Ränkespiele der Mächtigen....
Gustav Heller (40), nach seiner erfolgreichen Zeit als Rittmeister der ersten Armee von König Albert von Sachsen im Krieg 1871 gegen die Franzosen, ist nun Kriminalrat der königlichen Polizei in Dresden, ...
Gustav Heller (40), nach seiner erfolgreichen Zeit als Rittmeister der ersten Armee von König Albert von Sachsen im Krieg 1871 gegen die Franzosen, ist nun Kriminalrat der königlichen Polizei in Dresden, sowie erfolgreicher Pferdezüchter. Als er an einem Sommertag 1879 an der Elbe entlang reitet, zerreißt eine Explosion die ländliche Stille: der Kessel eines Dampflastkahns scheint explodiert zu sein. Mutig springt Heller in die Fluten und rettet einen schwer Verletzten. Er kümmert sich um dessen medizinische Versorgung und lobt einen Finderlohn auf Wrackteile aus. Als er nach dem Geretteten schauen möchte, stellt er fest, dass dies nicht der Mann ist, den er aus den Fluten zog. Sein Misstrauen wächst immer mehr, zumal sein Vorgesetzter ihn anweist, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Doch die Ungereimtheiten werden mehr statt weniger. Es scheint als hätte der Eigner des Dampfers ein illegales Rennen zum Gewinn einer der begehrten Elbschifffahrtslizenzen organisiert. Wurde der Dampfer sabotiert? Je mehr seine Vorgesetzten ihn vom Ermitteln abhalten wollen, desto verbissener wird er und setzt sich renitent über sämtliche Anweisungen hinweg, auf der Suche nach der Wahrheit. Dieser fühlt sich auch der führende Pathologe Professor Löbbers verpflichtet, auch wenn selbst er Heller um die möglichen Konsequenzen für seine Familie warnt.
Gustav Heller ist ein ebenso eigensinniger, wie stolzer Mann, aber vor allem ist er neugierig und der Wahrheit verpflichtet. Darüber vergisst er bisweilen sogar seine Verpflichtungen seiner Familie und seinem Hof gegenüber. Er lässt sich nicht gerne von Standesdünkel und einem alten Namen von notwendigen Ermittlungen abbringen und riskiert dabei oft mehr als Kopf und Kragen. Zum Glück, auch dem seiner Frau und Kinder, ist sein Kriminalassistent Schrumm um so besonnener, wenn auch staubtrocken und etwas pedantisch. Kein Wunder, dass er keine Frau findet, aber ebenso wie sein Chef, lässt er sich von seinem erklärten Ziel nicht abbringen. Als Team ergänzen sie sich optimal, auch wenn es S. Nur selten gelingt, den impulsiven Heller zu bremsen und ihn dazu zu bringen nachzudenken, ehe er vorbrischt. Sehr gut gefällt mir, dass neben dem Kriminalfall und den historischen Einblicken auch in die damaligen Gepflogenheiten, auch die persönlichen Seiten sowohl von Hellers Familie, seiner patenten Frau Helene und seinen Kindern der schwindsüchtigen Johanna und dem um Aufmerksamkeit buhlenden Albert als auch Schrumms vergeblichen Freiersfüßen aufgegriffen werden. So fühlt man sich den beiden sächsischen Ermittlern gleich viel verbundener.
1879 waren Ermittler noch auf ihren bloßen Verstand angewiesen. Kriminaltechnisch befand man sich noch in den Kinderschuhen, auch wenn Prof. Löbbers sich redlich bemüht und für seine Zeit erstaunliches leistet. Doch die Entwicklungen schlagen Haken und Heller ist immer wieder gezwungen seine Annahmen den sich überschlagenden Ereignissen anzupassen. Neue Details und Beweise oder Zeugen bringen oft mehr Verwirrung als Klarheit. Seine direkte Herangehensweise ist seinen Vorgesetzten dabei ein Dorn im Auge, fast so sehr wie die Tatsache, dass Gustav Heller in der Armee des Königs selbst gedient hat.
Achim Buch liest diesen historischen Kriminalroman mit viel Gefühl für die bisweilen etwas herrlich angestaubte Sprache. Nein, Frank Goldammer schreibt nicht auf den Spuren Goethes, doch bisweilen lässt seine bewusste Wortwahl das Gefühl für die damalige Zeit mit ihren Sitten und Bräuchen erstarken. Dabei lässt Achim Buch auch wunderbar den Dresdner Dialekt hören, wenn die Ermittlungen Heller in die niederen Gefilde führen und kann auch gekonnt, den arrogant abweisenden Ton des Adels treffen.
Ein ebenso abwechslungsreicher, wie intelligenter Krimi aus der Kaiserzeit, den ich nicht nur Geschichtsinteressierten empfehle.
Ich bedanke mich ganz herzlichen bei Der Audio Verlag für mein Rezensionsexemplar, dass mich in die Kaiserzeit entführte!