Schlicht schön
Die Frau auf der TreppeDas Bild einer nackten Frau und drei Männer mit sehr unterschiedlichen Interessen, doch vereint in dem Wunsch, etwas ihr Eigen zu nennen - das Bild selbst oder Irene, die Frau darauf. Bernhard Schlinks ...
Das Bild einer nackten Frau und drei Männer mit sehr unterschiedlichen Interessen, doch vereint in dem Wunsch, etwas ihr Eigen zu nennen - das Bild selbst oder Irene, die Frau darauf. Bernhard Schlinks Roman „Die Frau auf der Treppe“ kann sich trotz seiner Kürze nicht ganz entscheiden, ob er eher Gangster oder Romantiker ist; vereint er doch Attribute von beidem in sich. Was wie ein Krimi mit einem Rechtsstreit um künstlerisches Eigentum (und menschliche Werte) beginnt, spannt dann einen großen Bogen in die weitere Zukunft, um auf einer winzigen Insel vor der Küste Australiens zum Showdown zu kommen.
Der Ich-Erzähler ist die zentrale Figur des Romans; sie macht eine starke Entwicklung durch und muss rückblickend erkennen, wie sehr sie sich selbst zum Statisten im eigenen Leben degradiert hat. Das unverhoffte Wiedersehen des Erzählers mit Irene und die Frage, die sicher jeden Menschen irgendwann einmal bewegt, „Was wäre gewesen, wenn?“ bricht die (Gefühls)Starre auf und in der Schönheit der letzten, der einzigen gemeinsamen Tage spiegelt sich sein ganzes Leben wieder, gelebt und doch wieder nicht.
Schlinks Roman birgt in seiner für den Autor typischen Schlichtheit etwas sehr Schönes, Hoffnungsvolles in sich - die Möglichkeit eines Aufbruchs in ein neues Leben, für den es nie zu spät ist. Dem Ende könnte man sicher Kitsch und ein gewisses Pathos vorwerfen aber irgendwie mochte ich es, wohingegen mich im Mittelteil die leicht ausufernden (Alt)Männer-Dialoge etwas ermüdeten.
Alles in allem eine empfehlenswerte Geschichte, die zum Nachdenken anregt und mich gut unterhalten hat; wenngleich sie für mich auch kein Highlight war.