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Veröffentlicht am 05.09.2024

Was Menschen und Tiere voneinander lernen können

Der beste Tag seit langem
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Maja und ihre Nichte Cordelia leben am Stadtrand von Wien. Das Leben verläuft in festen Bahnen. Während die Tante von Zuhause aus arbeitet und transkribiert studiert Cordelia. Eines Abends auf dem Heimweg ...

Maja und ihre Nichte Cordelia leben am Stadtrand von Wien. Das Leben verläuft in festen Bahnen. Während die Tante von Zuhause aus arbeitet und transkribiert studiert Cordelia. Eines Abends auf dem Heimweg folgt den beiden ein Pferd nach Hause. Es lässt sich im Garten der beiden Frauen nieder. Während die Tante sich sorgt, dass Pferd könnte entdeckt werden, wälzt die Nichte Bücher, was man zu beachten hat bei der Haltung eines Pferdes. Maja ist eine ängstliche Person, misstrauisch fremden gegenüber und verlässt das Haus eher selten. Doch nicht nur durch das zugelaufene Pferd lösen sich bei ihr Ängste, sie freundet sich mit Nachbarin Nadja an. Auf einem gemeinsamen Ausflug findet sie einen ramponierten Labor-Beagle, päppelt ihn auf und lässt ihn in ihrem Haus wohnen. Auch mit diesem Neuzugang ändert sich das Leben von Maja und Cordelia. Insbesondere Cordelia findet neue Freunde, probiert mit ihren neues aus, Tieren das Streiken beizubringen und sich zu verweigern.
"Der beste Tag seit langem" von Jana Volkmann @residenzverlag erzählt spannend und gleichzeitig unaufgeregt von zwischenmenschlichen Beziehungen, dem Zulassen von Nähe, Überwinden von Ängsten und Vorurteilen, Empathie und der Offenheit für das Leben, seine Veränderungen und Überraschungen. Und mittendrin sind ein Pferd, ein Hund, Schweine und Ratten. Sie bringen Menschen zusammen, die sich vorher nie begegnet sind. Und sie alle lernen voneinander und miteinander. Insbesondere Majas Entwicklung in dem Roman fand ich sehr stark. Lesen des Buches von mir mir herzlich empfohlen.

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Veröffentlicht am 29.06.2024

Wofür kein Platz ist in unserer Leistungsgesellschaft

Potenziell furchtbare Tage
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Wir alle leben in ihr: einer (post)-kapitalistischen Welt, voller Leistungsdruck. Eine Welt, welche für uns Menschen nicht gut ist. Bianca Jankovska hat sich diesem Themenkomplex in ihrem Buch "Potentiell ...

Wir alle leben in ihr: einer (post)-kapitalistischen Welt, voller Leistungsdruck. Eine Welt, welche für uns Menschen nicht gut ist. Bianca Jankovska hat sich diesem Themenkomplex in ihrem Buch "Potentiell furchtbare Tage" @haymonverlag angenommen. Ihre Sprache ist emotional sehr aufgeladen, was für mich anfangs etwas ungewohnt war, ich habe mich aber Seite für Seite daran gewöhnt. In so gut wie jedem Kapitel finden sich Triggerwarnungen, was nicht unbedingt selbstverständlich ist, jedoch in diesem Fall sehr löblich.
Denn es sind vor allem die eigenen Erfahrungen, welche Bianca Jankovska hier schildert. Das Aufwachsen in einer Familie mit Migrationshintergrund, ein Vater der viel arbeitet um die Familie zu ernähren, somit durch Abwesenheit glänz, keine enge Beziehung zur Tochter hat. Eine Mutter, welche der Tochter Bildung wo sie nur kann ermöglicht, ihre Tochter liebt für die sehr guten Noten in der Schule, ihre Leistungen im Studium. Doch schon während der ersten Berufserfahrungen wird Bianca bewusst, dass ihr das bestehende System in dem sie arbeitet, nicht gut tut. In dieser Arbeitswelt ist kein Platz für menstrierende Menschen, Dienstleistende, welche die Erwartungen der Kunden nicht erfüllen. Der Großteil der Lebenszeit geht für Lohnarbeit drauf, an der sich praktisch nur der reiche Teil der Welt bereichert. Yogakurse und Selbstoptimierung versprechen Abhilfe, doch dort werden lediglich die Symptome eines kranken Systems gelindert. Wie ändern wir die Ursache??
Dafür hat die Autorin viele kleine Ideen parat. Dennoch muss ich sagen, dass sie aus meiner Sicht "das Rad" nicht neu erfunden hat. Dass die Schere Arm/Reich immer mehr auseinander klafft, viele arme Menschen von wenigen Armen ausgebeutet werden ist bekannt. Auch dass die 4-Tage-Woche mit 10-Stunden-Tagen keine richtige Work-Life-Balance schafft ist mir bekannt.
Dennoch ist dieser Erfahrungsbericht für mich angenehmer zu lesen gewesen als ein dröges Sachbuch.

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Veröffentlicht am 29.06.2024

Wenn das Leben zur Hölle gemacht wird...

Rote Augen
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...dann ist nichts mehr wie es Mal war. Beinahe wie ein Erfahrungsbericht liest sich der Roman "Rote Augen" v. Myriam Leroy aus dem Französischen übersetzt v Daniela Högerle @edition_nautilus . Was mit ...

...dann ist nichts mehr wie es Mal war. Beinahe wie ein Erfahrungsbericht liest sich der Roman "Rote Augen" v. Myriam Leroy aus dem Französischen übersetzt v Daniela Högerle @edition_nautilus . Was mit schmeichelnde Nachrichten eines Fans auf Social Media beginnt entwickelt sich für die junge Journaltin zu einem einschneidenden Abschnitt in ihrem Leben. Als sie ihren Verehrer zurück weist, beginnt er sie im Netz zu diffamieren, zu mobben, seine Gefolgschaft springt auf den Zug auf. Anstatt die Zurückweisung zu respektieren terrorisiert der Mann die Journalistin mit Hassnachrichten, stellt sie mit verfremdeten Fotos öffentlich bloß. Ihr Umfeld reagiert mit Unverständnis, Freund*innen wenden sich an. Auch ihr Lebensgefährte wird zur Zielscheibe des Hasses im Netz, die Beziehung der beiden auf eine harte Probe gestellt. Irgendwann entscheidet sich die junge Frau sich Hilfe bei der Polizei und Staatsanwaltschaft zu holen. Doch die dort angebotene Hilfe ist ernüchternd. Es ist eine Odyssee durch 4 Jahre. Die Auswirkungen auf Körper und Psyche zerstörend.
Für mich war das Lesen des Romanes sehr anstrengend. Obwohl ich hatte Themen wie psychische Gewalt in der Literatur nicht scheue, bin ich hier nervlich an meine Grenzen gestoßen, das gelesene hat immer wieder Wut, Verzweiflung und Unbehagen in mir ausgelöst. Dennoch wird hier das Thema Hass im Netz, Misogynie, Toxische Männlichkeit und Sexismus sehr nachvollziehbar behandelt. Und es ist meiner Meinung nach ein immer noch sehr wichtiges Thema. Dennoch möchte ich ich hier eine eingeschränkte Leseempfehlung aussprechen, denn es triggert aufgrund der authentischen Erzählart doch sehr. Eine entsprechende Warnung von Seiten des Verlages konnte ich auf/in dem Buch nicht finden.

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Veröffentlicht am 29.06.2024

Eine unterhaltsame Reise ins Tessin

Gotthard
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Zora del Buono lässt mich in ihrem Roman "Gotthard" @diogenesverlag mit Zugliebhaber Fritz Bergundthal (was für ein passender Name) von Berlin ins Tessin reisen. Die Region ist geprägt vom Tunnelbau. Viele ...

Zora del Buono lässt mich in ihrem Roman "Gotthard" @diogenesverlag mit Zugliebhaber Fritz Bergundthal (was für ein passender Name) von Berlin ins Tessin reisen. Die Region ist geprägt vom Tunnelbau. Viele der Einheimischen wie Tonino arbeiten auf der Gotthardbasistunnel-Baustelle. Zugezogene Bauarbeiter frequentierten mit Hingabe den örtlichen Puff Alabama, insbesondere der junge Filz. Und während Aldo mit seinem frisierten Mofa die Haaradelkurven kratzt, flirtet seine Frau Dora mit dem Fritz. Der Roman ist ein Ausschnitt in den Alltag dieser Menschen. Mal sehr technisch, mal skurril, mal schlüpfrig. Aber immer wieder unterhaltsam. Und zum Ende geschieht noch ein tragisches Unglück. Der Text ist auch immer wieder mit schweizer oder italienischen Sprüchen gespickt, was der Story mit Lokalkolorit noch einen extra Pepp gibt. Dass sich das Zentrum der Handlung zunehmend im Puff und um eine gewisse Mônica handelt fand ich etwas bedauerlich. Ansonsten hat mir die Lektüre immer wieder ein herzhaftes Schmunzeln ins Gesicht gebracht.

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Veröffentlicht am 31.05.2024

Der rastlose Wanderer

Die Geschichte von Herrn Sommer
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Das ist Maximilian Ernst Ägidius Sommer. Bekannt wie ein bunter Hund in den Dörfern Obernsee und Unternsee. Er spaziert praktisch rund um die Uhr durch die Ortschaften und manchmal auch in die Nähe Kreisstadt.
Der ...

Das ist Maximilian Ernst Ägidius Sommer. Bekannt wie ein bunter Hund in den Dörfern Obernsee und Unternsee. Er spaziert praktisch rund um die Uhr durch die Ortschaften und manchmal auch in die Nähe Kreisstadt.
Der Ich-Erzählende, ein Junge erst im Grundschulalter, später ein Jugendlicher, begegnet diesem Mann immer wieder. Doch in dem kleinen Büchlein "Die Geschichte von Herrn Sommer" von Patrick Süskind - zauberhaft illustriert von Jean-Jacques Sempé - @diogenesverlag werden auch Kindheitsanekdoten erzählt. Der Traum vom Fliegen, gefolgt vom leidenschaftlichen Klettern auf die höchsten Bäume und dann die einprägsamen Klavierstunden bei Fräulein Funkel. Mich hat die Lektüre berührt und unterhalten im gleichen Maße. Einerseits die kindliche ausschweifende Erzählstimme, andererseits das bedrückende bezüglich Herr Sommer, denn ebendieser wandert nicht ohne Grund rastlos umher.
Wirklich ein zauberhafter Lesesnack für zwischendurch.

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