Einbildung oder Wirklichkeit?
Das LochAls Asas Mann versetzt wird, beschließen die beiden, von der Großstadt aufs Land zu ziehen. Dort leben sie im Haus neben den Schwiegereltern und Asa muss aufgrund der Entfernung ihren Job aufgeben. Nun ...
Als Asas Mann versetzt wird, beschließen die beiden, von der Großstadt aufs Land zu ziehen. Dort leben sie im Haus neben den Schwiegereltern und Asa muss aufgrund der Entfernung ihren Job aufgeben. Nun verbringt sie ihre Tage allein, kommt ihren Pflichten als Hausfrau nach und hilft manchmal ihrer Schwiegermutter aus. Als sie für diese einen Botengang erledigen soll, fällt sie wortwörtlich in ein Loch. Eine Frau hilft ihr hinaus und fortan scheint alles um sie herum so seltsam und anders.
„Das Loch“ ist der zweite Roman der japanischen Autorin Hiroko Oyamada, für welchen sie mit dem renommierten Akutagawa Prize ausgezeichnet wurde. Die Übersetzung stammt von Nora Bierich, die auch Autoren wie Kenzaburō Ōe und Yukio Mishima ins Deutsche überträgt. Die Handlung erzählt Protagonistin Asa selbst, so als würde sie einer Freundin berichten, was in ihrem Leben in den letzten Wochen vorgefallen ist. Das bedeutet allerdings auch, dass wir uns auf ihre Wahrnehmung verlassen müssen und diese scheint sich nach dem Vorfall mit dem Loch zu verschieben.
Zunächst könnte der Roman als reine Sozialkritik an der Rolle der Frau in der Gesellschaft verstanden werden, für die stets die Karriere des Manns im Vordergrund stehen soll – egal, wie sich das auf das eigene Selbstwertgefühl auswirkt. Doch bald ereignen sich Szenen, die mich stark an Haruki Murakami erinnert haben. Asa begegnet einem bizarren schwarzen Tier, fällt in ein Loch, das extra für sie gegraben zu sein scheint und trifft auf den Bruder ihres Mannes, dessen Existenz ihr gegenüber noch nie jemand erwähnt hat. Auch die Natur scheint ein bedrohendes Eigenleben zu entwickeln, mit Regengüssen und Massen von Zikaden.
Irgendwann im Verlauf der Handlung verwischen die Grenzen zwischen dem, was wirklich passiert und dem, was Asa sich möglicherweise nur einbildet. Das Ende des Romans kam für mich dann sehr abrupt und lässt mich mit zahlreichen Fragen zurück, auf die es vermutlich keine klaren Antworten gibt.