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Veröffentlicht am 05.06.2024

Mary Shelley

Mary
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Mary – Anne Eekhout
Mary Shelley – Schöpferin des berühmten Romans „Frankenstein“ – um sie geht es in diesem Werk de niederländischen Autorin Anne Eekhout.
Es ist eine gelungene Mischung aus bekannten ...

Mary – Anne Eekhout
Mary Shelley – Schöpferin des berühmten Romans „Frankenstein“ – um sie geht es in diesem Werk de niederländischen Autorin Anne Eekhout.
Es ist eine gelungene Mischung aus bekannten Fakten zu Marys Leben und den Hintergründen der Entstehung von „Frankenstein“ und Fiktion, die nötig ist um einen Roman zu kreieren.
Viele Details aus Marys Leben sind ja sehr bekannt. Ihre Beziehung zu Percy Shelley, der Aufenthalt am Genfer See mit ihrer Halbschwester Claire, Percy und Lord Byron, der Verlust ihres ersten Kindes und einiges mehr. Dieser Zeit widmet sich einer der beiden Handlungsstränge. Der andere, beinahe interessantere, widmet sich einem Aufenthalt Marys einige Jahre zuvor in Schottland. Auch hier gibt es Eckdaten, die überliefert sind. Dennoch scheint sich Frau Eekhout hier einige literarische Freiheiten erlaubt zu haben. Ich fand das wirklich sehr spannend, da sie hier die eigentliche Idee zur Entstehung von „Frankenstein“ vergraben sieht.
Die Autorin hat einen ganz wunderbaren Schreibstil, atmosphärisch und fesselnd. Sie schafft eine Stimmung, die mich tatsächlich immer wieder an „Frankenstein“ denken ließ. Gerade im früheren Handlungsstrang fühlte ich immer wieder einen ganz subtilen Grusel. Sehr unblutig zwar, sondern eher psychologisch.
Trotz der spannenden Geschichte und des großen schriftstellerischen Talents der Autorin ist es sicherlich von Vorteil, wenigstens „Frankenstein“ zu kennen, noch besser auch über Mary Shelley und die Begleitumstände der Entstehung ihres großen Werkes in Kenntnis zu sein. Ansonsten ist es vermutlich schwierig, Wahrheit und Fiktion auseinanderzuhalten.
Hat mir gut gefallen! 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 02.06.2024

Fragmente

Welches Königreich
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Welches Königreich – Fine Grabol
Dieser kurze Roman hat ein hochinteressantes Thema: den Aufenthalt von Jugendlichen in einem betreuten psychiatrischen Wohnheim in Kopenhagen. Die jungen Menschen mit diversen ...

Welches Königreich – Fine Grabol
Dieser kurze Roman hat ein hochinteressantes Thema: den Aufenthalt von Jugendlichen in einem betreuten psychiatrischen Wohnheim in Kopenhagen. Die jungen Menschen mit diversen schweren psychischen Erkrankungen sollen behutsam auf ein eigenständiges Leben mit einem normalen Alltag vorbereitet werden.
Die namenlose Ich-Erzählerin lebt mit weiteren fünf Jugendlichen auf einer Etage. Es gibt ein starkes Gemeinschaftsgefühl, so dass sie meist in der Wir-Form erzählt – Wir, die Bewohner, die psychisch Kranken. Das Buch hat keine 200 Seiten, dennoch wurde mir der sehr spezielle Erzählstil zu viel. Wirklich schade, denn genau diese Erzählweise macht auch das besondere dieser Geschichte aus. Im Prinzip ist dies weniger eine zusammenhängende Geschichte, als vielmehr eine Ansammlung von Fragment artigen Momentaufnahmen. Kurze Einblicke in fremde Leben. Genau wie die Aneinanderreihung unterschiedlicher Begebenheiten wirkt auch die Sprache oft abgehackt. Sehr knapp, oft ohne weitere Erklärung ein wenig zusammenhangslos. Aber genau das ist der Punkt: Das Verhalten psychisch kranker, suizidgefährdeter Menschen evtl. mit Ess- oder Zwangsstörungen, ist für Außenstehende eben oft nicht nachvollziehbar. Auf Erklärungen wartet man vergebens. Gerade das macht diesen Roman allerdings sehr authentisch und berührend. Denn nebenbei erhält man doch recht viele Einblicke in ein Leben mit solch schweren psychischen Problemen und das ist schon wirklich erschreckend und berührend.
Ich habe lange überlegt, wie ich diesen Roman jetzt bewerten soll. Eigentlich wollte ich ihm drei Sterne geben, wegen der allzu störenden Fragment Artigkeit. Allerdings hat mich der Roman im Nachgang noch so sehr beschäftigt, dass ich dem Roman schließlich 4 Sterne gebe. Scheinbar hat er mich doch nachhaltig beeindruckt.

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Veröffentlicht am 31.05.2024

Ida

Windstärke 17
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Windstärke 17 – Caroline Wahl
Dies ist die Fortsetzung von Wahls Bestseller „22 Bahnen“, in dem Tilda die Hauptrolle gespielt hatte. Nun sind einige Jahre vergangen, die Mutter ist gerade verstorben und ...

Windstärke 17 – Caroline Wahl
Dies ist die Fortsetzung von Wahls Bestseller „22 Bahnen“, in dem Tilda die Hauptrolle gespielt hatte. Nun sind einige Jahre vergangen, die Mutter ist gerade verstorben und die kleine Schwester Ida ist die Protagonistin.
Wütend und voller Schuldgefühle weiß Ida nicht wohin mit sich selbst und all ihren Gefühlen. Zu Tilda nach Hamburg will sie nicht. Und so verschlägt es sie mehr oder weniger zufällig auf die Insel Rügen, wo sie von dem älteren Ehepaar Marianne und Knut herzlich aufgenommen wird. Gerade als es bergauf zu gehen scheint, wird Marianne krank. Und dann ist da auch noch Leif…
Caroline Wahl hat einfach einen tollen Erzählton. Absolut authentisch und schnörkellos erweckt sie ihre jugendliche Protagonistin zum Leben. Es sind einfache, dennoch wunderschöne lockere Sätze, die von so banalen wie tiefgreifenden Lebenswahrheiten berichten. Man hat das Gefühl als ginge Tildas Geschichte beinahe nahtlos in Idas Erzählung über. Obwohl es etliche neue Figuren gibt, ist man sofort wieder in der Geschichte angekommen. Denn das Grundthema bleibt im Wesentlichen das Gleiche: eine schwierige Kindheit und Mutter-Tochter-Beziehung, ein zu frühes Ende der Kindheit, der holprige Wechsel vom Mädchen zur Frau, mit viel zu vielen Sorgen. Ziemlich schwere Themen, die durch den lockeren, unkomplizierten Schreibstil etwas aufgelockert werden.
Auch dies ist wieder eine gelungene, bitter-süße Geschichte von Caroline Wahl.
4 Sterne

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Veröffentlicht am 24.05.2024

Oda

Wie Inseln im Licht
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Wie Inseln im Licht – Franziska Gänsler
Die fünfjährige Oda verschwindet an der französischen Atlantikküste spurlos. Nach zwanzig Jahren, nach dem Tod der Mutter, sucht ihre große Schwester Zoey ihren ...

Wie Inseln im Licht – Franziska Gänsler
Die fünfjährige Oda verschwindet an der französischen Atlantikküste spurlos. Nach zwanzig Jahren, nach dem Tod der Mutter, sucht ihre große Schwester Zoey ihren damaligen Wohnort wieder auf – auf der Suche nach Antworten. Was ist damals eigentlich passiert?
Ein wirklich hochinteressanter Roman. Literarisch hochwertig und tiefgründig liest er sich fesselnd wie ein Thriller. Eine fantastische Mischung. Obwohl die Sätze oft eher knapp und einfach gehalten sind, steckt eine tiefe Poesie in diesem Text. Der atmosphärische Erzählstil beschreibt detailliert Erinnerungen, Gefühle und (Natur-) Empfindungen. Dennoch bleibt da immer eine gewisse Distanz zu den Figuren.
Was erst wirkt, wie der Versuch einer Aufarbeitung des Verlusts der Schwester, gewinnt immer mehr an Komplexität. Zoeys Erinnerungen an jenen Sommer vor 20 Jahren sind nur bruchstückhaft und widersprüchlich. Anschließend zieht die Mutter sich komplett zurück – über Oda wird nie wieder gesprochen.
Es stecken viele Themen in diesem Roman, mir hat sich vor allen Dingen die ungewöhnlich enge toxische Mutter-Tochter-Beziehung eingeprägt.
Wie in einem Cold-Case gibt es viele Puzzleteile, die sich erst nach und nach ineinander fügen. Die Auflösung scheint am Ende absolut klar, trotzdem wäre ich niemals von selbst darauf gekommen.
Sehr lesenswert – 4 Sterne

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Veröffentlicht am 21.05.2024

Der stumme Protest der Frauen

Und alle so still
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Und alle so still – Mareike Fallwickl
Was würde denn eigentlich passieren, wenn die Frauen einfach all ihre Arbeit niederlegen würden? Sich einfach wortlos auf den Boden legen würden und nicht mehr verfügbar ...

Und alle so still – Mareike Fallwickl
Was würde denn eigentlich passieren, wenn die Frauen einfach all ihre Arbeit niederlegen würden? Sich einfach wortlos auf den Boden legen würden und nicht mehr verfügbar wären. Wer würde all die Care-Arbeit übernehmen – zuhause oder auch im Krankenhaus? All die schlecht bezahlten, typischen „Frauenberufe“ – was würde geschehen?
Das Grundthema dieses Romans ist die fehlende Wertschätzung der überwiegend von Frauen ausgeübten Tätigkeiten und die anhaltende Erschöpfung vieler Frauen.
Wieder ein wütendes, feministisches Werk von der österreichischen Autorin. Während „Die Wut, die bleibt“ einen Ist-Zustand dokumentierte, spielt „Und alle so still“ mit der Möglichkeit eines Protests, eines kollektiven Burn-outs.
Erzählt wird diese Geschichte in drei Handlungssträngen. Da ist einmal Elin, eine junge Influencerin, die Gewalt erfahren hat und sich in ihrem Leben nicht mehr wohl fühlt. Nuri ist ein junger Mann mit Migrationshintergrund, Schulabbrecher, der keinen Fuß auf den Boden bekommt und zusätzlich mit einem toxischen Männlichkeitsbild kämpft. Und dann ist da noch Ruth, eine Pflegefachkraft in ihren Fünfzigern, die im Krankenhaus arbeitet und ihre Belastungsgrenze eigentlich längst erreicht hat. Diese drei Figuren geraten nun in diese stummen Proteste der Frauen.
Mit Ruth konnte ich mich noch am besten identifizieren. Der Pflegenotstand, der eskaliert – ein wichtiges, spannendes Thema. Elin blieb für mich leider relativ blass. Und Nuri ist eigentlich eine sympathische Figur, allerdings ist er im gesamten, durchgehend Männer bashenden Roman, der einzige vernünftige Vertreter seiner Gattung. Dass dies ausgerechnet ein junger Mann mit Migrationshintergrund vom Rande der Gesellschaft sein musste, passt für mich nicht so richtig.
Meiner Meinung nach hat sich die Autorin hier ein wenig übernommen mit dem Versuch, die Themen für drei Romane in einen einzigen zu quetschen. Ich finde, das Pflege-Thema hätte ein eigenes Buch verdient gehabt, ohne durch andere, nur halb ausgearbeitete Themen überlagert zu werden. Das ist schade, denn Fallwickl hat einen wunderbaren Schreibstil. Dennoch hat sie mich hier nicht so sehr fesseln können, wie in ihrem Vorgänger.
3 Sterne

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