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Veröffentlicht am 24.06.2024

Gegenstände, die Geschichten erzählen

Warum hängt daran dein Herz?
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Zwei Silberlöffel und zwei Gabeln. Das ist alles, was eine Familie aus den Trümmern ihres Zuhauses retten kann. Ein zu Fetzen geliebter Teddybär, den ein gefühlskalter Vater sein Leben lang aufbewahrt. ...

Zwei Silberlöffel und zwei Gabeln. Das ist alles, was eine Familie aus den Trümmern ihres Zuhauses retten kann. Ein zu Fetzen geliebter Teddybär, den ein gefühlskalter Vater sein Leben lang aufbewahrt. Das Messer, zuerst Verteidigungswaffe, und nun Küchenwerkzeug.

In diesem Buch erzählen fast vierzig Menschen von den Erlebnissen ihrer Eltern im Krieg. Ein Gegenstand steht dabei sinnbildlich für die Jahre voller Entbehrungen und Angst, teils aber auch Freude und Geborgenheit. Eine Vielzahl der Erzähler sagen, dass sie nur wenig mit ihren Eltern über ihre Kriegserfahrungen sprechen konnten. Da ist eine undurchdringliche Wand. Das Gefühl, dass die Elterngeneration nicht befragt werden will. Nur in besonderen Augenblicken lassen die inzwischen Altgewordenen teilhaben an den schwerwiegenden Geschehnissen in ihrer Kindheit und Jugend. Und selbst dann geht es selten um Gefühle. Das war damals so, heißt es dann.

Viele berichten von abwesenden Vätern, die entweder im Krieg gefallen oder voller Wut heimgekommen sind. Manchmal sind es die Mütter, die es nicht schaffen für ihre Kinder da zu sein. Einige Erzähler mussten wegen ihrer jüdischen Herkunft fliehen. Einer ist wütend auf seinen Vater, der als Nazi viele Unschuldige auf dem Gewissen hat. Ein anderer versteht nicht, warum er in ein Kinderheim gesteckt wurde.

Die Erfahrungen lassen sich jeweils in fünf bis zehn Minuten lesen. Jedes Kapitel beginnt mit einem künstlerisch wunderschönen Bild des Gegenstands und endet mit einem Porträtfoto des Berichtenden. Dazu kommen kleine alte Fotos, Erinnerungen an ein langes Leben.

Die Berichte sind in der Ich-Form geschrieben. Ergänzt wird das Buch mit einem Interview mit Peter Maar, dem Schreiber der bekannten Sams-Geschichten, und von seinem Sohn und Enkel. Und das Buch endet mit einem Interview über die Verarbeitung von traumatischen Erlebnissen.

Jede einzelne Geschichte ist spannend und lesenswert. Interessant und aufschlussreich ist vor allem das Gemeinsame an diesen Geschichten. Es wirft Licht auf Rätselhaftes im Leben der Kriegskinder-Generation und weckt Verständnis für die teilweise recht harte und schroffe Erziehung, die ihre Kinder erleben mussten.

Fazit: Ein wunderschön gestaltetes und sehr lesenswertes Buch über die Erfahrungen von traumatisierten Kindern im Zweiten Weltkrieg, die über ihre Erlebnisse meist geschwiegen haben. Und doch haben sie etwas von ihrem Schmerz an die nächste Generation weitergegeben. Sehr empfehlenswert, und durch die hochwertige Ausstattung sehr gut als besonderes Geschenk geeignet!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.06.2024

Und trotzdem war es das Richtige

Wir Kinder des 20. Juli
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Was genau geschah am 20. Juli 1944? Welche Vorbereitungen waren für das misslungene Attentat auf Adolf Hitler nötig, welche Auswirkungen hatte dieser Versuch – vor allem aber, was bedeutete das Vermächtnis ...

Was genau geschah am 20. Juli 1944? Welche Vorbereitungen waren für das misslungene Attentat auf Adolf Hitler nötig, welche Auswirkungen hatte dieser Versuch – vor allem aber, was bedeutete das Vermächtnis der Verschwörer für das Leben ihrer Kinder?

Da das Attentat scheiterte und das Morden der Nazis weiterging, stellt sich die Frage, ob das Opfer dieser tapferen Männer umsonst war. Diese wichtige und bewegende Frage betrifft natürlich in erster Linie ihre Nachkommen.

In diesem sehr persönlichen Buch nimmt der Autor den Leser mit zu Begegnungen mit Menschen, die an der Verschwörung beteiligt waren, er trifft sich mit ihren Kindern und Enkeln, und er erzählt von ihren Gedächtnisfeiern. Dazu liefert er viel Hintergrundwissen zu den Geschehnissen rund um diesen geschichtsträchtigen Tag.

Es geht in diesem Buch um das Erinnern, um das Verarbeiten, aber auch um einen Ausblick und um die Überlegung, was der mutige Einsatz dieser Freiheitskämpfer für unser Land heute bedeutet. Viele der befragten Kinder haben oder hatten hohe Positionen in der Politik oder Wirtschaft, und sie beobachten gegenwärtige Entwicklungen mit Besorgnis. So geht es in diesem Buch nicht nur um geschichtliche Ereignisse, sondern auch um deren Bedeutung für die heutige Zeit. So sagt Dohnanyi: „Es muss entsetzlich gewesen sein für meinen Vater, zuzuschauen, welche Entwicklung die Welt nahm. Und ich sage Ihnen ganz offen: Ich habe heute das Gefühl die Welt nimmt dieselbe Entwicklung wie vor 1933 an. Und ich sehe wiederum, dass wieder einmal niemand wirklich hinschaut. Es ist bitter zu sehen, wie viel falsche Politik, nicht nur von Russland, sondern auch vom Westen gemacht wird.“

Die Interviews sind sehr berührend. Kinder, die zu jung waren, um sich gut an ihre Väter zu erinnern, erzählen was der Verlust des Vaters für ihr Leben bedeutet hat. Oft mussten sie nicht nur ohne Vater aufwachsen, sie waren auch gebrandmarkt, da ihre Väter auch nach dem Krieg als Verräter angesehen wurden. Die Einsichten dieser Männer und Frauen sind bewegend und voller Weisheit. Es ist beeindruckend, wie frei sie sind von Bitterkeit oder Rachegedanken.

Immer wieder geht es auch darum, ob das Opfer dieser Männer unnötig war, da das Attentat nicht geglückt ist. Der Autor drückt es so aus: „Dieses Buch ist auch ein Buch über verpasste Gelegenheiten und es handelt vom Lohn der Vergeblichkeit. So viele Gelegenheiten wurden versäumt, Hitler zu töten, und doch ist der Entschluss, etwas zu tun, und der Mut, diesen Entschluss in eine Tat umzusetzen und sie zu wagen, ein Wert an sich.“

Fazit: Dieses Buch berichtet von Helden, die bereit waren ihr Leben und das Glück ihrer Familien zu opfern, weil sie nicht mit dem Unrecht, das sie wahrnahmen, leben konnten. Berührend und bewegend, richtet es den Blick auf Mut und ein selbstloses Leben. Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 18.06.2024

Veränderung ist möglich

Von dem Versuch, mich selbst zu zähmen, und dem Mut, es sein zu lassen
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Christine Poppe wächst in einer konservativen christlichen Familie auf. In ihrer Russlanddeutschen Gemeinde ist alles klar geregelt – wie Frauen sich kleiden sollen, wer in der Ehe das Sagen hat, wie die ...

Christine Poppe wächst in einer konservativen christlichen Familie auf. In ihrer Russlanddeutschen Gemeinde ist alles klar geregelt – wie Frauen sich kleiden sollen, wer in der Ehe das Sagen hat, wie die Freundschaftszeit zu verlaufen hat. Christine will gern tun, was von ihr erwartet wird. Mit 21 ist sie verheiratet, doch das erwartete Eheglück bleibt aus. Schon nach wenigen Jahren ist der Leidensdruck für sie so schwer, dass sie sich scheiden lässt. Dabei ist sie davon überzeugt, dass sie das als Christin nicht darf.

Sie fühlt sich in der Trennungszeit sehr alleingelassen. Doch ihr größter Trost ist Gott, der sie nicht, wie sie befürchtet hatte, verwirft, sondern liebevoll begleitet. Es dauert Jahre, bis sie versteht, welche Glaubenssätze ihr geschadet haben und wie sie wieder heil werden kann. Inzwischen arbeitet sie als Coach um anderen, die Ähnliches mitmachen, zu helfen.

In diesem Buch erzählt Christine ihre Geschichte. Dabei reflektiert und bewertet sie ihr Erleben. Kurze Aussagen von Menschen, die eine Trennung erlebt haben, ergänzen ihre Erfahrungen. Aber neben den autobiografischen Teilen des Buches, erzählt die Autorin vor allem, was sie in den letzten Jahren gelernt hat. Im Verlauf ihrer Therapie, beim Bibelstudium und bei der Ausbildung zur traumasensiblen Coach lernt sie viel über Themen wie Heilung, Vergebung und Grenzen. Das Gelernte gibt sie hier weiter.

Dieses Buch ist ein Buch voller Weisheit und Lebenserfahrung. Die Worte der Autorin sind mitfühlend, verständnisvoll und ermutigend. Sie macht Mut, die eigene Würde zu schützen und einen Weg zu finden, der zu einem lebenswerten und erfüllten Leben führt. Obwohl sie zu Schlüssen kommt, die manche konservative Christen nicht teilen werden, ist ihre Ansicht gut begründet. Es wird beim Lesen deutlich, dass sich ihre Gottesbeziehung vertieft hat. Es geht ihr nicht darum, ihren eigenen Willen durchzusetzen, sondern sie möchte von Gott hören, was er will, und so leben, wie es ihm gefällt.

Fazit: Lebenshilfe für Menschen, die ihre konservative Prägung hinterfragen, dabei aber an Gott festhalten. Im Vordergrund stehen Themen wie Scheidung und Wiederheirat, Schuld und Vergebung, Veränderung und Neuanfang. Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 05.06.2024

Mit Christus leiden

Wie ein Schaf unter Wölfen
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Der kleine Nasiry ist nur der Sohn der Dienerin. Er wird herumgeschubst und lieblos behandelt. Von klein auf erfüllt er gewissenhaft seine Aufgabe als Schafhirte. Mal lebt er bei seiner Mutter, mal bei ...

Der kleine Nasiry ist nur der Sohn der Dienerin. Er wird herumgeschubst und lieblos behandelt. Von klein auf erfüllt er gewissenhaft seine Aufgabe als Schafhirte. Mal lebt er bei seiner Mutter, mal bei seiner Schwester. Er fühlt sich wie ein unerwünschtes Paket, das herumgereicht wird.

Beim Militärdienst verliert er ein Bein. Nach einer Weile kommt er gut mit seiner Prothese zurecht und findet eine Einrichtung, in der er mitarbeiten und andere Kriegsopfer unterstützen und ermutigen kann. Hier wird auch seine tiefste Sehnsucht erfüllt. Ein Mitarbeiter macht ihn mit Jesus Christus bekannt.

Nasiry kann sein Glück kaum fassen, als er seinen neuen Glauben immer besser kennenlernt. Ja, es ist lebensgefährlich vom Islam zum Christentum zu konvertieren, aber die tiefe Freude dieser Gottesbeziehung ist mit nichts zu vergleichen. Er, der sich immer als unerwünschtes Paket gefühlt hat, als Sohn der Dienerin, weiß nun, dass er ein Kind des Königs ist.

Doch sein neuer Glaube bleibt nicht unbemerkt. Eines Tages wird er festgenommen. Im Gefängnis wird er befragt, gefoltert und zum Tode verurteilt. Doch auch in dieser schrecklichen und schweren Zeit, ist ihm sein neuer Herr nah.

Dieses Buch bietet einen Einblick in die erschütternden Erfahrungen eines Moslems, der sich zu Christus bekehrt. Sowohl die tiefe Liebe und Dankbarkeit zu Gott, wie auch das große Opfer des Glaubens, werden eindrücklich vor Augen gemalt. Die Erfahrungen Nasirys im Gefängnis bewegen zutiefst. Seine Treue zu Gott ist ein glaubhaftes Zeichen für die Wahrheit des Evangeliums.

Ich weine nicht schnell beim Lesen eines Buches, doch bei diesem Bericht kann ich nicht anders. Die Hingabe und Treue Nasirys und Gottes Fürsorge und Trost bewegen mich sehr. Besonders ermutigend ist, dass sein Glaube trotz äußerlichem Leid stärker wird. Und er scheut sich nicht vor Verfolgung, er rechnet sogar damit. So heißt es: „Aber für Nasiry gehörte das Risiko eben zum Christsein dazu. Es war Teil des Pakets.“

Es rüttelt auf zu lesen, wie kostbar Gottes Wort den Christen in verfolgten Ländern ist. Nasiry hat im Gefängnis keine Bibel und freut sich darum umso mehr über jeden Bibelvers, den er hört. Der Autor schreibt: „Nasiry erfuhr nie, wie der junge Wärter an eine Bibel gekommen war. … Er wagte es nie, sie mit in die Zelle zu bringen, aber er lernte immer wieder Bibelstellen auswendig und trug sie Nasiry vor. In diesen seltenen, vertraulichen Momenten trank Nasiry gierig von der Quelle, von Gottes Wort.“

Fazit: Ein sehr bewegendes Buch über einen treuen Christen in Afghanistan, der bereit ist sein Leben für seinen Glauben zu geben. Herausfordernd, berührend und sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 03.06.2024

Herausfordernde Entlastung

Im Land der Hoffnung steht mein Zelt
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Nach einer kurzen Einführung, folgen in diesem wohltuenden Buch 366 Andachten, eine für jeden Tag des Jahres. Da kein Datum vorgegeben ist, kann jederzeit mit dem Lesen begonnen werden. Das Format des ...

Nach einer kurzen Einführung, folgen in diesem wohltuenden Buch 366 Andachten, eine für jeden Tag des Jahres. Da kein Datum vorgegeben ist, kann jederzeit mit dem Lesen begonnen werden. Das Format des Buches ist etwas größer, die Schrift lesefreundlich.

Die Betrachtungen sind kurz und können jeweils in wenigen Minuten gelesen werden. Jede Andacht beginnt mit einem Bibelvers oder auch mehrere Verse, die der englischen Message-Bibel entnommen sind. Diese Übertragung ist keine wortwörtliche Übersetzung. Sie hat das Anliegen, die Bibelworte für uns heute verstehbar zu machen. Dadurch erscheinen manche Aussagen viel prägnanter und lebensnaher als gewohnt. Entstanden ist diese Bibelversion, weil der Übersetzer und Pastor Eugene Peterson wollte, dass seine Gemeindemitglieder das Wort Gottes neu schätzen lernen.

Nach dem Bibelvers kommen kurze Gedanken des Autors, Tomas Sjödin, der bekannt ist für seine Bücher über Themen wie Ruhe und Entschleunigung. Seine Erklärungen sind persönlich und sehr hilfreich. Sie enthalten, neben Beispielen aus seinem Leben, auch viele Fragen, um das eigene Leben und die Beziehung zu Gott zu überdenken.

Tomas Sjödin schreibt in der Einführung, dass er in diesem Buch Bibelverse ausgewählt hat, die ihm persönlich wichtig sind. Die meisten Verse kommen aus dem Neuen Testament und den Psalmen. Im Mittelpunkt steht Gottes Liebe und das Leben Jesu. Wiederkehrende Themen sind Ruhe, gute Wertmaßstäbe für das Leben und der Umgang mit Emotionen, die uns zu schaffen machen. „Herausfordernde Entlastung“ beschreibt dieses Buch gut, da es um das Ruhen von Hast und von Werken geht, gleichzeitig aber zu einem liebevollen Lebensstil herausfordert.

Dieses Buch ist sehr alltagstauglich und praktisch. Da es nicht dogmatisch und schwer verständlich ist, ist es ein wunderbares Geschenk für Menschen, die am Glauben interessiert sind, aber sich nicht vorstellen können, wie eine Beziehung mit Gott gelebt werden kann. Es setzt keine Vorkenntnisse über den Glauben voraus, sondern lädt zu einer vertrauensvollen Freundschaft mit dem Schöpfer ein.

Wie aus den einführenden Worten deutlich wird, soll dieses Buch nicht das Lesen der Bibel ersetzen. Es sind kurze Häppchen, die zum Nachdenken anregen, und Lust auf mehr Bibel machen sollen. Ein Zelten oder Verweilen eben, im Land der hoffnungsvollen Wahrheiten Gottes.

Fazit: Ein besonderes Andachtsbuch, das zur Ruhe und Besinnung einlädt, beim Nachdenken über die Liebe Gottes. Sehr empfehlenswert!