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26,00
inkl. MwSt
  • Verlag: S. FISCHER
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Politik und Staat
  • Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
  • Seitenzahl: 448
  • Ersterscheinung: 28.02.2024
  • ISBN: 9783103975413
Katja Riemann

Zeit der Zäune

Orte der Flucht

»Zeit der Zäune« erzählt von Orten der Flucht, zu denen Katja Riemann allein und ohne ein Team an ihrer Seite reiste. Wo sind diese Orte und wie leben Menschen im Interim?
Sie geht der Frage nach, ob Menschen in offiziellen Camps, inoffiziellen Dschungeln, im Warten und der Ungewissheit erfinderisch sind und gestaltend. Und begegnete erstaunlichen Personen und Situationen. Sie begleitete vor Ort die Projekte von Filmschaffenden, Theaterleuten, Traumatologinnen, Ärzten, Köchen und vielen anderen und schreibt einfühlsam mit dem Blick für Details über deren Ideen und Herausforderungen.
Die Menschen sind schon immer gewandert - und die Ankunft ist wohl das Schwerste.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.06.2024

»Ich sehe mich als Botschafterin, als Schallverstärker und spreche mit Menschen statt über sie.« ~ Katja Riemann

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»Ich sehe mich als Botschafterin, als Schallverstärker und spreche mit Menschen statt über sie.« ~ Katja Riemann

Hört man den Namen Katja Riemann, denkt man eher weniger an die Autorin und UNICEF-Botschafterin, ...

»Ich sehe mich als Botschafterin, als Schallverstärker und spreche mit Menschen statt über sie.« ~ Katja Riemann

Hört man den Namen Katja Riemann, denkt man eher weniger an die Autorin und UNICEF-Botschafterin, die sich schon seit vielen Jahren für Menschenrechte auf der ganzen Welt einsetzt, sondern vielmehr an die bekannte Schauspielerin.
In ihrem neuen Buch begibt sie sich an Orte der Flucht. Sie begegnet Menschen, die aus Kriegsgebieten fliehen, vor Verfolgung und Angst, aber auch aufgrund der Folgen des spürbaren Klimawandels, ihre Heimat verlassen mussten.
Dabei werden nicht nur Fluchterfahrungen aus Ländern geschildert, welche die vergangenen Jahre des Öfteren in den Medien besprochen wurden, sondern u.a. auch die vergangenen sowie aktuellen politischen Geschehnisse in Tibet.

Einfühlsam tritt Katja Riemann den Menschen gegenüber, bietet ihnen Nähe an und hört jenen, die ihre Geschichte erzählen wollen, aufmerksam zu.
Dabei legt sie in ihrem Buch besonderen Wert auf die Schilderungen des gesellschaftlichen Miteinanders in den unterschiedlichen, von ihr bereisten Camps. Dort, wo man ihn nicht erwartet, sucht sie regelrecht nach dem Funken Hoffnung und findet ein überwiegend menschliches Miteinander. So wird sie Zuschauerin von Fußballturnieren und Theateraufführungen, besucht Schulen und wird gastfreundlich von Menschen empfangen, die eigentlich jeden Cent sparen müssten.

Aber auch auf gewalttätige Ausschreitungen seitens Geflüchteter geht sie diesbezüglich ein, welche sich nicht pauschal aufgrund ihrer anderen Nationalität begründen, sondern sich aus dem Patriarchat heraus ableiten lassen und geschlechtsspezifisch sind.

Darüberhinaus ergänzen sich ihre eigenen Erfahrungsberichte durch Gespräche mit Experten, bspw. über Gewalttheorien sowie grundlegende Fragestellungen rund um das Asylrecht.

Ein Buch, das hinter die alltägliche Fassade blickt und Menschen sowie deren Schicksalen, welches sie sich nicht selbst ausgesucht hätten, eine Stimme gibt.

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Veröffentlicht am 17.06.2024

Von Orten der Flucht

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Dass die Schauspielerin Katja Riemann sich auch als Botschafterin für das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR engagiert, habe ich erst beim Lesen ihres Buchs "Zeit der Zäune" erfahren. Riemann hat für die Recherchen ...

Dass die Schauspielerin Katja Riemann sich auch als Botschafterin für das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR engagiert, habe ich erst beim Lesen ihres Buchs "Zeit der Zäune" erfahren. Riemann hat für die Recherchen Lager und Orte entlang der Balkanroute und am Mittelmeer, in Nordafrika und den berühmten Dschungel von Calais besucht. Herausgekommen ist ein sehr persönliches Buch, das Menschen und Schicksale vorstellt, durchaus Partei ergreift und weniger Analyse als subjektiver Blick ist. Riemann schreibt empathisch, teilweise regelrecht poetisch, ist mehr dem künstlerisch inspirierten storytelling als der klassischen Reportage zugeneigt, wenn sie Lesern berichtet, die in der Regel noch kein Flüchtlingslager von innen gesehen haben.

Es ist eine durchaus selektive Darstellung, denn Riemann stellt Menschen mit künstlerischen Ambitionen vor, Nichtregierungsorganisationen die, ich sag´s mal etwas boshaft, die schönen Dinge im Lager machen, wie Kunst, eine Filmschule in Moria auf Lesbos, Theater und Musik. Da sind Latrinenbau, Lagerlogistik und der administrative Kleinkram, um Tausenden Menschen innerhalb kurzer Zeit Unterkunft, Sanitär, Ernährung usw zu sichern, deutlich weniger sexy, aber letztlich unabkömmlich.

Ähnlich ist es mit der Befindlichkeit, wenn Riemann sich über Darstellungen von Flüchtlingslagern echauffiert, die aus Drohnenaufnahmen über weiße UNHCR-Zeltplanen bestehen und da auch gleich eine "von oben"-Haltung gegenüber den Geflüchteten versteht, die sie nicht als Personen wahrnimmt. Gewiss, das individuelle Schicksal berührt emotional. Aber wenn es darum geht, dass schiere Ausmaß einer Flüchtlingskrise zu zeigen, hat die Drohnenperspektive durchaus etwas für sich.

Riemann geht einerseits nah ran an die Menschen, von denen sie erzählt und deren Spuren sie folgt, streift aber andererseits die problematischeren Dinge nur an der Oberfläche, quasi im Nebensatz. Denn nur, weil sie geflüchtet sind, sind Flüchtlinge ja nicht automatisch die besseren Menschen und neben dem charismatischen und begabten jungen Filmemacher, dem sensiblen Musiker oder der empathischen jungen Lehrerin gibt es wie überall sonst Habgier und nicht ganz so ehrenwerte Motive, Konkurrenz um knappe Ressourcen oder auch kriminelle Energie. Das Geschäft mit den oft aussichtslosen Hoffnungen von Menschen, die sich auf den Weg nach Europa machen, bleibt ebenfalls weitgehend ausgeklammert.

Mit den sprachlichen Ausflügen ins "Denglisch" vermute ich mal, soll ein jüngeres Lesepublikum erreicht werden, im Kontrast zu dann wieder stark akademisch geprägten Sprache kam mir das zu sehr "gewollt" vor. "Zeit der Zäune" konzentriert sich auf die Lager und provisorischen Camps, die Flucht selbst, das Unterwegssein und Ankommen wird allenfalls gestreift. Insofern - ein wichtiges Buch als Plädoyer für Verständnis für Geflüchtete und um sie als Individuen und nicht als Statistik zu zeigen, das aber auch Lücken zur Gesamtthematik aufweist.