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Veröffentlicht am 27.10.2017

Familientragödie

Fremde Tochter
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Michel Bussi entführt seine Leser nach Korsika. Vor 27 Jahren geschah eine schreckliche Tragödie, ein Unfall, bei dem außer Clothilde keiner ihrer Familie überlebt hat.


Nur widerwillig brechen die damals ...

Michel Bussi entführt seine Leser nach Korsika. Vor 27 Jahren geschah eine schreckliche Tragödie, ein Unfall, bei dem außer Clothilde keiner ihrer Familie überlebt hat.


Nur widerwillig brechen die damals 15-jährige Clothilde und ihr Bruder Nicolas zusammen mit den Eltern zu einem Kirchenkonzert auf. Clothildes Vater fährt schnell die kurvige Straße entlang, eine Straße, bei der es ihr immer bang wird. Dann geschieht das Unglück, ihr Vater verliert in einer engen Kurve die Kontrolle, das Auto schießt über die Seitenabsperrung, überschlägt sich mehrmals. Bei dem Unfall finden alle bis auf Clothilde den Tod, wie durch ein Wunder bleibt sie bis auf einen gerbrochenen Arm und einige Schrammen unverletzt.


Inzwischen ist Clothilde erwachsen, verheiratet, hat eine Tochter. Sie stellt sich zum ersten mal ihrer Vergangenheit, besucht den Unglücksort auf Korsika. Es gibt ein Wiedersehen mit ihren Großeltern und sie trifft den Jungen, in den sie damals verliebt war. Als sie einen Brief erhält gerät alles in wanken, Clotilde ist sich sicher dass er nur von ihrer Mutter stammen kann. Sie macht sich auf die Suche nach der Wahrheit.


Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt, in der Gegenwart und in Kapiteln, die im Jahr 1989 spielen, im Jahr der Tragödie. Dadurch bleibt die Handlung abwechslungsreich, man erfährt stückweise, was sich damals ereignet hat. Michel Bussis Schreibstil ist wunderbar lebendig und schön flüssig zu lesen. Er beschreibt die Insel detailliert, durch seine Augen bekommt man als Leser einen sehr guten Eindruck von Korsika, der Flora und Fauna und den Menschen. Diese bildhafte Darstellung hat mir besonders gut gefallen, denn Korsika möchte ich unbedingt noch bereisen.


Die Figuren sind gut skizziert, ich konnte mich mit Clothilde identifizieren und mich in sie hineinversetzen und habe ihre Suche nach der Wahrheit gespannt verfolgt. Im Mittelteil gibt es auch mal Längen, die mich aber weiter nicht gestört haben. Der Autor baut einige unvorhersehbare Wendungen ein, so dass es zum Schluss nochmals richtig spannend wird.


Fazit: Fesselnder Roman über eine Familientragödie vor der wunderschönen Kulisse Korsikas.

Veröffentlicht am 08.09.2017

ein verzwickter Fall für Kay Scarpetta

Totenstarre
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Schauplatz USA, Cambridge, Massachusetts. Über der Stadt liegt eine brütende Hitze, jeder Schritt wird zur Qual und die Menschen hoffen auf eine Abkühlung von oben. Kay bekommt von einem Unbekannten Drohnachrichten, ...

Schauplatz USA, Cambridge, Massachusetts. Über der Stadt liegt eine brütende Hitze, jeder Schritt wird zur Qual und die Menschen hoffen auf eine Abkühlung von oben. Kay bekommt von einem Unbekannten Drohnachrichten, noch ist nicht klar wer hinter den Aufzeichnungen steckt und was derjenige bezweckt.

Kay muss das Dinner mit ihrem Mann unterbrechen, als sie zu einem Tatort gerufen wird. In einem Park finden zwei Mädchen die Leiche einer Radfahrerin, deren Tod Kay Rätsel aufgibt. Alles deutet auf einen Blitzschlag hin, doch ein Gewitter gab es nicht. In akribischer Kleinstarbeit geht Kay auf Spurensuche und rekonstruiert den Tatablauf. Es bleibt nicht bei der einen Toten und Kay ist plötzlich selbst in die Fälle involviert.

Über die Kay Scarpetta Reihe hatte ich schon viel gehört, bin aber erst jetzt als Quereinsteiger in die Reihe eingestiegen. Ich konnte zwar relativ problemlos starten, gleich zu Anfang wird Kays berufliches Umfeld und ihr Privatleben vorgestellt. Doch die vielen Personen, die nur erwähnt werden und aktiv noch nicht auftreten, stellten mich dann doch vor eine Herausforderung. Ich habe für mich festgestellt, dass man hier besser beraten ist, die Reihe von Anfang an zu lesen. Zwar wird auf vergangene Fälle eingegangen, aber ohne diese gelesen zu haben war es für mich schwierig, mir ein Bild der jeweiligen Personen zu machen.

Die Geschichte startet erst mal ruhig mit der Einführung von Kays Umfeld und nimmt erst gegen Mitte an Fahrt und Spannung auf, dann aber auch sensationell, so dass ich das Buch ab diesem Zeitpunkt nicht mehr beiseite legen konnte. So wie Kay rätselt man auch als Leser, was genau den Tod der Fahrradfahrerin verursacht hat. Ich hatte keine Idee, bzw. alle wieder verworfen. Die Auflösung ist überraschend und richtig perfide, gar nicht mal abwegig.

Der Schreibstil lässt sich angenehm lesen, die Figuren sind gut beschrieben. Kay wirkt sympathisch, anfangs etwas konservativ, doch dieser Eindruck hat sich irgendwann verflüchtigt. Ich fand es klasse, wie sie ihre kleinen Intrigen gegen das FBI gesponnen hat und sich nicht auf der Nase herumtanzen ließ. Auch das Umfeld, die Kooperation mit dem FBI und ihre Arbeit im Institut fand ich sehr gelungen. Ich konnte bis zum Ende hin miträtseln und mit Kay mitfiebern. Einzig mehr lebendige Dialoge hätte ich mir gewünscht. Oft wird nur erwähnt was Kay zu jemandem sagt anstatt eines Dialogs.

Fazit: Solider Thriller, er hat mir so gut gefallen, dass ich erwäge die Reihe von Anfang an zu lesen.
Autor: Patricia Cornwell

Veröffentlicht am 23.08.2017

Beklemmend, gruslig mit viel Atmosphäre

Der Mann zwischen den Wänden
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Schauplatz Stockholm. Alva ist 9 Jahre alt, zusammen mit ihrer Mutter und den beiden älteren Schwestern zieht sie von einer Villa in ein Mehrfamilienhaus. Alva ist für ihr Alter clever, aber ein Einzelgänger. ...

Schauplatz Stockholm. Alva ist 9 Jahre alt, zusammen mit ihrer Mutter und den beiden älteren Schwestern zieht sie von einer Villa in ein Mehrfamilienhaus. Alva ist für ihr Alter clever, aber ein Einzelgänger. Ihre Schwestern stecken ständig zusammen und kümmern sich nicht um die kleine Schwester, Alvas Mutter geht arbeiten und hat auch keine Zeit für sie. Ihren Vater vermisst sie sehr. Sie findet in der neuen Schule keine Freunde, wird bald von einem Klassenkameraden gemobbt. Alva schmökert dafür gern in ihren Büchern, vor allem ein Buch über Okkultes liest sie immer wieder.

Dann wird eine Frau aus dem Haus vermisst, ihr Mann kann sich das Verschwinden nicht erklären, die Beziehung war harmonisch. Zwei Wochen ist sie verschwunden, bis sie auf einmal tot in der Wohnung liegt. Sie wurde ermordet, verdächtigt wird zuerst der Ehemann. Doch dann finden sich fremde Fingerabdrücke und Spuren an der Leiche, die ihren Mann entlasten. Der Mord bleibt ein Mysterium, bei den Mietern im Haus bleibt in mulmiges Gefühl. Auch Alva macht sich Gedanken, dann hört sie merkwürdige Geräusche.....

Ich konnte schön flüssig in die Geschichte eintauchen, der Schreibstil lässt sich angenehm lesen und durch die Zeitform des Präsens hat man das Gefühl, dass man direkt mit dabei ist.
Wir lernen Alva, ihre Mutter und ihre Schwestern kennen, Alva ist schon etwas speziell mit ihrer Begeisterung für das Lexikon der paranormalen Phänomene. Sie erscheint wie der typische Außenseiter. Beschäftigt sich viel selbst, hat keine Freunde, keine Vertraute. Parallel liegt der Fokus in kurzen Sequenzen auf anderen Bewohnern des Hauses, ganz unterschiedliche Menschen. Doch alle erleben verstörende Dinge. Gegenstände liegen nicht an ihrem Platz, Essen scheint zu verschwinden. Was geht in diesem Haus vor sich?

Die Autorin versteht es, eine gruslige Atmosphäre aufzubauen. Wir begleiten meist Alva und einige andere Bewohner in ihrem täglichen Leben und alltägliche Szenen wirken plötzlich bedrohlich. Alva hatte von Anfang an meine Sympathie, entwickelt sich dann aber in eine ungute Richtung, die ich sehr bedenklich fand. Um nicht zu spoilern, kann ich hier nicht mehr verraten. Das Ende ließ mich etwas zwiegespalten zurück. Einerseits ganz anders als ich es erwartet hätte, von daher war der Überraschungseffekt echt gut. Andererseits ist die Geschichte nicht unbedingt abgeschlossen und eine wichtige Sache bleibt leider unbeantwortet. Noch ein Tipp! Den innwendigen Klappentext sollte man vorher am besten nicht lesen, weil dort viel zu viel verraten wird.
Fazit: Der Mann zwischen den Wänden ist ein echt guter Thriller und fesselt von der ersten Seite an. Beklemmend, gruslig mit viel Atmosphäre. Und das Ende lässt Raum für eine Fortsetzung.

Veröffentlicht am 07.08.2017

Spannung und schwarzer Humor

Ambach – Die Deadline / Das Strandmädchen
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Ambach - Die Deadline/Das Strandmädchen beinhaltet Teil 3 und 4 der Reihe. Ein Quereinstieg ist möglich, es empfiehlt sich aber mit der Reihe von Anfang an zu beginnen um die Personen und die Handlung ...

Ambach - Die Deadline/Das Strandmädchen beinhaltet Teil 3 und 4 der Reihe. Ein Quereinstieg ist möglich, es empfiehlt sich aber mit der Reihe von Anfang an zu beginnen um die Personen und die Handlung von Anfang an kennenzulernen. Wer die ersten beiden Teile nicht kennt sollte lieber nicht weiter lesen, Spoilergefahr!

Felix hat unbeabsichtigt einen Mann erschossen, die Polizei zu rufen kommt aus bekannten Gründen nicht infrage. Der Retter in dieser Situation ist der zwielichtige Kunstexperte Gabriel, der Felix unter seine Fittiche genommen hat. Der Tatort wird gereinigt, doch das Entsorgen der Leiche ist mit Komplikationen verbunden. Immer mehr gerät Felix in eine Abhängigkeit von Gabriel, auch wenn er sich immer wieder vornimmt auszusteigen, so bleibt es leider nur beim Wunsch.

"Die Deadline" beginnt mit dem Weg der Kugel, eine gelungene und plastische Beschreibung der Schäden, die sie im Körper vom Journalisten Stefan Blank anrichtet. Als es um die Beseitigung der Leiche geht hatte ich Kopfkino, die Szenen wirken wie in einer Krimikomödie und sind mit schwarzem Humor durchsetzt. Man lernt einen Schrotthändler mit einer ganz besonderen "Waschmaschine" kennen. Lebhaft beschrieben, auch hier hatte ich Bilder im Kopf. Der Teil endet bei Gabriels Party mit einer spektakulären Aktion.

Im vierten Teil "Das Strandmädchen" ändert sich Felix Charakter, er findet langsam Gefallen an seiner Rolle als Fälscher und wirkt selbstsicherer als bisher. Sein nächstes Projekt ist eine Skulptur von Picasso.

Auch dieser Band hat mir wieder gut gefallen, gelungen ist die Entwicklung der Figuren, man merkt wie sich die Beziehungen zwischen den Protas immer wieder verändern und wie Felix selbst einen Wandel durchläuft. Vom bisher eher naiven hinterwäldlerischen Handwerker wird er zum selbstbewussten Künstler, bekommt Höhenflug und er wird skrupelloser. Das Ermittlerduo lernt man auch besser kennen, allerdings wirken die beiden nicht sonderlich motiviert, kommen eher unsympathisch rüber und machen keine gute Figur. Die Ermittlungen im Fall des niedergeschlagenen Pfarrers und des toten Journalisten kommen nicht recht voran, überhaupt spielen die Ermittlungen eher eine untergeordnete Rolle.

Insgesamt hat mir auch dieser Band wieder gut gefallen, ich mag die Stellen mit schwarzem Humor und die Spannung. Wie schon Band eins endet auch dieser mit einem Cliffhanger, man darf gespannt sein wie es weiter geht.

Veröffentlicht am 04.08.2017

Berlin Krimi

Endstation Neukölln
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Schauplatz Berlin Neukölln. Hauptkommissar Stefan Breschnow und sein Team ermitteln in einem Mordfall. In einem Hausflur eines Neuköllner Mietshauses wird die Leiche von Johannes Faris Rosenstolz gefunden. ...

Schauplatz Berlin Neukölln. Hauptkommissar Stefan Breschnow und sein Team ermitteln in einem Mordfall. In einem Hausflur eines Neuköllner Mietshauses wird die Leiche von Johannes Faris Rosenstolz gefunden. Wie sich herausstellt wurde er in der Wohnung des Junkies Toto erstochen, konnte sich mit letzter Kraft bis in den Hausflur retten. Kurz darauf wird wieder ein Toter gefunden, auf einem öffentlichen Grünstreifen erschlagen. Auch in diesem Fall ermittelt Stefan Breschnow. Es gibt in beiden Mordfällen kaum Hinweise, Toto liegt im Krankenhaus, ist aufgrund seines Entzugs nicht ansprechbar, seine Freundin Kimmie wird als wichtige Zeugin gesucht, doch sie ist unauffindbar. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig.

"Endstation Neukölln" ist der dritte Fall für Kommissar Stefan Breschnow, auch ohne die vorherigen Teile zu kennen konnte ich flüssig in die Geschichte eintauchen. Connie Roters beschreibt das Milieu in Berlin Neukölln sehr authentisch, die Bezeichnung "dunkle Parallelwelt" trifft es gut. Denn man taucht in die Welt der Drogendealer und Junkies ein, lernt verkrachte Existenzen kennen. Besonders gut sind ihre Figuren charakterisiert. Stefan Breschnow, der mehr trinkt als gut für ihn ist, der privat unter dem Wegzug seiner Schwester und Nichte leidet. Und der auf der Arbeit immer unzuverlässiger wird. Seine Kollegen kennen sein Problem, können ihm aber nicht helfen.

Die Geschichte von Kimmie, der jungen Frau und Schulfreundin von Toto ging mir besonders nah. Sie kommt aus zerrütteten Familienverhältnissen, ihre Mutter ist Alkoholikerin mit ständig wechselnden Männern, die von der Stütze lebt und das wenige Geld versäuft. Um die zwei kleinen Schwestern muss sich Kimme kümmern, zudem wird sie von einer Neuköllner Clique immer wieder bedroht.

Außerdem gibt es noch die Journalistin Cosma, die auf der Suche nach der Story ist, mit der sie endlich Karriere machen kann.

Drei Hauptcharaktere die authentisch überkommen und deren Wege sich immer wieder kreuzen.

Ich habe die Handlung als sehr intensiv wahrgenommen, sie ist dicht und wartet mit einigen überraschenden Wendungen auf. Ist bis fast zum Schluss nicht zu durchschauen und endete für mich mit einem Schockeffekt. Allerdings gibt es wenig Lichtblicke, mich hat das Buch stellenweise richtig runter gezogen. Vielleicht auch deswegen, weil ich mir vorstellen kann, dass es im real life viele ähnliche Schicksale gibt.

Fazit: Gelungener Milieu Krimi, eine Reihe die ich auf jeden Fall weiter verfolgen werde, schon um zu sehen ob Breschnow irgendwann wieder die Kurve kriegt.