Inhalt
Feyre ist Amaranthas dunklen Machenschaften entkommen – doch nun klebt die Dunkelheit selbst an ihr. Mit schrecklichen Schuldgefühlen, Albträumen und Panikattacken versucht sie, ihren Alltag am Frühlingshof zu bestreiten. Doch während Tamlin sie zunehmend einengt, gibt es für Feyre nur eine Möglichkeit zu heilen – und dazu gehört auch die Freiheit. Erst als Rhysand sie an ihr Abkommen erinnert, spitzt sich die Lage zunehmend zu. Und mit der Gefahr eines neuen Krieges, der auch die Welt der Menschen hinter der Mauer erschüttern könnte, kommen zahlreiche neue Feinde daher, für die sie starke Verbündete braucht …
Meine Bewertung
Nachdem mich der erste Teil der Reihe ja nicht so sehr begeistert hat, aber mir von allen Seiten gesagt wurde, wie toll der zweite ist, habe ich mich auch an „A Court of Mist and Fury“ gewagt. Immerhin verspricht dieser nach dem Ende von Teil 1 mehr Action, mehr Drama, mehr Stärke. Allerdings bin ich nach dem Lesen auch extrem zwiegespalten. Rational betrachtet deckt diese Buch in etwa alle Tropes ab, die ich hasse, bedient sich einiger Klischees und Schwarz-Weiß-Darstellungen, hat dieselben Plotprobleme wie sein Vorgänger – und trotzdem war etwas daran, das mich eher durchhalten ließ.
Nach dem ganzen Hype habe ich hier wirklich eine bessere Charakterisierung und Umsetzung erwartet. Ich dachte, es wird richtig grandios losgehen – aber nein, der Anfang war wieder genauso lahm wie Band 1. Gut, das war ich inzwischen schon gewohnt, also habe ich mich durchgequält und eigentlich nur drauf gewartet, dass mal etwas passiert. A.k.a. dass Rhysand auftaucht. Das hat sich gezogen und gezogen und leider einige negative Punkte mit sich gebracht.
Ich muss hierbei wirklich sagen: Ich habe noch niemals eine dermaßen absurde Umcharakterisierung gelesen. Und Feyre ging mir unglaublich auf die Nerven. Während sie merkt, dass sie nicht die Einzige ist, die leidet, redet sie nicht offen mit Tamlin drüber und beschwört so auch Probleme herauf. Es ist ziemlich klar, dass beide einen Knacks weghaben, nach allem, was Amarantha ihnen angetan hat. Allerdings finde ich es unfair, einen Charakter, der im ersten Buch wie der strahlende Held erschien, dann nur deshalb um 180 Grad zu wenden, um dem anderen Love-Interest alle Perfektion aufbürden zu können. Auch wenn ich Tamlin nicht mochte und Feyres Aktionen ihm gegenüber verstehen konnte, kann ich nicht verstehen, wieso man hier so radikal zugeschlagen hat. Während Rhysand zum Engel mutiert und bei so ziemlich allen Taten total noble Gründe hat, wird Tamlin zum miesesten, abscheulichsten Charakter verbannt, der extreme Besitzansprüche erhebt. Da kann mir der Hype noch so sehr sagen, dass er schon immer so war – nein, im ersten Band war er anders. Und ich finde es ungerechtfertigt, einen Charakter dermaßen runterzumachen, nur um einen anderen begehrenswert darzustellen, zumal man Tamlins Seite und seine Gründe überhaupt nicht erfährt. Dieses Schwarz-Weiß-Denken war für mich unheimlich anstrengend und einer der Hauptpunkte, weshalb ich das Buch nicht nur positiv sehen kann.
Auch Feyres Charakter hat bei mir echt für Übelkeit gesorgt. Sie ist immer noch jammernd und leidend (zwar mit Gründen, aber dennoch nervig) und zu allem Überfluss wird das gepaart mit einem Zug von extremer Stärke, die sie nach und nach entdeckt. Für mich haben ihre Selbstzweifel und ihre Überzeugung von sich selbst am Ende nicht richtig zusammengepasst. Ich sehe ihre Entwicklung einfach nicht stark genug – Start- und Endpunkt ja, aber der Weg dahin war für mich eher fragwürdig.
Auch die Handlung an sich hatte wieder dasselbe Manko wie der erste Band. Die ersten 70% des ohnehin schon sehr langen Buches waren mir zu eintönig – die Bande sucht etwas und findet es, um wieder was anderes zu suchen, nebenher gibts Geplänkel und Hintergrundgeschichten – aber ins letzte Drittel wurde so ziemlich alles reingestopft und es ging mir viel zu schnell. Ich hatte gehofft, dass es sich in diesem Band etwas besser verteilen würde und die Plot-Twists am Ende mehr Raum bekommen, sich tatsächlich zu voller Wucht zu entfalten.
Und jetzt kommt das große Aber: Trotz all dieser Mängel, trotz der Tropes, die mich in den Wahnsinn getrieben haben, trotz Feyres Art, die ich nicht leiden kann – trotzdem habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Es hat mir Spaß gemacht, ich habe mitgefiebert, auch wenn ich vieles schon wusste oder geahnt habe. Und das liegt zuallererst an den Nebencharakteren.
Sowohl bei „Throne of Glass“ als auch bei dieser Reihe hat Sarah J. Maas es einfach drauf, mir eindrucksvolle Nebencharaktere zu geben, mit denen ich mitleide und weine, sie ins Herz schließe und mich ihnen einfach verbunden fühle. Sie mögen absolute Klischees sein, die Außenseiter, die sich zusammengeschlossen haben, aber dieses Gefühl einer Familie kam bei mir voll durch und hat mich gefangen. Ich finde sie alle wesentlich interessanter als unsere Protagonistin, und wenn ich die nächsten Teile lese, dann nur, weil ich unbedingt mehr von Mor und Amren möchte, von Feyras Schwestern und von den den beeindruckenden Kriegern Azriel und Cassian. „A Court of Mist and Fury“ spart auch nicht mit schönen Beschreibungen und tollen Schauplätzen, die ich echt cool fand, ebenso wie die weitere Ausarbeitung Prythians, das nun endlich näher beleuchtet wurde.
Und dann kommt tatsächlich noch mein absolutes Guilty Pleasure hinzu: Ich liebe die ganze Thematik rund um Seelenverwandte. Auch wenn es daran ebenfalls Punkte an der Umsetzung gab, die mich einfach extrem gestört haben (das Macho-Gehabe der Männer, sobald sie ihre Mate finden, der ständige Sex, den ich nicht besonders gut geschrieben fand, und diese absolut sexistische Tradition, dass es was ganz Besonderes ist, wenn die Frau ihrem Mann Essen anbietet). Ich kann diesem Trope nicht abschwören und auch hier hatte ich echt Herzrasen dabei. Ich mag diese Thematik, die Verbundenheit der Figuren, die dadurch entsteht, und auch das Ende, das mir dabei noch einiges an Verwunderung und krassen Wendungen beschert hat.
„A Court of Mist and Fury“ ist ein Buch mit vielen Fehlern, die ich rational auch sehe und durchaus verurteile. Allerdings möchte ich mich auch nicht dagegen wehren, dass es mir trotzdem Freude bereitet hat, dieses Buch zu lesen, dass ich ihm irgendwo doch verfallen bin und den Hype zwar nicht mitlebe, aber in seinen Grundzügen nachvollziehen kann. Es war definitiv besser als der Vorgänger, und auch wenn ich denke, dass ich an „A Court of Wings and Ruin“ noch einiges meckern werde, freue ich mich doch darauf, die kleine Familie wieder besuchen zu können. Dafür sind die Charaktere schließlich doch stark genug, um die Schwäche etwas abfangen zu können.