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Veröffentlicht am 01.07.2024

Warmherzige Mutter - Tochter Geschichte

Graceland – Die Geschichte eines Sommers
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In „Graceland“ geht es auf den 1. Blick um einen besonderen Roadtrip. Loralynn wünscht sich zu ihrem siebzigsten Geburtstag, dass ihre Tochter mit ihr zu dem berühmten Wohnort von Elvis, dem King of Rock’n’Roll ...

In „Graceland“ geht es auf den 1. Blick um einen besonderen Roadtrip. Loralynn wünscht sich zu ihrem siebzigsten Geburtstag, dass ihre Tochter mit ihr zu dem berühmten Wohnort von Elvis, dem King of Rock’n’Roll nach Memphis fährt. So lange Grace zurückdenken kann, ist ihre Mutter ein fast schon fanatischer Elvis Fan und Grace graut ein bisschen vor der langen Reise, immerhin 1000 Meilen, die sie mit Loralynn überstehen müsste, denn Mutter und Tochter haben sich im Laufe der Zeit immer weiter entfremdet. Schon das Outfit der Amerikanerin mit asiatischen Wurzeln ist mehr als schräg. Mehrere Schichten Make-up, künstliche Wimpern, Paillettenhosen und eine Priscilla Presley Perücke verwandeln Grace‘s Mutter in ein Fangirl, mit dem man als Tochter schnell zur Außenseiterin wird.

Natürlich gehört auch die Elvis Playlist auf der Fahrt zum Pflichtprogramm. Das alles will gut überlegt sein, doch schließlich willigt Grace ein.

Sie selbst hat gerade eine Trennung zu verdauen, und so spielt sie schicksalsergeben den Chauffeur für ihre Mutter in dem angemieteten lila Cabriolet.

Der Roadtrip läuft allerdings anders als erwartet. Die Mutter hat die Stationen bis Memphis genau geplant und da ist manche unerwartete Überraschung mit dabei. Es schwingt immer etwas Humor in der Geschichte mit, aber Mutter und Tochter haben auch ernste Themen und diese Reise verändert beide und ihre Beziehung zueinander nachhaltig.

Ich mochte beide Frauen und konnte mich trotz ihrer Besonderheiten gut in sie einfühlen. Vieles in der Vergangenheit ist ziemlich schief gelaufen und man erfährt auch die Anfänge der „Elvis- Passion“. Das Ende war mir zu schnell erzählt und leider auch ein wenig zu seicht. Bis zu diesen letzten Seiten hatte die Geschichte erstaunlich viel Tiefgang.

Insgesamt mochte ich den Roadtrip nach Graceland aber und hatte eine schöne Lesezeit.

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Veröffentlicht am 22.06.2024

Amrum- Ein Erinnerungsroman

Amrum
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Der bekannte deutsche Regisseur Hark Bohm hat zusammen mit Co Autor Philipp Winkler einen Roman geschrieben, in dem er viel Selbsterlebtes auf seinen jungen Helden Nanning übertragen hat. Genau wie Nanning ...

Der bekannte deutsche Regisseur Hark Bohm hat zusammen mit Co Autor Philipp Winkler einen Roman geschrieben, in dem er viel Selbsterlebtes auf seinen jungen Helden Nanning übertragen hat. Genau wie Nanning wurde auch Hark Bohm in Hamburg geboren und hat seine Kindheit während des 2. Weltkrieges auf Amrum verbracht. Nanning lebt mit seiner Mutter, einer überzeugten, fanatischen Nationalsozialistin und seiner regimekritischen Tante Ena, sowie seinen beiden Geschwistern unter einem Dach. Die Familie ist arm, die Mutter hochschwanger und zwischen seiner Tante und ihrer Schwester gibt es immer wieder heftigen Streit. Dann flüchtet sich Nanning zu seinem besten Freund Hermann und dessen Opa Arjan.

Nanning lernt durch die Not früh Verantwortung zu übernehmen. Als ältester Sohn fühlt er sich mit seinen gerade mal 12 Jahren als Versorger der Familie und organisiert mit Geschick und Beharrlichkeit oft bis zur eigenen Erschöpfung Nahrungsmittel für den heimischen Haushalt. Die Mutter, die durch die Schwangerschaft sehr erschöpft ist, schafft es trotzdem noch, die Bäuerin bei der ihr Sohn hilft, um sich Lebensmittel zu verdienen, anzuschwärzen, weil diese sich „wehrkraftzersetzend„geäußert hat, woraufhin Nanning bei nächster Gelegenheit vom Hof gejagt wird. Verzweifelt setzt Nanning alle Energie ein, der Familie doch noch etwas Essbares nach Hause zu bringen.

Hitler‘s Tod ist ein Schock für die Mutter und das Leben auf Amrum ändert sich natürlich drastisch durch den Einmarsch der Briten, die jetzt das Kommando haben. Unter den zurückkehrenden Soldaten ist dann auch Nanning‘s Vater.

Ich mochte diesen eindrücklichen und ruhigen Roman, der nochmal deutlich macht, was Kinder im Krieg leisten. Nanning ist noch zu jung, um die politische Haltung seiner Eltern zu hinterfragen. Er liebt seine Mutter bedingungslos und ist irritiert, warum man ihm als Kind seiner Familie oft mit Mißtrauen begegnet. Dieser Roman ist auch eine Hommage an die Insel Amrum. Die Autoren beschreiben sehr liebevoll die artenreiche Natur und die eigensinnigen, oft etwas wortkargen aber herzlichen Bewohner.

Torben Kessler hat diesen Erinnerungsroman hervorragend friesisch vertont, was der Geschichte noch zusätzlich Authentizität verschafft hat.

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Veröffentlicht am 20.06.2024

Von wegen Familienidylle im Sommerhäuschen

Sommerhaus am See
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Dieser Familienroman ist alles andere als leicht. Familie Starling trifft sich ein letztes Mal im Sommerhäuschen der Eltern Lisa und Richard, weil diese entschieden haben zur Pensionierung nach Florida ...

Dieser Familienroman ist alles andere als leicht. Familie Starling trifft sich ein letztes Mal im Sommerhäuschen der Eltern Lisa und Richard, weil diese entschieden haben zur Pensionierung nach Florida umzusiedeln und ihren Besitz am Christopher Lake in North Carolina aufzugeben.



Hier hat die Familie viele glückliche Sommer verbracht. Die erwachsenen Söhne Michael und Thad reisen mit ihren Partnern an. Michael ist mit seiner Frau Diane gekommen, die er sogar am See kennengelernt hat und Thad hat seinen Lebenspartner Jake mitgebracht. Es könnte ein harmonisches und friedvolles Wochenende werden. Doch dann passiert ein tragisches Unglück am See, bei dem ein kleiner Junge stirbt und alles Leid, dass die Familienmitglieder mit sich herumschleppen, wird an die Oberfläche gespült. Michael ist schwerer Alkoholiker, unglücklich im Job und hochverschuldet. Jetzt wird er auch noch Vater, obwohl er mit Diane die Vereinbarung hatte keine Kinder in die Welt zu setzten. Sein Bruder Thad hat sich nach Depressionen mehrfach versucht das Leben zu nehmen und ist ständig bekifft. Außerdem lebt sein Freund Jake seine Lust in einer offenen Beziehung aus, mit der Thad nicht umgehen kann. Und auch bei den Eltern ist nicht alles in Ordnung. Lisa hat entdeckt, dass Richard fremdgegangen ist und beide trauern noch um ihr erstes Kind, dass nur 1 Monat alt geworden ist.



Der Autor schafft tiefgründige Figuren und zeichnet ein gesellschaftskritisches Bild des heutigen Amerika. Dabei gelingt es ihm Klischees und Kitsch zu vermeiden. Trotzdem war mir der Schluss zu versöhnlich. Es passte nicht zu der Menge an Leid und Düsternis, die sich durch den Roman ziehen und wirkt am Ende leider nicht mehr ganz authentisch.

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Veröffentlicht am 15.06.2024

Der Untergang Venedigs

Acqua alta
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Der Roman „Acqua Alta“ zu deutsch „Hochwasser“ nimmt eine mögliche Zukunft Venedigs schon auf den ersten Seiten vorweg. Eine Flutwelle zerstört die Stelzenstadt , und daran kann auch das gigantisch große ...

Der Roman „Acqua Alta“ zu deutsch „Hochwasser“ nimmt eine mögliche Zukunft Venedigs schon auf den ersten Seiten vorweg. Eine Flutwelle zerstört die Stelzenstadt , und daran kann auch das gigantisch große und teure Sturmflutsperrwerk M.O.S.E nichts mehr ändern. Dieses ambitionierte Bauwerk gibt es wirklich und auch die Proteste seiner Gegner, wie z.b den Umweltschutzverbänden, die das Stellwerk für wenig umweltverträglich und veraltet halten. All das ist Thema in dem Buch der französischen Autorin Isabelle Autissier. Der Roman hat also durchaus auch Züge eines Sachbuchs und es war spannend und interessant immer wieder selbst nachzurecherchieren, um dann wieder zum Roman zurückzukehren.

Wir begleiten die Familie Malegatti kurz vor Beginn der Pandemie, wo die Geschichte ihren Anfang nimmt. Vater Guido ist Wirtschaftsrat der Stadt, der den Tourismus weiter ankurbeln möchte und der fest an die Segnungen der Technik glaubt, Mutter Maria Alba, verarmtes venezianisches Adelsgeschlecht, lebt immer ein bisschen in der Pracht der Vergangenheit und Tochter Léa, 17 Jahre jung und rebellisch nimmt eine radikale Gegenposition zu ihrem Vater ein und möchte sich auf ihre Weise für ihre Stadt einsetzen.

Der Konflikt, insbesondere zwischen Vater und Tochter spitzt sich immer weiter zu, bis es zur unvermeidlichen Katastrophe kommt.

Das Buch war sprachlich schon eine Freude zu lesen, sehr atmosphärisch und sehr klug ausformuliert aber auch inhaltlich werden viele Denkanstöße gegeben.

Ohne Zweifel es könnte genauso kommen, wie in dem Roman beschrieben und dass, nicht in einer fernen Zukunft, sondern vielleicht schon bei einem der nächsten Hochwasser, die mit dem Klimawandel wohl immer häufiger und heftiger ausfallen werden. Insofern hinterlässt das Buch große Trauer und Desillusionierung.

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Veröffentlicht am 04.06.2024

Im falschen Körper gefangen

Birthday - Eine Liebesgeschichte
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Meredith Russo erzählt sehr einfühlsam und nachfühlbar die Geschichte eines Transteenagers. Sie lässt bei ihrer Geschichte mit Sicherheit auch ihre eigenen Erfahrungen als transgender Frau mit einfließen.

Morgan ...

Meredith Russo erzählt sehr einfühlsam und nachfühlbar die Geschichte eines Transteenagers. Sie lässt bei ihrer Geschichte mit Sicherheit auch ihre eigenen Erfahrungen als transgender Frau mit einfließen.

Morgan und Eric sind von Kindesbeinen an eng befreundet. Sie leben in einer amerikanischen Kleinstadt in unterschiedlichen Verhältnissen, was ihre Freundschaft allerdings nicht schmälert.

Die Freunde, die am gleichen Tag, sogar zur gleichen Uhrzeit geboren wurden, sind sich sehr verbunden und feiern ihre Geburtstage auch zusammen, zumindest versuchen sie sich an dem Tag zu sehen. Beginnend mit dem 13. Geburtstag springen wir mit den Protagonisten von einem Geburtstag zum nächsten und erfahren was Morgan und Eric so bewegt und wie sie sich weiterentwickeln. Schon früh beginnt Morgan seinen Körper zu hassen und wäre sehr viel lieber ein Mädchen. Dass er diesen Wunsch nicht laut äußern darf, lernt er schnell. Er ist sowieso schon ein Außenseiter, denn seine Mitschüler merken, dass er anders ist. und grenzen ihn aus. Nur Eric ist ihm ein wirklich guter Freund, weiß aber auch nicht so genau warum Morgan so unglücklich ist. Es dauert viele Jahre, bis Morgan den Mut findet sich seinem Freund anzuvertrauen. Bis dahin hat Morgan schon unglaublich viel mitmachen müssen.

Struktur und Sprache des Romans haben mir gut gefallen. Man kann sich gut in Morgan einfühlen und wird ebenfalls von Trauer und Wut erfasst über die Art und Weise, wie die Umwelt mit Menschen umgeht, die nicht ganz der gängigen Norm entsprechen.

Es war ein interessanter Jugendroman, der für ein wichtiges Thema sensibilisiert und für mehr Toleranz wirbt. Trotz einiger Längen fand ich die Geschichte sehr berührend und lesenswert und empfehle sie gerne weiter.

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