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Veröffentlicht am 25.06.2024

Französische Küche

Mademoiselle Marthe und die Küche der Freiheit
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Von Ulrike Renk habe ich bereits einige großartige Romane gelesen, darum war ich auf ihre neue Geschichte über Marthe Distel, der Journalistin und Gründerin der renommiertesten Kochschule, neugierig. Ich ...

Von Ulrike Renk habe ich bereits einige großartige Romane gelesen, darum war ich auf ihre neue Geschichte über Marthe Distel, der Journalistin und Gründerin der renommiertesten Kochschule, neugierig. Ich muss zugeben, dass ich selbst keine gute Köchin bin und ich habe auch noch nie von Le Cordon Bleu gehört. Umso neugieriger war ich nun mehr über Marthe Distel zu erfahren.

Marthe lebt, gemeinsam mit ihrer Mutter Julie, bei ihrer Großmutter Joséphine in den Vogesen. Der kleine Hof wird von den Frauen bewirtschaftet und so lernt Marthe bereits von klein auf zu kochen. Die Nahrungsmittel werden nach den Jahreszeiten verbraucht und die Frauen erzeugen selbst aus wenigen Zutaten ein leckeres Essen. Marthe lernt, wie man mit Rohstoffen und Lebensmittel umgeht, Vorräte anlegt und haltbar macht. Fleißig notiert sie alles in ihr Notizheft.
Julie möchte jedoch, dass Marthe eine ordentliche Schulausbildung erhält. Sie nimmt deshalb eine Stelle als Hauswirtschafterin bei einer großbürgerlichen Familie in Paris an. Marthe bekommt die Möglichkeit gemeinsam mit Florence, der Tochter des Hauses, das Lyzeum zu besuchen. Die beiden Mädchen werden - trotz des Standesunterschiedes - gute Freundinnen. Marthe möchte später unbedingt Journalistin werden, auch wenn sie weiß, dass es für Frauen besonders schwer ist, in diesem Beruf Fuß zu fassen.
Aber auch hervorragende Köchinnen, wie Julie, haben es im Paris des späten neunzehnten Jahrhunderts schwer, denn in der Stadt war der Beruf des Kochs nur Männern vorbehalten. Bald erkennt aber die Familie, welche Perle sie sich ins Haus geholt haben und Julie erhält im Haushalt eine Sonderstellung.

Der Roman erzählt lange über das Leben von Marthe als junge Frau und auch über ihre Fertigkeiten in der Küche, die sie von ihrer Mutter und Großmutter gelernt hat. Bildreich werden die einfachsten Handgriffe, wie Kartoffel schälen, Gemüse putzen oder Zwiebel schneiden beschrieben. Ohne Kühlschrank und elektrischen Herd war es damals nicht so einfach. Umso interessanter liest sich ist die Zubereitung einfacher, aber auch raffinierter Speisen, die sehr detailreich beschrieben werden. Hunger sollte man beim Lesen auf keinen Fall haben!

Die Schauplätze in Paris und in den Vogesen sind sehr bildhaft beschrieben und ich hatte das Gefühl immer mit dabei gewesen zu sein. Sehr spannend ist auch das Thema rund um die Pariser Weltausstellung und der Ablehnung des Eisenturmes von Gustav Eifel. Mit einem Schmunzeln habe ich gelesen, das geplant war den Eifelturm wieder zu entfernen.

Das Verhältnis der drei Frauen, Marthe, Julie und Joséphine, zueinander empfand ich als sehr eng - vorallem zur Großmutter. Die wechselnden Perspektiven geben dabei einen besonders guten Einblick. Allerdings dauert es relativ lange, bis wir an den Punkt kommen, der Marthe berühmt gemacht und sie ihr Wissen aus der Küche und den Journalismus miteinander verbunden hat.
Die Gründung der Kochschule kommt erst im letzten Drittel zu Sprache, was ich etwas schade fand. Dabei erfahren wir auch mehr über Marthes Vorbild, Auguste Escoffier, der die Küche und Ausbildung der männlichen Köche revolutioniert hat.

Ulrike Renk hat ihren Roman in fünf Abschnitte, benannt nach einem 5-Gänge-Menü aufgeteilt. Wir beginnen mit einem Amuse-Gueule, es folgt das Entrée und die warme Vorspeise, danach die Hauptspeise und dem anschließenden Dessert. Bon appétit!

Fazit:
Eine gelungene Erzählung über Marthe Distel, die für mich unbekannte Gründerin der berühmtesten Kochschule Le Cordon Bleu und ihr Leben. Ulrike Renk erzählt dieses in einer packenden Geschichte rund um die französische Kochkunst, die damals nur den Männern offen stand.

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Veröffentlicht am 21.06.2024

Gelungener Reihenstart

Die Sehenden und die Toten
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Bisher war mir Sia Piontek als Autorin nicht wirklich bekannt. Mit dem ersten Band ihrer neuen Krimireihe um die ehemalige Mordermittlerin Carla Seidel, hat sie mich neugierig gemacht.
Nach einem persönlichen ...

Bisher war mir Sia Piontek als Autorin nicht wirklich bekannt. Mit dem ersten Band ihrer neuen Krimireihe um die ehemalige Mordermittlerin Carla Seidel, hat sie mich neugierig gemacht.
Nach einem persönlichen Vorfall ist Carla mit ihrer Tochter Lena von der Großstadt ins Wendland gezogen und arbeitet seitdem bei der örtlichen Polizeistation Dannenberg.
Doch auch im idyllischen Wendland gibt es Mord- und Totschlag. Als der 18jährige Justus Liebermann tot aufgefunden wird, schockiert die übel zugerichtete Leiche auch die toughe Mordermittlerin. Schon bald erkennt sie, dass der junge Mann ein Doppelleben geführt haben muss....

Der Mordfall überfordert die Kollegen von Carla, die für ihren Job in Dannenberg eigentlich überqualifiziert ist. Es wird eine Soko zusammengestellt, deren Leitung Kai Wächter vom Staatsschutz in Hannover übernimmt. Doch Carla und Kai kommen nicht wirklich miteinander aus, denn Wächter scheint hier einige Vorgehensweisen zu blockieren. Der Fall ist knifflig und die Ermittlungen nicht einfach.

Der Krimi ist spannend und beinhaltet sehr interessante Themen. Carla Seidel ist eine facettenreiche Protaginistin, die leider - wie so oft bei Krimis und Thriller - einen zerstörerischen Hintergrund mitbringt. Sie ist das Opfer häuslicher Gewalt und leidet seither an Panikattacken und trinkt zu viel. Dies ist ein Aspekt, der mir nicht so gut gefallen hat, denn kaputte Ermittler kennen wir bereits zur Genüge. Doch Carla ist trotzallem eine Figur, die ich mochte und die versucht, sich ihren eigenen Dämonen zu stellen.

Ungewöhnlich war, dass Carlas Tochter Lana, natürlich ohne Wissen der Mutter, heimlich mitermittelt. Dies hat die Spannung erhöht, denn Lana kommt einigen Dingen auf die Spur und gerät daraufhin in große Gefahr.

Der Schreibstil von Sia Piontek ist flüssig und mitreißend. Die Kapitel sind kurz gehalten, was die Spannung und das Tempo erhöht. Manche Kapitel enden mit einem Cliffhanger, bei anderen wird die Handlung im darauffolgenden Kapitel fortgesetzt.

Die bildhaften Bechreibungen des Wendlandes haben mir ebenfalls gut gefallen, auch wenn die örtlichen Darstellungen bei einem Krimi eher nebensächlich sind. Man bekommt dadurch aber das gefühl beim lesen direkt vor Ort zu sein. Die Ermittlungen stehen hingegen im Vordergrund und ich habe fleißig mitgerätselt.

Der Epilog, der als Cliffhanger am Ende den Lser noch überrascht, weckt die Neugierde auf den Folgeband.

Fazit:
Gelungener Start einer neuen Krimireihe mit einer interessanten und facettenreichen Ermittlerin, die aber leider wieder ins übliche Klischee der kaputten Mordermittler fällt. Ein spannender Fall, der neugierig auf den Folgeband macht.

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Veröffentlicht am 17.06.2024

Zurück in Green Valley

New Dreams
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Ich muss ehrlich gestehen, dass mich der Klappentext des dritten Green Valley Romans weniger angesprochen hat, als die beiden Vorgänger. Umso überraschter war ich, wie gut mir die Geschichte schlussendlich ...

Ich muss ehrlich gestehen, dass mich der Klappentext des dritten Green Valley Romans weniger angesprochen hat, als die beiden Vorgänger. Umso überraschter war ich, wie gut mir die Geschichte schlussendlich gefallen hat.

Nach einem handfesten Streit mit ihrer Mutter flieht Elara aus dem heißen Phoenix zu ihrer Großmutter nach Green Valley in die Rocky Mopuntains. Dabei überrascht sie ein Schneesturm im April und ein Bär, der plötzlich mitten auf der Fahrbahn steht. Dass sich der Bär kurzerhand als Schaf entpuppt und Elara mit ihren Flip Flops im Schnee stand, brachte mich gleich zu Beginn zum Lachen. Als Retter in der Not entpuppt sich Noah, der Elara findet und zum Haus ihrer Großmutter Molly bringt. Da sich Elaras Mutter weigert die Kosten für die Reparatur ihres Autos zu übernehmen, beginnt Elara an der örtlichen Tankstelle zu arbeiten. In Raten möchte sie die Repratur abstottern. Dort trifft sie in der angschlossenen Werkstatt wieder auf Noah, ihren Retter in der Not. Zwischen Noah und Elara bahnt sich eine zarte Freundschaft an. Er erzählt ihr von seiner Leidenschaft für die Astrologie und seinen Raumfahrtstudium. Im Moment hat er dieses jedoch ad acta gelegt, denn er möchte in der Nähe seiner Ex-Freundin Annie sein, die im Koma liegt. Noah fühlt sich schuldig an ihrer Situation und lässt Elara nicht wirklich an sich heran....

Die Gefühlswelt der Beiden wird sehr bildhaft beschrieben. Zwischen der aufkommende Liebe steht Annie, die in Denver im Krankenhaus liegt. Trotzdem ist die Anziehung zwischen Noah und Elara immer zum Greifen nah.

Die Figuren sind liebevoll gezeichnet. Ich fand beide Hauptcharaktere sehr sympathisch. Noah ist hilfsbereit, freundlich und steht zu seinem Wort. Nur Elara gegenüber ist er distanziert.
Als Stadtmädchen fühlt Elara sich in Green Valley immer wohler und stellt sich den neuen Herausforderungen. Einer davon ist der Konflikt mit ihrer Mutter, die nicht akzeptieren will, dass Elara nicht wie sie Medizin, sondern auf Lehramt studieren möchte.
Natürlich treffen wir auch auf altbekannte Charaktere, wie Izzy, Lena, Ryan und Will; lernen aber auch neue wie Hank, dem die Werkstatt gehört oder Noahs Familie besser kennen.

Wie schon bei der Cherry Hill Reihe freue ich mich auch wieder nach Green Valley zurückzukehren. Ich liebe die Bergwelt und in Green Valley hat man immer wieder die wunderbare Landschaft der Rocky Mountains vor Augen. Die bildhafte Beschreibung der Kleinstadt und seinen Einwohnern ist ebenfalls ein großer Pluspunkt.

Der Schreibstil von Lilly Lucas liest sich wieder sehr angenehm und die Geschichte hatte immer genau das richtige Tempo. Außerdem mag ich den Humor der Autorin. Obwohl auch schwierige Themen, wie Schuld, Vergebung und Loslassen im Buch angesprochen werden, gibt es keinerlei Drama, wie es oft in diesem Genre vorkommt. Genau diese Eigenschaften mag ich an Lilly Lucas Büchern.

Fazit:
Ein weiterer Roman aus der Green Valley Reihe, zu der ich immer wieder gerne greife. Obwohl mich hier der Klappentext zuerst weniger angesprochen hat, entwickelt sich die feinfühlige Geschichte wieder zu einem tollen Wohlfühlroman. Ich empfehle die Reihe gerne weiter und freue mich auf Band vier.

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Veröffentlicht am 09.06.2024

Ein Neuanfang

Das Lied der Biene
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Ich durfte den neuen Roman von Gabriela Gross aka Gabriele Diechler über die Lesejury lesen. Schon auf den ersten Seiten erkennt man den einfühlenden Schreibstil der Autorin, den ich so wunderbar finde.
Doch ...

Ich durfte den neuen Roman von Gabriela Gross aka Gabriele Diechler über die Lesejury lesen. Schon auf den ersten Seiten erkennt man den einfühlenden Schreibstil der Autorin, den ich so wunderbar finde.
Doch worum gehts?
Marga ist seit Jahren die Perle des Haushaltes von Hotelier und Unternehmer Paul Alprecht. Nach einem Streit mit ihrer Tochter, die ihr vorwirft, ihr Leben nicht zu leben und die baldige Hochzeit von Paul mit Sibylle, mit der sie nur schwer auskommt, veranlassen Marga schweren Herzens zu kündigen. Doch kurz vor der Hochzeit stirbt Sibylle an einem Bienenstich. Durch ihren plötzlichen Tod kommt Marga nicht mehr dazu ihre Kündigung einzureichen. Außerdem fühlt sie sich durch Pauls Verlust an eine Zeit in ihrem Leben erinnert, die sie noch immer traurig macht. Ohne nachzudenken schreibt sie Paul eine tröstende, anonyme Email, auf die er nur zögerlich antwortet. Doch mit der Zeit wartet er bereits sehnsüchtig auf eine Antwort der unbekannten Schreiberin. Er ist neugierig, wer sich hinter der anonymen Absenderin verbirgt, die ihn so gut versteht.
Auch Marga erkennt im Laufe der Zeit, dass sie mutiger werden und in ihrem Leben etwas ändern muss. Ihre beiden Freundinnen Kirsten und Eva versuchen sie dabei zu unterstützen. Als Paul wegen einer baldigen Hoteleröffnung nach Portugal reisen muss, nimmt er Marga kurzfristig mit. Sie soll den Haushalt in seinem Ferienhaus führen. Dabei kommt es jedoch bald zu unvorhersehbaren Komplikationen....

Die Autorin spricht im Roman jede Menge Themen an. Das beginnt mit Trauer und Verlust, diversen Beziehungsproblemen, sowie Schwierigkeiten zwischen Eltern und ihren Kindern. Trotz der Vielzahl an Themen werden diese von der Autorin nicht oberflächlich behandelt. Der Roman steckt voller wundervoller Lebensweisheiten, die man am liebsten alle irgendwo notieren möchte.
Die Geschichte macht nachdenklich und unwillkürlich beginnt man beim Lesen sein eigenes Leben zu reflektieren. Gabriela Gross versteht es großartig die Gefühle ihrer Figuren zu transportieren, auch wenn ich sie nicht immer verstehen und ihr Tun nachvollziehen konnte. Es sind Charaktere mit Ecken und Kanten, die gute, aber auch falsche Entscheidungen treffen. Die Entwicklung der Figuren, besonders die von Marga, die immer mehr aus ihren Schatten tritt, hat mir sehr gut gefallen.

Obwohl natürlich einige Dinge vorhersehbar sind, überrascht uns die Autorin genauso mit unerwarteten Wendungen, mit denen ich nicht gerechnet hatte.
Einige größere Sprünge in der Handlung und das Ende waren mir allerdings etwas zu schnell abgehandelt.

Fazit:
Ein sehr positiver Roman, der trotz einiger schwerer Themen mit einer Leichtigkeit daherkommt, die mich überrascht hat. Der intensive und gefühlvolle Schreibstil der Autorin, sowie die Poesie in ihren Worten, machen jeden ihrer Romane zu etwas ganz Besonderen. Eine Geschichte für alljene, die einen Wohlfühlroman mit Tiefgang lesen wollen.

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Veröffentlicht am 09.06.2024

Dorfleben in den Zwanziger Jahren

Der Dorfladen - Wo der Weg beginnt
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Mit dem ersten Band der "Dorfladen-Saga" hat Anne Jacobs eine tolle neue Reihe begonnen, wobei ich allerdings sagen muss, dass der titelgebende Dorfladen gar keine so große Rolle spielt. Er ist eher der ...

Mit dem ersten Band der "Dorfladen-Saga" hat Anne Jacobs eine tolle neue Reihe begonnen, wobei ich allerdings sagen muss, dass der titelgebende Dorfladen gar keine so große Rolle spielt. Er ist eher der Treffpunkt der Dorfgemeinschaft von Dingelbach, wo getratscht wird und sich die Einwohner austauschen.

Nachdem ich die Tuchvilla der Autorin nicht gelesen habe, kann ich jetzt keine Vergleiche ziehen, denn mir ist aufgefallen, dass "Der Dorfladen" im Vergleich dazu nicht so gut bewertet wird. Da enthalte ich mich natürlich...

Auf den ersten Seiten lernen wir die Bewohner des fiktiven Dörfchens Dingelbach, welches am Fuße des Taunus liegt, kennen. Im Mittelpunkt steht Frieda, die mittlere Tochter von Marthe Haller, die den Dorfladen führt. Frieda hat sich in den Kopf gesetzt Schauspielerin zu werden und setzt auch alles daran, sich diesen Wunsch zu erfüllen. Ihre kleine Schwester Ida ist ein sehr intelligentes Mädchen, die Klassenbeste in der Dorfschule ist und alles liest, was sie in die Finger bekommt. Sie erhält Unterstützung von ihrem Lehrer Hohnermann, der erkennt, dass sie gefördert werden muss. Helga, die ältere Schwester, ist eher ruhig und verträumt, aber auch streng zu ihren jüngeren Schwestern. Ihr sind die Ambitionen von Frieda und Ida komplett fremd. Ihr Ziel ist es, ihren Traumprinzen zu finden und zu heiraten.

Neben den drei Haller Mädchen und ihrer Mutter Marthe lernen wir noch Helga kennen, die unter ihren cholerischen Ehemann Otto und der giftspritzenden Schwiergermutter leidet. Sie und der gemeinsame Sohn Heini werden schlechter als die Dienstboten behandelt, während ihr Mann als Bürgermeister des Dorfes seine Macht ausübt. Ein ganz anderes Kaliber ist Ilse Küpper, die die ortsansäßige Schirm- & Stockfabrik leitet, die ihr Bruder nicht erben wollte und nun neiderfüllt auf seine Schwester blickt, die alles daran setzt diese wieder gewinnbringend zu führen. Doch die Inflation stoppt auch vor Dingelbach nicht und kaum jemand kann sich leisten Schirme oder Spazierstöcke zu kaufen...

Anfangs ist es mit den vielen Charakteren etwas verwirrend, doch man findet schnell in die Handlung, nachdem man die Figuren kennengelernt hat.
Es ist die Zeit nach dem ersten Weltkrieg. Obwohl die Frauen für das Wahlrecht zu kämpfen beginnen und nicht mehr nur Ehefrau und Mutter sein wollen, sind die Menschen am Land noch sehr mit den althergebrachten Traditionen verbunden. Es ist schwer aus diesen auszubrechen, wie es Frieda versuchen möchte, die in Frankfurt an die Schauspielschule möchte.
Neben den vielen Charakteren haben wir viele Themen, die die Autorin in ihre Geschichte miteinfließen hat lassen. Wir lesen über die wenigen Frauen in Führungspositionen, die Macht der Männer über die Ehefrau, über Mädchen, die gerne eine Ausbildung oder eine höhere Schule besuchen wollen und über traumatisierte Kriegsheimkehrer, die keinerlei psychologische Behandlung erfahren und oftmals von den Mitmenschen schlecht behandelt werden, nachdem sie für das Vaterland ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben.

Abwechselnd lesen wir aus den verschiedenen Sichtweisen der obengenannten Frauen. Deren Schicksale gingen mir teilweise sehr nahe. Die Charaktere sind lebendig und authentisch dargestellt.
Der Schreibstil ist der Zeit angepasst und Anne Jacobs hat einige Worte verwendet, die ich auch noch kenne oder meine Großmutter benutzt hat. Sie erzählt sehr bildhaft und authentisch. Auch die Atmosphäre des Dorfes und der Dorfbewohner wird sehr lebendig eingefangen.

Der Spannungsbogen der Geschichte ist eher mittelmäßig und steigt erst zu Ende an. Trotzdem hat mir der Roman gut gefallen.

Fazit:
Ein Reihenbeginn, der mit vielen Charakteren aufwartet und kein wirklicher Pageturner ist, aber viele interessante Themen anspricht. Ich werde auf jeden Fall weiterlesen, denn ich bin neugierig, wie es vorallem mit Ida und Helga weitergeht, aber auch wie es den anderen Frauen ergehen wird.

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