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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.02.2022

Elizabeth Zott ist umwerfend

Eine Frage der Chemie
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Wir schreiben die frühen 1960er Jahre in den USA. Frauen sind überwiegend schmückendes Beiwerk ihrer Männer und agieren unsichtbar im Hintergrund ihrer Familien. Von Gleichberechtigung ist die Gesellschaft ...

Wir schreiben die frühen 1960er Jahre in den USA. Frauen sind überwiegend schmückendes Beiwerk ihrer Männer und agieren unsichtbar im Hintergrund ihrer Familien. Von Gleichberechtigung ist die Gesellschaft so weit entfernt wie der Mars von der Erde. Es wird Frauen nicht einmal ansatzweise zugetraut einen Intellekt zu besitzen oder ihr Gehirn zu etwas anderem als Hausarbeit einzusetzen. Eine eigene Meinung, öffentlich vertreten? Na wo kommen wir denn da hin.

Und dann kommt Elizabeth Zott daher und beginnt in ihrem Umfeld alles auf den Kopf zu stellen. Oder vielmehr versucht sie es. Elizabeth ist anders, als es die Männer in ihrem beruflichen Umwelt von einer Frau erwarten. Sie ist klug, sie ist schlagfertig, bestechend logisch, zielstrebig und hartnäckig. Sie hat eine eigene Meinung und vertritt ihren Standpunkt vehement. Ein "nein" lässt sie nur äußerst selten gelten. Sie ist eine Frau, die von Kindesbeinen an gelernt hat zu kämpfen. Sie rennt dabei immer wieder gegen verschlossene Türen. Ihr schlagen nicht nur die gesellschaftlichen Konventionen der damaligen Zeit entgegen, sondern auch purer Frauenhaß. Beim Lesen mancher Passagen ist mir abwechselnd die Luft weggeblieben oder ich hätte mich am liebsten übergeben.

Doch in Calvin Evans, einem ebenso schlauen Kopf wie auch missverstandenem Menschen, findet Elizabeth nicht nur ihre große Liebe, sondern auch ihren Seelenverwandten. Er nimmt sie und ihre Forscshung ernst. Sieht die Chemikerin in ihr. Ihre Beziehung wirkt auf Außenstehende manchmal merkwürdig, ist für die beiden aber ein Ort der Ruhe und erfüllt beide mit großem Glück. Doch dann passieren zwei Dinge, die Elizabeth nicht nur den Boden unter den Füßen wegziehen, sondern auch gesellschaftlich für sie das Aus bedeuten können. Doch Elizabeth Zott wäre nicht Elizabeth Zott, wenn sie nicht die Ärmel hochkrempeln und sich auch diesem Kampf stellen würde. Und so findet sie sich in der TV-Show "Essen um sechs" wieder - ausgerechnet einer Kochsendung. Nicht ahnend, was sie mit ihrer Sendung in den Wohnzimmern der Nation auslösen wird.

So ein großartiges Buch! Romane über starke Frauen gibt es so einige zu lesen. Für mich sticht "Eine Frage der Chemie" aber heraus und ist jetzt schon eines meiner Highlights in diesem Jahr. Die Autorin bringt viele Themen in ihrem Buch unter. Und das auf ganz eigene und sehr unterhaltsame Art. In einem unterhaltsamen Plauderton erzählt sie die Geschichte. Dabei überzeichnet sie bewusst auch und damit so manches mal die Absurdität der Situation erst recht deutlich. Sie lässt einen ganz eigenen Humor einfließen, der das Buch sehr unterhaltsam macht.
Alle Charaktere, von Elizabeth bis zum Hund, finde ich toll gestaltet. Bei allem Humor lässt sie auch ernste Gedanken zu und ihre Figuren nachdenklich auf das Leben blicken. Alle sind authentisch in ihren Gefühlen und mit viel Fingerspitzengefühl ist alles so zusammengeführt, dass es einfach nur sehr viel Spaß macht dieses Buch zu lesen.

Natürlich gibt es am Ende ein Happy End. Ich wäre auch schwer enttäuscht gewesen, wenn es nichtso gewesen wäre. Und nach all den Anfeindungen und Gemeinheiten, denen nicht nur Elizabeth ausgesetzt war, war es für mich ein innerer Vorbeimarsch und ich hätte am liebsten die Faust in die Luft gereckt und laut "Yes!!!" gerufen.

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Veröffentlicht am 13.02.2022

Sehr beeindruckend

Die Feuer
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Drei Frauen sehen in Melbourne ein Theaterstück an, während um die Stadt herum die größten Buschbrände toben, die das Land je erlebt hat. Während sie die Handlung auf der Bühne verfolgen, hängt jede ihren ...

Drei Frauen sehen in Melbourne ein Theaterstück an, während um die Stadt herum die größten Buschbrände toben, die das Land je erlebt hat. Während sie die Handlung auf der Bühne verfolgen, hängt jede ihren eigenen Gedanken nach. Über die Ereignisse des Tages, ihr Leben, ihre Mitmenschen. In der Pause zwischen zwei Akten treffen diese Frauen zufällig aufeinander. Die Begegnung wird die Gedanken jeder einzelnen von ihnen in unterschiedliche Richtungen lenken.

Ein unheimlich faszinierendes Buch. Jede Figur ist sehr gut gestaltet und lässt den Leser tief in ihre Gedankenwelt blicken. Dabei sind die Themen, die die Frauen bewegen, so unterschiedlich wie die Frauen selbst. Margot, Ivy und Summer stehen an verschiedenen Punkten in ihrem Leben und als Leser nimmt man teil an ihren tiefen und existentiellen Ängsten. Wie ein Hintergrundrauschen wird das Theaterstück wahrgenommen. Immer wieder kehren die Gedanken zurück zum Geschehen auf der Bühne. Um dann, je nach Stichwort aus dem Stück, wieder in andere Richtungen abzudriften.
Die Gestaltung der Pause als eine Art eigenes Theaterstück war für mich ein überraschender Twist. Aber es passt perfekt in die ganze Athmosphäre des Buches hinein.

Es ist schon ein wenig verrückt, denn im Grunde passiert nicht wirklich viel. Bei jedem anderen Buch hätte mich das furchtbar gelangweilt. Aber die Gedankengänge der Frauen um persönliche und globale Themen sind so vielschichtig und tiefgründig dargestellt, es gibt einzelne Punkte in den ich selbst wiedergefunden habe; der Kontrast zwischen dieser Blase im Theater und den Geschehnissen "draußen" ist so groß - das Gesamtpaket dieses Buches ist für mich einfach so stimmig und fesselnd, dass ich es in einem Rutsch durchgelesen habe.

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Veröffentlicht am 31.08.2024

Belagerungskrieg

Winterwölfe
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Vom ersten Band um die Essex-Dogs war ich unheimlich begeistert und habe mich sehr gefreut, dass es relativ schnell Nachschub geben wird. Und mir hat auch dieses Buch wirklich gut gefallen. Der Schwerpunkt ...

Vom ersten Band um die Essex-Dogs war ich unheimlich begeistert und habe mich sehr gefreut, dass es relativ schnell Nachschub geben wird. Und mir hat auch dieses Buch wirklich gut gefallen. Der Schwerpunkt ist ein anderer, als im ersten Band. Es gibt weniger rasante Action und Schlachten, ist aber nicht weniger spannend und durchaus auch brutal. Aber auf eine andere Art und Weise.
Der Fokus liegt auf der Belagerung von Calais. Dementsprechend geht es nicht immer rasant zu. Der Aufbau einer Belagerungsstadt nimmt viel Raum ein, ebenso zu Situation im Lager und viele Geplänkel unter den Befehlshabenden. Das ist im ersten Moment schon etwas zäh, weil man das Gefühl hat, es geht mit der Handlung so gar nicht voran. Erst im späteren Verlauf wird klar, dass noch andere Interessen im Spiel sind. Das lässt diesen erst so langweilig anmutenden Teil in anderem Licht erscheinen.
Trotz all des Taktierens ist es aber immer noch die Belagerung und das Aushungern einer Stadt. Einige beschriebenen Szenen beim Umgang mit den Einwohnern Calais' sind nicht unbedingt geeignet für zart besaitete Leser. Sie Szenen waren (zum Glück!) kurz, aber dennoch zeigen sie, was Menschen bereit sind anderen Menschen anzutun.

Das heißt jetzt aber nicht, dass es bei den Essex Dogs jetzt geruhsam zugeht. Im Gegenteil. Die Truppe muss sich weiterhin den Schicksalsschlägen des Krieges stellen und kommen auch persönlich immer mehr an ihre Grenzen. Mir sind diese raubeinigen Männer schon auch ein wenig ans Herz gewachsen und ihre Sorgen und Ängste haben mich sehr berührt.
Ich bin jetzt sehr gespannt auf den letzten Band und ob es die verbleibenden Dogs aus dem Krieg nach Hause schaffen.

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Veröffentlicht am 18.12.2022

Eine besondere Dorfgeschichte

Ginsterhöhe
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Ein Roman zwischen Fiktion und Fakten. Denn es ist viel mehr als nur die Geschichte des Kriegsheimkehrers Albert Lintermann, der letztlich beide Weltkriege er- und überleben wird. Es ist auch die Geschichte ...

Ein Roman zwischen Fiktion und Fakten. Denn es ist viel mehr als nur die Geschichte des Kriegsheimkehrers Albert Lintermann, der letztlich beide Weltkriege er- und überleben wird. Es ist auch die Geschichte des Ortes Wollseifen, der wahrscheinlich vielen Menschen kein Begriff ist. Mich eingeschlossen. Die nahegelegene NS-Ordensburg Vogelsand ist mir zwar durchaus ein Begriff, aber Wollseifen? Fehlanzeige, zumindest bei mir. Von daher finde ich die Idee, wie das Leben in diesem Ort ausgesehen haben könnte, wirklich gut.

Es gab viele Szenen, die mir wirklich sehr nahe gegangen sind, z.B. Albert Lintermanns Rückkehr aus dem 1. Weltkrieg, seine Verletzungen und die ersten Schritte zurück in ein halbwegs normales Leben.
Obwohl ich die Figuren als eher etwas eindimensional empfinde (gut und böse sind von Beginn an recht genau definiert und daran ändert sich auch bis zum Ende des Buches nichts), wird trotzdem ein sehr gutes Gefühl für die Zeit und die Menschen übermittelt. Man könnte bemängeln, dass die Menschen in Wollseifen insgesamt als recht passiv dargestellt werden. Allerdings muss man dagegen halten, dass die Verunsicherung sehr groß ist. Der letzte Krieg ist noch nicht allzu lange vorbei und gut in Erinnerung. Nur die wenigsten können und wollen an das glauben, was dort auf sie zukommen. Gerade weil Wollseifen nicht gerade in einer Metropolregion liegt.

Insgesamt ein buch, das mir gut gefallen hat und dessen große Stärke in den Emotionen liegt, die es gekonnt an den Leser transportiert und diese Zeit vor den (inneren) Augen der Menschen auferstehen lässt.

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Veröffentlicht am 15.06.2024

Gelungenes Portrait

Agatha Christie
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Agatha Christie und ihre Krimis gehören zu meinen Lieblingsbüchern im Regal, Miss Marple und Hercule Poirot haben meinen Spaß am "leseermitteln" geweckt. Umso schöner daher zu lesen, wie Agatha Christie ...

Agatha Christie und ihre Krimis gehören zu meinen Lieblingsbüchern im Regal, Miss Marple und Hercule Poirot haben meinen Spaß am "leseermitteln" geweckt. Umso schöner daher zu lesen, wie Agatha Christie zu ihren Ideen gekommen ist und ihren Weg zu einer der erfolgreichsten Schriftstellerin der Welt gegangen ist.
Das Buch ist ein richtig schöner Schmöker. Der Schreibstil ist angenehm, es ist unterhaltsam, lässt keine Langeweile aufkommen und so fliegen die Seiten beim Lesen regelrecht dahin.

Erzählt wird die Lebensgeschichte der jungen Agatha Christie, die zuerst davon träumt Pianistin zu werden. Dann Sängerin. Dann überlegt, ob Krankenschwester nicht doch auch eine Möglichkeit wäre. Und dann wieder überlegt, wo eigentlich überhaupt ihre Talente liegen. Ihre Lebenslust, ihre Wissbegierde, ihre Energie und auch ihr Pragmatismus kamen bei mir als Leser auf jeden Fall an. Die Beziehung zu ihrer Mutter war sehr innig dargestellt, man merkt, dass diese ihr ein Leben lang eine wichtige Bezugsperson war.
Es wird ein wenig zwischen den Zeiten gesprungen, was gut zur Handlung passte. Die Beziehung zu ihrem Mann Archie hätte ich mir etwas weniger oberflächlich erzählt gewünscht. Hier war mir der Sprung zwischen eben noch glücklich verheiratet und die Scheidung ist eingerichtet etwas zu groß.
Gut gefallen hat mir dafür aber, dass Susanne Lieder den Punkt um Christies Verschwinden komplett ausgeblendet hat. Für meinen Geschmack wird dieser Punkt in vielen Büchern zu sehr in den Fokus gerückt. Hier wurde sich aber eher auf die menschlichen und emotionalen Aspekte konzentriert.

Es hat mir dafür aber viel Spaß gemacht zu verfolgen, wie Agatha zu ihren Ideen für ihren ersten Krimi gekommen ist. Die imaginären Gespräche mit Hercule Poirot konnte ich mir schon fast bildlich vorstellen und habe mich sehr darüber amüsiert, welche Wortgefechte sich Autorin und Buchfigur geliefert haben.
Ich hätte mir am Ende vielleicht noch ein Kapitel gewünscht, in dem die spätere Agatha einen Rückblick auf ihr Leben und Karriere wirft. Das hätte das ganze für mich noch etwas mehr abgerundet.

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