
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Um ihre Freundschaft aufzufrischen und sich von den letzten Ereignissen zu erholen, lädt Archie Penrose die Autorin Josephine Tey in sein Heimatdorf in Cornwall ein. Die Ferien wollen sie genießen. Doch ...

Um ihre Freundschaft aufzufrischen und sich von den letzten Ereignissen zu erholen, lädt Archie Penrose die Autorin Josephine Tey in sein Heimatdorf in Cornwall ein. Die Ferien wollen sie genießen. Doch leider erfährt Archie bei seiner Ankunft, dass der junge Harry tot aus dem naheliegenden See geborgen wurde. Und so muss Archie Penrose zunächst einer Bestattung beiwohnen. Natürlich kommt er als Polizist nicht umhin, sich über die Todesumstände Gedanken zu machen. Josephine, die etwas später ankommt, unterstützt Archie Penrose bei seinen Untersuchungen. Gleichzeitig freut sie sich über die Gelegenheit, sein familiäres Umfeld kennenzulernen.

Bei diesem zweiten Band der Reihe von historischen Kriminalromanen um die Autorin Josephine Tey und Inspector Archie Penrose ist Archie gezwungen in seinem Heimatort zu ermitteln. Dabei erfährt er Dinge, die für ihn doch sehr belastend sind. Schließlich kennt er die meisten Menschen im Ort schon sein ganzes Leben. Manchmal kann Josephine beruhigend auf ihn einwirken, hin und wieder jedoch gehen auch ihr die Worte aus. Das Leben macht auch vor einer Dorfidylle nicht halt. Durch den Tod von Harry ist das gesamte Dorf in Aufruhr. Besonders seine Schwestern sind untröstlich. Die ältere Morwenna wirkt teilweise geradezu wütend, das ihr Bruder, ihre Stütze nicht mehr da ist.

Manchmal erweist sich eine als fröhlich geplante Rückkehr in die Heimat als schwieriger als gedacht. Genau das muss Archie Penrose hier erfahren. Er wollte Josephine seine Heimat nahebringen, besonders auch das Freilichttheater von Minack. Aus dem erhofften entspannten Urlaub entwickelt sich ein fesselnder Fall. Was er bei seinen Nachforschungen über sein nächstes Umfeld erfährt, ist auch für einen gestandenen Polizisten kaum erträglich. Hier ist er nicht nur der Inspector, sondern auch Verwandter oder Bekannter. Mal wieder ist festzustellen, dass ein vermeintliches Dorfidyll vor nichts schützt. Gerade wenn man meint, so etwas gibt es dort nicht, wird man feststellen, die Menschen sind nicht besser. Eher ist alles komprimierter, weil weniger sich weniger Einwohner tummeln. Jeder weiß alles über jeden und viele wissen es besser. Dieses Erkennen macht die Lektüre sehr spannend. Ehe es aber allzu dramatisch erscheint, es gibt auch humorvolle Szenen und die Schilderungen der pittoresken Landschaft tragen zum Lesevergnügen bei. Wer einen ruhigen, intelligenten britischen Krimi mag, ist hier genau richtig.

Veröffentlicht am 01.06.2024

Ja, ich will

Glück für Wiedereinsteiger
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Der 40. Hochzeitstag naht. Thea und Ronny haben sich schon während der Schulzeit kennen- und liebesgelernt. Sie haben drei erwachsene Töchter und sind eigentlich recht zufrieden. Aber wenn sie es so bedenken, ...

Der 40. Hochzeitstag naht. Thea und Ronny haben sich schon während der Schulzeit kennen- und liebesgelernt. Sie haben drei erwachsene Töchter und sind eigentlich recht zufrieden. Aber wenn sie es so bedenken, ist ihr Leben doch recht eingefahren. Sie beide werden an ihrem Hochzeitstag sechzig Jahre alt und an diesem Festtag soll es eine große Feier geben. Dazu wollen sie ihre besten Freunde persönlich einladen. Die Besuche bei ihren Freunden bestärken sie in dem Entschluss, den sie bereits gefasst haben. Sie hatten eine gute Ehe, doch sie haben festgestellt, dass sich ihre Träume unterscheiden. Deshalb werden sie auf ihrer Party verkünden, dass sie künftig getrennte Wege gehen.

Wenn man seine Familie und sein Umfeld mal so richtig.überraschen möchte, muss man sich nur so etwas ausdenken, Man stelle sich nur mal vor, wie es wäre, wenn die eigenen Eltern mit einer solchen Idee um die Ecke. Oder man würde es selbst mal ausprobieren. Ronny und Thea haben es sich so klug überlegt und sind zu dem Ergebnis gekommen, wann, wenn nicht jetzt. Sie freuen sich auf die Verkündung. Dann wird die Frage lauten, willst du dich trennen, und die Antwort, ja, ich will. Und alle werden es verstehen und der Applaus wird aufbranden.

Und das müssen sie jetzt selber lesen, äußerte die Autorin während der Lesung immer mal wieder, wenn sie sich von dem Buch gelöst hat und einige Anekdoten über das Bücher schreiben und ihr Leben erzählt. So unterhaltsam war das, ebenso wie der Teil des Romans, den man sich selbst erschließen darf. Theas und Ronnys Leben ist wirklich etwas in einen durchorganisierten eintönigen Alltag verfallen. Das hat man ja selbst auch mal, dass man denkt, man weiß schon, was man Donnerstag in zehn Monaten macht. Es ist schon klasse, wenn man den Alltag nochmal richtig auf den Kopf stellt. Interessant ist auch, die Reaktion der anderen. Wie aus dem echten Leben. Und wie schön, dass das Leben auch mit sechzig Jahren nicht vorbei sein muss. Man kann einen Neuanfang wagen und das mit Humor und Empathie.

Veröffentlicht am 24.05.2024

Der Zustand

Die Träumenden von Madras
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Eigentlich ist Mariamma noch ein kleines Mädchen als sie an älteren Mann verheiratet wird. Parambil liegt leider weit weg von daheim. Und Mariamma ist sehr unsicher, wie sie sich als Haushaltsvorstand ...

Eigentlich ist Mariamma noch ein kleines Mädchen als sie an älteren Mann verheiratet wird. Parambil liegt leider weit weg von daheim. Und Mariamma ist sehr unsicher, wie sie sich als Haushaltsvorstand verhalten soll. Wenigstens hat sie einigermaßen Glück mit ihrem Mann. Er schweigt zwar viel, aber er drängt sie zu nichts. Vielleicht sucht er zunächst keine Frau, sondern eine Gefährtin für seinen kleinen Sohn, dessen Mutter verstorben ist. Der Kleine ist ein herziges Bürschchen, doch er scheint ebenso wie sein Vater eine seltsame Scheu vor Wasser zu haben. Mit den Jahren gewöhnt sich Mariamma an ihr neues Leben.

Dieser epische Roman weckt durch seinen Titel einiges an Neugier. Indien ist zum einen ein fremdes, zum anderen aber doch britisch geprägtes Land. Die Handlung setzt um 1900 ein, eine Zeit, in der die Kolonialherren noch in ihrer Position waren. Über die Zeit der Unabhängigkeit geht es bis in die 1970er Jahre. An Parambil gehen die politischen Ereignisse nicht spurlos vorbei. Sie bilden aber nicht das Hauptaugenmerk der Bewohner. Eher geht es um Mariammas Glück, ihre Trauer, ihr Durchhaltevermögen, die Liebe zu ihrer Tochter und das Einvernehmen mit ihrem Mann. Und natürlich geht es um den seltsamen Zustand, der die Familie über Generationen hinweg heimsucht.

Die Menschen in Parambil hat man schnell lieb gewonnen. Besonders Mariamma wächst einem ans Herz. Allerdings erschließt sich der deutsche Titel des Romans nicht so ganz. Wahrscheinlich war für den Englischen (The Covenant of Water) keine passende Übersetzung zu finden. Die Handlung des Buches umfasst mehrere Generation, so dass man zwangsläufig neue Bezugspersonen finden muss. Möglicherweise wäre in Teilbereichen eine weniger ausufernde Erzählung angenehmer gewesen. Dennoch überrascht der Roman immer wieder mit mitreißenden Teilgeschichten. Schließlich rundet sich die Handlung zum Ende auf herzerwärmende Weise ab, wodurch man für einige Längen bestens entschädigt wird. Ein lesenswertes Werk, das einen in eine unbekannte Welt eintauchen lässt.