Interessantes Buch über die Welt der Diplomatie
In ihrem neuen Roman "Die Diplomatin" erzählt Lucy Fricke über das Leben der Botschafterin Fred Andermann. Die ehrgeizige Fred - eigentlich Friederike - ist 50 Jahre alt und arbeitet seit 20 Jahren im ...
In ihrem neuen Roman "Die Diplomatin" erzählt Lucy Fricke über das Leben der Botschafterin Fred Andermann. Die ehrgeizige Fred - eigentlich Friederike - ist 50 Jahre alt und arbeitet seit 20 Jahren im diplomatischen Dienst. Ihr letzter Einsatzort war Bagdad, nun befindet sie sich seit einigen Wochen in Montevideo. Der Tag der deutschen Einheit wird auch dort gefeiert, und Fred ist daher mit den Vorbereitungen für das Fest beschäftigt. Die einflussreiche Zeitungsverlegerin Elke Büscher wendet sich an Fred mit einem verzweifelten Hilferuf. Ihre Tochter, die sich in Uruguay aufhält, wird vermisst. Fred ermittelt nicht schnell und gründlich genug.
Nach einem Jahr in Deutschland wird Fred nach Istanbul versetzt. Ein weiteres Jahr ist vergangen, und die Konsulin wird mit einem neuen Fall konfrontiert, der sie vor große Herausforderungen stellt. Meral, eine deutsch-kurdische Kunsthistorikerin, sitzt wegen ihres Engagements für politisch Verfolgte im Gefängnis. Ihr Sohn Baris will sie dort trotz Reisewarnung der deutschen Behörden besuchen. Weil auf seine Mutter eine Gerichtsverhandlung wartet und er als Jugendlicher für Menschenrechte an einer Demonstration teilgenommen hatte, darf er Istanbul nicht mehr verlassen. Auch der Journalist David, den Fred auf einer Veranstaltung kennengelernt hat, befindet sich wegen seiner Tätigkeit in Schwierigkeiten.
Der Roman schildert sehr eindrucksvoll, wie Fred an ihre Grenzen stößt und den Glauben an die Diplomatie verliert. Sie muss erkennen, dass das System so ganz anders ist als wir es kennen. Unschuldige Menschen werden verhaftet, müssen wochenlang unter menschenunwürdigen Bedingungen auf ihre Scheinprozesse warten und werden zu hohen Strafen verurteilt. Trotz ihres hohen Ranges ist es Fred unmöglich, unter dem herrschenden Regime Einfluss zu nehmen, und sie beginnt, nach ihren eigenen Regeln zu handeln.
Das Buch, das aus vielen kurzen Kapiteln besteht, ist in sehr schönem, flüssigem Stil in der Ich-Form geschrieben. Lucy Fricke hat in ihre tiefgründige Geschichte - besonders in der ersten Hälfte - viel Humor einfließen lassen und die Leser auf interessante Art und Weise in die Welt der Diplomaten entführt.
Ich habe mich gut unterhalten gefühlt - daher 4 Sterne!