Die unzertrennliche Bindung der Schwestern – Trauer, Vielfalt und Zusammenhalt
Blue Sisters“Eine Schwester ist keine Freundin. Woher kommt der Drang, eine Beziehung, die so ursprünglich und komplex ist wie die zwischen Geschwistern, auf etwas derart Austauschbares und Banales wie Freundschaft ...
“Eine Schwester ist keine Freundin. Woher kommt der Drang, eine Beziehung, die so ursprünglich und komplex ist wie die zwischen Geschwistern, auf etwas derart Austauschbares und Banales wie Freundschaft zu reduzieren? Und dennoch wird dieser Status immer wieder zur Charakterisierung der innigsten Verbindung herangezogen. Wahre Schwesternschaft ist nicht dasselbe wie Freundschaft. Ihr wählt einander nicht aus, es gibt keine zaghafte Phase des Kennenlernens. Ihr seid Teil voneinander, von Anfang an. Nimm eine Nabelschnur – dick, sehnig, unansehnlich und doch lebensnotwendig – und vergleiche sie mit einem Freundschaftsbändchen aus buntem Garn. Das ist der Unterschied zwischen Schwester und Freundin.“
Ich glaube, dass dieses Buch besonders diejenigen nachvollziehen können, die selbst Schwestern (oder Geschwister) haben. Ich bin die älteste von dreien, und ich konnte mich deshalb auch sehr gut mit Avery identifizieren. Am liebsten gelesen habe ich aber die Sicht von Bonnie, weil ich sie am spannendsten und sympathischsten fand.
In dem Buch begleiten wir drei Blue-Schwestern in der Zeit nach dem Tod ihrer vierten Schwester Nicky. In der Geschichte wird sehr stark gezeigt, wie unterschiedlich einerseits sich Geschwister entwickeln, und wie unterschiedlich Trauerbewältigung bei einzelnen Personen ausfallen kann. Das hat mir wirklich gut gefallen.
Auch die Endometriose-Repräsentation hat mir gut gefallen, und die Leseerfahrung für mich als Betroffene nochmal intensiver gemacht. Nicky hat diese Krankheit und die Missachtung durch das Gesundheitssystems und ein daraus folgender Medikamentenmissbrauch sind später unter anderem Schuld an ihrem Tod. Das Buch hat mir persönlich echt gut die Vielfalt der Krankheit vor Augen geführt, und mich aufgerüttelt, weil theoretisch ja auch mir so hätte ergehen können.
Das einzige, was mich an dem Buch etwas gestört hat, war das Tempo. Am Anfang habe ich die Kapitel eher als langweilig und teilweise als repetitiv empfunden, durch die ich mich durchkämpfen musste. Als das geschafft war, hat mich ein wirklich schöner Roman erwartet, den ich gerne gelesen habe und mit 4 Sternen bewerten würde.