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Veröffentlicht am 24.08.2024

Ein leiser, aber beeindruckender Roman

Hotel Paraíso
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Frieda ist Synchronsprecherin, doch eines Tages scheinen ihr die Worte zu entgleiten und sie kann ihren Beruf nicht mehr ausüben. Ihr Freund Jonas schlägt ihr daraufhin einen besonderen Job vor: sie soll ...

Frieda ist Synchronsprecherin, doch eines Tages scheinen ihr die Worte zu entgleiten und sie kann ihren Beruf nicht mehr ausüben. Ihr Freund Jonas schlägt ihr daraufhin einen besonderen Job vor: sie soll im Dezember und über Neujahr hinaus ein leeres Hotel an der Algarve hüten, während die Besitzerin selbst Urlaub macht. Also findet sich Frieda dort ein, in diesem anderen Leben auf Zeit und beginnt sich zu fragen, wo sie selbst eigentlich zuhause ist.

„Hotel Paraíso“ ist bereits der dritte Roman der Autorin und Journalistin Arezu Weitholz, die darüber hinaus aber auch Gedichte und Songtexte schreibt. Protagonistin Frieda erzählt die Geschichte selbst aus der Ich-Perspektive und im Präsens, wechselt aber auch immer wieder in die Vergangenheitsform, wenn sie von früher erzählt, besonders von ihrer Kindheit und Jugend. Die Sprache der Autorin ist dabei sehr bildhaft, poetisch und voller Metaphern.

In Friedas Leben spielt das Thema Herkunft und Heimweh eine große Rolle. „Fernweh ist Heimweh nach Irgendwo“, so drückt sie es aus, denn sie weiß nicht, wohin sie gehört; ihr Herz liegt in Fetzen. Als Kind lebt sie in einem „Dazwischen“ mit der elterlichen Tankstelle, wo sie sich wohlfühlt und dem eigentlichen Wohnhaus, das ihr fremd ist. Und immer dieses Gefühl, nicht dazu zu gehören, das sich erst nach der Beerdigung des Vaters auflöst. Zurück bleiben Wut und Leere.

In Portugal nimmt Frieda sich zum ersten Mal die Zeit, diesen Gefühlen nachzuspüren. Sie unternimmt lange Spaziergänge mit dem Hotelhund Otto, sammelt Strandgut und spielt Klavier. Sie kocht und stellt die Reste in den Kühlschrank; am nächsten Morgen sind sie weg und an derselben Stelle liegt ein Dankeszettel und kleine Geschenke. Frieda findet bald heraus, dass der Nachtwächter Herr Higuchi dafür verantwortlich ist und spricht viel mit ihm über das Thema Heimat. Sie stellt sich aber auch ihren Ängsten und der Unbehaglichkeit in ihrem Herzen, wenn es um das Thema Familie geht – und vielleicht kann sie irgendwann auch positiv auf ihre Kindheit und Jugend zurückblicken.

Fazit: Ein leiser, aber beeindruckender Roman

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Veröffentlicht am 22.07.2024

Schöner Reihenauftakt mit sympathischen Figuren

Baskerville Hall - Das geheimnisvolle Internat der besonderen Talente
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Der junge Arthur Conan Dyle kommt aus ärmlichen Verhältnissen. Um seine Familie finanziell zu unterstützen, will er die Schule abbrechen und Geld verdienen. Doch dann rettet er auf der Straße einem Kind ...

Der junge Arthur Conan Dyle kommt aus ärmlichen Verhältnissen. Um seine Familie finanziell zu unterstützen, will er die Schule abbrechen und Geld verdienen. Doch dann rettet er auf der Straße einem Kind das Leben und erhält daraufhin eine Einladung nach Baskerville Hall, einem geheimnisvollen Internat. Dort findet er nicht nur neue Freunde, sondern soll auch in eine Geheimgesellschaft aufgenommen werden. Hierfür muss er drei Prüfungen bestehen, doch schon bald ereignen sich merkwürdige Dinge in Baskerville Hall und Arthur hat plötzlich einen neuen Erzfeind.

„Baskerville Hall“ ist der erste Band der Kinderbuchreihe aus der Feder der Autorin Ali Standish und wurde von Jessika Komina und Sandra Knuffinke ins Deutsche übersetzt. Der Folgeband ist bereits für Januar 2025 angekündigt. Erzählt wird aus der Perspektive von Arthur in der dritten Person und der Vergangenheitsform, so dass wir als Leser*innen immer über denselben Wissensstand verfügen, wie unser Protagonist selbst. Für die Erschaffung der Charaktere standen hier natürlich Figuren aus dem Werk von Sir Arthur Conan Doyle Pate, während er selbst der Hauptfigur seinen Namen verleiht. Unter Umständen können so natürlich Rückschlüsse auf den Handlungsverlauf gezogen werden, das ist aber bisher nur Spekulation.

Die zentrale Geschichte hat viele klassische Elemente eines guten Fantasy-Kinderbuchs: Freundschaft, exotische Wesen (wie etwa ein Dodo und ein Drachenjunges), geheimnisvolle Ereignisse und spannende Schulfächer. Das Wichtigste waren für mich aber die Figuren: Arthur ist ein sehr sympathischer Protagonist, der hart arbeitet, um seine Familie unterstützen zu können. Da der Vater ein Trinker ist, musste er schon früh Verantwortung übernehmen und diese Tatsache wird vor allem von Sebastian Moran, seinem größten Feind in der Schule, genutzt, um ihn zu provozieren. Zu Seite stehen ihm James Moriarty und Irene Eagle – beide aus gutem Haus, aber loyal, Mary Morstan, genannt „Pocket“, eine Erfinderin mit Taschen voller wundersamer Dinge und Grover Kumar, der nichts mehr liebt als Nachrufe.

Fazit: Eine Reihe, die man einfach gern haben muss

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Veröffentlicht am 08.07.2024

Ein wichtiger, viel zu wenig bekannter Klassiker

Aus guter Familie. Leidensgeschichte eines Mädchens
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Agathe Heidling ist Tochter eines Regierungsrates und somit Teil einer konservativen, großbürgerlichen Familie. Von Kind an machen alle ihr deutlich, was sie von ihr erwarten: eine brave Ehefrau zu sein ...

Agathe Heidling ist Tochter eines Regierungsrates und somit Teil einer konservativen, großbürgerlichen Familie. Von Kind an machen alle ihr deutlich, was sie von ihr erwarten: eine brave Ehefrau zu sein und ihrem Mann Kinder zu schenken. Doch während für ihre Freundin Eugenie Wutrow all das in Erfüllung geht, tut Agathe sich schwer. Immer wieder steht sie zwischen den Stühlen und versucht, allen um sie herum gerecht zu werden. Diese Haltung fordert jedoch schon bald ihren Preis.

„Aus guter Familie“ wurde bereits 1895 publiziert und stammt aus der Feder der 1859 geborenen Schriftstellerin Gabriele Reuter. Obwohl sie Thomas Mann zu ihren Leser*innen zählen durfte, blieb sie doch zu Lebzeiten recht unbekannt – was die Reihe „Reclams Klassikerinnen“ ändern möchte. Die Handlung wird von einem allwissenden Erzähler geschildert, der Agathe - von ihrer Konfirmation mit 16 Jahren an - ungefähr 20 Jahre lang begleitet. Dabei wirkt die junge Frau nicht immer sympathisch, sieht sie doch oft auf andere herab und urteilt über sie – ein Symptom ihrer eigenen Unsicherheit.

Ihr ganzes Leben lang hat Agathe mit den an sie gestellten Erwartungen zu kämpfen. Schon bei ihrer Konfirmation hat sie das Gefühl, nicht gläubig genug zu sein und während ihr Vater sich eine gute Ehe für sie wünscht, versucht ihr progressiver Cousin Martin sie auf seine Seite zu ziehen. Dem gegenüber steht ihre Freundin Eugenie, die genau weiß, was sie will und sich statt ihres Liebhabers für eine stabile Ehe mit Agathes Bruder Walter entscheidet. Sie wird all das erreichen, was Agathe sich wünscht – und das sogar auf Kosten ihrer Freundin.

„Aus guter Familie“ zeigt ein Frauenschicksal der klassischen Moderne, einer Zeit, die von einem rasanten Wandel und dementsprechenden Spannungen geprägt war. Während sich um sie herum Frauenrechtlerinnen erheben, zerbricht Agathe an der Rolle, welche die Gesellschaft ihr zugedacht hat und von der sie sich nicht zu lösen vermag. Sie verliebt sich mehrmals unglücklich und leidet an Nervosität und Hysterie; heute würden wir sagen: sie war depressiv. Ein wichtiger, viel zu wenig bekannter Klassiker.

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Veröffentlicht am 27.06.2024

Neues von den Food Detectives

Rückkehr ins Restaurant der verlorenen Rezepte (Die Food Detectives von Kyoto 2)
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Der pensionierte Kommissar Nagare Kamogawa betreibt mit seiner Tochter Koishi in Kyoto ein Shokudo, also ein kleines, familiäres Restaurant. Neben Speisen und Getränken bieten die beiden dort aber auch ...

Der pensionierte Kommissar Nagare Kamogawa betreibt mit seiner Tochter Koishi in Kyoto ein Shokudo, also ein kleines, familiäres Restaurant. Neben Speisen und Getränken bieten die beiden dort aber auch noch einen weiteren Service an: sie sind Detektive, die verlorene Rezepte wiederfinden. So sucht beispielsweise ein junger Mann nach dem Bento, das sein Vater ihm als Kind jeden Tag für die Schule vorbereitet hat. Oder ein Ehepaar, dessen Sohn bei einem Unfall gestorben ist, wünscht sich die Weihnachtstorte aus einer kleinen Bäckerei, die der Junge so geliebt hatte.

„Rückkehr ins Restaurant der verlorenen Rezepte“ von Hisashi Kashiwai ist der zweite Band der Reihe um das kleine Lokal in Kyoto und wurde in Japan bereits verfilmt. Aus dem Japanischen übersetzte Ekaterina Mikulich, die bisher hauptsächlich auf Mangas spezialisiert war. Im Prinzip handelt es sich hier nicht um einen Roman im klassischen Sinne, sondern eher um eine Aneinanderreihung von Kurzgeschichten, die den Schauplatz des Restaurants nicht verlassen und immer demselben Schema folgen: Eine Person sucht nach einem Rezept und kommt später zurück, um das entsprechende Gericht zu probieren. Das führt dazu, dass wir alles, was außerhalb des Restaurants geschieht, nur aus der Schilderung der Figuren erfahren.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die einzelnen Geschichten oft eine ähnliche Thematik haben. In den meisten Fällen geht es um die Entfremdung zwischen Familien oder den Wunsch, einen bestimmten Geschmack aus der Kindheit wiederzufinden. Darüber hinaus spielt natürlich auch die japanische Küche in jeder Geschichte eine große Rolle. Dennoch hat das gleichförmige Schema auch etwas sehr Gemütliches an sich, was dazu führt, dass man sich beinahe selbst wie ein Stammgast des Lokals fühlt, der die Inhaber und Katze Hirune schon lange kennt. Umso schöner ist es, dass wir in diesem zweiten Band nach und nach mehr über Nagare und Koishi erfahren und ihr Leben nach dem Tod der Mutter wieder richtig aufzublühen scheint.

Fazit: Eine Reihe, die mehr durch die erzeugte Atmosphäre, als durch eine spannende Handlung besticht

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Veröffentlicht am 22.06.2024

Der bisher beste Band der Reihe

Das Dorf der acht Gräber
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Der 27-jährige Tatsuya Terada fällt aus allen Wolken, als ihn eines Tages ein Anwalt kontaktiert. Er soll das Erbe seines Vaters antreten, den er nie kennengelernt hat. Doch dieses hat gleich mehrere Haken: ...

Der 27-jährige Tatsuya Terada fällt aus allen Wolken, als ihn eines Tages ein Anwalt kontaktiert. Er soll das Erbe seines Vaters antreten, den er nie kennengelernt hat. Doch dieses hat gleich mehrere Haken: Tatsuyas Vater Yozo tötete bei einem Massaker im Dorf der acht Gräber 32 Menschen und genau dorthin soll der junge Mann nun zurückkehren. Außerdem kann er sich nicht sicher sein, ob der Rest seiner Familie ihm wirklich wohlgesonnen ist oder ob nur der nächste in der Erbfolge ausgestochen werden soll. Trotz allem reist Tatsuya in das Dorf der acht Gräber und gerät in eine erneute Mordserie.

„Das Dorf der acht Gräber“ ist der dritte, in deutscher Sprache erschienene Teil der Reihe rund um Detektiv Kosuke Kindaichi des japanischen Schriftstellers Seishi Yokomizo; Übersetzerin ist übrigens die grandiose Ursula Gräfe. Bis auf den Prolog, in welchem der Autor sich selbst als Finder des Manuskripts inszeniert, auf dem der Roman basiert, wird die Handlung aus der Sicht des Protagonisten Tatsuya erzählt. Als Leser*innen finden wir uns also in derselben Situation wie er selbst wieder und wissen nicht, wem wir trauen können.

Hintergrund des Romans sind zwei größere Ereignisse: Zum einen der Tod von acht Samurais, die im Dorf mit einem geheimen Schatz Zuflucht gesucht hatten, von den Bewohner ermordet wurden und darum das Dorf verfluchten – und ihm so auch seinen Namen gaben. Die zweite Bluttat geschah durch Tatsuyas Vater Yozo, der sogar vier Mal acht Menschen tötete, was die Dorfbewohner an eine Rache der Samurais glauben lässt. Geschickt verwebt der Autor beide Ereignisse mit der Mordserie, die nun zum dritten Mal das Dorf erschüttert.

Meiner Meinung nach ist „Das Dorf der acht Gräber“ der bisher beste Band der Reihe. Ein klassischer Kriminalfall wird mit japanischer Folklore, einer Portion Abenteuer und Schatzsuche und fast schon thrillerartigen Szenen kombiniert. Die Auflösung der Morde mag ein wenig konstruiert sein, das tut dem Lesevergnügen aber keinen Abbruch. Nur unser Detektiv Kosuke Kindaichi steht bei diesem Fall sehr im Hintergrund, hat aber am Ende seinen großen Auftritt.

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