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Nilchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.06.2024

Ein modernes Märchen

Die Vermesserin der Worte
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Es war einmal eine junge Schriftstellerin, die studierte und dann als Journalistin bei einer lokalen Zeitung arbeitete. Irgendwann beschloss sie als freie Autorin tätig zu werden, doch flossen ihr die ...

Es war einmal eine junge Schriftstellerin, die studierte und dann als Journalistin bei einer lokalen Zeitung arbeitete. Irgendwann beschloss sie als freie Autorin tätig zu werden, doch flossen ihr die Wörter nicht so zu, wie es hätte sein sollen bei einer die des Schreibens willens, Tag ein Tag aus, die Wörter sucht. Es kam wie es leider kommen musste, denn ohne Texte kein Einkommen und so musste Ida Hermann ihr Brot und ihre Unterkunft anders erwerben. Was ein glücklicher Zufall, dass eine alte Dame auf einem herrschaftlichen Anwesen just eine Haushaltshilfe suchte. Bei dieser Ottilie Selig zieht nun die junge Schriftstellerin ein. Beäugt und nicht sonderlich herzlich empfangen von der alten Dame.
Natürlich nähern die beiden sich an und natürlich brauchen sie einander, aber das die Geschichte einen offensichtlichen Verlauf nimmt, sollte nicht weiter stören. Es ist eine leise, gar ruhige Geschichte, die märchenhaft erzählt wird. Mitgenommen aufs Land unter Staub entdecken wir mit Ida die vergangenen Zeiten und verlieren Ottilie an ihre Demenz.
Wie vieles in diesem Roman wird auch die Demenz leichter und erträglich dargestellt als das echte Leben es je möglich macht. Aber dieser Roman will auch aus meiner Sicht auch nicht die Realität abbilden sondern unterhalten mit gut gewählten Formulierungen. Nicht mehr, nicht weniger.
Katharina Seck hat einen Wohlfühl-Sound mit einer leichten Geschichte kombiniert in der man gut ein paar Stunden das Hier und Jetzt linksliegen lassen kann um auf andere Gedanken zu kommen.

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Veröffentlicht am 16.06.2024

Zu gut erzogen zum Schreien

Gentleman über Bord
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Erinnert ihr Euch? Im vergangenen Jahr erlebte dieses schmale in Leinen gebundene Buch einen neuen großen Auftritt. Da war ich natürlich neugierig. Der Roman ist bereits 1937 in New York erschiene, nun ...

Erinnert ihr Euch? Im vergangenen Jahr erlebte dieses schmale in Leinen gebundene Buch einen neuen großen Auftritt. Da war ich natürlich neugierig. Der Roman ist bereits 1937 in New York erschiene, nun übersetzt von Klaus Bonn und mit einem Nachwort von Jochen Schimmang versehen besonders edel im Schuber erschienen.
Auf knappen 150 Seiten in 10 Kapiteln erleben wir ein Drama, dass einem Versehen geschuldet ist. Denn auf einem Frachtschiff, dass auch einige wenige Passagiere an Board hat, geht der erfolgreiche New Yorker Börsenhändler Henry Preston Standish über Board. Ohne Absicht, ein dummer Fehler, wie so vieles tragische sich aus Missgeschicken entspinnt.
Was die Tragödie umso bedrückender macht, ist die Tatsache, dass seine Abwesenheit auf dem Schiff selbst sehr lange unentdeckt bleibt. Der Roman wechselt zwischen der Perspektive Standishs im Wasser und den Personen an Board.
Herbert Clyde Lewis, selbst eine zutiefst tragische Person, hat sich hier in Kürze en Detail damit beschäftigt was einem durch den Kopf geht, wenn man im Wasser landet und dazu noch ein Gentleman für den es unschicklich ist, sich laut zu äußern und so zunächst nicht nach Hilfe schreit. Auch sind die anderen Passagiere nebst Personal des Schiffes grandios gezeichnet.
Den ein und anderen Absatz haben ich quergelesen, weil dem im Wasser treibende Mann seine ganze Trostlosigkeit bewusst wird und etwas lamentiert. Extrem real, denn die Zeit dehnt sich dann sicherlich aus wie Kaugummi. Meine Geduld war dann strapaziert. Aber trotz dieses Aspektes eine gelungene Geschichte!
Fazit: Wer bald auf einem Dampfer, Kreuzfahrtschiff oder einfach nur am Ufer eines Meeres sitzt, dem kann ich diese Lektüre „Gentleman über Board“ ans Herz legen.

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Veröffentlicht am 16.03.2024

Ein weiter Bogen wie Kunst im geschichtlichen Kontext neu zu denken ist

Tremor
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Der ursprünglich aus Lagos (Nigeria) stammende Autor hat schon einige hochkarätige Auszeichnungen in der englischsprachigen Welt eingesammelt, lehrt momentan Creative Writing in Harvard und legt nun seinen ...

Der ursprünglich aus Lagos (Nigeria) stammende Autor hat schon einige hochkarätige Auszeichnungen in der englischsprachigen Welt eingesammelt, lehrt momentan Creative Writing in Harvard und legt nun seinen dritten Roman vor. Wer sich ein wenig mit der Biografie des Autors Teju Cole beschäftig hat, merkt schnell beim Lesen, dass sich hier viele Elemente seiner eigenen Biografie eingebracht haben.
Tunde ist der Protagonist dieser Geschichte und wie der Autor aus Lagos in die USA gekommen, er unterrichtet in Harvard. Einziger Unterschied die Kunstform: Denn Tunde lehrt Fotografie. Er ist unterwegs mit Sadoko, seiner Frau, und sie stoßen in einem Antiquitätengeschäft an der Ostküste der USA auf eine Antilopenmaske. Diese Maske ist der Ausgangspunkt vieler Gedankengänge und Erinnerungen an Nigeria.
Teju Cole hat ein ästhetisch schön geschriebenes Buch vorgelegt und macht die Frage auf wie wir Kunst neu betrachten genauso wie wir eine neue Bewertung der Geschichte vornehmen und passiertes im Kontext von heutigem Bewusstsein betrachten. Kolonialismus, Rassismus, Raubkunst und Musikgeschichte wird verwoben in einem Text der komplex konstruiert und anspruchsvoll ist, aber zugleich bereichernd und erhellend.
Teju Cole erzählt beobachtend, nicht bewertend und bringt mich als Leserin dazu Kunstbetrachtungen im Kontext seiner Entstehung und der Weltgeschichte neu zu denken. Das Narrativ der Kunst in jeglicher Form neu zu denken. Natürlich enthält das Buch auch Kritik am überheblichen Westen.
Mir haben besonders die Schlaglichter der Erinnerungen auf Lagos gefallen. Eintauchen in etwas das mir fern ist und aufsaugen was diese Millionenstadt mit ihren Bewohnern antreibt. Wohingegen einige der Passagen über Musik mir nicht viel gaben, da ich kein profunder Kenner bin auf diesem Gebiet. Das mag anderen, die hier tiefer verankert sind, anders ergehen.
Fazit: Ein fiktiver Roman, aber einer der uns mit Fragen zurücklässt unsere Betrachtungsweise der künstlerischen Welt auch neu zu adjustieren.

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Veröffentlicht am 16.03.2024

Wiederentdeckung aus den 30er Jahren

Die Brontës gingen zu Woolworths
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„Die Brontes gingen zu Woolworths“ erschien im Original zum ersten Mal 1931 und ist eine liebenswerte Wiederentdeckung. Damals war der Roman extrem populär und hat die Autorin Rachel Ferguson in England ...

„Die Brontes gingen zu Woolworths“ erschien im Original zum ersten Mal 1931 und ist eine liebenswerte Wiederentdeckung. Damals war der Roman extrem populär und hat die Autorin Rachel Ferguson in England und darüber hinaus bekannt gemacht. Daher ist dieser Roman als Zeitzeugnis der Leserschaft zur damaligen Zeit zu lesen, als ein Roman, der in den 1930er Jahren amüsiert und unterhalten hat und dabei auch viel über die Rolle von Frauen in der Gesellschaft widergespiegelt.
Denn es geht um drei Schwestern, Deirdre, Katrine und Shiel. Sie leben mit ihrer Mutter und einer Hauslehrerin in London, gehören der Mittelschicht an und sind aber eine illustre Truppe. Und da kommen wir zum Kern des Buches. Die Schwestern erspinnen sich durch zu viel freie geistige Kapazität so einiges an Geschichten über Personen zusammen, die sie nie trafen und das verwirbelt sich dann mit der Realität. Denn auf so mache treffen sie dann doch. Ein vergnügliches Lesen, dass aber durch diese surrealen Passagen genügend Aufmerksamkeit abverlangt. Trotz der Irrungen und Wirrungen sind die drei schlagfertigen und spannenden Damen eine gute Unterhaltung! Das Ganze wurde gut von Sabine Reinhardus übersetzt.

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Veröffentlicht am 16.03.2024

Kopenhagener Familiengeschichte

Annas Lied
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Seit meinem letzten großen Sommerurlaub durch Skandinavien lese ich immer mal wieder nordische Autoren und Autorinnen um sie für mich zu entdecken und genauso war es hier bei: Annas Lied.
Der Autor Benjamin ...

Seit meinem letzten großen Sommerurlaub durch Skandinavien lese ich immer mal wieder nordische Autoren und Autorinnen um sie für mich zu entdecken und genauso war es hier bei: Annas Lied.
Der Autor Benjamin Koppel ist Däne und in seiner Heimat als Jazz-Musiker bekannt. Random-fact? Nein, ich finde, dass sich der Text melodisch liest, sprich er wirkt gut durchkomponiert und abgestimmt. Schon mal ein Plus dieses Romans.
Es geht im Kern um die titelgebende Hannah – genannt Anna. Das große Vorbild dieser Figur, ist eine Großtante des Autoren, die ihn zu diesem Roman inspirierte. Anna ist die jüngste Tochter von fünf Kindern, die anderen 4 sind Brüder. Es beginnt in Kopenhagen, Dänemark Ende der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Es ist ein Familienroman, der Tradition und Erneuerung im Wechselspiel der Generationen beleuchtet. Eine starke Frau im Mittelpunkt, die ihre Liebe zur Musik und einem „nicht erwählten“ Raum gibt. Auch die jüdischen Traditionen und Verpflichtungen werden in dieser Geschichte stark ausgeleuchtet.
Fazit: Er gerne Familienromane liest, ist hiermit bestens ausgestattet!

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