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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.06.2024

Spannende und emotionale Geschichte für History-Fans!

Die Bahnhofsmission
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Die Bahnhofsmission - Eines Menschen Leben" von Veronika Rusch ist der zweite Band einer Reihe, den ich ohne Vorkenntnisse des ersten Teils gelesen habe. Zu meiner Freude konnte ich mich dennoch schnell ...

Die Bahnhofsmission - Eines Menschen Leben" von Veronika Rusch ist der zweite Band einer Reihe, den ich ohne Vorkenntnisse des ersten Teils gelesen habe. Zu meiner Freude konnte ich mich dennoch schnell in die Handlung und Charaktere einfinden, da das Buch genügend Hintergrundinformationen bietet. Der Schreibstil war sehr flüssig und damit gut lesbar. Der Autorin ist es außerordentlich gut gelungen die Vorstellungskraft zu wecken und authentische und stimmungsvolle Bilder zu erschaffen.

Berlin 1945. Der Krieg ist vorbei und die Menschen auf ganz unterschiedliche Weise gezeichnet. Während für manche der Alltag daraus besteht neue "normale" Strukturen zu schaffen, liegt dies für andere noch in weiter Ferne. Flüchtlinge, Vertriebene, Soldaten kommen am zerbombten Schlesischen Bahnhof an, oft ohne Hoffnung oder Ziel. Die Gruppe um die Hauptfigur Alice Hardtleben nimmt sich der Herausforderung an diese Menschen zu unterstützen und die sogenannte Bahnhofsmission wieder aufzubauen.

Die Protagonistin Alice ist ein beeindruckender Charakter, der Mut und Stärke verkörpert und als Vorbild fungiert. Der Roman spielt in der Nachkriegszeit in einem geteilten und zerbombten Berlin und beleuchtet die Herausforderungen dieser Ära. Beeindruckend ist, wie das Vorhandensein von heute alltägliche, aber damals raren Dingen wie Kaffee, Kekse oder ein passendes Paar Schuhe die Atmosphäre des Buches lebendig und authentisch machen. Die Präsenz ehemaliger Nazis und deren Re-Integration in die Gesellschaft wird thematisiert, was mich zum Nachdenken brachte.
Die Charaktere rund um die Bahnhofsmission bieten ein reichhaltiges Spektrum an menschlichen Erfahrungen und Emotionen. Ein spannendes und moralisch komplexes Beispiel ist der Charakter Offizier Wolkow, dessen Beziehung zu Alice und seine Hoffnung auf eine bessere Zukunft tief beeindruckend sind. Ein weiterer faszinierender Handlungsstrang ist die düstere Geschichte von „15“, die die grausame Realität der Kriegsopfer verdeutlicht. Ihre Schicksalsschläge und ihre Härte werfen Fragen zu Gerechtigkeit und Vergeltung auf. Aber auch die anderen Charaktere haben alle ihre eigenen, individuellen fesselnden Geschichten, Ängste und Hoffnungen. Neben hilfsbereiten und aufopfernden Personen gibt es auch Charaktere deren Vergangenheit und Motive im Unbekannten liegen und für Spannung sorgen.
Abgesehen von ernsten, düsteren Themen und Kapiteln gibt es auch Momente der Hoffnung und Freude. Diese Balance zwischen Licht und Dunkel macht das Buch besonders fesselnd!

Insgesamt ist "Die Bahnhofsmission - Eines Menschen Leben" ein tiefgründiger und bewegender Roman, der historische Genauigkeit mit emotionaler Tiefe verbindet. Trotz kleinerer Kritikpunkte, wie der gelegentlichen (persönlichem) Unverständnis gegenüber einiger Charaktere oder Verhaltensweisen, dem meiner Meinung nach etwas altmodischem Cover und der Tatsache, dass die Handlungspunkte in den letzten Kapiteln etwas ausführlicher hätten dargestellt werden können, bleibt das Buch durchweg spannend und regt zum Nachdenken an. Mit seinen verschiedenen Geschichten ist das Buch ein schönes Beispiel dafür, das Freundschaft und Liebe so vieles überwinden können - Zeit, Entfernung, (vermeintliche) Gesellschaftsunterschiede, Lebensformen. Es präsentiert auf eindrucksvolle Weise, dass Gutes tun nicht nur verbindet, sondern auch neue Kraft gibt.

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Veröffentlicht am 09.07.2024

Gute Kurzgeschichten für zwischendurch

Erste Person Singular
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Erste Person Singular ist ein Kurzgeschichten-Roman von Haruki Murakami und das erste Buch, was ich von dem Autor gelesen habe.
Das Buch besteht aus acht Kurzgeschichten, alle aus der Ich-Perspektive ...

Erste Person Singular ist ein Kurzgeschichten-Roman von Haruki Murakami und das erste Buch, was ich von dem Autor gelesen habe.
Das Buch besteht aus acht Kurzgeschichten, alle aus der Ich-Perspektive erzählt. Sie handeln von Momenten, Situationen, Dingen und Personen, die das Leben des Erzählers nachhaltig geprägt haben. Dabei sind sie mal mehr mal weniger selbsterklärend und sofort eingänglich. Aber genau diese zurückbleibende Unbestimmtheit und Möglichkeit zur eigenen Interpretation machen die Geschichten zu ansprechend.
Mir persönlich haben einige Geschichten besser gefallen als andere. So behandelt eine Geschichte z.B. im weitesten Sinne das Thema Selbstmord. Ohne explizit und bildgenau auf das Thema einzugehen, hinterließ es bei mir doch einen bleibenden Eindruck, da es suggeriert, das nicht jede "Äußerlichkeit" klar interpretiert werden kann. Wir schätzen unsere Mitmenschen durchaus nicht immer richtig ein. Diese Lehre wird auch in anderen Geschichten vermittelt.
Dennoch gab es auch Geschichten, die mich etwas ratlos zurückließen. So beispielsweise die Geschichten mit dem sprechenden Affen. Sie war unterhaltend zu lesen, der tiefere Sinn ist mir jedoch (zumindest nach einmaligem Lesen) verborgen geblieben. Alles in allem ein gutes Buch, welches sich durch den Kurzgeschichtencharakter gut und schnell lesen lässt und auch das eine oder andere mal zum Nachdenken verleitet.

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Veröffentlicht am 09.07.2024

Für Benecke und (T)hier Fans

Kat Menschiks und des Diplom-Biologen Doctor Rerum Medicinalium Mark Beneckes Illustrirtes Thierleben
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Das offensichtliche zuerst: das Buch ist wirklich wunderschön gestaltet, Cover und Einband aber auch die illustrative Gestaltung im Inneren hat mir sehr gefallen und ist qualitativ hochwertig gearbeitet. ...

Das offensichtliche zuerst: das Buch ist wirklich wunderschön gestaltet, Cover und Einband aber auch die illustrative Gestaltung im Inneren hat mir sehr gefallen und ist qualitativ hochwertig gearbeitet.
Inhaltlich ist es aufgeteilt in Kapitel über einzelne T(h)iere oder Gattungen, die auf humoristische, etwas exzentrische aber dennoch faktenbasierte Weise Wissen über diese vermitteln. Man könnte es als unnützes Wissen beschreiben aber es werden auch immer wieder etwas tiefere Einblicke gewährt. Beispielsweise wird nicht nur einmal unser Blick auf und Umgang mit T(h)ieren angeprangert.
Es lässt sich durch seine Kapitel gut, auch mal zwischendurch, lesen und regt dazu an auch mal das eine oder andere T(h)ier oder Phänomen zu googeln. Dennoch muss ich gestehen, und ich weiß nicht woran das liegt, dass nicht sonderlich viel nach dem lesen hängengeblieben ist. Trotzdem ein gutes Buch und Geschenk für jeden Mark Benecke und T(h)ier Fan.

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Veröffentlicht am 01.11.2024

Hohes Potenzial, mittelmäßige Umsetzung

A Song to Drown Rivers
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Ann Liangs Buch hinterlässt bei mir gemischte Gefühle. Die Geschichte um Xishi, die sich gegen das Bild der bloßen Schönheit wehrt und tatsächlich aktiv etwas bewirken möchte, hat für mich Potenzial. Ich ...

Ann Liangs Buch hinterlässt bei mir gemischte Gefühle. Die Geschichte um Xishi, die sich gegen das Bild der bloßen Schönheit wehrt und tatsächlich aktiv etwas bewirken möchte, hat für mich Potenzial. Ich fand es nachvollziehbar, dass sie nach den Verlusten in ihrer Familie und den Gräueltaten an ihrem Volk den Wunsch verspürt, über sich hinauszuwachsen und (vermeintliche) Gerechtigkeit ausüben will. Doch trotz dieses interessanten Ansatzes konnte ich mich weder richtig in die Figuren hineinversetzen noch die Welt der Geschichte vor meinem inneren Auge lebendig werden lassen. Der Schreibstil ist (für mich) nicht bildgewaltig oder atmosphärisch stark genug, um eine greifbare Welt mit lebendigen Charakteren entstehen zu lassen. Die Charaktere bleiben oft flach, und ich hatte Schwierigkeiten, eine emotionale Bindung zu ihnen aufzubauen.

Ein Lichtblick war jedoch der Nebencharakter Luyi. Seine humorvolle Art sorgte für einige auflockernde Momente in einer Geschichte. Die Dynamik zwischen Xishi und anderen Figuren, besonders Fanli und Fuchai, deutet auf interessante Konflikte hin und bringt gelegentlich emotionale Tiefe. Fuchai entwickelt sich zu einem komplexen Charakter: Gebrochen und von Erwartungen getrieben, zeigt er Facetten, die ihn interessant und bedauernswert zugleich machen. Seine letztliche Entwicklung und seine Beziehung zu Xishi bringt einen emotionalen Höhepunkt, der durchaus berührt.

Trotz dieser Ansätze gibt es im Verlauf der Geschichte logische Brüche und Zeitsprünge, die mich immer wieder aus dem Lesefluss gerissen haben. Besonders irritiert haben mich einige Details, etwa die Verwendung englischer Begriffe, die aus dem historischen Kontext herausfallen und die Atmosphäre stören. Auch der Fantasytouch gegen Ende – Xishis Geist, der Fanli inspiriert – kam für mich ein wenig zu konstruiert rüber. Viele Fragen bleiben bis zum Ende des Buches unbeantwortet und lassen mich persönlich als Leser unbefriedigt zurück.

Im Großen und Ganzen gab es interessante Entwicklungen und Wendungen, und das Buch wurde für mich von Abschnitt zu Abschnitt besser. Dennoch bleibt es für mich hinter seinem Potenzial zurück. Ich hatte mir mehr Tiefe bei den Charakteren und eine konsistentere Handlung gewünscht. Die Geschichte hat zwar einige emotionale Momente, die mich bewegt haben, war aber letztlich oft vorhersehbar und in ihrer Gestaltung etwas oberflächlich. Mein Fazit: Ein durchaus unterhaltsames Buch, das jedoch in der sprachlichen Gestaltung und emotionalen Tiefe noch Raum nach oben lässt.

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Veröffentlicht am 16.07.2024

Lektüre zum runterkommen, aber kein literarisches Meisterwerk

Das Glück hat acht Arme
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Das Glück hat acht Arme ist ein Roman der Autorin Shelly van Pelt und wurde bereits vielfach als „Wohlfühlroman“ gelobt. Die Geschichte handelt von drei Charakteren, die unterschiedlicher nicht sein könnten, ...

Das Glück hat acht Arme ist ein Roman der Autorin Shelly van Pelt und wurde bereits vielfach als „Wohlfühlroman“ gelobt. Die Geschichte handelt von drei Charakteren, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber das Schicksal verbindet. Die gutmütige Witwe Tove, die schon viel in ihrem Leben durchmachen musste, der Junge Cameron der vom Leben enttäuscht ist aber nie die Chance bei sich sieht das Ruder rumzureißen und der in Gefangenschaft lebende Marcellus - ein Oktopus.
Der Schreibstil des Buches ist sehr angenehm, man kommt in einen guten Lesefluss. Die Geschichte ist weder zu ausladend, detailreich formuliert noch zu kurz oder flach. Selbst Spannung kommt im letzten Drittel des Buches auf, obwohl dies wahrlich nicht das Hauptaugenmerk des Buches ist.
Die Figuren haben mir zum Teil leider nicht ganz so gut gefallen. Viele haben mich leider mit ihren Eigenheiten und Ansichten immer mal wieder „genervt“. Am schlimmsten war für mich Cameron, der jeden Missstand in seinem Leben in seiner schweren Kindheit und bei anderen Leuten sah, aber bloß nicht bei sich selbst. Dieses Selbstmitleid fand ich irgendwann tatsächlich ziemlich störend. Außerdem hätte ich mir gewünscht, noch mehr von Marcellus Sicht zu sehen. Wenn man schon dem Oktopus ein menschliches Bewusstsein gibt, hätte dies intensiver dargestellt werden sollen. Insbesondere im fortgeschrittenen Teil des Buches ist seine Sicht sehr rar geworden.
Die Idee des Buches die Verbindung zwischen Tova und Cameron herzustellen und die Rätsel der Familie zu Lößen auf so eine besondere Art darzustellen hat mir jedoch sehr gut gefallen. Es war mal etwas komplett anderes und mir hat gefallen wie ein tierisches Bewusstsein dargestellt wurde. Viel komplexer als es vielleicht zuerst den Anschein macht.
Insgesamt eine gute Geschichte mit traurigen und lustigen Momenten und auch mal etwas Spannung. Eine einfache Lektüre zum runterkommen, aber kein literarisches Meisterwerk.

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