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Veröffentlicht am 06.11.2017

O Tannenbaum!

Lichterzauber in Manhattan
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Ganz ehrlich: Wer hat noch nicht von einem romantischen Weihnachtsfest in New York geträumt? Mit dem Buch „Lichterzauber im Manhattan“ von Sarah Morgan wird man mitten in diesen Place-to-be katapultiert. ...

Ganz ehrlich: Wer hat noch nicht von einem romantischen Weihnachtsfest in New York geträumt? Mit dem Buch „Lichterzauber im Manhattan“ von Sarah Morgan wird man mitten in diesen Place-to-be katapultiert. Im Mittelpunkt steht die selbständige Unternehmerin Eva, die sich selbst als hoffnungslose Romantikerin betrachtet und nur die guten Seiten des Lebens sieht. Kein Wunder, dass sie Weihnachten in New York liebt wie kein anderes Fest im Jahr. Um ihr Konto aufzustocken, tritt die New Yorker Food-Bloggerin eine Stelle bei dem erfolgreichen Horror-Autor Lucas Bale an. Womit sie nicht gerechnet hat: Der grimmige Brite kann die Feiertage nicht ausstehen. Mit Tannenschmuck und Plätzchenduft will Eva ein kleines Weihnachtswunder an ihm wirken - mit mehr als frostigem Ergebnis. Warum nur fühlt sie sich zu ihm hingezogen, obwohl sie unterschiedlicher kaum sein könnten?

Das Cover ist bewusst zurückhaltend gestaltet worden und verzichtet auf alle kitschigen Elemente. Die einzige Hommage an die weltberühmte Metropole ist eine stilisierte Skyline, die jedem Betrachter ins Auge fällt. Dafür setzt der eingängige Titel auf die emotionale Schiene und weckt eine gewisse Erwartungshaltung, die – ohne zu viel verraten zu wollen – in vollem Umfang erfüllt wird.

Der Einstieg in den Roman „Lichterzauber in Manhattan“ ist mir leicht gefallen, auch wenn er bereits der dritte (und letzte!) Teil einer Serie ist. Sarah Morgan beherrscht ihr literarisches Handwerk. Sie schreibt in einem einfachen, gut lesbaren Stil, begeistert durch ihre gelungenen, humorvollen, manchmal sarkastischen Dialoge und vertraut auf einen altbekannten Plot und ein malerisches Setting. Für meinen Geschmack setzt sie aber auf zu viele Klischees; dies gilt vor allem für die zwei Protagonisten Eva und Lucas, die wie Feuer und Wasser gestaltet worden sind. Auch die Handlung plätschert mehr oder weniger vor sich dahin, die Helden kreisen ausschließlich um sich selbst und von einem Spannungsbogen habe ich keine Spur erkennen können.

Das Geschehen spielt hauptsächlich in einem luxuriösen Penthouse in New York und wird abwechselnd aus der Perspektive von zwei Protagonisten erzählt, die wie Feuer und Wasser gestaltet worden sind. Während die erfolgreiche Unternehmerin Eva die Welt durch eine rosarote Brille betrachtet und auf die große Liebe hofft, ist der berühmte Schriftsteller Lucas ein desillusionierter Zyniker, der sich von allen anderen Menschen abschottet und sämtliche Gefühle aus seinem Leben gestrichen hat. Das einzige verbindende Element ist der (unterschiedliche) Umgang mit dem Verlust eines geliebten Menschen. Eva trauert um ihre Großmutter, die sie anstelle ihrer viel zu früh verstorbenen leiblichen Mutter großgezogen hat, während Lucas eine (oberflächlich betrachtet) perfekte Ehe geführt und seine Frau durch einen tragischen Unfall verloren hat.

Insgesamt bietet dieses gut lesbare Buch gute Unterhaltung für einen kuschligen Lese-Abend in der kalten Jahreszeit; bleibt aber etwas zu flach, glatt und oberflächlich, um mich wirklich berühren zu können. Deshalb vergebe ich heute 4 Sterne.

Veröffentlicht am 26.10.2017

Im Rausch der Farben

Der Geschmack von Sommerregen
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Wer denkt nicht gern an die erste große Liebe zurück?

Im Mittelpunkt des Romans „Der Geschmack von Sommerregen“ steht der Teenager Sophie. Sie ahnt nicht, dass ein halbes Lächeln alles auf den Kopf stellen ...

Wer denkt nicht gern an die erste große Liebe zurück?

Im Mittelpunkt des Romans „Der Geschmack von Sommerregen“ steht der Teenager Sophie. Sie ahnt nicht, dass ein halbes Lächeln alles auf den Kopf stellen wird. Dass ein einziger Blick aus schokoladenbraunen Augen ausreichen wird, um ihre Welt in Funken sprühendes Himmelblau zu tauchen. Dass ein einziger Kuss ihr den Mut verleihen wird, dem Familiengeheimnis auf den Grund zu gehen, das ihr Leben bis jetzt bestimmt hat. Mattis ahnt nicht, dass Sophie ihm entlocken wird, was er vor allen anderen verbirgt. Dass er sich mit ihr so sicher fühlen wird wie noch mit niemandem zuvor. Beide ahnen nicht, dass ihre Liebe sie über sich selbst hinauswachsen lassen wird. Sophie und Mattis. Mattis und Sophie.

Das Cover wirkt ansprechend. Es ist in den Farben Schwarz und Weiß gehalten und zeigt ein verliebtes junges Paar, dessen Lippen sich zu einem sanften ersten Kuss finden. Ihre ausdrucksstarken Gesichter spiegeln ihre Gefühle, sie vergessen die Welt um sich herum und geben sich ihren Empfindungen hin, während ihre Haare feucht vom Regen werden. Diese vertrauliche Szene wirkt sehr anrührend und weckt eine gewisse Erwartungshaltung. Auch der Titel ist gut gewählt. Er fällt aus dem Rahmen des Üblichen und lässt auf eine süße, zarte Liebesgeschichte schließen.

Der Plot ist nicht neu, aber originell umgesetzt. Anfangs werden einige gängige Klischees (Mauerblümchen verliebt sich in Klassenstar) bedient, aber dann nimmt die ungewöhnliche Geschichte Fahrt auf, reißt den Leser mit sich und lässt ihn bis zum Ende des Roman nicht mehr los. Besonders gut gefällt mir der frische, leichte, mitunter poetischen Stil von Julie Leuze. Ihre Sprache ist ihren heranwachsenden Helden angemessen; hin und wieder finden sich flapsige, schnoddrige Redensarten, wie man sie tagtäglich auf dem Schulhof hört, und auch die unbefangene Darstellung von ersten erotischen Kontakten zwischen jungen Menschen ist zeitgemäss.

Auch das Setting ist gut gewählt. Julie Leuze gelingt es im Handumdrehen, eine beschauliche Kleinstadt in der Nähe von München zum Leben zu erwecken. Alle Schauplätze der Handlung stehen deutlich vor unserem Auge, und die liebevoll gezeichneten Protagonisten wirken weitgehend authentisch und entwickeln sich zu echten Sympathieträgern.

Das Geschehen wird aus der Ich-Perspektive von Sophie vermittelt, die unter ihren Klassenkameraden zu den belächelten Außenseitern zählt. Dieser Platz in der internen Rangordnung liegt nicht nur an ihrer äußeren Erscheinung, sondern vor allem an der besonderen Tiefe ihrer Empfindungen. Sophie fällt aus dem Rahmen des Üblichen; sie „leidet“ an Synästhesie, was sie aufgrund der rigiden Haltung ihrer Eltern nicht als ein Geschenk, sondern als einen Makel erlebt, den sie um jeden Preis vor anderen Menschen verbergen muss, wenn sie nicht zur Zielscheibe von Mobbing werden will.

Im Laufe der Zeit vollzieht Sophie eine beeindruckende Entwicklung von einem verschüchterten kleinen Mädchen zu einer selbstbewussten jungen Frau, die sich ihren geheimen Ängsten stellt und eine positive Einstellung zum Leben gewinnt. Einen wichtigen Anteil an dieser Veränderung hat Mattis, der dank seines blendenden Aussehens im Handumdrehen zum umschwärmten Mädchenschwarm in der Klasse von Sophie avanciert ist. Wider Erwarten kann er alle Sorgen und Nöte von Sophie aufgrund eigener Erfahrungen (Hochsensiblität) verstehen und entpuppt sich als ein idealer Seelengefährte..
Alles in allem hat mir dieses komplexe, ungewöhnliche Buch für Jugendliche gut gefallen, und ich vergebe heute gern 4 Sterne.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Gut abgeschmeckt

Der Duft von Pinienkernen
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n dem Roman "Der Duft von Pinienkernen" beschäftigt sich Emily Bold mit dem Rezept für eine große Freundschaft. Was macht die Beziehung zwischen besten Freundinnen aus? Und wieviel kann eine Freundschaft ...

n dem Roman "Der Duft von Pinienkernen" beschäftigt sich Emily Bold mit dem Rezept für eine große Freundschaft. Was macht die Beziehung zwischen besten Freundinnen aus? Und wieviel kann eine Freundschaft aushalten? Die junge Halbitalienerin Greta ist sich dessen selbst nicht mehr so sicher, seitdem ihre beste Freundin Katrin ihr die Freundschaft gekündigt hat. Greta flüchtet daraufhin von München nach Italien. Auf einer kulinarischen Reise von Venedig bis nach Apulien beginnt sie zu verstehen, wie gutes Essen gebrochene Herzen heilen kann.

Das Cover ist wunderschön. Es zeigt eine typische italienische Landschaft, die in jedem Betrachter eine unbestimmte Sehnsucht nach Italien wachruft. Auch der Titel des Romans ist eingängig; er kehrt sogar an einer späteren Stelle im Buch wieder.

Der Plot des Romans ist mir aus vielen Büchern bekannt; auch beim Setting ist die Autorin keinerlei Risiko eingegangen. Mit dem beliebten Urlaubsland Italien kann man nichts falsch machen.

Emily Bold schreibt sehr flüssig und ihr Roman lässt sich mühelos lesen. Sie schafft es, ihre Leser auf eine kulinarische Reise nach Italien mitzunehmen und das traumhafte Ambiente anschaulich zu schildern. Leider läuft die Handlung für mich etwas zu glatt und harmonisch ab; ihre Heldin Greta stößt niemals an ihre Grenzen und muss sich mit ernsthaften Problemen auseinandersetzen. Alle fremden Menschen nehmen sie mit offenen Armen auf und unterstützen sie bei der Verwirklichung ihres neuen Projektes, nachdem sie alle Brücken in ihrer alten Heimat abgebrochen hat.

Die einzelnen Stationen ihrer kulinarischen Reise verlaufen stets nach dem gleichen stereotypischen Schema ab. Sie trifft in einem unbekannten Ort ein, lernt freundliche Menschen kennen, die sie in ihren Kreis aufnehmen und ihr köstliche Rezepte verraten, sie findet die optimale Location für die Fotos, sie sieht stets blendend aus und wird perfekt von dem versierten Fotografen Chris in Szene gesetzt. Einem riesigen Erfolg steht also nichts im Wege.

Für meinen persönlichen Geschmack ist Greta eine nicht allzu sympathische Protagonistin; sie agiert häufig wie ein pubertierender Teenager und nimmt wenig Rücksicht auf ihr jeweiliges Gegenüber. Auch ihre beste Freundin Katrin bleibt ziemlich blass; wir erfahren viel zu wenig darüber, wie sie mit der belastenden Situation umgegangen ist, die ihr bisheriges Leben auf den Prüfstand gestellt und alles für die besten Freundinnen verändert hat. Die "zufällige" Erbschaft, die zu einem Wiedersehen und einer Aussöhnung von Greta und Katrin führt, wirkt sehr konstruiert. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihrer Freundschaft kann ich nicht erkennen; das Thema wird viel zu kurz abgehandelt.

Trotz der aufgeführten Kritikpunkte hat mir der Roman gut gefallen, und ich vergebe gern 4 Sterne für eine unterhaltsame Lektüre, die mir unbeschwerte Stunden beschert hat.

Veröffentlicht am 18.10.2017

Rettungsanker

Wenn die Liebe Anker wirft
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Der Roman "Wenn die Liebe Anker wirft" von Cressida McLaughlin spielt hauptsächlich auf einem kleinen gemütlichen Boots-Café an einem beschaulichen Flussufer in England. Eigentlich traumhaft, trotzdem ...

Der Roman "Wenn die Liebe Anker wirft" von Cressida McLaughlin spielt hauptsächlich auf einem kleinen gemütlichen Boots-Café an einem beschaulichen Flussufer in England. Eigentlich traumhaft, trotzdem fällt es Summer schwer zurückzukehren an den Ort, an dem sie so vieles an ihre verstorbene Mutter erinnert. Doch sie muss das Café retten! Und plötzlich ist sie mittendrin, in einem neuen Leben am und auf dem Fluss. Zum Glück hat sie Mason, den Besitzer des Nachbarbootes, der immer da ist, wenn sie Hilfe braucht. Aber ist das nicht alles zu perfekt, um wahr zu sein?

Das Cover des Romans ist in warmen Tönen gehalten und spiegelt die besondere Atmosphäre des Boots-Cafés wieder. Der Betrachter sieht ein kleines Boot, das fest mit Seilen am Ufer vertäut ist. Auf einer Theke werden verschiedene Backwaren ausgestellt; zwei gemütliche Stühle im Vintage-Stil laden zum Verweilen ein. Auch der Titel des Romans ist in schwungvollen Buchstaben geschrieben worden, die gewisse Assoziationen mit Wellen wecken. Meiner Ansicht nach ist der Titel in jeder Hinsicht gut gewählt worden. Die Protagonistin Summer ist nach dem Tod ihrer Mutter aus dem inneren Gleichgewicht geraten. Sie sucht nach einer interessanten Lebensaufgabe und findet nebenbei eine neue Liebe.

Der Plot ist nicht neu, aber gut umgesetzt worden. Cressida McLaughlin gelingt es perfekt, das besondere Setting ihres Romans einzufangen. Aufgrund ihrer anschaulichen Beschreibungen glaubt man das kleine gemütliche Boots-Cafedirekt mit seinen eigenwilligen Bewohnern vor sich zu sehen.

Ihre Protagonistin Summer wird differenziert dargestellt. Sie ist eine gebrochene Figur; sie leidet unter dem Tod ihrer Mutter und fühlt sich schuldig, weil sie nicht im Guten mit ihr auseinander gegangen ist. In ihrem Privatleben hält sie sich bedeckt, scheut klare Aussagen, zeigt wenig Rückgrat und neigt dazu, schwierigen Situationen aus dem Weg zu gehen.

Auch die anderen Charaktere haben viele Macken, die sie meiner Ansicht nach natürlich und lebensecht wirken lassen. In ihrer Vergangenheit ist nicht alles rund gelaufen; viele Konflikte aus der Vergangenheit erschweren eine gute Kommunikation. Dies gilt vor allem für Mason. Er schleppt ein unbewältigtes Trauma mit sich herum, wirkt auf den ersten Blick brummig und unzugänglich und taut nach und nach auf. Einig sind sich die Shipper nur in ihrer Liebe zum Wasser und zu einem ausgefallenen Lebensstil; sie bilden eine verschworene Gemeinschaft und halten fest zusammen, wenn es hart auf hart kommt.

An und für sich hat mir der Roman gut gefallen. Cressida McLaughlin schreibt in einem angenehmen, flüssigen Stil und erzählt eine interessante Geschichte. Leider verliert sie sich in vielen (unbedeutenden) Nebenhandlungen, die ihren Roman mitunter langatmig und zäh werden lassen. Darunter leidet vor allem der Spannungsbogen, der nicht konsequent gehalten werden kann. Hier wäre kürzer mehr gewesen. Deshalb reicht es nicht für die Höchstpunktzahl, sondern nur für verdiente 4 Sterne.

Veröffentlicht am 05.10.2017

Alle Sterne am Himmel

Schloss aus Glas (Filmausgabe)
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Seit wenigen Wochen kann man in den Kinos sehen, was Hollywood aus diesem autobiographischen Roman gemacht hat. Hier geht es um Jeannette Walls, die sich als ein glückliches Kind betrachtet: Ihr Vater ...

Seit wenigen Wochen kann man in den Kinos sehen, was Hollywood aus diesem autobiographischen Roman gemacht hat. Hier geht es um Jeannette Walls, die sich als ein glückliches Kind betrachtet: Ihr Vater geht mit ihr auf Dämonenjagd, holt ihr die Sterne vom Himmel und verspricht ihr ein Schloss aus Glas. Was macht es da schon, mit leerem Bauch ins Bett zu gehen oder in Nacht-und-Nebel-Aktionen den Wohnort zu wechseln. Doch irgendwann ist das Bett ein Pappkarton auf der Straße, und eine Adresse gibt es schon lange nicht mehr. Jeannette Walls berichtet ohne Larmoyanz von ihrer ungewöhnlichen Kindheit in einer Familie.

Auf den ersten Blick wirkt das Cover dieses Buches heiter und harmonisch. Man sieht eine Familie vor einem schweren amerikanischen Wagen stehen. Der Vater trägt ein kleines Kind auf seinen Schultern; die Mutter steigt aus der geöffneten Wagentür und betrachtet die karge Landschaft. Die Kinder stehen dicht nebeneinander und wirken zufrieden. Aber am blauen Himmel ziehen bereits dunkle Wolken auf, die das drohende Unheil ahnen lassen.

Auch der Titel ist vieldeutig. Das vielbeschworene Schloss aus Glas ist ein schöner Traum, der im Laufe der Zeit in tausend Scherben zerbrechen wird. Der Vater der Autorin will ihr alle Sterne am Himmel schenken, ist aber nicht imstande, für seine Familie Verantwortung zu übernehmen. Ihre Sehnsucht nach einem harmonischen Heim wird sich niemals erfüllen.

Die Erinnerungen von Jeannette Walls setzen mit ihrem 3. Lebensjahr ein und reichen bis zu ihren Studienzeiten, wo sie sich von ihren Eltern im wahrsten Sinne des Wortes "befreit". Mit ihren Geschwistern wächst Jeannette unter schwierigen Lebensumständen auf. Ihre Eltern sind nicht in der Lage, ihre Pflichten zu erfüllen. Ihr Vater ist nicht dumm, hat aber ein massives Alkoholproblem und verliert immer wieder seine Anstellungen. Ihre Mutter hat eine gute Ausbildung als Lehrerin, sieht sich selbst aber als Künstlerin und malt und schreibt lieber anstatt sich um ihre Kinder zu kümmern. Die Kinder sind sich selbst überlassen, mit physischem und psychischem Missbrauch konfrontiert und an der Grenze zur Verwahrlosung.

Die Familie Walls lebt von der Hand in den Mund und muss immer wieder ihre Wohnorte verlassen, weil sie ihre drückenden Schulden nicht bezahlen kann, Nach und nach verlassen alle (erwachsenen) Kinder das sinkende Schiff und suchen ihr Heil in einer Großstadt; die Eltern wollen sie nicht loslassen, halten aber an ihren Vorstellungen vom selbstbestimmten Leben fest und gleiten unaufhaltsam in die Obdachlosigkeit ab.

Jeannette Walls schreibt in einem distanzierten, larmoyanten Ton und verlässt niemals die Perspektive des betroffenen Kindes (beziehungsweise der Jugendlichen zu einem späteren Zeitpunkt). Sie erhebt keine schreiende Anklage, sondern bemüht sich um eine ausgewogene Darstellung. Ihre Eltern sind keine "Monster", die ihre Kinder körperlich und seelisch mißhandeln, sondern besitzen durchaus positive Eigenschaften. Allerdings sind sie in jeder Hinsicht beratungsresistent und kämpfen nicht gegen ihre psychischen Krankheiten an.

Dieses schonungslos ehrliche Buch kann keinen Leser kalt lassen. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.