Der Puppe geht es gut
Die geheimnisvolle FreundinBei italienischen Freunschaftsgeschichten muss ich sofort an Elena Ferante denken. Auch das ging mir durch den Kopf als ich den Titel dieses Romans las: „Die geheimnisvolle Freundin“ von Simona Baldelli. ...
Bei italienischen Freunschaftsgeschichten muss ich sofort an Elena Ferante denken. Auch das ging mir durch den Kopf als ich den Titel dieses Romans las: „Die geheimnisvolle Freundin“ von Simona Baldelli. Und dann bei der Lektüre war ich auch ab und an geneigt an die unterschiedlichen Freundinnen aus Ferantes Roman zu denken, aber hier sind zwar zwei Freundinnen auf dem Cover und der Titel lässt es zu, dass man meinen könnte das ist „nur“ ein Roman über Freundschaft und Geheimnisse. Und da muss ich (zum Glück!) sagen, dass da noch eine Menge mehr drin steckt. Es ist ein Roman über eine Frau und ihren steinigen Weg, der auch durch Freundschaften getragen wird, aber das ist bei weitem nicht alles. Im Original heißt das Buch: Il pozzo delle bambole und heißt so viel wie: „Der Puppe geht es gut“, wenn ich dem Übersetzungsprogramm trauen darf. Und das find ich ja schon mal treffender.
Denn es geht um Nina, ein Mädchen, dass in einem ländlichen Waisenhaus aufwächst in den 50er Jahren in den Abruzzen. Von Nonnen streng und sittlich geführt, wenig Bildung, viel Demut und wenig Zuwendung jeglicher Art. Seit ihrer Geburt in diesem System gefangen, kommt zwar in der Tat Lucia mit 7 Jahren dazu und es gibt auch noch andere wie Marcella, aber Nina kämpft sich durch die Tristesse ihres Daseins. Muss auch einige herbe Schläge verdauen, steht aber immer wieder mental auf. Nach dem Waisenhaus arbeitet sie in der örtlichen Tabakfabrik.
In Summe ein bescheidenes Frauenleben und hier stecken so viele tiefgreifende Themen drin, die Simona Baldelli äußerst treffend beschreibt. Wie dieses Kind eine Resilienz entwickelt trotz der Umstände, wie Klassenunterschiede zu Handlungen oder eben auch nicht führen, der emanzipatorisch steinige Weg dieser Zeit gefangen im Patriachat und den starren traditionellen Ansichten. Vor allem schafft die Autorin einen besonderen Blick auf den Habitus durch Zugehörigkeit und ermöglichenden Bedingungen. Das was Nina fehlt, immer klein gehalten, systematisch vieler Möglichkeiten beraubt.
Wie schon der Roman „Die Rebellion der Alfonsina Strada“ ist auch „Die geheimnisvolle Freundin“ ein sehr lesenswerter Roman von Simona Baldelli. Großartig übersetzt für uns aus dem italienischen von Elisa Harnischmacher. Nur der Titel, na ja, da hätte man sich noch mehr Mühe geben können.