Profilbild von Minijane

Minijane

Lesejury Star
offline

Minijane ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Minijane über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.08.2024

Tolles Sommerbuch für den Urlaub in Italien oder auf Balkonien

Die Bucht der Träume
0

Eventmanagerin Sara wird vom Tod ihres Vaters, zu dem sie ein äußerst zwiespältiges Verhältnis hatte förmlich überrumpelt. Sie erhält ein Anwaltsschreiben bezüglich seines Testaments und wusste aber gar ...

Eventmanagerin Sara wird vom Tod ihres Vaters, zu dem sie ein äußerst zwiespältiges Verhältnis hatte förmlich überrumpelt. Sie erhält ein Anwaltsschreiben bezüglich seines Testaments und wusste aber gar nichts davon, dass er im fernen Italien an einem Herzinfarkt gestorben ist.

Der Kontakt zwischen beiden war seit Jahren abgebrochen, und jetzt erbt sie sein Haus am Gardasee. Nichts läge Sara ferner, als das letzte Domizil ihres Vaters behalten zu wollen.

Ihre Kollegin organisiert vor Ort einen Makler und Sara macht ihrer Tochter Mimi einen Kurzurlaub in der Sonne Italiens schmackhaft.



Natürlich kommt es anders, als Sara sich das vorher ausgemalt hatte. Warum muß der Makler auch ausgerechnet Matteo , ihre Jugendliebe aus früheren Italienurlauben sein? Und die Menschen aus dem Umfeld ihres Vaters, die Sara‘s Vater fast alle als „Franco“ in ihr Herz geschlossen haben, Haushälterin Sophia, die eigentlich schon im Rentenalter, immer noch täglich nach dem Rechten sieht, sie alle zeigen ein völlig anderes Bild von ihrem Vater, als dass, welches sie, Sara, für sich verinnerlicht hat.

Ich habe das Buch wirklich gerne gelesen. Es hatte jede Menge Italien-Vibes, und ich bin Sara wirklich gerne an den Gardasee gefolgt. Es war sehr emotional, aber nicht flach und hatte im letzten Drittel einen Twist, den ich nicht habe kommen sehen.

Es war, wie ich es bei Adriane Popescu ( Elena Sonnberg ist ihr neues Pseudonym) nicht anders erwartet hatte eine herzerwärmende Geschichte über Liebe, Verlust und Neuanfänge mit liebevoll gezeichneten Charakteren und einer Landschaft in der man nur zu gerne mindestens einen Urlaub verbringen möchte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.07.2024

Ein Blick in die irische Seele

Feuerjagd
0

Tana French ist für mich schon lange eine sehr besondere Autorin.

Sie schreibt literarische Spannungsromane , die ich schon alleine aufgrund der schönen Sprache sehr schätze. Diese Romane spielen immer ...

Tana French ist für mich schon lange eine sehr besondere Autorin.

Sie schreibt literarische Spannungsromane , die ich schon alleine aufgrund der schönen Sprache sehr schätze. Diese Romane spielen immer in ihrem Heimatland Irland. Die Autorin fängt die Eigenart der Menschen ganz wunderbar in ihren Charakteren ein und sie beschreibt Landschaften so, dass man sie als Leser fühlen kann.

„ Feuerjagd“ ist zwar ein 2.Teil, der in dem kleinen fiktiven irischen Dorf Ardnakelty spielt, man kommt aber auch gut zurecht, wenn man den 1. Band „ Der Sucher“ nicht gelesen hat.

Cal Hooper ist ein ehemaliger Cop aus Chicago, der sich in dem verschlafenen Nest zur Ruhe gesetzt hat. Er hat die junge Theresa ( Trey) unter seine Fittiche genommen und ihr den Umgang mit Holz beigebracht. Zusammen restaurieren die beiden alte Möbel und nehmen von den Dorfbewohnern kleinere Aufträge an. Dann taucht Johnny Reddy, Trey‘s Vater nach Jahren der Abwesenheit plötzlich auf und bringt Unruhe in die Dorfgemeinschaft, denn er hat den zwielichtigen Cillian Rushborough im Schlepptau der freundlicher tut als er ist.

Tana French lässt sich ganz viel Zeit die Charaktere einzuführen und die Geschichte in Gang zu bringen. Ich kann nachvollziehen, dass der Roman manch einem Leser zu langatmig erscheinen mag. Die Geschichte ist absolut Charakter getrieben. Auch wenn man eine zunehmende Bedrohung spürt, kommt der große Knall doch erst im letzten Drittel des Buches.

Es geht um die interessanten Dynamiken innerhalb einer kleinen Dorfgemeinschaft, Klatsch, Intrigen und Rache, um komplizierte Familienbande und letztendlich Mord.

Besonders gefallen haben mir in dem Buch aber die vielen Gespräche des zugezogenen Cal mit den Dorfbewohnern, die in der Regel etwas anderes sagen , als was sie wirklich meinen. Cal wird mit der Zeit immer besser im „ zwischen den Zeilen lesen“ und der Leser wird hier dankenswerter Weise immer mitgenommen.

Sollte es, wie ich gehört habe noch einen 3. Teil der Geschichte geben, bin ich sicherlich wieder an Bord.

Tana French ist eine großartige Geschichtenerzählerin.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.07.2024

Ein Familienroman, wie ich ihn liebe

Treibgut
0

Der Roman spielt auf Cape Cod, einer wunderschönen Halbinsel in New England mit endlosen Stränden im Einzugsgebiet von Boston. Bei dem Setting könnte man sofort die Koffer packen…. , passt leider nicht, ...

Der Roman spielt auf Cape Cod, einer wunderschönen Halbinsel in New England mit endlosen Stränden im Einzugsgebiet von Boston. Bei dem Setting könnte man sofort die Koffer packen…. , passt leider nicht, aber hin träumen das geht dann doch mit diesem Roman ganz hervorragend.

Wir begleiten die Familie Gardner, 5 Menschen deren Perspektive abwechselnd die Geschichte eines Sommers von April bis Oktober vorantreibt. Es beginnt mit dem Vater Adam, einem Wissenschaftler, der sich sein Leben lang mit Walen beschäftigt hat. Er leidet unter einer bipolaren Störung, hat diese aber dank seiner guten Medikamenteneinstellung im Griff. Kurz vor seinem 70sten Geburtstag , an dem er eine große Entdeckung mit der Welt teilen möchte, trifft er die fatale Entscheidung seine Pillen abzusetzen, um wieder leistungsfähiger zu sein.

Adam hat 2 Kinder, Abby und Ken, die er seiner Meinung nach ganz großartig alleine großgezogen hat. Nach Meinung seiner Kinder lief das Aufwachsen nach dem Tod der Mutter weniger optimal ab. Die Geschwister waren sehr oft in ihrer Kindheit auf sich alleine gestellt, weil der Vater immer mal wieder ohne Vorankündigung verschwand.



Abby ist die Künstlerin der Familie und seit kurzem schwanger von ihrem Jugendfreund David, der aber verheiratet ist und nichts von dem Baby ahnt.

Ihr Bruder Ken wirkt nach außen hin sehr erfolgreich, hat ein lukratives Einkommen , zwei wohlgeratene Teenietöchter und eine Ehefrau, auf die er sich verlassen kann, die ihn sowohl bei der Organisation der Geburtstagsparty für den Vater unterstützt als auch bei seinen politischen Ambitionen. Doch die Ehe steckt in der Krise und ein Kindheitstrauma lässt ihn nicht los.

Jenny ist eigentlich Abby‘s beste Freundin, doch nach der Hochzeit mit Ken hat sich die Freundschaft verändert. Die Frauen sind nicht mehr so ehrlich zueinander. So ahnt Abby nichts von der Ehekrise und Jenny‘s wachsendem Alkoholproblem.

Die 5. Person ist eine Fremde die sich der Familie annähert. Auch Steph sind eigene Kapitel gewidmet. Was sie von den Gardner‘s will erfährt man dann nach und nach .



Ich mochte diesen Familienroman sehr. Die Autorin beschreibt eindrucksvoll das Auseinanderbrechen einer Familie , erzählt von dunklen Familiengeheimnissen und unbearbeiteten Kindsheitstraumata und seinen Folgen. In die Gefühlswelt der Charaktere konnte ich mich sehr gut einfühlen und auch der Sprachstil von Adrienne Brodeur hat mich sofort gecatcht .Zeitlich ist der Roman eingebettet kurz vor der Präsidentschaftswahl 2016, dem Wahlkampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump, was ich auch sehr spannend fand.

Das Buch war eine tolle tiefgründige, unterhaltsame Sommerlektüre und ein Highlight für mich, dass ich sehr gerne weiterempfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.06.2024

Verführende Technik

Hundert Augen
0

Innerhalb kürzester Zeit bin ich durch das Buch „Hundert Augen“ der argentinischen Autorin Samantha Schweblin geflogen.

Es hört sich zunächst nach einer Dystopie an, bei genauerer Beleuchtung fällt jedoch ...

Innerhalb kürzester Zeit bin ich durch das Buch „Hundert Augen“ der argentinischen Autorin Samantha Schweblin geflogen.

Es hört sich zunächst nach einer Dystopie an, bei genauerer Beleuchtung fällt jedoch auf, dass es das technische Spielzeug ,um das es hier geht zwar nicht gibt, aber durchaus geben könnte. Die Geschichte ist also gegenwartsnäher als uns lieb sein kann.



Im Fokus des Buches stehen unschuldig wirkende kleine Plüschtiere wie Pandas, Kaninchen, Drachen und weitere, ausgestattet mit Kameras und Mikrofonen sowie Rädern, damit sie sich überall gut bewegen können.

Das Besondere an dieser technischen Spielerei ist, dass man sich entscheiden kann ein solches Kentuki zu kaufen und damit Herrin oder Herr zu werden oder das Kentuki zu sein, dass am anderen Ende sitzt und durch ein fremdes Zuhause steuert. Auch der Zugangscode um das Wesen zu sein ist käuflich erwerbbar. Zugangscode und Kentucki werden per Zufall miteinander verbunden. Man weiß also überhaupt nicht, wo auf der Welt der Kentuki zum Einsatz kommt oder wer auch immer ihn steuert. Sprechen können die Kentukis nicht. Wie zu erwarten gibt es von den Besitzern aber einfallsreiche Ideen doch eine Kommunikation zu ermöglichen.



S.44 „ Man könne ja wohl kaum auf die Vernunft der Menschen bauen, und einen Kentuki zu haben, der frei bei einem herum lief, war, als würde man einem Fremden seine Haustürschlüssel geben.“



Der Roman ist episodenhaft erzählt. Wir begleiten 5 Personen, erfahren ihre Beweggründe zum Kauf eines Kentuckis, bzw. warum sie jetzt eines dieser Plüschtiere steuern wollen, und welche Erfahrungen sie daraufhin machen.

Unabhängig davon gibt es kurze, verstörende Kapitel mit Personen, die nur einmal auftauchen.

Man spürt unterschwellig immer einen leichten Horror und kommt natürlich ins Grübeln wie über die Fazination neuer Technik, die eigene Privatsphäre schnell mal ins Hintertreffen gerät. Auch Neugier, Einsamkeit oder einfach Voyeurismus sind natürlich Gründe dass die Kentukis in der Bevölkerung immer beliebter werden.

Dann lässt man sie mit den kleinen Kindern durch die Wohnung spazieren und hat vielleicht einen Pädophilen, der das Ding steuert.

Das Gedankenexperiment der Autorin hat etwas Beunruhigendes, weil man einfach merkt wie nah es an uns dran ist.

Vom mir gibt es eine große Leseempfehlung. Ich habe das Buch wirklich gerne gelesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.05.2024

Großes Highlight

Lügen, die wir uns erzählen
0

Helene ist eine Frau in den mittleren Jahren, die Karriere gemacht und Kinder bekommen hat, die beides sein wollte, Mutter und erfolgreich im Beruf. Jetzt hat ihr Mann Georg sie für eine jüngere Frau verlassen, ...

Helene ist eine Frau in den mittleren Jahren, die Karriere gemacht und Kinder bekommen hat, die beides sein wollte, Mutter und erfolgreich im Beruf. Jetzt hat ihr Mann Georg sie für eine jüngere Frau verlassen, eigentlich ein Klassiker. Anne Freytag‘s Roman ist emotional und bringt die Gefühle ihrer Protagonistin Helene auf den Punkt. Viele der geschilderten Situationen kamen mir bekannt vor, und ich konnte mich gut in Helene hineinfühlen, auch wenn meine eigene Biografie eine andere ist. Teenagertochter Anna kommt im Roman ebenfalls zu Wort und man erlebt manch eine Situation aus ihrer jugendlichen Perspektive, die die Mutter zuvor völlig anders bewertet hat.

Wenn eine Beziehung in die Brüche geht leiden natürlich besonders die Kinder. Sohn Jonas ergreift Partei für Helene, während Tochter Anna auf der Seite ihres Vaters steht und der Mutter vorwirft den Vater erst in die Arme einer anderen getrieben zu haben. So dividieren sich auch die Geschwister auseinander und Anna zieht letztendlich zu Georg und seiner Freundin, wogegen Jonas bei Helene bleibt.

Helene merkt plötzlich, dass sie eine Getriebene ist,die immer nur gefallen wollte, erst der eigenen Mutter, dann dem Ehemann. Sie hat das Gefühl gar nicht wirklich zu wissen wer sie ist und was sie wirklich vom Leben will. Ein schwieriger Weg liegt vor ihr, auf dem sie sehr ehrlich ihr bisheriges Leben analysiert, um genau das herauszufinden.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Auch die Sprecherinnen Stefanie Wittgenstein und Lara Hoffmann hatten beide sehr angenehme Stimmen, denen ich gerne gelauscht habe.

Anne Freytag schreibt sowohl emotional, als auch tiefgründig und konnte mich vom ersten Satz an fesseln. Für mich war das Buch ein Jahreshighlight, dass ich ohne Einschränkungen empfehlen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere