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Veröffentlicht am 08.11.2024

Düster

Von Norden rollt ein Donner
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„Vom Norden rollt ein Donner“ stand auf der Shortlist zum deutschen Buchpreis 2024 und klang spannend aber auch anspruchsvoll.

Markus Thielemann erzählt darin von einer Schäferfamilie in der Lüneburger ...


„Vom Norden rollt ein Donner“ stand auf der Shortlist zum deutschen Buchpreis 2024 und klang spannend aber auch anspruchsvoll.

Markus Thielemann erzählt darin von einer Schäferfamilie in der Lüneburger Heide.

Jannes, 19 Jahre, Schäfer in der 3. Generation soll den elterlichen Hof übernehmen.

Seine Berufswahl war quasi alternativlos. Auch wenn er die Tiere und die Natur liebt, hat er immer gewusst, was von ihm erwartet wird und sich gefügt.

In der Geschichte schwingt die ganze Zeit eine Bedrohung mit, die Stimmung ist düster, der Wolf ist zurück und eine Bedrohung für Mensch und Vieh. Der Autor spricht viele Themen an, mit denen ich nicht gerechnet habe. Natürlich werden wir Leser mitgenommen in den Alltag eines Schäfers, der vielfältiger und anstrengender ist, als ich es mir vorgestellt hatte. Es geht in diesem Buch aber auch um Demenz, rechtes Gedankengut im ländlichen Raum und eine finstere Vergangenheit im oft romantisierten Naturidyll.

Thielemann schreibt unglaublich atmosphärisch. Das „Böse“ wabert unter der Oberfläche, ohne wirklich sichtbar zu werden. Ich fand diesen Blick aus den Augen einer jungen Generation durch den Protagonisten Jannes stark . Er sieht diesen Widerspruch zwischen wirtschaftlich notwendiger Heideromantik ( Touristen, Hochzeiten, Kutschfahrten) und Realität, einem Leben, dass kaum das Nötigste abwirft mit viel Arbeit , Bürokratie und einer Politik, die fernab von den Ängsten und Sorgen der Menschen den Wolf wieder ansiedelt und die Schäfer dann alleine läßt. Kann er einfach weitermachen?

Mit Jannes Visionen, die dem Buch noch ein paar Gruselvibes mitgeben hatte ich so meine Probleme. Trotzdem verstehe ich warum der Autor zum Stilmittel des magischen Realismus gegriffen hat. Damit öffnet er praktisch eine Tür in die Vergangenheit, die Munitionsfabrik mit seinen Zwangsarbeiter:innen ( heute Rheinmetall) und eine Außenstelle des KZ Bergen Belsen liegen mitten in seiner Heimat, doch die drängenden Fragen werden mit Schweigen beantwortet.

Thielemann stößt in seinem Roman viele Gedanken an. Es war ein Buch über das man sprechen möchte und das sicher noch eine Weile nachhallt.

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Veröffentlicht am 05.09.2024

Packender Politthriller

Höllenfeuer
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Peter Grandl läßt in diesem Thriller Alpträume wahr werden. Mich hat es beim Lesen wirklich gegruselt, weil man sich vorstellen kann, dass das Geschilderte leider genauso passieren könnte.

Immer wieder ...

Peter Grandl läßt in diesem Thriller Alpträume wahr werden. Mich hat es beim Lesen wirklich gegruselt, weil man sich vorstellen kann, dass das Geschilderte leider genauso passieren könnte.

Immer wieder webt der Autor reale Ereignisse in seine Geschichte mit ein, was sie noch wirklichkeitsnäher erscheinen lässt.


Direkt zu Beginn gibt es einen terroristischen Anschlag auf eine Münchener U-Bahn, eine verheerende Tat, die aber erst der Anfang einer IS Terrrorzelle ist, die Tod und Verderben zu den „Ungläubigen“ bringen will.

Es geht in dem Buch ganz viel um Religion und Glauben, insbesondere wie der Glaube zu manipulativen Zwecken instrumentalisiert wird.

Der Prozess der Radikalisierung von Menschen wird sehr gut beschrieben und natürlich auch wie Terroristen unser Rechtssystem bestens kennen und nutzen.

Der Thriller „Höllenfeuer“ entwickelt von der ersten Seite an einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann und ist unglaublich spannend. Ständig bahnt sich eine neue Katastrophe an. Manches sieht man kommen, aber es gibt auch viele überraschende Twists.

Das Personal in diesem Thriller ist umfangreich. Wer den Überblick verliert, findet auf den letzten Seiten aber eine Auflistung zur besseren Einordnung.


Peter Grandl garantiert spannenden Lesegenuss und wer einen richtig packenden Thriller sucht, ist hier genau richtig.

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Veröffentlicht am 28.07.2024

Den Tod des eigenen Kindes überwinden

Mein drittes Leben
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Daniela Krien hat sich in ihrem neuesten Roman ein schweres Thema gewählt. Ihre Protagonistin Linda, eine Frau im mittleren Alter, hat ihre 17jährige Tochter bei einem tragischen Unfall verloren. Eben ...

Daniela Krien hat sich in ihrem neuesten Roman ein schweres Thema gewählt. Ihre Protagonistin Linda, eine Frau im mittleren Alter, hat ihre 17jährige Tochter bei einem tragischen Unfall verloren. Eben war sie noch da, unbeschwert und fröhlich mit ihrem wippenden Pferdeschwanz. Dann übersieht ein LKW Fahrer die junge Radfahrerin beim Abbiegen und Linda‘s Leben und das ihres Mannes Richard verändert sich grundlegend und wird nie mehr wie vorher sein.

Mit einer feinfühligen und klaren Sprache beschreibt die Autorin wie unterschiedlich das Ehepaar trauert. Linda sieht überhaupt kein Licht am Ende des Tunnels, während Richard irgendwann auch wieder zu leben versucht, sich trotz des Schicksalsschlags nach Lachen und menschlicher Wärme sehnt. Linda zieht aufs Dorf auf einen Bauernhof und lenkt sich mit Hofarbeiten ab, doch die Depression hält sie fest in ihrem Griff. Nur ganz allmählich merkt sie eine Veränderung bei sich und kann sich irgendwann tatsächlich dem Leben wieder zuwenden, ein mühsamer und langwieriger Prozess, den Daniela Krien sehr einfühlsam und nachvollziehbar erzählt.

Alte Freunde passen nicht mehr zu der neuen Linda, doch die Menschen, die sie auf dem Land neu kennenlernt wie Natascha mit ihrer autistischen Tochter Nine oder auch Nachbar Klaus mit seiner herzlichen Frau Bruni, geben Linda Halt und neuen Lebensmut. Auch ihr Mann Richard hat zwar eine Freundin, doch er hält weiterhin Kontakt zu seiner Frau, die er immer noch liebt. So gibt es neben vielen tieftraurigen und deprimierenden Momenten in dieser Geschichte auch immer noch ein Fünkchen Hoffnung. Ich fand die Folgen dieses dramatischen Verlusts, dem Schlimmsten, was einem als Eltern passieren kann sehr realistisch geschildert. Genauso könnte es ablaufen, und die Begleitung Linda‘s auf ihrem Trauerweg hat mich sehr berührt.

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Veröffentlicht am 18.07.2024

Überlebensinstinkt

Herz auf Eis
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Louise und Ludovic sind ein ungleiches Paar. Sie ist besonnen, vielleicht ein bisschen ernst, während er leichtfüßig und sorglos und immer fröhlich durchs Leben geht. Er langweilt sich im ewigen Einerlei ...

Louise und Ludovic sind ein ungleiches Paar. Sie ist besonnen, vielleicht ein bisschen ernst, während er leichtfüßig und sorglos und immer fröhlich durchs Leben geht. Er langweilt sich im ewigen Einerlei von Paris und überredet Louise schließlich ein Sabbatjahr zu nehmen, um auf Abenteuerreise zu gehen. Louise lässt sich von seinem Enthusiasmus mitziehen . Sie hat Erfahrung als Hobbybergsteigerin und traut sich zusammen mit dem begeisterten Segler Ludovic zu, die Welt per Segelboot zu entdecken.

Dass es eine Reise auf Leben und Tod werden wird, hätte keiner der beiden Großstädter je gedacht.

Doch sie stranden auf einer unbewohnten Insel vor Kap Hoorn, eine Insel, die unter Naturschutz steht und die sie gar nicht betreten dürften.

Während ihrer Inselerkundung ändert sich das Wetter. Ein Sturm zieht auf und ihre Segeljacht sinkt, so dass sie gefangen sind auf einem Eiland mit Pinguinen und Robben, die sie sehr bald gezwungen sind zu jagen, um nicht zu verhungern.

Der Existenzkampf der Gestrandeten ist nichts für schwache Nerven. Schonungslos berichtet die Autorin aus Sicht von Louise, was es heißt nur noch das Überleben im Fokus zu haben. Wie ändert sich die Paarbeziehung und wie lebt man nach der Katastrophe weiter, wenn es tatsächlich nur einem gelingt zu überleben.

Die Geschichte habe ich als sehr authentisch empfunden. Automatisch stellt man sich die Frage was man selbst getan hätte, wäre man in eine derart ausweglose Situation geraten. Isabelle Autissier schafft es in ihrem Roman ohne auszuschweifen Fragen über Urinstinkte , Menschlichkeit und Schuld aufzuwerfen. Es war eine spannende Lektüre mit Tiefgang, die mich noch eine Weile beschäftigen wird.

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Veröffentlicht am 29.06.2024

Spannender Locked -Room - Thriller mit faszinierendem Setting

The Dark
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Notärztin Kate North bekommt die Chance kurzfristig den bei einem Unfall verstorbenen Stationsarzt Jean Luc der US Forschungsstation in der Antarktis zu ersetzen. Es ist für sie die „Einmal im Leben -Gelegenheit“ ...

Notärztin Kate North bekommt die Chance kurzfristig den bei einem Unfall verstorbenen Stationsarzt Jean Luc der US Forschungsstation in der Antarktis zu ersetzen. Es ist für sie die „Einmal im Leben -Gelegenheit“ und gleichzeitig auch die Möglichkeit zur Flucht vor ihrem eigenen Trauma, einem Autounfall, den sie nur knapp überlebt hat.

Mit Kate reisen wir als Leser in einem kleinen Propellerflugzeug in die eisige , menschenfeindliche Eislandschaft der Antarktis. Die Tage werden dunkler, die Sommercrew reist ab und bald schon beginnt man zu ahnen, dass der Tod von Jean Luc vielleicht gar kein Unfall war und unter den Anwesenden ein Mörder oder eine Mörderin sein muss.

Kate, die mit ihren eigenen Dämonen kämpft und sich nicht eingestehen will, dass sie nach dem Unfall eine Abhängigkeit von Schmerztabletten entwickelt hat, stößt immer mehr an ihre Grenzen. Die Stationsleiterin Sandrine behandelt sie, als wäre sie inkompetent, die Dunkelheit und das enge Zusammenleben setzt den Mitarbeitern zu und sorgt für Probleme.Merkwürdige Dinge passieren, es liegt Unheil in der Luft und Personen kommen durch Selbst - oder Fremdverschulden zu Schaden, eine Frage die gar nicht so einfach zu beantworten ist.

Vielleicht gab es im Mittelteil des Buches ein paar Längen. Das ist aber zumindest im Hörbuch nicht weiter negativ aufgefallen. Die Lage der Wintercrew spitzt sich immer weiter zu. Kate weiß nicht mehr, wem sie noch trauen kann, und auch ich hatte bis zum Schluss mal die eine mal die andere Person in Verdacht und war am Ende doch überrascht von der Auflösung.



Mir hat dieser Antarktis Thriller richtig gut gefallen. Ich mochte den flüssigen und sehr atmosphärischen Schreibstil, die stetig wachsende Spannung und fand es klasse, dass die Autorin in ihrer Forschungsstation viele starke Frauenfiguren in verantwortungsvolle Positionen eingesetzt hat.

Dies war Emma Haughton‘s Debütroman, eine Autorin, die ich sicher im Auge behalten werde. Auch der Sprecherin Tanja Geke habe ich sehr gerne zugehört.

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