Platzhalter für Profilbild

Madamebiscuit15

Lesejury Profi
offline

Madamebiscuit15 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Madamebiscuit15 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.08.2023

Zwei Sommer, viele Entscheidungen

Wir träumten vom Sommer
0

Das Cover gefiel mir auf Anhieb, es vermittelt Sommer und Leichtigkeit vor der Kulisse des Münchner Olympiageländes. Dadurch und durch den flüssigen und leicht zu lesenden Schreibstil von Heidi Rehn bin ...

Das Cover gefiel mir auf Anhieb, es vermittelt Sommer und Leichtigkeit vor der Kulisse des Münchner Olympiageländes. Dadurch und durch den flüssigen und leicht zu lesenden Schreibstil von Heidi Rehn bin ich auch sofort völlig in die Geschichte um Amrei und ihre Freunde abgetaucht.
Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen, einmal in den 1960gern und zum anderen 1972. Durch die Rückblenden erfuhr ich, wie aus der „Landpomeranze“ Amrei eine emanzipierte junge Frau in der Studentenszene wird, sie sich zwischen zwei gegensätzlichen Männern entschieden muss und wie sehr die Osterdemonstration 1968 sie persönlich betrifft.
Als sie vier Jahre später zu den Olympischen Spielen zurückkehrt, sind ihre Freunde nach wie vor für sie da, aber auch sie haben sich verändert.
Besonders gefallen hat mir die Atmosphäre des Buches. Die vielen WG Partys und hitzigen Diskussion, waren für mich so greifbar, dass ich das Gefühl hatte mit am Tisch zu sitzen. Auch die Charaktere sind für mich glaubhaft und gelungen skizziert. Die unterschiedlichen Entwicklungen sind nachvollziehbar, das Ende stimmig und zum Glück nicht kitschig.
Es ist ein Roman der im ersten Moment locker wirkt und doch sehr viel mehr zu bieten hat. Es geht um die Frauenrolle in dieser Zeit und um Protest in verschiedenen Facetten.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.07.2024

Gelungener zweiter Teil

Und Großvater atmete mit den Wellen
0

Dies ist der zweite Roman von Trude Teige, indem sie nun Juni die Geschichte ihres Großvaters Konrad erzählen lässt. Dieser Teil kann unabhängig vom ersten gelesen werden, indem es um Junis Großmutter ...

Dies ist der zweite Roman von Trude Teige, indem sie nun Juni die Geschichte ihres Großvaters Konrad erzählen lässt. Dieser Teil kann unabhängig vom ersten gelesen werden, indem es um Junis Großmutter geht.
 
Die Handlung spielt maßgeblich auf Java während des zweiten Weltkrieges und lässt uns Lesende anhand von Konrad, seines Bruders Sverre und der Krankenschwester Sigrid teilhaben an dieser schrecklichen Zeit.
Gleich zu Beginn werden die Brüder auf hoher See durch den Angriff der Japaner getrennt, landen aber über Umwege beide auf der Insel. Konrad lernt dort im Krankenhaus Sigrid kennen und sie verlieben sich ineinander.
Als die Japaner auch auf Java an die Macht kommen, werden mit der Zeit alle Europäer in Lagern interniert.
 
Die Autorin erzählt diese Geschichte anhand von drei Handlungssträngen, die jeweils einer der Hauptfiguren folgen.
Wieder einmal ist es die Brutalität und Grausamkeit der herrschenden Menschengruppe, die mich immer wieder schlucken oder innehalten lässt. Trude Teige zeigt mehr als nur einmal auf, wie unmenschlich die Gefangenen behandelt wurden und was sich – in diesem Fall – die Japaner haben einfallen lassen, um die Insassen zu quälen.
Gleichzeitig gibt es auch Momente der Hoffnung und der Menschlichkeit.
Die Geschichte erzählt von Personen, die Unsägliches ertragen mussten und oft über sich hinausgewachsen sind. Denen andere ihr Leben verdankten und die leider zu oft nicht das gleiche Glück hatten.
 
Der Schreibstil hat mir bereits im ersten Roman gut gefallen und ließ mich auch hier wieder mühelos durch die Handlung gleiten.
Allerdings konnte mich dieses Mal die Geschichte der Protagonist*innen nicht komplett packen. Woran es genau lag, kann ich selbst nicht greifen.
Wichtig finde ich am Ende den Hinweis der Autorin, dass es zwar eine fiktive Geschichte ist, sie allerdings auf Erzählungen von Betroffenen beruht.
 
Von mir gibt es eine Leseempfehlung an alle, die gerne Romane mit dem thematischen Bezug zum zweiten Weltkrieg lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.06.2024

Ein ehrlicher Blick auf das Mutter sein

Mütter, die gehen
0

„Was für eine Mutter verlässt ihr Kind? Bestimmt nur eine der allerschlimmsten Sorte.“ S. 11
 
Ein Satz, der mich gleich auf der ersten Seite dieses Buchs anspringt und mich erst einmal innehalten lässt. ...

„Was für eine Mutter verlässt ihr Kind? Bestimmt nur eine der allerschlimmsten Sorte.“ S. 11
 
Ein Satz, der mich gleich auf der ersten Seite dieses Buchs anspringt und mich erst einmal innehalten lässt. Zu einfach ist es jetzt zu nicken und mit völliger Inbrunst zuzustimmen. Denn eine „gute Mutter“ würde niemals ihr Kind verlassen. Oder?
 
Diese Gedanken kann auch Begona Gomez Urzaiz nicht völlig von sich weisen und hat deshalb eine Akte angelegt über „Mütter, die gehen“. Dabei schreibt sie über reale und fiktionale Frauen, die ihre Kinder verlassen haben und versucht das Warum zu ergründen.
Es geht ihr dabei nicht um eine gesellschaftlich internalisierte Schuldzuweisung, die dieser Akt zwangsläufig, dank unserer Sozialisation, hervorruft. Sondern ganz im Gegenteil, sie hält sich selbst und uns Lesenden den Spiegel vor und veranschaulicht, wie schnell wir in exakt diese Falle tappen.
Ist es tatsächlich moralisch weniger verwerflich, wenn ein Vater keinen Kontakt zu seinen Kindern will, als wenn eine Mutter ihre Kinder bei ihrem (Ex-) Mann lässt?
 
Nicht alle, der beschriebenen Mütter, waren mir sympathisch. Doch bei einigen habe ich mit großem Interesse und Mitgefühl gelesen, was sie zu diesem Schritt bewegt hat.
In vielen geschilderten Situationen lässt die Autorin auch ihre eigene Sicht darauf einfließen und erzählt, wie sie ihren Alltag als Mutter diesbezüglich wahrnimmt. Diese Einblicke und ihr moderner, angenehmer Ton, machen das Buch zu einer leicht zu lesenden Lektüre, auch wenn das Thema es stellenweise nicht ist.
Denn auch ein Kind nicht zu verlassen, beziehungsweise in einer Familie zu leben, heißt nicht, dass Mütter sich nicht schuldig fühlen.
 
„Mutter sein bedeutet letztlich, eine Sammlung verschiedener Versionen von Schuld anzuhäufen, die sich ohne Rücksicht auf Widersprüche überlagern.“ S.18
 
Diesen ungeschönten und ehrlichen Blick auf das Mutter sein finde ich mehr als gelungen und notwendig in unserer heutigen Zeit.
 
Am Ende lässt Begona Gomez Urzaiz in kurzen Absätzen reale Mütter zu Wort kommen, die ihre Kinder aus Geldnot verlassen haben. Diese Geschichten gingen mir sehr nahe und veranschaulichen den Fakt, dass nur die wenigsten Mütter ihre Kinder freiwillig verlassen.
 
Es ist ein lesenswertes Buch, das einigen Stoff zum Nachdenken bietet und an klassischen Rollenerwartungen rüttelt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.04.2024

Mutterschaft in der heutigen Zeit aus unterschiedlichen Perspektiven

Eva
0

Kinder kriegen und Kinder haben, sind wohl die mit emotionalsten Themen, unserer Zeit. Wie sehr immer auch andere Menschen dabei „mitreden“ und sei es nur durch unsere Sozialisation, Erziehung oder die ...

Kinder kriegen und Kinder haben, sind wohl die mit emotionalsten Themen, unserer Zeit. Wie sehr immer auch andere Menschen dabei „mitreden“ und sei es nur durch unsere Sozialisation, Erziehung oder die gesellschaftliche Erwartungshaltung, veranschaulicht Verena Kessler in ihrem Roman.
Dabei stellt sie exemplarisch vier Frauen gegenüber. Die beiden Schwestern Sina und Mona, Eva Lohmann und eine namenlose Frau. Nur eine der vier Frauen hat überhaupt Kinder.
Die Autorin verwebt diese vier Lebensläufe geschickt ineinander, in einer klaren und schnörkellosen Sprache, die mich begeistert hat. Dabei ist sie nie gefühlskalt oder emotionslos. Ganz im Gegenteil, immer wieder haben mich einzelne Sätze innehalten lassen, weil sie so treffend waren.
Die ersten drei Geschichten gingen für mich nahtlos ineinander über und ich konnte alle drei Ansichten nachvollziehen, auch wenn ich nicht immer damit übereingestimmt habe. Der Wechsel zur vierten namenlosen Frau hat mich zu Beginn etwas aus dem Lesefluss gebracht und gliederte sich, für mich, in Gänze nicht so glatt in die anderen drei ein. War allerdings in seinen Aussagen nicht weniger packend und berührend, wie die anderen.

Ein definitiv lesenswerter Roman!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.03.2024

Schwierige Mütter-Töchter Beziehungen

Wir sitzen im Dickicht und weinen
0

Valerie und ihre Mutter Christina haben ein schwieriges Verhältnis zueinander, auch jetzt noch, wo sie beide erwachsen sind. Ebenso erging es bereits Christina mit ihrer Mutter und auch die Beziehung zwischen ...

Valerie und ihre Mutter Christina haben ein schwieriges Verhältnis zueinander, auch jetzt noch, wo sie beide erwachsen sind. Ebenso erging es bereits Christina mit ihrer Mutter und auch die Beziehung zwischen Valerie und ihrem Teenagersohn Tobi ist nicht konfliktfrei.

Felicitas Prokopetz schreibt über Eltern-Kind-Beziehungen, insbesondere über Mütter und Töchter. Dabei beleuchtetet sie exemplarisch Valeries Familie zurück bis zu beiden Großmüttern und deren Situationen. Es ist ein kluger Roman, der mit vielen starken Sätzen zum Nachdenken anregt. Zum einen, wie sehr Mütter uns prägen, unsere Werte, unsere eigene Person und unsere Vorstellung vom Mutterbild selbst. Und zum anderen veranschaulicht, wie unfrei Mütter in ihren Rollen sind. Wie sehr unsere Gesellschaft und die finanzielle Abhängigkeit sie oft zwingen gegen ihre persönlichen Vorstellungen zu handeln.

„Es war nur zu wenig, weil Mama meine Mutter sein musste. Hätte Mama auch mein Vater sein können, wäre jemand anderer dafür zuständig gewesen, mich zu versorgen, hätte sie unbehelligt von allen häuslichen und emotionalen Verpflichtungen einem Beruf ihrer Wahl nachgehen können, wäre sie wahrscheinlich stabiler gewesen; es hätte gereicht.“ S. 129

Alle diese Mütter, über die drei Generationen hinweg, wollen es bei ihren Kindern besser machen, als sie es selbst erlebt haben. Alle stoßen dabei an Grenzen.
Die Kapitel sind sehr kurz und wechseln dabei jedes Mal zwischen den verschiedenen Müttern und Töchtern ab. Das führte zu Beginn bei mir zu einiger Verwirrung, bei wem ich mich gerade befand. Mit der Zeit wurde es dann besser. Der Vorteil dieser Erzählweise erschloss sich für mich erst im Verlauf der Geschichte. Führte diese bei mir dann vor allem zu einem Verständnis für die verschiedenen Figuren, dass ich sonst nicht empfunden hätte. Denn die Autorin schildert immer wieder Momentaufnahmen, die mir nahe gingen, in denen ich die jeweilige Tochter nur zu gerne in den Arm genommen hätte. Hätte mir hier das Hintergrundwissen zu der jeweiligen Mutter gefehlt, hätte ich diese vorschnell als kaltherzig und unsensibel abgestempelt. So kann ich zwar manches nicht gutheißen, aber das Verhalten im Kontext erklären.

Felicitas Prokopetz ist hier ein vielschichtiger und dichter Roman gelungen, der Missstände aufzeigt und das Thema Muttersein in verschiedene Kontexte und Zeiten setzt. Wie viel Kraft, Selbstaufgabe und Zeit uns Kinder kosten und gleichzeitig, wie viel wir bereit sind für sie zu geben.

Ein starkes Debüt, das nachwirkt und ich gerne empfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Thema
  • Cover