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Aennie

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Veröffentlicht am 27.05.2019

Auf der Suche und auf der Flucht

Dschungel
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Felix ist sein Freund, sein bester Freund, schon seit die beiden sieben Jahre alt waren. Eine Freundschaft, die mit einem Faustschlag begann, den der namenlose Ich-Erzähler Felix verpasst hat. Später kommt ...

Felix ist sein Freund, sein bester Freund, schon seit die beiden sieben Jahre alt waren. Eine Freundschaft, die mit einem Faustschlag begann, den der namenlose Ich-Erzähler Felix verpasst hat. Später kommt es dem Leser so vor, als ob dies vielleicht das letzte Mal war, dass er sich zur Wehr gesetzt hat. Denn diese Freundschaft ist nicht auf gleicher Augenhöhe, Felix gibt den Ton an, ist der „Bestimmer“, manchmal so sehr, dass man es kaum ertragen kann, dass man den Erzähler schütteln möchte und anbrüllen „sei nicht so passiv“, „warum tust du das“, „warum lässt du das mit dir machen“ – egal ob mit 7, 9, 11, 13 oder 15 – interessanterweise sind die Rückblenden meist in diesen zwei Jahresabständen eingestreut. Der Blödsinn, den die beiden machen, ändert sich, nie das Kräfteverhältnis, nie, wer die antreibende Person ist.
Jetzt, in der Gegenwart, ist Felix verschwunden, in Kambodscha, einfach so. Und wieder sorgt er dafür, dass der Erzähler für ihn agieren muss und sich auf die Suche macht. Ein Mensch, der zuvor, und zwar genau einen Tag zuvor, erst das zweite Mal in seinem Leben geflogen ist, macht sich auf den Weg nach Südostasien. In eine andere Welt, ein heftiges Klima, in die Welt der Backpacker und Hippies und beginnt mit einer Suche am letzten bekannten Ort, von dem aus Felix sich gemeldet hatte. Und man sitzt als Leser da und schüttelt den Kopf, weil man es einfach nicht verstehen kann, dass er überhaupt aufgebrochen ist. Nach nicht mal einem Tag Vorbereitung, ohne Landeskenntnisse, ohne Plan (der Pedant in mir schreit: ohne Impfung, ohne Visum?), ohne die passende Persönlichkeit. Er ist noch nie mit dem Rucksack in einem fremden Land unterwegs gewesen, er hasst es, mit fremden Menschen zu sprechen. Was muss ihm diese Freundschaft bedeuten, dass er all das auf sich nimmt? Und angesichts der Tatsache, wie wir diese Freundschaft vorgeführt bekommen, die einem doch mehr als fragwürdig erscheint, die ausnutzend ist, mitunter einfach gemein, oder um es mit der Freundin des Erzählers zu sagen: Felix tut dir leid – im Sinne von er tut dir Leid an, ist es noch unverständlicher. Lange habe ich darauf spekuliert, dass diese Freundschaft eigentlich eine Liebesbeziehung ist, mit unausgesprochenen Konflikten. Lange habe ich gedacht, ich beginne diese Rezension in Form eines Briefes an Felix: „Lieber Felix, du schlechter Mensch (kann gerne durch ein beliebiges Schimpfwort ersetzt werden), was glaubst du eigentlich, was du da tust?“ – Und dann passiert etwas. Wenige Seiten vor Schluss gibt es eine Wendung, die alles auf den Kopf stellt, Opfer und Schuld und Verhalten und Zukunftspläne und einfach alles so dermaßen durchrüttelt, und man dann da sitzt und vollkommen anders auf vieles schaut, was man während der letzten zwei Tage gelesen hat.
Ich bin ganz ehrlich, ich mochte das Buch in vielerlei Hinsicht während des Lesens überhaupt nicht. Ich konnte einfach nicht nachvollziehen, wie man sich an einen Menschen hängt, der einem so offensichtlich immer wieder schadet, einen benutzt, einfach nicht gut tut. Im Nachhinein muss ich natürlich sagen, dass, ohne diese Antipathie, die sich in mir aufbaute, mich der Twist am Ende natürlich auch nicht so knallhart erwischt hätte, in diesem Sinne ist es dann wohl doch eher Chapeau, Herr Karig, großartige Konstruktion. Im Übrigen, genau wie die Sprache des Autors, die auf mich mitunter einen ganz besonderen Sog ausgeübt hat. Karig setzt kraftvolle, plastische Bilder ein, die entweder fast körperlich erlebbar erscheinen, Farben, Klima, Geräusche, Gerüche oder Vergleiche, die man fast auf T-Shirts drucken möchte in ihrer treffenden Einfachheit, ihrer Ironie oder ihrer Intensität. Einer meiner Favoriten: „Der Nachmittag zerfloss wie warme Schokolade in der Hosentasche. Klebrig. Ohne Anfang und Ende.“ (S. 70)
Fazit: Wortgewaltig, mitunter sperrig, manchmal etwas nervend aufgrund der Nicht-Nachvollziehbarkeit, großartig konstruiert. Mit einem Satz: ein überraschendes und dadurch dann umso beeindruckenderes Lesehighlight, aufgrund des Endes und der damit möglichen Re-Interpretation und zwangsläufigen Revision des während des Lesens an sich gewonnenen Eindrucks.

Veröffentlicht am 27.06.2024

Irgendwie murmelig

Mutmurmeln für den ersten Schultag
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…kann es einem ja schon im Bauch werden, wenn plötzlich die Kindergartenzeit vorbei ist und die große neue Unbekannte Schule auftaucht. So geht es auch Linus, doch zum Glück hat er Freundin Lolle an seiner ...

…kann es einem ja schon im Bauch werden, wenn plötzlich die Kindergartenzeit vorbei ist und die große neue Unbekannte Schule auftaucht. So geht es auch Linus, doch zum Glück hat er Freundin Lolle an seiner Seite, die hat nämlich immer irgendeine Idee. Und so auch diesmal, schnell findet sie die Lösung: gegen murmelige Gefühle im Bauch helfen Mut-Murmeln, die kann man nämlich aufladen mit lauter mutigen Sachen, die man sich traut und wenn man dann in der Schule ein wenig Mut benötigt, dann gibt die das einfach wieder ab und schon ist das alles nicht mehr so schwer und man kann voller Vorfreude starten. Als dann der 1. Schultag kommt, gibt es eine große Überraschung für Linus und alle anderen in der Klasse – und eine Menge Mut!
Sehr schöne Idee, mit farbenfrohen Illustrationen umgesetzt und sicherlich ein hilfreiches Buch für viele Schulanfänger. Die Idee der Mut-Murmel, der Visualisierung eines beruhigenden Talismanes an sich finde ich grandios, Lolles Ideen zum Aufladen der Murmeln nicht alle, z.B. ist mir das Klingeln und Veralbern des Nachbarn überhaupt nicht sympathisch, dies ist allerdings auch schon mein einziger Kritikpunkt.
Fazit: sehr schön gestaltetes Bilderbuch mit einer guten Idee, die kleinen Schulanfängern zeigen kann, was sie sich alles schon trauen und das die Schule zwar etwas Neues, aber nichts Angsteinflößendes sein muss, wenn man sich an etwas, gedanklich oder für Kinder in dem Alter natürlich im wahrsten Sinne viel greifbarer, tatsächlich, festhalten kann.

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Veröffentlicht am 27.06.2024

Eine tolle Wundertüte

Das dicke Quatsch-Rätselbuch
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Ein richtig, im absolut besten Sinne, voll gepacktes Buch! Unzählige kleine Rätsel, Wimmelbilder, kurz Aktivitäten aller Art warten hier auf ein Kind mit ein bisschen Langeweile oder einfach nur viel Freude ...

Ein richtig, im absolut besten Sinne, voll gepacktes Buch! Unzählige kleine Rätsel, Wimmelbilder, kurz Aktivitäten aller Art warten hier auf ein Kind mit ein bisschen Langeweile oder einfach nur viel Freude am malen, knobeln, Aufgaben lösen. Die Bandbreite deckt dabei den kompletten „Vorschulbereich“ gut ab, neben humorvollen Suchaufgaben gibt es Zuordnungen, Vergleiche, Schwungübungen, Zählaufgaben und vieles mehr. Den Altersbereich von 4- 6 Jahren finde ich perfekt getroffen und ich denke die meisten Aufgaben dürften mit minimalster Hilfestellung, evt. nur dem Vorlesen der Aufgabenstellung, schon alleine und erfolgreich bewältigt werden können und für eine Menge Beschäftigung und Zeitvertreib sorgen. Die Gestaltung ist äußerst farbenfroh und altersgerecht, Größe und Aufmachung entsprechen einem stabilen Malbuch und auch das passt wunderbar.
Fazit: ich bin begeistert von der Vielfältigkeit des Inhalts, da wird große Begeisterung aufkommen!

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Veröffentlicht am 15.08.2024

Fast perfekte Tarnung

Der Totenarzt (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 13)
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Ein purer Zufall beschert Hunter und Garcia ihren nächsten Fall. Eigentlich landen Suizidopfer, bei absolut klarer Todesursache, nicht auf dem Tisch der Rechtsmedizin, sondern maximal als Forschungsobjekte ...

Ein purer Zufall beschert Hunter und Garcia ihren nächsten Fall. Eigentlich landen Suizidopfer, bei absolut klarer Todesursache, nicht auf dem Tisch der Rechtsmedizin, sondern maximal als Forschungsobjekte an der Med School - und schon gar nicht sind sie dem prüfenden Auge der leitenden Forensikerin ausgesetzt. Geschieht dies doch, und ist das vermeintliche Opfer nicht an Knochenbrüchen sondern an Unterkühlung gestorben, dann stimmt etwas ganz gewaltig nicht. Fällt dann einer sehr eifrigen Medizin-Studentin, nebenbei ein schönes Pendant zu Robert „ich lese viel“ Hunter, bei einem Seminar eine Ungereimtheit bei einem weiteren Leichnam auf, der ebenfalls nicht so zu Tode gekommen ist, wie augenscheinlich vermutet, auch dieses Mal ein Suizid, dann ist die Sache klar. Serienmörder, wirklich einfallsreiche Tarnung, UV-Einheit des LAPD, Hunter und Garcia in vollem Einsatz, Ermittlungen bis zur persönlichen Schmerzgrenze und darüber hinaus bis zum finale grande.
Dem bewährten Schema bleibt Autor Chris Carter auch im neuesten Band seiner Reihe treu, und das finde ich gut. Ich weiß, was ich hier bekomme: einen blutigen Thriller mit einem Serienmörder, dessen Motiv Hunter auf oft wundersame Weise schnell erahnt, einen gelungenen Spannungsbogen und mehr braucht es oft nicht. Ich denke schon, dass der Zenit der Reihe überschritten ist, aber damit ist das, was Carter abliefert, immer noch besser als das Gros der Thriller und damit stellt er immer wieder aufs Neue viele Leser zufrieden, mich eingeschlossen. Es ist der 13. Band einer Reihe, und doch alleine lesbar finde ich. Im Gegensatz zu anderen Bänden sind hier keine großen wiederkehrenden Täter, Opfer, Motive vorhanden, die man besser kennen sollte.
Fazit: wer Carter liest, weiß was er bekommt. Nicht der stärkste. Aber immer noch ein guter Band der bewährten Reihe. Auch auf den hoffentlich nächsten Band werde ich mich freuen!

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Veröffentlicht am 23.04.2024

Auf ein Neues mit Leclerc!

Bedrohliche Provence
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Niemals geht man so ganz… und schon gar nicht, wenn man in den Ruhestand geht, und vor allem nicht, wenn man Albin Leclerc ist. Offiziell nur noch als Berater der Polizei tätig, ist er aber immer noch ...

Niemals geht man so ganz… und schon gar nicht, wenn man in den Ruhestand geht, und vor allem nicht, wenn man Albin Leclerc ist. Offiziell nur noch als Berater der Polizei tätig, ist er aber immer noch mittendrin im Geschehen und greift nach bestem Wissen und Gewissen ein, wenn es ohne ihn doch nun mal nicht gehen will… Bereits zum 10. Mal wird Leclerc als Ermittler tätig, diesmal kommt er einem Bekannten zu Hilfe, dessen Nicht mit ihrem Freund tot aufgefunden wurde. Die beiden waren zuletzt in Afrika für die Organisation médecins sans frontières tätig und die Umstände sind unklar und werden auch nicht durch das Auffinden zweier weiterer Leichen erhellt. In der Folge taucht Leclerc in einen wahren Sumpf ein, aus dem es sich wieder hinaus zu winden gilt. Selbstverständlich speilen auch Leclercs Umfeld, sein Privatleben und nicht zuletzt der allseits beliebte Mops Tyson eine gewichtige Rolle und machen den 10. Band dieser reihe zu einer runden Sache!
Fazit: nicht der spannendste und nicht der innovativste Krimi auf dem Markt, aber solide Lese-Unterhaltung mit bewährten Charakteren und Settings, macht einfach Spaß.

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