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Veröffentlicht am 26.06.2024

Süßer Reihenauftakt

Mord in Shady Hollow
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Shady Hollow ist ein ganz besonderer Ort. Dort leben die unterschiedlichsten Waldtiere, weit entfernt von menschlicher Zivilisation, harmonisch zusammen – zumindest bis der mürrische Kröterich Otto Sumpf ...

Shady Hollow ist ein ganz besonderer Ort. Dort leben die unterschiedlichsten Waldtiere, weit entfernt von menschlicher Zivilisation, harmonisch zusammen – zumindest bis der mürrische Kröterich Otto Sumpf ermordet im Mühlenteich gefunden wird. Dieser Fall kommt der Füchsin Vera Vixen gerade recht. Sie ist neu in der kleinen Stadt und arbeitet als Journalistin für den „Shady Hollow Herald“. Da der Polizeichef, ein Bär namens Theodore Meade, seine Zeit lieber mit Angeln verbringt, als in seinem Büro, beschließt Vera, eigenhändig die Ermittlungen aufzunehmen.

„Mord in Shady Hollow“ ist der erste Band der Krimireihe rund um die Waldtiere von Shady Hollow. Hinter dem Pseudonym Juneau Black verbergen sich die Autorinnen und Buchhändlerinnen Jocelyn Koehler und Sharon Nagel; die deutsche Übersetzung stammt von Barbara Ostrop. Die Handlung wird von einem allwissenden Erzähler vermittelt, der zwischen den einzelnen Charakteren springt, um festzuhalten, was sich in Shady Hollow an verschiedenen Orten gleichzeitig abspielt.

Der Roman spielt hervorragend mit den Eigenschaften, die wir den einzelnen Tierarten zuordnen. So betreibt beispielsweise die reiche Biberfamilie von Beaverpelt das Sägewerk von Shady Hollow, Rabendame Lenore, Veras beste Freundin, den Buchladen „Nimmermehr“ und die Eule Ambrosius Heidegger ist Professor der Philosophie und weiß einfach alles. Die liebevollen Beschreibungen erzeugen eine ganz eigene Atmosphäre und machen das Buch zu einem echten Wohlfühlkrimi, auch wenn der Mord an dem armen Otto nicht der einzige bleiben soll.

Bei ihren Ermittlungen muss Vera Vixen lernen, dass nicht alle Dinge in Wirklichkeit auch so sind, wie sie scheinen. Ein Kleinkrimineller zu sein, wie Waschbär Lefty, heißt nicht unbedingt, dass man auch zu einem Mord fähig ist. Gleichzeitig darf man als Ermittlerin nicht jedem trauen, auch dann, wenn es sich um die netten Nachbarn handelt. Nach und nach kommen Vera und Deputy Orville Braun dem Täter näher und vor allem die neugierige Füchsin bringt sich dabei immer wieder in Gefahr. Eine wirklich süße Reihe, die ich unbedingt weiter verfolgen möchte.

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Veröffentlicht am 20.06.2024

Schöner klassischer Krimi

Mord bei Kerzenschein
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Oxfordshire, 1924. Der junge Arbie Swift wird von seiner älteren Nachbarin, Miss Phelps, gebeten, in ihrem Haus eine Geisterwache abzuhalten, denn er ist der Autor eines berühmten Reiseführers zur Geisterjagd. ...

Oxfordshire, 1924. Der junge Arbie Swift wird von seiner älteren Nachbarin, Miss Phelps, gebeten, in ihrem Haus eine Geisterwache abzuhalten, denn er ist der Autor eines berühmten Reiseführers zur Geisterjagd. Den hat er jedoch nur aus Langeweile geschrieben und um seinem Freund und Verleger einen Gefallen zu tun. Auf Drängen von Val, der Pfarrerstochter nehmen die beiden den Auftrag der alten Dame trotzdem an und finden sie einige Tage später tot in ihrem Haus – in einem verschlossenen Raum. Wer wollte Miss Phelps etwas antun und ist wirklich ihre eigene Familie in den Mord verwickelt?

Faith Martin ist eines der Pseudonyme der britischen Autorin Jacquie Walton, die bereits zahlreiche Kriminalromane veröffentlicht hat. „Mord im Kerzenschein“ ist nun der Start einer neuen Reihe rund um die Protagonisten Arbuthnot „Arbie“ Swift und Valentina „Val“ Coulton-James und wurde von Karin Dufner ins Deutsche übersetzt. Erzählt wird die Handlung von einem auktorialen Erzähler, der meistens Arbie oder Valentina folgt, hin und wieder aber auch den Fokus auf anderen Szenen lenkt, in denen die beiden nicht anwesend sind, um so ein paar zusätzliche Hinweise zu geben.

Die Dynamik zwischen Arbie und Val ist herrlich. Arbie ist ein Sohn aus reichen Haus, der eigentlich nur darauf wartet, irgendwann sein Erbe anzutreten. Ambitionen hat er keine und er liebt das faule Leben. Val hingegen würde am liebsten ihr kleines Dorf verlassen, um etwas aus sich zu machen, aber ihre Eltern haben an sie nur die Erwartung, einem Mann eine gute Ehefrau und Mutter seiner Kind zu werden. Gemeinsam treiben die beiden sich gegenseitig an und fordern sich heraus. Dabei erinnern sie mich stark an Bobbie und Frankie aus Agatha Christies „Ein Schritt ins Leere“, auch wenn hier die Rollen etwas verschoben sind.

Der Kriminalfall an sich ist spannend und verbindet eine Geisterjagd in einem knarzenden alten Haus mit jeder Menge Geheimnisse und Familiendrama. Dabei führt uns die Autorin immer wieder an der Nase herum, wenn wir gerade das Gefühl hatten, den Fall gelöst zu haben. Bitte unbedingt mehr von Arbie und Val!

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Veröffentlicht am 12.06.2024

Ein eindringlicher Roman über Freundschaft, weibliches Leiden und Solidarität

Malnata
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Italien, 1935. Francesca ist die Tochter eines Hutfabrikanten und verbringt ihre Zeit nur zuhause. Doch dann trifft sie zum ersten Mal auf Maddalena, die von allen nur „Malnata“ („die Unheilbringende“) ...

Italien, 1935. Francesca ist die Tochter eines Hutfabrikanten und verbringt ihre Zeit nur zuhause. Doch dann trifft sie zum ersten Mal auf Maddalena, die von allen nur „Malnata“ („die Unheilbringende“) genannt wird und ist sofort fasziniert. Deren Kleidung ist stets schmutzig, sie läuft barfuss herum und hat vor nichts und niemandem Angst. Die beiden ungleichen Mädchen freunden sich an, doch schon bald muss Francesca feststellen, welchen Preis ihre Freundin für ihre Freiheit und ihr Anderssein bezahlen muss.

„Malnata“ ist der Debütroman der Autorin Beatrice Salvioni; ins Deutsche übersetzte Anja Nattefort, die beispielsweise auch einige Romane von Elena Ferrante übertrug. Die Geschichte beginnt mit einem Prolog, der eine Schlüsselszene für die Handlung und die Freundschaft der beiden Mädchen darstellt, und endet mit einem Epilog, der sich zeitlich direkt an die Geschehnisse des Prologs anschließt. Dazwischen wird in insgesamt vier Teilen erzählt, wie Francesca und Maddalena sich kennenlernen und sich von diesen Punkt aus die Ereignisse entfalten.

Die Kulisse des Romans bildet das faschistische Italien und der Beginn des Abessinienkriegs. Der Autorin gelingt es sehr eindrücklich zu schildern, wie auch gute Menschen zu Mitläufern werden – sei es, um sich finanziell abzusichern oder ihre Familie zu schützen. In diesem Chaos blüht die Freundschaft zwischen den beiden Mädchen auf. Von Maddalena lernt Francesca zum ersten Mal, dass es nicht unbedingt erstrebenswert ist, in der Masse unterzugehen. Ihre Andersartigkeit wird jedoch hart bestraft, denn es halten sich nicht nur alle von Maddalena fern, sie wird auch bezichtigt, verflucht zu sein und anderen den Tod zu bringen – ein Vorwurf, den das arme Mädchen nicht abschütteln kann, fühlt sie sich doch wirklich für den Tod des Vaters und ihres kleinen Bruders verantwortlich.

„Malnata“ ist ein eindringlicher Roman über Freundschaft, weibliches Leiden und Solidarität, der an Elena Ferrantes „Meine geniale Freundin“ erinnert, mir jedoch wesentlich besser gefallen hat. Einziger Kritikpunkt: Ich hätte Francesca und Maddalena gerne noch länger begleitet.

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Veröffentlicht am 06.06.2024

Einer der besten Bände bisher

Dorf unter Verdacht
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September 1939. Gerade ist der Zweite Weltkrieg ausgebrochen und tausende verzweifelte Eltern schicken ihre Kinder zum Schutz aufs Land. Schriftstellerin Josephine Tey befindet sich mit ihrer Lebensgefährtin ...

September 1939. Gerade ist der Zweite Weltkrieg ausgebrochen und tausende verzweifelte Eltern schicken ihre Kinder zum Schutz aufs Land. Schriftstellerin Josephine Tey befindet sich mit ihrer Lebensgefährtin Marta in ihrem Cottage in Polstead, Suffolk, als auch dort eine Gruppe ankommt. Spontan nehmen sie einen Jungen bei sich auf und als Inspektor Archie Penrose einige Tage später anreist, scheint die Situation im Dorf zu eskalieren. Ein kleines Mädchen ist verschwunden und alle bezichtigen sich gegenseitig. Außerdem scheint ein in London geschehener Mord irgendwie mit den Vorkommnissen in Polstead in Verbindung zu stehen.

„Dorf unter Verdacht“ ist bereits der 10. Band der Reihe von Nicola Upson rund um Josephine Tey und ihren Freund Archie Penrose. Die nicht vollkommen chronologische Veröffentlichung erschwert die Lektüre ein wenig, da ich aber bereits Band 9 kenne, schließt sich dieser aktuelle gut an. Erzählt wird, wie üblich, hauptsächlich aus der Perspektive von Josephine, manchmal wechselt sie jedoch auch zu Archie oder Marta, wenn diese etwas Relevantes erleben, während Josephine sich anderswo aufhält.

Zentrales Element der Handlung ist der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die Folgen für die Charaktere. Archie, der bereits im Esten Weltkrieg gedient und Furchtbares erlebt hat, ist inzwischen zu alt, um eingezogen zu werden – was ihm nicht nur positive Gefühle beschert. Josephine steht wiederum kurz davor, von Marta getrennt zu werden, da diese in die USA reisen und dort mit Alfred Hitchcock an einem Film arbeiten soll. Ob und wann sie sich wiedersehen werden, scheint unsicher.

Sehr bewegend ist auch die Situation, in der sich die Eltern befinden, die ihre Kinder aufs Land schicken. Auch sie wissen nicht, wann sie sich wiedersehen und als nacheinander sogar mehrere Kinder verschwinden, wird deutlich, welche unmögliche Entscheidung hier getroffen werden musste. In dieser Thematik wird der Roman auch sehr düster, was diejenigen berücksichtigen sollten, die empfindlich reagieren, sobald Kinder in einem Krimi involviert sind. Für mich jedoch einer der besten Bände bisher.

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Veröffentlicht am 05.06.2024

Eine grandiose Reihe

Der Profi
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Kabuto ist schon seit über 20 Jahren Auftragskiller, doch nun möchte er endlich aussteigen. Sein Kontaktmann, ein Mafiaboss, der nur „der Doktor“ genannt wird, ist davon nicht begeistert. Er fordert vom ...

Kabuto ist schon seit über 20 Jahren Auftragskiller, doch nun möchte er endlich aussteigen. Sein Kontaktmann, ein Mafiaboss, der nur „der Doktor“ genannt wird, ist davon nicht begeistert. Er fordert vom ihm daher einige letzte, schwierige Aufträge ein, in denen er andere Killer töten soll. So muss Kabuto einerseits den Alltag mit seiner Frau und seinem Sohn Katsumi bewältigen und gleichzeitig versuchen, die beiden zu beschützen. Von seinem wahren Beruf dürfen sie natürlich nichts wissen. Doch hat der Doktor wirklich vor, Kabuto gehen zu lassen?

„Der Profi“ ist der dritte Band der Reihe des japanischen Schriftstellers Kōtarō Isaka rund um die verschiedensten Auftragsmörder aus Tokios Unterwelt; ein vierter erschien bisher nur im Original. Auch dieser Roman wurde wieder von Sabine Mangold übersetzt, die zum Beispiel auch die Werke von Yoko Ogawa ins Deutsche überträgt. Erzählt wird die Handlung hauptsächlich aus der Sicht des Protagonisten Kabuto in der Ich- und Vergangenheitsform, sie wechselt gegen Ende aber auch immer wieder zu seinem Sohn Katsumi.

Diese Reihe besticht für mich durch einen unvergleichlichen Mix aus Thrillerelementen, humorvollen, fast schon slapstickartigen Szenen und Gedanken über das Leben und wie man sich dieses erträumt. Kabutos Berufsleben, in dem er stets kühl abwägt und die Oberhand behält, steht in starken Kontrast zu seinem Privatleben. Vor seiner Frau ängstigt er sich geradezu und versucht ständig an ihrem Verhalten abzulesen, welche Erwartungen sie an ihn hat – eine Tatsache, die Teenager Katsumi unglaublich witzig findet und über die man auch als Leser*in unweigerlich schmunzeln muss.

Als das Tempo der Handlung zunimmt und Kabuto um sein Leben und das seiner Familie fürchten muss, hält „Der Profi“ einige überraschende Wendungen bereit. Besonders spannend ist hier auch die Perspektive des Sohnes auf das Familienleben und die Person seines Vaters, den er liebt, aber vielleicht nicht immer versteht. Durch einen Zeitsprung sehen wir den Jungen nun selbst als Vater, der versucht, durch die Schwierigkeiten des Lebens zu navigieren – mit Kabuto als Vorbild.

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