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Veröffentlicht am 25.06.2024

Absolute Leseempfehlung

So ist das nie passiert
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„So ist das nie passiert“ von Sarah Easter Collins ist ein wahrhaft genialer Debütroman.

Willa wächst mit ihrer Schwester Laika in einem betuchten Elternhaus auf. Eines Tages verschwindet Laika spurlos ...

„So ist das nie passiert“ von Sarah Easter Collins ist ein wahrhaft genialer Debütroman.

Willa wächst mit ihrer Schwester Laika in einem betuchten Elternhaus auf. Eines Tages verschwindet Laika spurlos und alle Ermittlung enden im Nichts. Willa kann den Verlust nicht verarbeiten und gibt sich eine große Schuld am Verschwinden. Sie hat ihre Schwester nicht beschützt.

Die Familiengeschichte wird fesselnd und mit unerwarteten Wendungen erzählt. Die Autorin zieht den/die Leser:in mit ihrem leichten, flüssigen Schreibstil in den Bann. Die Geschehnisse werden überwiegend aus der Perspektive von Willa und ihrer früheren Freundin und Geliebten Robyn erzählt.

Willa besucht eine Dinnerparty ihrer alten Freundin Robyn,
auf welcher thematisiert wird, wie Erinnerungen im Laufe der Zeit verändert oder gefälscht werden können.

„Selbst auf einer ganz einfachen Ebene können wir grundverschiedene Erinnerungen an ein Ereignis haben, wo man zu Recht vermuten würde, dass alle genau das Gleiche erlebt haben.“ (Seite 38)

Willas Leben wird nach diesem Abend nicht mehr sein, wie sie es kennt. Glaubt sie doch, auf dieser Party ihre verlorene Schwester gefunden zu haben. Und plötzlich werden Erinnerungen wach, die längst verschüttet wurden oder so nie stattgefunden haben. Ein Wechselbad der Gefühle, emotional unglaublich gut gezeichnet.

Beschrieben wird das vermeintliche Familienidyll mit einer unterdrückten, schweigsamen Mutter und einem gewalttätigen Vater.

Die Autorin beschreibt in verschiedenen Zeiten das Verhältnis der Kinder zu den Eltern; Willas Angst und Unterwürfigkeit vor dem Vater, Laikas Widerstand und Rebellion gegen das Familienoberhaupt und die brutalen Maßnahmen des Vaters.

Der großen Verlust, die Traurigkeit und auch die Hoffnung von Willa und ihrer Mutter werden detailliert beschrieben.

Die Protagonisten wurden alle sehr authentisch dargestellt, die Charaktere sehr gut ausgearbeitet und die Geschehnisse realitätsnah im Buch umgesetzt.

Mit vielen Wendungen und psychologisch gut durchdacht wird dem/der Leser:in eine emotionale, sprachlich gut durchdachte Story präsentiert. Als Leser:in wird man peu à peu über die unglaublichen Lügen und Geheimnisse der Familie aufgeklärt.
Die Autorin versteht es unglaublich gut in ihrem Debüt die Spannung aufrecht zu halten.

Eine Leseempfehlung für diesen äußerst gelungenen Roman.

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Veröffentlicht am 11.06.2024

Angst vor dem Schlaf

Anna O.
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“Anna O” von Matthew Blake ist ein spannender und fesselnder Thriller.

Der Autor beschreibt ausführlich das Thema Schlaf und Resignationssyndrom. Anna O liegt seit vier Jahren in einem
Tiefschlaf und ...

“Anna O” von Matthew Blake ist ein spannender und fesselnder Thriller.

Der Autor beschreibt ausführlich das Thema Schlaf und Resignationssyndrom. Anna O liegt seit vier Jahren in einem
Tiefschlaf und der forensische Psychologe Dr. Benedict Prince soll mit seiner Methode die junge Frau aufwecken. Prince hat fast alle großen Kriminalbehörden beraten und doch ist der Fall Anna O für ihn eine große Herausforderung und er kann sich dem Fall nicht entziehen.

Anna Ogilvy wird vom Justizministerium unauffällig in die Schlafklinik “The Abbey” überführt. In dieser Klinik werden die Dämonen der Nacht oder besser des Schlafes analysiert und viele Menschen bezahlen sehr viel Geld, um die Behandlung vor allem diskret durchführen zu lassen.

Anna O, eine junge erfolgreiche Frau, soll auf einer Event-Farm ihre beiden Freunde Douglas und Indira brutal erstochen haben. Anna konnte noch eine Nachricht an ihre Eltern schreiben, um dann in einen tiefen, anhaltenden Schlaf zu fallen.

Der Autor schreibt abwechselnd aus Sicht verschiedener Personen und zeigt Auszüge aus Annas Tagebuch. Er versteht es hervorragend zu unterhalten, der Spannungsbogen wird sehr gut ausgereizt und als Leser:in stellt sich mir ein unlösbares Rätsel. Was ist die Wahrheit? Warum kann Anna O nicht aufwachen? Wird ihr sofort der Prozess gemacht oder kann ihre Unschuld durch den Tathergang während des Schlafs bewiesen werden? Gibt es ein kleines bisschen Hoffnung für die junge Frau?

Anna gründet mit ihren beiden Freunden die Zeitschrift “Elementary”, sie ist die Kreative und wird von ihrer Mutter als Mädchen beschrieben, dass für eine kurze Zeit im Rampenlicht morden würde.

“Die richtigen Worte in der richtigen Reihenfolge können Unsterblichkeit schenken. Sie verwandeln Menschen aus Fleisch und Blut in Bewohner des literarischen Olymps. Wörter sind ein Elixier.” (POS.1525)

Bereits als Kind schlafwandelt Anna und hatte die Augen so gut wie nie geschlossen. Beunruhigende und vor allem beängstigende Dinge wurden von ihr im Tiefschlaf ausgeführt.
Um die Position ihrer Mutter, Baronin Emily Ogilvy, Innenministerin des Schattenkabinetts, nicht zu gefährden wurde diese unangenehme Situation unter den Tisch gekehrt.

Als junge Frau fürchtete sich Anna vor dem Schlaf und verriegelte ihre Schlafzimmertüre entsprechend. Sie beschäftigt sich mit dem Thema Schlaf, Resignationssyndrom und las sich in den True Crime Artikel über die berüchtigte Mörderin Sally Turner in Großbritannien ein.

Doch dies sagte nichts aus. Die Frage lautet: War Anna in der Lage zu morden? Was wäre der Anlass zu soviel Hass gewesen?
Hat das Paintball-Spiel mit den Jägern und Gejagten im Wald der Event-Farm vielleicht den Anstoß gegeben?
Was ist im Wald passiert?

Nun liegt Anna bereits seit Jahren im Tiefschlaf und man setzt nun alle Hoffnung auf Dr. Prince. Doch kann er die junge Frau aufwecken? Seine Methoden sind unter anderem auch das Geben von Hoffnung. Nur weiß niemand, ob es nach dem Aufwachen Hoffnung für das Dornröschen geben wird.

Was ist die Wahrheit? Die Presse und das Internet überschlagen sich mit Informationen zu dem Fall.
Wer die junge Frau für unschuldig hält, nennt sie Anna O, Für alle anderen ist sie Dornröschen.

Es gibt jedoch einen Artikel, den auch Anna recherchierte, der den Unterschied zwischen actus reus und mens rea erklärt. Beides muss für eine Verurteilung nachgewiesen werden und wenn sich der Täter auf Schlafwandeln beruft, fehlt mens rea, die kriminelle Absicht und dies ist der häufigste Grund für einen Freispruch.

Ein sehr gelungener Plot, der Autor schafft eine Welt der Angst und Rätsel. Als Leser:in tauche ich ein in den flüssigen Schreibstil, die wechselnden Perspektiven erhöhen die Spannung und man verstrickt sich in immer mehr Annahmen.
Das Ende hat mich überrascht und war ein stimmiger Abschluss.

“Der Geist ist eine Welt für sich, und er vermag, aus Hölle Himmel und aus dem Himmel eine Hölle zu schaffen.” (Pos. 2018)

Eine Leseempfehlung für diesen Schlaf raubenden Thriller.

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Veröffentlicht am 24.05.2024

Absolute Leseempfehlung

Pride began on Christopher Street
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“Pride began on Christopher Street” von Christian Handel und Andreas Suchanek herausgegeben vom Piper Verlag handelt vom Beginn einer weltweiten Bewegung, der uns bekannten jährlichen Parade, dem CSD (Christopher ...

“Pride began on Christopher Street” von Christian Handel und Andreas Suchanek herausgegeben vom Piper Verlag handelt vom Beginn einer weltweiten Bewegung, der uns bekannten jährlichen Parade, dem CSD (Christopher Street Days), um für die Gleichberechtigung und Rechte queerer Menschen einzutreten.

Die Handlung beginnt 1969 in New York und zeigt uns die unfassbaren Abscheulichkeiten und Gedanken der Gesellschaft gegen queere Menschen. Diesen Ausdruck gab es 1969/1970 noch nicht und die Autoren verwenden deshalb in diesem Buch die Begriffe schwul, lesbisch und homosexuell.

Aufgezeigt werden die Gewalttaten gegenüber homosexuellen Menschen, die verachtenden Ansichten und Anfeindungen der Gesellschaft. Die Idee, dass es sich hierbei um eine psychische Krankheit handelt und auch der Verstoß aus der Familie ist in dieser Zeit Normalität. Ein Leitbild von richtig und falsch wird vorgegeben und die Gesellschaft setzt alles daran, dieses beizubehalten.

Die Homosexuellen wurden unmenschlich behandelt, haben bei Bekanntwerden ihrer Persönlichkeit und/oder Neigung ihre Arbeit und Wohnung verloren, nur weil das Andere nicht akzeptiert und toleriert werden konnte. Homosexualität wurde damals strafrechtlich verfolgt Und doch wollten sich diese Menschen nicht an Gesetze halten, die ihnen gänzlich unverständlich waren. Diese Ungerechtigkeit konnten und wollten sie nicht hinnehmen.

Ein Versteckspiel von der Polizei begann in zwielichten Lokalen, u.a. auch im Stonewall Inn, einer Location direkt an der Christopher Street, in welcher sich Homosexuelle trafen, um das Gefühl der Freiheit zu leben.
Leider wurden immer wieder Razzien durchgeführt und die Polizei hat oftmals unnötige Brutalität walten lassen.

Finn, arbeitet im Theater, liest gerne und ist ein häufiger Besucher im Stonewall Inn. Er glaubt nicht mehr an die Liebe oder an eine langjährige Beziehung, dafür wurde er bereits zu oft verletzt.

Bei einer Razzia lernt er den verkrampften, verheirateten, aber sehr attraktiven Milton oder besser Jake kennen. Die beiden Männer flirten miteinander und Jake, der sich jeglichen Gedanken an einen Mann strengstens verbietet, fühlt die Erregung.

Nur darf Jake diesem Gefühl niemals nachgeben, sein Vater würde ihn verstoßen, seine Frau wäre unglaublich verletzt und sein Job als Polizist wäre Geschichte. Lieber ein Leben voller Lügen weiterleben?!

Die beiden Autoren zeigen das Leben der Homosexuellen Ende der 60er Jahre mit all seinen Widrigkeiten auf. Die Ungerechtigkeit gegenüber diesen Personen war unfassbar und die fehlende Toleranz unverzeihlich. Eine zarte Beziehung zwischen den Hauptprotagonisten wird eingefangen und doch steht immer die Gesellschaft zwischen dem Gefühl.
Kann oder soll man es wagen, seine Persönlichkeit offen zu legen?

Realistisch werden die Angriffe durch die Gesellschaft und Polizei beschrieben, die Probleme bei der Arbeitssuche, sobald man geoutet wurde. Finanzielle und psychische Probleme waren alltäglich und die Traurigkeit der Menschen über die Demütigungen spürbar.

Bis zu dem Tag, als vor dem Stonewall Inn die Menschen während einer Razzia anfingen sich zu wehren. Der Hilferuf:“Warum tut ihr nichts, Leute?” an die gaffende Menge vor der Location war der Beginn einer unglaublichen Bewegung. Kupfermünzen wurden auf die Polizisten geworfen, immer mehr Menschen kamen aus allen Stadtteilen und umschlossen das Stonewall Inn mit den Polizisten.

“Gay Power!”

Eine gewaltige Masse an Menschen, die endlich für ihre Freiheit kämpft. Etwas hat sich in dieser Nacht geändert und ein Zurück war nicht mehr möglich. Es war ein historischer Moment und was auf der Christopher Street geschah, verbreitete sich unglaublich schnell.

Jake und Finn befinden sich mittendrin in dem Aufstand und für Jake ist der Moment gekommen, an welchem er sich entscheiden muss, auf welcher Seite er kämpft.
Für seine Lügen oder für sein Leben?

Die beiden Autoren lassen mich als Leser:in die Atmosphäre aufsaugen, die Orte wurden so bildlich beschrieben, dass ich mich direkt in NY im Jahr 1969 während der großen Bewegung an der Christopher Street befinde. Man taucht ein in das Geschehen und empfindet mit; eine großartige Erzählung die man nicht aus der Hand legen kann.

“Manchmal verglühen Funken, manchmal wurden sie zu einem Leuchtfeuer. Erst die Zukunft würde zeigen, was sie hier vor sich hatten.” (Pos.2985)

Die wunderbare Geschichte während dieser Bewegung berührt und zeigt den Mut und die Hoffnung von Minderheiten auf.
Ein Kampf um Gerechtigkeit, der die Welt veränderte.

Das Buch zeigt auf, dass die Gesellschaft in der heutigen Zeit toleranter ist, es queeren Menschen leider immer noch schwer macht und nicht alle queeren Menschen bereit sind sich im Beruf oder Alltag zu outen.

Eine absolute Leseempfehlung für dieses unfassbar gut beschriebene historische Ereignis.

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Veröffentlicht am 15.05.2024

Feuerwerk der Gefühle

Windstärke 17
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„Windstärke 17“ von Caroline Wahl ist die Fortsetzung von ihrem Debütroman „22 Bahnen“ .

Der Roman handelt von Ida, Tildas kleiner Schwester und wie diese mit nichts bei sich, außer einem Koffer mit Kleidung ...

„Windstärke 17“ von Caroline Wahl ist die Fortsetzung von ihrem Debütroman „22 Bahnen“ .

Der Roman handelt von Ida, Tildas kleiner Schwester und wie diese mit nichts bei sich, außer einem Koffer mit Kleidung und ihrem MacBook nach dem Tod der Mutter die Kleinstadt verlässt und anstatt nach Hamburg zu ihrer verheirateten, strukturierten Schwester, mit dem Zug nach Rügen fährt.
Ida ist nun erwachsen und kann den Tod der Mutter nicht verarbeiten. Abschied nehmen fällt ihr schon immer sehr schwer.

22 Bahnen sollte man vor diesem Buch gelesen haben; es gibt immer wieder Erzählungen über die Kindheit der Schwestern Ida und Tilda und in Abschnitten wird von deren chaotischen, oftmals schwerem Leben mit der alkoholkranken Mutter berichtet.

„Es gibt schon auch schöne Erinnerungen an Mama, denke ich. Aber spontan fällt mir jetzt keine ein.“
(Pos. 2879)

Das Mädchen quält sich mit Schuldgefühlen und ist voller Wut und Trauer. Auf Rügen arbeitet sie in einer Kneipe bei Knut und bald schon kümmert sich Knuts Frau Marianne um Ida. Ihre liebevolle, fürsorgliche Art
gibt Ida in der turbulenten Zeit halt und ihr Wutklumpen im Bauch, der gegen jeden und alles gerichtet ist, wird leichter. Ida funktioniert wegen dem älteren Ehepaar Knut und Marianne, auch wenn alles in ihr kaputt ist.

In der Kneipe lernt Ida den jungen Leif kennen, der sich liebevoll um seinen dementen Opa kümmert, schwer erziehbar war und deshalb bei den Großeltern aufwuchs, Marmelade kocht und - sehr oft unter Drogen- gerade einer der angesagtesten DJs ist.

Ida kann ab und zu wieder glücklich sein, findet in Leif das perfekte Gegenstück und auch wieder die Verbundenheit zu ihrer Schwester und deren Familie. Doch das Schicksal wendet sich abermals gegen das Mädchen und bringt ihr wackeliges Fundament fast zum Einsturz.

Die Autorin fesselt mich als Leser:in von Beginn an und zieht mich in den Sog von Windstärke 17.
Der Schreibstil ist flüssig und schlicht, die Charaktere feinfühlig und intensiv gezeichnet. Die Empfindungen der Protagonistin werden sehr hervorgehoben, die Gefühle sehr gut beschrieben. Trauer und Wut wechseln sich mit Freude und Empathie ab.

Ein Feuerwerk der Gefühle!

Caroline Wahl versteht es ausgezeichnet, den/die Leser:in zu fesseln, die Kapitel kurzweilig zu gestalten und die Spannungskurve aufrecht zu erhalten.

Diese Fortsetzung ist ein wahres Lesehighlight, welches ich von Herzen empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 09.05.2024

Großartige Erzählung

Hundert Himmel
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“Hundert Himmel” von Astrid Ruppert ist eine wundervolle Geschichte über einen kleinen Zilpzalp, der den Mut aufbringt, anders zu sein. Die Illustrationen von Sarah Katharina Heuzeroth sind bezaubernd. ...

“Hundert Himmel” von Astrid Ruppert ist eine wundervolle Geschichte über einen kleinen Zilpzalp, der den Mut aufbringt, anders zu sein. Die Illustrationen von Sarah Katharina Heuzeroth sind bezaubernd.

Die Autorin schreibt mit wundervollen Worten von Träumen, Hoffnung und dem Mut, anders zu sein; neue Wege einzuschlagen und das Unbekannte wagen.

Zio, der kleine Vogel war anders, als der Rest des Schwarms.
Er sitzt gerne auf einem Ast in seiner Buche und beobachtet die Umgebung.
Die Lieder der anderen Vögel verzaubern ihn und er beginnt andere Töne hervorzubringen und nicht nur wie es für seine Art vorbestimmt ist “Zilp-Zalp” zu singen.
Der Schwarmälteste, Hüter der Tradition, rügt den kleinen Zilpzalp aus diesem Grund.
Als Zilpzalp singt man keine Arien und stellt sich nicht wie die anderen Vögel zur Schau.
Zio jedoch singt seine Lieder nicht, um sich zur Schau zu stellen; er mǒchte nur den Augenblick und dessen Schönheit besingen.

Der Schwarm versteht Zio nicht und spottet über ihn; seine Leistungen bei den Übungsflügen sind nicht sehr gut. Dafür fliegt er viel zu selten konzentriert mit.
Er hat nicht soviel Kraft, um in höchster Höhe über die Hundert Himmel zu fliegen und auch nicht die Muse, die täglichen Übungen mit Freude zu absolvieren.
Viel lieber genießt er den Augenblick, er will nicht schnell fliegen, sondern langsam. Er will seine Umgebung in sich aufnehmen. Zio freut sich darüber alles in Ruhe betrachten zu können und nicht zu hetzen.
Seine Freunde hingegen verstehen ihn nicht; sie sehen nicht die Besonderheiten einer Knospe oder eine Sonnenstrahls.

Zios Lieder und seine Träume entfernen ihn immer weiter von seinem Schwarm. Dieser hat kein Verständnis dafür und will den andersartigen Vogel auch nicht verstehen. Für den Schwarm ist es wichtig, schnell und mit Ausdauer zu fliegen. Auch wenn die Hälfte des Schwarms trotz täglichen Übungen den Flug über die Hundert Himmel nicht schaffen wird, wird diese Tradition fortgeführt.
Zio, der anders ist als alle anderen denkt, er ist wertlos in dieser Welt. Und er weiß, dass er den Flug nicht schaffen wird, auch wenn er sich ab und an von den Winden tragen lässt.

Innehalten, die Welt betrachten, seine Mitte zu finden und den Mut, diesen Weg zu gehen, beschreibt dieses liebevoll gestaltete Buch.
Sobald die Kluft zwischen dem Innen-/Außenleben immer größer wird, wird es anstrengend im Leben, diese Farce aufrecht zu erhalten.
Die eigenen Wünsche und Träume zu unterdrücken kostet viel Kraft und Energie.

Großartig zeigt uns die Autorin mit dieser zauberhaften Geschichte, wie wundervoll die Andersartigkeit sein kann und wie glücklich man sich fühlt, wenn man seine Träume lebt.
Nicht die Bestimmung von Außen ist unser Weg, diesen finden wir nur in unserem Herzen.

Astrid Ruppert beschreibt die Gedanken und Gefühle von Zio, das Festhalten an Traditionen des Schwarmältesten und den Antrieb der Gemeinschaft.
Das Gefühl ausgeschlossen und wertlos zu sein, nur weil man andere Träume verfolgt.

Feinfühlig und sensibel werden die Emotionen freigelegt und als Leser:in tauchen wir in diese Gefühlswelt ein: Mut und Hoffnung, Angst und Verlustgefühle, Trotz und Bauchgefühle, Wertlos und Wertgeschätzt.

Der Zilpzalp muss sich entscheiden, wem er gefallen will.

Seinen Freunden, seinem Schwarm, dem Schwarmältesten oder sich selbst?

Ein wunderschönes Buch, welches zum Nachdenken anregt und Mut macht, neue Wege einzuschlagen.

Eine klare Empfehlung mit 5 Sternen.

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