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Veröffentlicht am 08.08.2024

Das Verleugnen ihrer wahren Identität...

Fünf Leben
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...wird zu ihrem Schutzpanzer. Daiyus Eltern verschwinden als sie noch ein Kind ist, die Geliebte Oma schickt ihre Enkelin weg in eine Küstenstadt. Im China der 1880er Jahre nimmt das Mädchen die Identität ...

...wird zu ihrem Schutzpanzer. Daiyus Eltern verschwinden als sie noch ein Kind ist, die Geliebte Oma schickt ihre Enkelin weg in eine Küstenstadt. Im China der 1880er Jahre nimmt das Mädchen die Identität eines Jungen an, denn sie weiß als Mädchen ist sie schutzlos. In der Kalligraphie-Schule von Meister Wang findet Feng/Daiyu Arbeit und lernt die Kunst und Philosophie der Kalligraphie, es ist praktisch ihr neues Zuhause geworden. Doch dann wird sie in ein Bordell nach San Francisco verschleppt. Ein Junge in ihrem Alter hilft ihr zu fliehen, doch der grausamen Gewalt von Männern, welche ihr im Bordell erspart blieben, lernt sie nun schutzlos kennen. Sie spaltet sich noch mehr von Daiyu ab, wird zu Jacob Li und arbeitet in einem Lebensmittelladen in Idaho. Die beiden Ladeninhaber und ein Geigenlehrer werden sowas wie ihre Wahlfamilie, ja sie verliebt sich sogar. Doch der Alltag der Vier wird zunehmend von antichinesischer Gewalt überschattet, bis ihr aller Leben auf dem Spiel steht.
"Fünf Leben" von Jenny Tinghui Zhang aus dem amerikanischen Englisch übertragen v. Brigitte Jakobeit @eccoverlag ist eine Zeitreise welche von wirklichen Tatsachen inspiriert wurde. Bisher habe ich mich nie bewusst mit antichinesischem Rassismus beschäftigt, obwohl mir seit Beginn der Corona-Pandemie im Alltag auch häufiger abfällige Sprüche in diesem Zusammenhang begegnet sind, welche ich natürlich nicht in Ordnung finde. Der Roman hat überwiegend eine beinahe kindliche Sichtweise, wird er aus der Sicht eines Jungen Mädchens geschildert. Ihre Erlebnisse sind vor meinen Augen lebendig geworden, die Emotionen greifbar gewesen. Auch wenn die Zeit, in welcher der Roman abhandelt, schon lange zurück liegt, ist die Geschichte noch immer und leider hochaktuell. Denn Rassismus gibt es leider immernoch überall auf der Welt, spaltet uns alle, obwohl wir uns doch alle rund um den Globus die Hände reichen sollten. Denn trotz der Unterschiede sind wir doch alle Menschen, Menschen, die zusammenstehen sollten. Daher große Leseempfehlung meinerseits 🤗

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Veröffentlicht am 29.06.2024

Und plötzlich gab es die DDR nicht mehr

Muldental
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Knapp 40 Jahre hat der sozialistische Staat seine Bürger*innen geprägt. Und dann war Schluss. In ihrer Anthologie "Muldental" @diogenesverlag erzählt Daniela Krien die Geschichten verschiedener Menschen ...

Knapp 40 Jahre hat der sozialistische Staat seine Bürger*innen geprägt. Und dann war Schluss. In ihrer Anthologie "Muldental" @diogenesverlag erzählt Daniela Krien die Geschichten verschiedener Menschen und Familien aus ebendiesem Muldental. Da gibt es den Sohn eines Töpfers, der unter dem Jähzorn seines kranken Vaters leidet. Zwei Frauen, alte Freundinnen, treffen sich am Jobcenter nach vielen Jahren wieder und beschließen aus der Not heraus sich zu prostituieren. Und ein einsamer Mann, der in der Zeit nach der DDR nicht angekommen zu sein scheint, Zigaretten sammelt, das ganze Jahr in seine Steppjacke gekleidet. Die 11 Kurzgeschichten in diesem Band sind alle sehr unterschiedlich. Und doch verbindet sie so vieles, die Herkunft und auch eine gemeinsame Jugend. Das Ende der DDR markiert für alle Personen in den Geschichten einen wichtigen Wendepunkt in ihrem Leben. Die sogenannte "Wende" hat vielen keinen oder nur kurzen finanziellen Wohlstand gebracht. Familien sind zerbrochen, Lieben gescheitert. Und obwohl jede Geschichte mit ein tristes Gefühl hinterlassen hat, gab es doch eine, welche Hoffnung schenkt, Hoffnung auf Annäherung und Versöhnung. Jede Geschichte lässt sich sehr gut als Häppchen lesen, das ganze Buch mit knapp 200 Seiten lässt sich aber auch als Hauptgang in einem Rutsch lesen, was ich euch gerne empfehle.

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Veröffentlicht am 31.05.2024

Annäherung

Geschwister im Gegenlicht
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Dieser Roman ist eine Reise. Nicht nur an die Ostsee, an der sich die Geschwister Sonja und Rolf nach langer Zeit wiedersehen. Es ist auch eine Reise der Annäherung zwischen Bruder und Schwester, welche ...

Dieser Roman ist eine Reise. Nicht nur an die Ostsee, an der sich die Geschwister Sonja und Rolf nach langer Zeit wiedersehen. Es ist auch eine Reise der Annäherung zwischen Bruder und Schwester, welche seit Kindheit an ein eher distanziertes Verhältnis zueinander hatten. Doch Rolf offenbart Sonja, dass er im Zusammenhang mit seiner Burnout-Diagnose begonnen hat, sich mit seiner Kindheit und Jugend, mit den Eltern und deren Geheimnissen auseinandersetzen. Zaghaft nähern sie sich an. Tauschen sich aus über die Kindheit und Jugend, welche geprägt wurde durch die psychische und physische Gewalt der Eltern, überzeugte Nazis. Doch in all der schrecklichen Vergangenheit gibt es auch schönes zu entdecken: Schwester Anni, Sonjas wahre Mutter. Und auch, dass Geschwister nach all der Zeit zusammen finden können, Zusammenhalt finden beieinander.
"Geschwister im Gegenlicht" von Sabine Bode @klettcottaverlag hat zwar keinen klassischen Spannungsbogen, doch hat ihre Erzählweise eine ganz eigene Sogwirkung. Sie verwebt gekonnt Familiengeschichte mit deutscher Nazi- und Nachkriegsgeschichte. Es ist mir sehr schwer gefallen, das Buch nicht in einem Zug zu verschlingen. Und hat mich auch bei meinen Lesepausen immer wieder beschäftigt. Für mich war die Lektüre sehr bereichernd, dennoch halte ich eine Triggerwarnung für das Buch für sinnvoll, denn hier wird auch häusliche Gewalt geschildert. Abgesehen davon empfehle ich den Roman sehr zum Lesen.

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Veröffentlicht am 31.05.2024

Familiäre Verflechtungen

Todesblues
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In ihrem Kriminalroman "Todesblues" aus dem amerikanischen Englischen übersetzt v. Gertraude Krueger @diogenesverlag entführt mich Valerie Wilson Wesley bach Newark Indie USA. Dort bekommt Privatermittlerin ...

In ihrem Kriminalroman "Todesblues" aus dem amerikanischen Englischen übersetzt v. Gertraude Krueger @diogenesverlag entführt mich Valerie Wilson Wesley bach Newark Indie USA. Dort bekommt Privatermittlerin Tamara Hayley den Auftrag, Shawn Reynolds Tod noch einmal genau zu durchleuchten. Der Roman schildert jedoch nicht nur die Ermittlungen Tamaras, sondern thematisiert auch die strukturelle Diskriminierung US-anerikanischer Bürger*innen aufgrund

colorism und

rassism durch weiße Menschen in der Gesellschaft und vor allem bei der Polizei. Aber auch in den eigenen Reihen herrscht zumindestens in dieser Geschichte auch ein stark ausgeprägter Klassismus, wie es mir scheint. Denn im Zuge ihrer Ermittlungen erfährt Tamara nicht nur, dass Shawn Reynolds in eher prekären Verhälnissen und ohne Vater groß wurde, sondern auch in Waffengeschäfte verwickelt war. Darüber hinaus gab es viele Verhältnisse zu unterschiedlichen Frauen, wie einer gewissen Gina, Mutter des jüngsten Abkömmling Shawns, welche aus einer vergleichsweise wohlhabenden und Einflussreichen Familie stammt. Das genaue Mordmotiv und wer diesen Mord begangen hat wird erst kurz vor Schluss des Buches geklärt. Dennoch war es durchgehend spannend, die Ermittlerin zu begleiten und den familiären Verflechtungen auf den Grund zu gehen. Es gab immer wieder Überraschungen, welche den Roman in keinster Weise eintönig machten. Definitiv kein banaler Unterhaltungskrimi, sondern einer mit Tiefgang, was mir beim Lesen sehr gut gefallen hat.

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Veröffentlicht am 29.04.2024

Turbulent wie die Asse

Das letzte Feuer
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Eine Zeitreise ins 20. Jahrhundert, eine Reise in das Bergdorf Orpierre-d'Asse in der Haute-Provence ist "Das letzte Feuer" von Maria Borrély aus dem Französischen übersetzt v. Amelie Thoma @kanonverlag
Und ...

Eine Zeitreise ins 20. Jahrhundert, eine Reise in das Bergdorf Orpierre-d'Asse in der Haute-Provence ist "Das letzte Feuer" von Maria Borrély aus dem Französischen übersetzt v. Amelie Thoma @kanonverlag
Und obwohl mit unter 150 Seiten vollgepackt mit einer turbulenten Geschichte um eine Dorfgemeinschaft in den Bergen, eine Landschaft geprägt vom steifen Wind, trocken und karg. Menschen, welche sich nach fruchtbaren Getreidefeldern, Obstbäumen und einem reichhaltigen Leben sehnen. Mittendrin die eigenwillige Pélagie mit ihrer Enkelin Berthe. Während alle anderen Familien nach und nach in das neue Dorf unten an den Fluss, die turbulente, unberechenbare und unzähmbare Asse ziehen, bleiben ebendiese beiden oben in den Bergen. Die Großmutter ist fest davon überzeugt, dass das Klima nahe dem Fluss schädlich ist. Anfangs glaubt ihr niemand, das Dorf blüht auf. Doch das gtoße Glück währt nicht lange.
Auch den zweiten Roman von Maria Borrély habe ich mit großer Freude gelesen. Im Vergleich zu "Mistral" finde ich "Das letzte Feuer" deutlich turbulenter, lebendiger. Und doch blieb die Autorin ihrem Erzählstil treu, umschreibt die Region der Handlung gekonnt und malerisch mit starken Konturen, welche die Geschichte für mich beinahe greifbar machen. Ich freue mich sehr, dass auch dieser Roman der vergessenen französischen Schriftstellerin ins Deutsche übersetzt wurde.
Definitiv wieder ein Lieblingsbuch.

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