Geht unter die Haut
Es ist der Höhepunkt einer jeden Schifffahrt auf dem Königssee, wenn das berühmte Echo erklingt. Doch auf dieser Tour ist alles anders, denn statt wohlklingender Töne aus dem Flügelhorn wirft die Ostwand ...
Es ist der Höhepunkt einer jeden Schifffahrt auf dem Königssee, wenn das berühmte Echo erklingt. Doch auf dieser Tour ist alles anders, denn statt wohlklingender Töne aus dem Flügelhorn wirft die Ostwand einen Aufschrei des Entsetzens als Echo zurück. Ein grausamer Fund im Instrumentenkoffer des Schiffsbegleiters sorgt für Aufruhr und dann geht alles Schlag auf Schlag. Simon Perlinger sieht sich einem Rätsel gegenüber, dass ihn weit zurück in die Vergangenheit führt....
Felix Leibrock schlägt die Geschichts- & Kirchenbücher auf und setzt schon mit den ersten Seiten echte Schockmomente frei. Folter, Misshandlungen und und Hexenverfolgung werden in brutalen Szenen akribisch geschildert und sind nichts für zarte Gemüter. Der Bogen aus der Vergangenheit hin zu den Ritualmorden in der Gegenwart wird perfekt geschlagen und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn hier werden tote Priester regelrecht hingerichtet und auf den Schiffsplanken gekreuzigt und genau das wirft unendlich viele Fragen auf.
Die malerische Kulisse steht dabei im krassen Gegensatz zu den Ereignissen, denn die mysteriösen Todesfälle sind der Schlüssel zu menschlichen Abgründen, düsteren Geheimnissen und einem dichten Netz aus Lügen. Der Erzählstil ist atmosphärisch dicht und sehr plakativ, sodass sich die Bilder im Kopfkino einfach nicht mehr aufhalten lassen und sich wie ein Gruselfilm vor dem inneren Augen abspulen. Unvorhergesehene Wendungen halten zu jederzeit den Spannungsbogen straff gespannt und jagen die Leser:innen nur so durch die Seiten.
Die eigenen Ermittlungen kommen nicht zu kurz und es ist gar nicht so einfach, die kleinen Puzzleteilchen aus einem sehr dicht gewebten Netz aus Lügen, Intrigen und Halbwahrheiten herauszufinden und zusammenzusetzen. Die Figuren sind alle sehr authentisch und glaubwürdig gezeichnet, sodass es unglaublich leicht fällt, sich in den jeweiligen Charakter hineinzuversetzen. Das Wechselspiel aus Gut und Böse, sowie der Einblick in die Rolle der katholischen Kirche, die insgesamt in keinem guten Licht erscheint, gelingt nahezu perfekt.
Lediglich die letzten beiden Kapitel und der Epilog fallen komplett aus dem Raster und driften in eine Art Heimatroman ab. Hier werden große Gefühle richtig dick aufgetragen und der weiß-blaue Himmel hängt voller Geigen. Der Schluss ist daher nicht ganz passend für einen Krimi, der unter die Haut geht - 4 Sternchen ist der Roman aber trotzdem wert.