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Veröffentlicht am 07.06.2024

Familienbande

Treibgut
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Der siebzigste Geburtstag von Adam Gardener steht bevor und seine Familie überlegt, wie dieses Ereignis gefeiert werden kann. Die Geschwister Abby und Ken, die längst erwachsen und aus dem väterlichen ...

Der siebzigste Geburtstag von Adam Gardener steht bevor und seine Familie überlegt, wie dieses Ereignis gefeiert werden kann. Die Geschwister Abby und Ken, die längst erwachsen und aus dem väterlichen Haus auf Cape Cod ausgezogen sind, müssen sich für dieses grosse Ereignis zusammenraufen. Nach dem Verlust von Mutter Emily in ihrer frühen Kindheit haben sie sich einander sehr verbunden gefühlt. Doch diese Verbundenheit haben die Geschwister im Laufe der Jahre verloren und immer mehr Konflikte kommen ans Licht. Als sich auch noch herausstellt, dass Adam seinen Kindern jahrelang etwas verschwiegen hat, scheint nicht nur das rauschende Fest, sondern auch der Familienzusammenhalt in Gefahr.


Die Mitglieder der Familie Gardener haben durch den frühen Tod von Ehefrau und Mutter Emiliy sehr viel mitgemacht und leiden noch heute unter dem Verlust.

Adam, der bärbeissige und sarkastische Meeresbiologe, hat seine beiden Kindern alleine aufgezogen und sieht heute noch voller Trauer auf die vergangene Beziehung mit Emily zurück. Dabei ist sie seit 38 Jahren tot. Die Figur Adam erschien mir über weite Teile des Buches als wankelmütig und unausgegoren. Erst gegen Schluss habe ich erfahren und verstanden, weshalb er so skizziert wurde. Hervorragende Idee und Umsetzung der Autorin.

Sohn Ken, der gerade einmal 4 Jahre alt war, als seine Mutter starb, hat heute selbst eine Familie und versucht seinen Zwillingstöchtern im Teenageralter ein guter Vater zu sein. Ken verarbeitet in einer Therapie den Verlust der Mutter, sowie die schwierige Beziehung zu seiner Frau und ein weiteres Ereignis aus der Vergangenheit.

Abby, die ein Baby war, als Emily starb, arbeitet heute als Künstlerin und hegt grossen Groll gegen ihren Bruder. Abby muss auch damit leben, dass sie schuld am Tod der Mutter ist, da diese bei ihrer Geburt starb. Etwas, was Ken ihr bewusst oder unbewusst noch heute, im Erwachsenenalter, zu spüren gibt. Die Geschwister treibt zudem auseinander, was vielen Familien zum Verhängnis wird: ein ungleich verteiltes Erbe der Mutter.

Und dann ist da noch Steph, deren Zugehörigkeit mit der Familie ich hier offen lasse, die aber die Beziehungen der Familienmitglieder zusätzlich verkompliziert.

Adrienne Brodeur hat mit "Treibgut" einen Roman geschaffen, der eine Familie zeigt, wie es sie so viele gibt. Verbunden mit einer gemeinsamen Vergangenheit hat sich jedes Familienmitglied auseinander entwickelt und Konflikte brechen auf. Dabei beleuchtet die Autorin jedes Mitglied ausgewogen und gibt jedem der Fünf eine Stimme. In abwechselnden Kapiteln kommen Abby, Ken, Steph, Adam und Kens Frau Jenny zu Wort. Als Leser sieht man so die Sicht auf die Handlung in der Gegenwart und der Vergangenheit aus unterschiedlichen Perspektiven, was die Geschichte sehr abwechslungsreich macht. Gut charakterisierte Figuren, die mir nicht unbedingt alle sympathisch waren, verleihen der Handlung Tiefe und machen diese authentisch.

Einige Längen, wie zum Beispiel die Beschreibungen rund um Adams Arbeit als Meeresbiologe oder die Therapiesitzungen von Ken mit seinem Therapeuten George, hätten gestrafft werden dürfen.

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Veröffentlicht am 05.06.2024

Zu viele Mutproben

Mutmurmeln für den ersten Schultag
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Wie das wohl ist in der Schule?

Lolle und Linus sind gespannt, ängstlich und können es nicht erwarten in die erste Klasse zu kommen. Viele Fragen tauchen bei den zukünftigen Erstklässlern auf.

Lolle ...

Wie das wohl ist in der Schule?

Lolle und Linus sind gespannt, ängstlich und können es nicht erwarten in die erste Klasse zu kommen. Viele Fragen tauchen bei den zukünftigen Erstklässlern auf.

Lolle hat die Idee, dass sie normale Murmeln zu Mutmurmeln machen. Dafür müssen die beiden zukünftigen Schulkinder etliche Mutproben bestehen.




Die Schule ist für viele Kinder eine grosse unbekannte Welt und dementsprechend blicken sie auf den ersten Schultag mit gemischten Gefühlen. Das Buch "Mutmurmeln" kann als Anlass genommen werden, mit Kindern über diese Gefühle zu sprechen.

Als Vorlesebuch eignet es sich darum perfekt. Allerdings empfand ich die Idee und das zentrale Thema eher dürftig umgesetzt. Denn von zwölf Doppelseiten geht es auf davon vier Seiten um Mutproben, die nicht viel mit diesem Thema zu tun haben. Da wird bei einem Nachbarn in einer Art Klingelstreich versucht ein Gurkenmops auszuleihen oder ein Regenwurm soll gegessen werden. Witzig, jedoch weit weg vom Thema "erster Schultag". Ausser, sich Mut anzutrainieren und diesen auf die Murmeln zu übertragen, frage ich mich, was ein Aufenthalt im Keller ohne Licht mit den Aengsten vor dem ersten Schultag zu tun hat? Ich habe schon verstanden, dass symbolisch Mut auf eine Murmel geladen werden und diese dann am ersten Schultag Glück bringen soll. Aber eben, ein Drittel des Buches für diese Mutproben aufzuwenden, empfand ich als zu ausufernd.

Die Illustrationen von Caroline Opheys sind sehr ansprechend und bunt. Es gibt viel zu entdecken und die Zeichnungen sind sehr detailliert und plastisch. Die Kinder sind relativ gross gezeichnet im Verhältnis zu der Lehrerin oder dem Nachbarn Herrn Grün mit dem Klingelstreich. Ich frage mich, ob das beabsichtigt war, um die Hauptpersonen hervorzuheben?

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Veröffentlicht am 22.05.2024

Leichte Unterhaltung

Tante Inge haut ab
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Durch ihre Fernbeziehung sehen sich Christine und Johann selten. Umso mehr freut sich Christine auf den Urlaub auf Sylt, den sie gemeinsam in der Ferienwohnung in der oberen Etage in ihrem Elternhaus verleben.

Ihre ...

Durch ihre Fernbeziehung sehen sich Christine und Johann selten. Umso mehr freut sich Christine auf den Urlaub auf Sylt, den sie gemeinsam in der Ferienwohnung in der oberen Etage in ihrem Elternhaus verleben.

Ihre Eltern werden sie den Urlaub geniessen lassen, so hofft sie. Denn schliesslich ist sie mit ihren 46 Jahren kein Kind mehr. Zum Geniessen kommt Christine erstmal nicht, denn überraschend taucht ihre Tante Inge auf Sylt auf. Sie hat eine Auszeit von ihrem Mann Walter genommen. Und das mit 64 Jahren...


Als leichte und humorvolle Lektüre kenne ich die Bücher von Dora Heldt, in denen die Familie rund um Papa Heinz im Mittelpunkt steht. Auch "Tante Inge haut ab" reihe ich in diese Sparte ein. Dieses Mal ist Heinz eher in einer Nebenrolle und seine jüngere Schwester Inge und seine Tochter Christine im Fokus der Handlung. Erstere bricht aus einer lieblosen und langweilig gewordenen Ehe aus. Letztere sträubt sich dagegen, sich dauerhaft zu verpflichten und mit ihrem Freund Johann zusammenzuziehen. Jenen Johann, den sie im Buch " Urlaub mit Papa" kennen und lieben gelernt hat. Für mich übrigens immer noch der lustigste Teil der Vierer - Reihe.

Die Dora Heldt Bücher haben einen einfach gehaltenen Plot und sie sind chronologisch und durchwegs in der Erzählperspektive geschrieben. Die Figuren sind charakterstark, mit leichtem Hand zu Uebertreibungen, skizziert. Dadurch lesen sich die Bücher relativ schnell und bieten gute Unterhaltung. Allerdings sind es auch Bücher, die nicht "hängen" bleiben.

Obwohl die Geschichte auf Sylt handelt, gibt es keine ausgedehnten Landschaftsbeschreibungen oder ausschweifende Stimmungen der Gezeiten. Was wiederum ganz dem Stil der Autorin geschuldet ist, die sich nie in langen Beschreibungen verliert, sondern den Leser mit Tempo durch die Handlung führt. Spezifische Details, mit denen Sylt kämpft, wie zum Beispiel die Wohnungsnot für die einheimische Bevölkerung, streuen eine Prise Authentizität in die Geschichte. Gegen Schluss bekommt man auch noch ein Stück Krimi und es benötigt sogar einen Kriminalbeamten.

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Veröffentlicht am 20.05.2024

Unglaubwürdiges Motiv

Der 1. Patient
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In der Chirurgie des Klinikums Spreehöhe in Berlin operiert Dr. Sasha Müller einen Patienten mit einem Raucherbein. Es scheint ein Routineeingriff, wie sie schon hundertmal operiert hat. Dr. Sasha Müller ...

In der Chirurgie des Klinikums Spreehöhe in Berlin operiert Dr. Sasha Müller einen Patienten mit einem Raucherbein. Es scheint ein Routineeingriff, wie sie schon hundertmal operiert hat. Dr. Sasha Müller setzt ganz auf künstliche Intelligenz. Eine Technik, die auch medizinische Bereiche erobert. Doch während der Operation geht einiges schief und der Patient stirbt.

Die Aerztin wird angeklagt fahrlässig gearbeitet zu haben. Die Oeffentlichkeit bekommt Wind von der Sache und die Stimmung kocht hoch. Verteidiger Rocco Eberhardt ist von der Unschuld seiner Mandantin überzeugt und versucht herauszufinden, ob KI versagt hat?


Hier ist er nun also der von mir heissersehnte vierte Teil der Justiz - Krimireihe aus der Feder von Michael Tsokos und Florian Schwiecker. Dieses Mal spielt sich die Handlung vorwiegend im Krankenhaus, in der Abteilung einer grossen Tageszeitung und natürlich, wie alle Teile der Reihe, im Gerichtssaal ab.

Sehr gut wird die medizinische Seite, die sehr zentral ist, dem Leser vermittelt. Dass mithilfe künstlicher Intelligenz operiert werden kann, war mit bisher nicht bewusst. Nach dieser Geschichte befällt mich doch etwas Unbehagen, wenn ich daran denke, dass ein Chirurg sich bei einer Operation fremd steuern lassen kann. Eine Podiumsdiskussion als Einführung in die Geschichte legt das Pro und Contra der KI sehr gut dar.

Man merkt sehr gut, dass Michael Tsokos eine grosse Ahnung der Materie "Medizin" hat. Als Professor der Rechtsmedizin streut er medizinisches Wissen gekonnt ein. Man bekommt Einblick in einen kleinen Teil des Klinikalltages, von Fachkräftemangel bis zu verschobenen Operationen.

Florian Schwiecker hingegen deckt als ausgebildeter Strafverteidiger die rechtlichen Passagen ab. Immer wieder touchierten die Szenen im Gerichtsfall meine Emotionen. So konnte ich mich sehr schön ärgern, freuen und nerven. Diese beiden Teilbereiche, in denen das Autorenduo sattelfest ist, sind sehr authentisch und real.

In Gestalt von der jungen Journalistin Jule Hermann zeigen die Autoren eine andere Seite: die der "Jäger", die Publicity veranstalten und somit möglichst die Auflagen der Zeitungen in die Höhe treiben. Die junge Journalistin, die im Mittelpunkt steht, zeigt jedoch leichte Skrupel, einen tragischen Todesfall so auszuschlachten.

Auch wieder mit von der Partie sind Dr. Justus Jarmer von der Rechtsmedizin und Eberhardts rechte Hand Tobias Baumann. Letzterer dieses mal erstaunlich blass.

Nicht ganz so zufrieden bin ich mit dem Moment, in dem Rocco Eberhardt und sein Team den Tathergang auflösen. Dieser geht leise vonstatten und wird eher nebenbei entdeckt. Dies durch eine Komponente, die auch schon gleich zu Beginn ihrer Recherchen hätte aufgedeckt werden können. Zudem wirkt das Motiv für die Tat aufgesetzt und unglaubwürdig.

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Veröffentlicht am 11.05.2024

Subtil!

Die Moortochter
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Aufgewachsen ist Helena Pelletier in einer baufälligen Hütte im Moor. Abgeschnitten von der Zivilisation und der Welt lebte die kleine Familie eins mit der Natur. So war sich Helena von klein auf gewohnt, ...

Aufgewachsen ist Helena Pelletier in einer baufälligen Hütte im Moor. Abgeschnitten von der Zivilisation und der Welt lebte die kleine Familie eins mit der Natur. So war sich Helena von klein auf gewohnt, sich auf ihre Wahrnehmung, ihr Wissen und ihren Vater zu verlassen. Bis sich nach 15 Jahren nicht nur ihre Welt, sondern sich auch der Blick auf ihren Vater ändert. Denn Jakob ist ein gesuchter Verbrecher und Helena die Frucht aus diesem Verbrechen. Jahre später, Helena ist selbst Mutter zweier Töchter, bricht ihr Vater aus dem Hochsicherungsgefängnis aus und nimmt Kontakt mit ihr auf. Er zettelt eines ihrer schon früher oftmals gespielten Fährtenlesen-Duelle aus. Nur, dass das Ganze kein Spiel mehr ist.


Titelgebend ist das Märchen von Hans Christian Andersen "Die Tochter des Moorkönigs", aus dem regelmässig bei Kapitelbeginn kleine Abschnitte abgedruckt wurden. Doch damit hat es sich auch schon mit Märchen. Denn der Plot der Geschichte ist an und für sich sehr verstörend.

Ein Kind wächst mit seinen Eltern im Moor auf. Ohne zu ahnen, dass ihre Mutter nicht freiwillig dort lebt und ihr Vater ein gesuchter Verbrecher ist. Ihre Kindheit nennt die Protagonistin Helena immer wieder " meine Zeit im Moor". Was genau die Tat ihres Vaters beinhaltet, verrate ich hier natürlich nicht. Nur so viel: diese Tat ist zutiefst abscheulich und eines der schlimmeren Verbrechen, das ich mir vorstellen kann.

Ein paar Logiklöcher haben mich gestört. So denkt die Protagonistin in ihren Erzählungen als 11-Jährige über Autos und Fernseher nach. Das wohlgemerkt, obwohl sie die ersten elf Jahre ihres Lebens in einer provisorischen Hütte im Moor ohne Strom und fliessendem Wasser verbracht hat.

Die Erzählungen von Helena, die von der Gegenwart in die Kindheit wechseln, sind beklemmend und beängstigend. Oft musste ich mir in Erinnerung rufen, warum sie im Moor aufwachsen muss. Gerade diese Normalität, die sie skizziert, hat bei mir Grauen ausgelöst. Sie kannte kein anderes Leben und für sie war ihr Leben normal und nicht beängstigend. Mangels Vergleiche und Wissen wächst sie auf, wie es ihr vorgegeben und vorgelebt wird. Die Passagen ihrer Kindheit beinhalten keine offensichtlichen Misshandlungen oder Gewalt. Diese treten subtil auf. Spannend wird es in den Passagen, die in der Gegenwart handeln, denn da jagt Helena ihren Vater. Eine grosse Portion Naturbeschreibungen, naturkundliche Details und Survival runden die Geschichte ab.

Mir hat " Die Moortochter" gut gefallen, obwohl der Spannungsbogen relativ flach gehalten wird. Nicht die Suche und die Ueberführung eines Täters steht im Mittelpunkt, sondern das Leben eines Opfers, der Tochter des Täters. Karen Dionne hat sehr viel Wert auf naturkundliche Beschreibungen und Erläuterungen gelegt, mit denen sie mich gefesselt hat.

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