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Veröffentlicht am 22.07.2024

Einfühlsame Themen im Sonnenparadies

Cape Coral 1. Break through my Defense
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Knallig-bunt, so kommt das Cover der neuen NA-Reihe „Cape Coral“ daher. Deswegen bin ich an „Break Through my Defense“ alleine optisch schon nicht vorbeigekommen. Autorin Mimi Heeger hat mir namentlich ...

Knallig-bunt, so kommt das Cover der neuen NA-Reihe „Cape Coral“ daher. Deswegen bin ich an „Break Through my Defense“ alleine optisch schon nicht vorbeigekommen. Autorin Mimi Heeger hat mir namentlich nichts gesagt und tatsächlich habe ich zuletzt auch nur noch wenig NA mit Collegesport-Schwerpunkt gelesen. Aber hier habe ich den Klappentext sehr bewusst wahrgenommen und war dann beim Thema Body-Shaming sofort dabei. Leider ist es in diesen Büchern oft immer noch üblich, dass es eher Modellathleten sind (Mann und Frau), die natürlich alle Unsicherheiten haben (denn das gibt es ja nicht nur durch Übergewicht), aber Plus Size und Ähnliches ist doch oft etwas, wovon viele die Finger lassen, deswegen war es hier für mich das unschlagbare Argument, um reinzulesen.

Bzw. reinzuhören, denn ich habe mir von Henriette Schreurs den Großteil vorlesen lassen, während Thaddäus Gold auch noch am Ende kurz zu hören war. Ich habe das Hörbuch als sehr gut produziert empfunden und habe Schreurs als für mich neue Stimme auch schnell als sehr natürlich im Ohr gehabt. Sie hat auch mit ihrer Art gut auf das gepasst, was ich Payton als Figur mitgenommen habe. Wenn ich ansonsten das Buch bewerte, dann möchte ich zunächst positiv festhalten, dass sich der Inhalt mit gewissen Themen wirklich intensiv und authentisch beschäftigt hat. Was mich dabei sehr überrascht hat, war der Teil zu American Football, wobei wir das wahrscheinlich auch auf andere Sportarten in den USA beziehen können. Auch wenn Cam deutlich anzumerken ist, dass er für diesen Traum lebt, aber sein nüchterner Blick auf diese Zukunft war extrem interessant und ich habe wieder viel gelernt. Was mir auch wieder bewiesen hat, dass es so viele goldene Welten gibt, die so reizvoll erscheinen, aber die genauso ihre schlimmen Schattenseiten haben. Aber es passte auch zu Cam, das Ganze nicht rosarot zu sehen, denn er ist generell ein wirklich wunderbarer Charakter gewesen. Für ihn würde ich sofort den roten Teppich ausrollen, denn er ist sehr empathisch, auch wie er gegenüber Payton für Imogen eingestanden ist, er sucht immer alle Perspektiven, bringt viel Verständnis ein und wirkt dabei dennoch herrlich linkisch und lebensbejahend. Sehr großes Ja! Zu Cam!!!!

Payton hat mir als Figur aber auch gefallen. Da wir aber ausschließlich in ihrer Perspektive waren, war es natürlich mit deutlich mehr Ecken und Kanten. Dazu war sie durch ihren Schicksalsschlag natürlich auch zuerst in einem tiefen Loch und hat eine sehr düstere Stimmung verbreitet. Aber es war alles im Charakter konsequent ausgearbeitet und es war spannend, sich mit ihr gemeinsam rauszuarbeiten. Zudem fand ich speziell ihre Gefühle bezüglich ihres Gewichts und dann in einem Bundesstaat zu landen, in dem gefühlt alle halbnackt unterwegs sind, sehr nachvollziehbar, denn viele waren und sind auch meine eigenen Gedanken. Dementsprechend war es manchmal auch beängstigend, wie nah es für mich war, aber das hat für mich auch unterstrichen, dass die Autorin entweder aus eigener Erfahrung geschrieben oder richtig gute Betaleser hatte. Gerade auch die intimen Szenen und wie lange sich Payton schwer getan hat, sehr, sehr gut gemacht. Dementsprechend wundert es auch wenig, dass Payton und Cam für mich im Buchbereich bislang dieses Jahr DAS Paar waren, was mich doch am meisten angezogen hat.

Dennoch hat „Break Through my Defense“ auch gewisse Schwächen. Ich habe das Tempo als etwas zu eilig empfunden. Ich hätte mir an der Stelle eher gewünscht, dass zwischendurch mal ein Zeitsprung drin ist, denn gerade der Trauerprozess und wie schnell sich dann auch die Beziehung zwischen Cam und Payton entwickelt hat, das wäre mit mehr Zeit realistischer gewesen. Was für mich auch nicht ideal passte, das war die Darstellung von Kat (oder Cat). Sie ist für mich als Figur nicht richtig ausgearbeitet worden. Dass sie ihre Freundin wieder in Tennessee haben wollte, das war ja logisch, aber ansonsten fand ich sie so eindimensional. Denn ich habe es auch nicht so wahrgenommen, dass sie Payton eine schlechte Freundin war, ganz im Gegenteil und dann war sie auf einmal so egoistisch und es gab nicht mal ein Gespräch, um das richtig auszuräumen. Auch wenn es mit Betty natürlich eine neue Figur gab, die die Rolle der Freundin ideal ausgefüllt hat, aber es wirkte zu sehr ersetzt. Aber Betty war an sich toll gemacht, ebenso bin ich gespannt, wie es bei Imogen weitergeht, wenn sie ihr eigenes Buch bekommt. Die Darstellung von Football auch mit dem Leidenschaftlichen Mitfiebern kam rüber. Insgesamt ist in der Autorin wirklich viel Potenzial drin, denn ich war für so ein erstes Buch schon sehr, sehr angetan.

Fazit: „Break Through My Defense“ hat mich wirklich wunderbar unterhalten und dabei auch sehr dunkle Themen angepackt und es mit Würde und Authentizität gestaltet. Cam war als Figur echt ein Goldstück, aber ich mochte auch seine Chemie mit Payton unglaublich gerne. Die Mängel sind dann etwas auf der stilistischen Ebene, aber für die Zukunft auch leicht auszuräumen.

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Veröffentlicht am 12.07.2024

Interessante Ermittlung rund um eine Schlafkrankheit

Anna O.
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Schlafen ist so ein Thema, das geht uns alle an. Zuletzt verblüffte die Statistik, dass der Menschen im Durchschnitt 8,5 Stunden schläft, aber das ist so eigentlich der Beleg dafür, wie wichtig Schlaf ...

Schlafen ist so ein Thema, das geht uns alle an. Zuletzt verblüffte die Statistik, dass der Menschen im Durchschnitt 8,5 Stunden schläft, aber das ist so eigentlich der Beleg dafür, wie wichtig Schlaf auch für das Wohlbefinden ist, auch weil der Geist in dieser Zeit alles verarbeiten kann. Dementsprechend ist Schlaf und sämtliche damit verbundene Forschung natürlich sehr spannend und hier nun von Matthew Blake aufgegriffen worden. Ich habe das Buch zwar schon im Vorfeld dominant mitbekommen und durchaus wahrgenommen, dass es einen größeren Diskurs darum gibt, aber „Anna O.“ ist vom Genre her genau in meinem Beuteschema bei Thrillern drin, so dass es für mich kein großes Risiko darstellte.

Ich habe „Anna O.“ als Hörbuch gehabt und dadurch mit Oliver Siebeck, Anne Düe, Vera Teltz und Tanja Geke gleich vier Stimmen im Ohr gehabt. Siebeck ist dabei die dominanteste Stimme, weil der von ihm gesprochene Ben die meisten Kapitel hat. Die Frauenstimmen waren zwar auch alle sehr wunderbar, aber hier fand ich es stellenweise etwas schade, dass es mehr Frauenperspektiven als die drei Stimmen gab. Dazu haben sich zwei Stimmen auch nicht überdeutlich voneinander unterschieden. Das hat es bei den Frauen schon mal etwas schwerer mit der Orientierung gemacht, aber irgendwann fällt natürlich auch der Name und dann kann zwischen Annas Mutter, Lola, Clara und wie sie alle heißen auch leichter unterschieden werden. Ich verstehe auch, dass man am Ende für so ein Hörbuch, das preislich natürlich erschwinglich bleiben soll, nicht 10 Sprecher engagiert, aber dennoch, wenn man sich um mehr Vielfalt bemüht, dann wirkt es so, als würde das letzte bisschen noch fehlen. Insgesamt aber dennoch ein gut produziertes Hörbuch.

Was sicher dem Lesefluss von Anfang sehr gut getan hat, das sind die recht kurzen Kapitel, was mir beim Hören noch viel krasser aufgefallen ist, weil manchmal waren wir mitten in einem Gedankenprozess, dann Stille und dann doch wieder Bens Perspektive. Beim selbst Lesen wäre mir das wohl anders aufgefallen, denn da sieht man ja das endende Kapitel. Aber insgesamt ist für Thriller die kurze Kapitelwahl immer clever, weil es mehr Tempo anbietet und mehr Spannung aufbaut. Und das ist hier auch nötig. Denn auch wenn „Anna O.“ für mich eine sehr interessante Prämisse hat und auch sehr starke Teile hat, so ist es insgesamt etwas langgezogen. Ich fand speziell bei Ben einige Gedankengänge wiederholend, gerade wenn er sich wegen seiner Tochter gewisse Vorwürfe gemacht hat, aber die macht er immer wieder und ändern tut er in seinem Verhalten dann doch nichts. Das erscheint unweigerlich dann zäher.

Grundsätzlich war es aber geschickt erzählt und die Perspektivenwechsel haben zusätzliche Fragezeichen beschert. Seien es Andeutungen von Emily, die Geheimnisse versprachen, oder die leichte Aggressivität von Lola und dazu dann natürlich die Tagebucheinträge von Anna, die immer näher auf die große Enthüllung zusteuerten. Die Mischung stimmte, weil das Ganze durch Bens Perspektive auch wissenschaftlich interessant eingebettet wurde. Ich komme selbst aus der Wissenschaft, deswegen kann ich solchen Informationen, auch wen es weit von meinen eigenen Bereichen entfernt ist, dennoch viel abgewinnen. Deswegen mochte ich den Wissenschaftler Ben auch viel lieber als den Privatmenschen Ben. Aber er war auch nicht der Einzige, der zum Zähen stellenweise beigetragen hat. Auch Annas Recherchen zogen sich manchmal.

Letztlich würde ich aber dennoch einschätzen wollen, dass es ein innovativer Thriller ist, der am Ende auch nochmal auffährt und ein paar Wendungen anbietet. Es ist schwer, darauf näher einzugehen, ohne nicht eigentlich schon wieder zu viel zu verraten, aber ich fand die Suche nach dem Kind von Sally Turner sich noch den interessanten Aspekt und dazu natürlich die Einschätzung zu Anna, wozu sie fähig war und ist. Ich habe letztlich noch eine große Überraschung erfahren, aber auch ein bisschen Verwirrung, was Anna letztlich wusste und was nicht.

Fazit: „Anna O.“ von Matthew Blake hat viele starke Momente und ist auch als Hörbuch sehr gut gemacht worden. Aber die zähen Momente lassen sich nicht wegdiskutieren, da wäre etwas mehr Zug im Geschehen nicht schlecht gewesen. Dennoch war es für mich ein Erlebnis mit vielen Überraschungen und neuen Erkenntnissen bezüglich Schlafen.

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Veröffentlicht am 10.07.2024

Unterhaltsames Nachleben

Wolke Sieben ganz nah
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Normalerweise kann ich Buchgenres und wie sie dann als Film oder Serie umgesetzt werden, ganz strikt für mich trennen. Das liegt oft darin, dass das Medium jeweils ganz unterschiedliche herausstechende ...

Normalerweise kann ich Buchgenres und wie sie dann als Film oder Serie umgesetzt werden, ganz strikt für mich trennen. Das liegt oft darin, dass das Medium jeweils ganz unterschiedliche herausstechende Merkmale hat und dann ist Liebesgeschichte noch lange nicht Liebesgeschichte. Aber ich merke inzwischen immer mehr, dass es tatsächlich auch Bücher gibt, die quasi eins zu eins auf den Bildschirm zu übertragen sind und dann passiert in meinem Kopf etwas ganz Bestimmtes und ich sehe es quasi genau vor mir. Dazu gehört eindeutig auch „Wolke Sieben ganz nah“ von Kirsty Greenwood, die auf dem deutschen Buchmarkt noch ganz neu ist.

Ich habe zwar erst etwas gebraucht, um in das Geschehen hineinzufinden, weil es am Anfang mit dem ‚Tod‘ von Delphi gleich losgeht und wir uns in einer Zwischenwelt befinden, wo sie dann mit der ihr zugeteilten Betreuerin erstmal feilscht. Da erschien alles für den Einstieg arg schwarzhumorig und etwas drüber, aber ich musste beispielsweise auch an die charmante Comedyserie „The Good Place“ denken, wenn auch wirklich nur der Anfang passt. Als wir mit Delphi dann aber wieder zurück auf die Erde geschickt werden, da fügt sich alles immer besser zueinander. Der Humor kommt richtig gut heraus und es gab wirklich einige sehr lustige Passagen, die auch besonders gewirkt haben, weil ich eben die Szenerie schon echt vor Augen hatten. Dazu war für mich aber Trumpf, dass das Buch über sehr individuelle Figuren verfügt. Nicht nur Delphi ist auf ihre Art sehr speziell, sondern alle anderen sind es auch. Sei es Nachbar Cooper und Mr. Yoon, die Kolleginnen von der Apotheke, Aled aus der Bibliothek, da kam schnell etwas zusammen, was sehr ikonisches Potenzial hatte, vor allem weil Delphi vorher so eine Emeretin war und sich mit jeder Figur um sie herum anders öffnen musste.

Auch wenn die Geschichte bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar war, nämlich vor allem im Bereich der Liebesgeschichte, dass es eben nicht um den Seelenverwandten Jonah ging, so finde ich doch auch, dass es immer wieder hervorstechende Elemente gab, darunter auch Überraschendes. Denn oft werden solche zweite Chancen-Geschichten dafür genutzt, dass die Figur über sich hinauswächst, was Delphi natürlich auch getan hat, aber sie ist auch an genug Herausforderungen gescheitert und hat ihre Grenzen erkannt, ohne dass man das verurteilen wollen würde. Denn es ist schon wichtig zu wissen, was man kann und was man nicht kann. Besonders schön fand ich dann aber, als alles auf das Ende hinsteuerte, denn dort kam alles von dem bisher Geschehenden zusammen und es ist wirklich rund gemacht worden. Delphi hat sich vor allem auch wegen ihrer Erfahrungen in der Schule und dann wegen des schwierigen Verhältnisses mit ihrer Mutter sehr zurückgezogen und da war es eine schöne Botschaft, wie viele Menschen sie in kurzer Zeit mit ihrer Art berühren konnte.

Etwas, was ich aber als etwas kritisch stehen lassen würde, das ist für mich Merritt und ihre Rolle in dem ganzen Geschehen. Ich habe ihre Erklärungen am Ende nicht komplett logisch durchblicken können und finde auch generell, dass sie etwas drüber war. Die Enthüllung zu ihr hat dann tatsächlich auch nicht so für mich gepasst, weil ich sie charakterlich einfach anders einsortiert hätte. Aber es ist letztlich wahrlich nicht gravierend, denn die Hauptbotschaft des Buchs kam sehr gut rüber.

Fazit: „Wolke Sieben ganz nah“ war eine wirklich lustige RomCom, die zwar etwas übertrieben startet und eine ungewöhnliche Prämisse hat, aber dann in eine wendungsreiche und lehrreiche Reise abdreht, die mich gut an die Seiten gefesselt hat. Es ist nicht die perfekte Lektüre, aber ich habe sie innerlich schon für die große Leinwand verfilmt gesehen.

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Veröffentlicht am 28.06.2024

Immer noch detailreich

Dark Heir
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Bei manchen Reihen bin ich tatsächlich froh, wenn nicht viel Zeit zwischen dem Lesen vergeht. Bei C. S. Pacat und der „Dark Rise“-Reihe war das aber weniger von Anfang an ein konkreter Plan, denn ich hatte ...

Bei manchen Reihen bin ich tatsächlich froh, wenn nicht viel Zeit zwischen dem Lesen vergeht. Bei C. S. Pacat und der „Dark Rise“-Reihe war das aber weniger von Anfang an ein konkreter Plan, denn ich hatte den ersten Band einfach unsinnig lange ungelesen rumliegen. So habe ich ihn Anfang des Jahres endlich gelesen und nur wenige Monate später, tada, der zweite Band „Dark Heir“. Es war so schon deutlich einfacher wieder in das Geschehen einzufinden, auch wenn ich sagen muss, dass Pacat keine zu komplizierte Welt erschaffen hat, aber Kontext ist für so eine vielschichtige Geschichte schon sehr wichtig.

An Band 1 hat mich vor allem fasziniert, dass es für mich vieles völlig auf den Kopf gestellt hat, weil einfach so viele Handlungsaspekte sich ereignet haben, die ich niemals vorab in einer Wette hätte zusammen platzieren können. Es war schon sehr oft Mund offen stehen haben und wenn man so viel liest (wenn auch nicht viel Fantasy), dann hat man irgendwann gefühlt schon alles erlebt. Da war die Geschichte rund um Will ein echtes Ausrufezeichen und ich war sehr gespannt, wie es nun weitergeht. „Dark Heir“ ist für mich diesmal deutlich berechenbarer gewesen. Vor allem finde ich, dass man deutlich erkennen konnte, dass es der Mittelband ist. Das war speziell daran abzusehen, dass die Figuren so verteilt wurden. Das gab es auch im ersten Band, aber da mussten die konkreten Zusammenhänge natürlich erst aufgebaut werden, so dass es vollkommen logisch war, dass einige Handlungen separiert voneinander stattfinden. Im zweiten Band ist es von den Voraussetzungen dann eigentlich so, dass wir alle Figuren zusammenhaben und sie gemeinsam auf eine Mission sind und dann zack, große Trennung. Es ist vollkommen richtig für die Handlung, aber es ist sehr typisch für zweite Bände, um auch alles nochmal kräftig aufzumischen.

Abgesehen von der Struktur ist aber auch inhaltlich für mich nicht DAS große Ausrufezeichen diesmal dabei gewesen. Es gab Überraschungen, klar, eine schon gleich zum Anfang, die die Handlung auch wunderbar knifflig macht, aber es ist nicht mehr dieses völlige Entsetzen, dass man so etwas wirklich machen kann und es zum Lesen dennoch genial ist. Also „Dark Heir“ ist eindeutig eine Stufe heruntergefahren, aber deswegen keinesfalls eine Enttäuschung. Ja, ich habe gewisse Längen diesmal mehr gespürt, auch weil ich persönlich nicht begeistert von der Geschichte von Will und James bin. Die beiden haben für mich in der Wahrnehmung einige wiederholende Szenen und das fühlt sich dann natürlich länger als nötig an. Aber dafür gibt es einen neuen Ausgleich, denn es gibt diesmal deutlich mehr Perspektiven, die bedient werden. Dadurch entsteht alleine durch die Wechsel Spannung und viel neuer Input. Visander als Figur ist auf jeden Fall eine interessante Ergänzung, auch weil er mich an ein wenig an Justice und seine Ausstrahlung erinnert hat. Aber genauso ist es auch cool, dass Elizabeth und Cyprian auch mehr Raum bekommen.

Deswegen bleibt eine Stärke auch weiterhin die Charakterarbeit, denn Pacat arbeitet nicht mit gewöhnlichen Schwarz-Weiß-Figuren, die moralisch schnell zu greifen sind. Nein, da hat Pacat doch andere Ansprüche. Will ist sicherlich das beste Beispiel und ich fand es auch sehr interessant, wie weiter ausgearbeitet wurde, dass er als eigentlicher Antagonist der Held der Geschichte zu sein versucht. Ich frage mich da ständig, ist er am Rande, dass es jeden Moment wieder umkippen kann oder ist er wirklich gefestigt in seinen neuen Überzeugungen? Es ist auch im positiven Sinne verwirrend, dass mit Visander eine andere Perspektive auf den Dunklen hinzukommt und sich dann immer zu fragen, ja, da steckt wirklich was von Will drin, das ist schon verrückt. Aber auch die anderen sind nicht einfach Helden, denn sie alle haben ihr Päckchen zu tragen. Cyprian, der immer mehr hinterfragen muss, warum er die Stewart-Regeln so sklavisch befolgt hat und wer er sein kann, aber auch Violet, die ihr Löwensein noch nicht vollends angenommen hat. James ist natürlich auch auf eine Art faszinierend, aber bei ihm habe ich tatsächlich das Gefühl, dass er gar nicht mehr er selbst sein kann, vielleicht weil er es auch nie richtig war. Aber dass er umgänglicher rüberkommt, das liegt sicherlich an der Spiegelung zu Will.

Mit dem Ende des zweiten Bandes ist auch vollkommen logisch, dass der dritte Band unbedingt noch kommen muss. Es ist auch noch genug Raum da, dass sich die Erzählung nochmal lohnen wird. Alle Figuren haben noch den letzten Schritt zu machen, wobei Will natürlich die spannendste Rolle zukommt, nun, da das Geheimnis raus ist und er seinen bisherigen Verbündeten gegenübersteht. Wird es ihn doch wieder verführen oder wer ist Will?

Fazit: „Dark Heir“ hat nicht ganz die großen WTF-Momente, wie es der erste Band hatte. Zudem ist es in der Stilistik auch deutlich als zweiter Band zu erkennen. Insgesamt aber dennoch ein intensiv ausgearbeitetes Abenteuer mit toller Charakterarbeit, die ich so oft so noch nicht gelesen habe. Jetzt wird die Wartezeit auf den finalen Band aber wirklich fies.

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Veröffentlicht am 24.06.2024

Da tanzen tatsächlich die Sterne

Sterne, die im Sommer tanzen
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Tarah DeWitt ist auf dem deutschen Buchmarkt ein Neuzugang und ich war sofort von dem Cover hi und weg. Es sticht definitiv wegen der Farbauswahl ins Auge, aber es wirkt auch sehr romantisch. Fake-Dating ...

Tarah DeWitt ist auf dem deutschen Buchmarkt ein Neuzugang und ich war sofort von dem Cover hi und weg. Es sticht definitiv wegen der Farbauswahl ins Auge, aber es wirkt auch sehr romantisch. Fake-Dating ist sowieso als Trope immer wieder gerne gesehen, weswegen ich hier gerne zugegriffen habe.

Ich habe „Sterne, die im Sommer tanzen“ als Hörbuch konsumiert. Corinna Dorenkamp ist als Hörbuchsprecherin mir jetzt schon öfters begegnet und sie funktioniert für mich auch immer wieder sehr gut. Sie hat auch die Persönlichkeit von Sage toll eingefangen, quirlig, durchsetzungsfähig, chaotisch und auch das sehr Romantische, war echt gut. Markus J. Bachmann hat mir von der Stimmfarbe her in jedem Fall auch gut gefallen, aber er ist einer dieser Männerstimmen, die beim Nachmachen von Frauenstimmen schnell was lächerlich klingt. Aber es ist wie so oft, man gewöhnt sich daran und nimmt es irgendwann als gegeben hin. Es ließ sich insgesamt also wirklich gut weghören.

Was ich bei „Sterne, die im Sommer tanzen“ schnell dachte, das war auf jeden Fall, dass es wie einer der Weihnachtsfilme von Hallmark nur im Sommer ist. Ich hatte sofort durch die ganze Atmosphäre ein ganz klares Bild vor Augen. Mit der ganzen Landschaft, nahe am Meer, dazu Sages eigener Bauernhof, die Kleinstadt mit den verschiedenen Läden und Restaurants und natürlich auch dann, wie eng die Einwohner miteinander sind, im Guten wie im Schlechten und natürlich auch der Wettbewerb. Da ich das in der richtigen Stimmung wirklich immer feiere, hatte das Buch echtes Glück, dass es hier mit dem Sommer, der sich gerade endlich näher anfühlt, die ideale Jahreszeit ist, um von den langen Nächten und all den damit verbundenen Gefühlen zu träumen und sich einfach wohlig warm zu fühlen.

Dennoch war ich jetzt nicht rosarot verblendet, denn es gab auch Teile, die ich mir noch etwas besser vorgestellt hätte. Aber nehmen wir erstmal nochmal die Figuren. Bei meiner Bewunderung zu Dorenkamp ist wohl schon durchgeschienen, dass ich Sage als Figur sehr mochte. Sie war auch mit so vielen Details ausgestatte und man hat gleich gemerkt, sie ist eine liebe Person. Zurecht hat sich zwar auch eine Diskussion über die Wahrnehmung des ‚netten Mädchens‘ ergeben, weil nette Menschen gerne schon mal ausgenutzt werden, aber Sage hat für mich so den idealen Mittelweg, denn sie ist ohne Frage nett, aber beispielsweise auch mit so vielen Brüdern aufzuwachsen und so jung die Eltern zu verlieren, das hat sie auch härter auf das Leben vorbereitet und dementsprechend fand ich Sage keinesfalls naiv. Sondern wirklich genau richtig. Fisher ist da der, der mehr Ecken und Kanten hat, was ich nicht schlecht fand, aber ich fand seine Geschichte weniger intuitiv ausgearbeitet. Burnout hin und her, aber es fühlte sich für mich nicht genug greifbar an. Auch im Nachgang, wenn alle Karten offen auf dem Tisch liegen, fehlte mir da der völlige emotionale Zugang.

Was auch etwas schade war, dass das Fake-Dating sich so schnell auflöste. Das habe ich jetzt auch schon öfters beobachtet, ein Buch arbeitet mit dem Motto, aber es wird nur als kleiner Zwischenschritt genutzt und dann schon wieder vorbei. Dabei hat Fake-Dating ganz viele Reize, die so natürlich nicht völlig ausgespielt werden. Andererseits muss ich auch sagen, dass Sage und Fisher als Paar schnell ein Miteinander finden, was auch sehr gut funktioniert. Sich da das halbe Buch einzureden, es sei nur eine Zweckgemeinschaft, das hätte irgendwann nicht mehr gepasst. Mir hat im Miteinander speziell gefallen, wie Fisher für Sage eingestanden ist, indem er auch gegenüber den anderen im Ort klar gemacht hat, was sie für tolle Eigenschaften hat und sie wiederum hat ihn mit ihrer Art, ihrem Garten und dem ganzen Obst und Gemüse, wieder zu seinem Kern als Koch hingeführt. Auch die Dramaebene war genau angemessen. Dass Indy auch für Fisher so eine wichtige Rolle eingeräumt hat, das war sehr nachvollziehbar angesichts der Geschichte. Dementsprechend war es auch für beide Seiten nachvollziehbar, was zwischen ihnen steht, zumal Sage ja quasi selbst eine Indy war und es so besser als jede andere verstehen konnte. Das Ende ist daher genau richtig. Aber eins hätte ich doch gerne ausführlicher gehabt: Den Wettbewerb. Da hatte ich mir echt einige spannende Szenen vorgestellt. Auch wenn es am Ende genau richtig irgendwie war, aber lieber ein paar andere Passagen was kürzer gehalten und dafür mehr Wettbewerb.

Fazit: Tarah DeWitt hat mich mit ihrem Debüt in Deutschland auf jeden Fall zu unterhalten gewusst. Ich hätte mir bei „Sterne, die im Sommer tanzen“ zwar ein paar Aspekte gerne etwas anders ausgemalt, aber es war das perfekte Kleinstadt-Feeling, es passt genau in die Stimmung der Jahreszeit und die beiden als Paar haben tatsächlich ein paar Sterne zum Tanzen gebracht.

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