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Veröffentlicht am 30.06.2024

Gelübde

Die Spur des grünen Leguans
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1863 – 1876: Dorothea, ursprünglich aus Köln, hat sich endlich mit ihrem Leben in Costa Rica arrangiert und hofft, alsbald ihre Jugendliebe Alexander wiederzusehen. Als jedoch Tochter Olivia entführt wird, ...

1863 – 1876: Dorothea, ursprünglich aus Köln, hat sich endlich mit ihrem Leben in Costa Rica arrangiert und hofft, alsbald ihre Jugendliebe Alexander wiederzusehen. Als jedoch Tochter Olivia entführt wird, legt Dorothea ein folgenschweres Gelübde ab. Spannend wie im Band Eins geht es in der vorliegenden Fortsetzung weiter.

Die sympathische junge Ehefrau und Mutter Dorothea spielt auch diesmal die Hauptrolle im Buch, aber auch sämtliche andere Figuren sind ebenso liebevoll und treffend charakterisiert. Dazu kommt die wunderbare Kulisse Costa Ricas mit bunter Tier- und Pflanzenwelt, die niemals zur Ruhe kommt. Dies trifft leider auch auf Dorothea zu, kaum scheint Ordnung in ihrem Leben einzukehren, kommt der nächste Schicksalsschlag. In schillernden Farben erzählt Anna Paredes die bewegende Geschichte über eine ungewöhnliche Ehe, ein mit viel Engagement geführtes Heim für Indigo-Mädchen und die komplizierten Strukturen innerhalb einer Familie. Mit gefühlvollen Worten beschreibt die Autorin unterschiedlichste Empfindungen, sei es jene, eines sich nicht geliebt fühlenden Sohnes, sei es jene, eines unglücklichen Familienvaters. Rasch kann man sich in die so verschiedenen Personen hineinversetzen und deren Stimmung spüren, welche in jeder einzelnen Zeile mitschwingt.

Eine sehr schöne Fortsetzung von Band Eins, den man zwar nicht zwingend gelesen haben muss, empfehlenswert ist es aber allemal. Mich haben beide Teile der Costa-Rica-Saga sehr gut unterhalten. Ich freue mich schon auf weitere Stunden mit Dorothea und allen anderen liebgewonnenen Personen.

Veröffentlicht am 29.06.2024

Auf den Spuren der Schokolade

Wunder aus Karamell
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Magdalena hat, ebenso wie ihre Eltern und ihr Onkel, ein feines Gespür für die Herstellung von Bonbons und entwickelt neue Süßigkeiten, unterdessen wird ihr nur um ein Jahr jüngerer Bruder Hermann immer ...

Magdalena hat, ebenso wie ihre Eltern und ihr Onkel, ein feines Gespür für die Herstellung von Bonbons und entwickelt neue Süßigkeiten, unterdessen wird ihr nur um ein Jahr jüngerer Bruder Hermann immer mehr zum Störenfried in der Familie. Während auch im deutschen Werther des Nationalsozialismus erstarkt und der Antisemitismus unerträgliche Ausmaße annimmt, ereignen sich auch ganz persönliche Höhen und Tiefen für die Menschen rund um die erfolgreiche Bonbonfabrik.

Wunderbare Bilder, aufregende Szenen, viele reale Elemente inmitten einer fiktiven Handlung – so geht es auch im zweiten Teil der Bonbonsaga weiter. Luise Bastin trifft stets den richtigen Ton, um Figuren und Ereignisse ins rechte Licht zu setzen. Liebevoll kreiert sie eine glaubwürdige Geschichte, in deren Mittelpunkt die Herstellung von feinsten Pralinen steht und haucht den einzelnen Familienmitgliedern entsprechend Leben ein. Neben Eifersucht und Missverständnissen widmen sich viele Seiten der Entstehung neuer süßer Kreationen, und auch wenn hier manches Detail der Phantasie der Autorin entspringt, so ist es nicht minder erstaunlich, wie kompliziert es ist, aus besten Zutaten geschmackliche und optische Harmonie zu erreichen. Aber auch in der Familie sollte Harmonie herrschen, der Leser darf hautnah miterleben, wie sich die einzelnen Figuren weiterentwickeln.

Wiederum spricht Luise Bastin viele Themen der Zeit, diesmal der 1930er-Jahre, an und vermittelt ein detailliertes Bild über die Rolle der Frau und die Judenverfolgung. Wunderbar verflicht sie in diese Kulisse von historischen Fakten eine fiktive Handlung mit Familienzwistigkeiten und einer sehr interessanten Reise nach Spanien und Mexiko, welche spannende Einblicke liefert in die Anfänge des Personenflugverkehrs und insbesondere über die Herkunft der Schokolade und anderen landestypischen Süßwaren. Aber Halt! Ich erzähle ja schon viel zu viel … am besten nimmt man selbst dieses wundervolle Buch zur Hand und lässt sich in die Welt von Karamell und Schokolade entführen!

Veröffentlicht am 27.06.2024

Rasant

Hast du Zeit?
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Menschen verschwinden, Erwachsene dürfen das, sie müssen sich nicht bei Verwandten oder Freunden „abmelden“. Sofern keine Gefahr in Verzug ist, geht die Polizei den Vermisstenmeldungen auch nicht übermäßig ...

Menschen verschwinden, Erwachsene dürfen das, sie müssen sich nicht bei Verwandten oder Freunden „abmelden“. Sofern keine Gefahr in Verzug ist, geht die Polizei den Vermisstenmeldungen auch nicht übermäßig engagiert nach, es gibt wichtigere Delikte und Mangel an Personal.

Das Buch beginnt – sehr passend und atmosphärenreich – in einem Bestattungsinstitut. Ohne langes Vorgeplänkel wird der Leser einfach mitten ins Geschehen geworfen und ist ebenso ahnungslos, worum es geht, wie die Person, welche anfangs die Hauptfigur spielt. Unterschiedliche weitere Handlungsstränge werden in den folgenden Kapiteln eröffnet, der Zusammenhang ergibt sich erst im Laufe der Zeit. Das Tempo ist durchwegs hoch, die einzelnen Szenen spannend. Unterschwellig schwingt stets eine gewisse Beklemmung mit, welche Andreas Winkelmann gekonnt durch seinen flotten Schreibstil kreiert. Rasant geht es von einem Schauplatz zum nächsten, von einer wesentlichen Figur zur anderen. Was wie lauter Einzelteile wirkt, wird aber schlussendlich logisch und verständlich zusammengeführt, das ungewöhnliche Motiv bündelt alle losen Fäden zu einem passenden Ende. Unter den Figuren tut sich speziell Lars Erik Grotheer hervor mit seinem Jemand, der die Handlung perfekt abrundet.

Nicht allzu brutal, dafür mit steter Spannung, die einen nicht loslassen lässt – so empfinde ich diesen neuen Thriller von Winkelmann. Nach ausgezeichneten Lesestunden kann ich dieses Buch nur weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 27.06.2024

Persönlich

Wisting und der ungewollte Verrat
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Eher zufällig kommt William Wisting zu einem Erdrutschunglück, wo er sich um erste Hilfestellungen kümmert. Am nächsten Tag steht fest: alle Bewohner konnten geborgen werden, Verletzte werden im Krankenhaus ...

Eher zufällig kommt William Wisting zu einem Erdrutschunglück, wo er sich um erste Hilfestellungen kümmert. Am nächsten Tag steht fest: alle Bewohner konnten geborgen werden, Verletzte werden im Krankenhaus versorgt. Aber dann kommt die große Überraschung: bei den Sicherungs- und Aufräumarbeiten wird eine Leiche gefunden, die nicht direkt mit dem Hangrutsch in Zusammenhang steht, denn Wisting entdeckt ein Schussloch am Opfer.

Zerstörte Häuser, verängstigte Menschen – ganz anders als üblich beginnt dieser Krimi mit einem Unglück, der Kriminalfall taucht erst später auf. Das Ganze ist dadurch aber um nichts weniger spannend, im Gegenteil, durch eine ganz persönliche Verstrickung Wistings in die Angelegenheit wird die Dramatik eher noch gesteigert. Der ansonsten sehr besonnene und klug agierende Kommissar steckt diesmal in einer Zwickmühle, ob seine Art der Problemlösung die richtige ist? Wer William Wisting bereits kennt, wird sich über dieses Wiedersehen freuen, das natürlich auch seine Tochter Line und seine Enkelin Amalie mit einschließt. Wisting als Ermittler und gleichzeitig als fürsorglichen Vater und Opa zu begleiten, bietet eine sehr schöne Sicht auf dessen Persönlichkeit und untermalt die Polizeiarbeit auf sehr angenehme Weise. Dazu kommt der wunderbar flüssige Schreibstil Jørn Lier Horsts, der den Leser von Anfang an mitnimmt und durchwegs fesselt bis zum gekonnt herbeigeführten Ende.

Realistische Szenen, gut vorstellbare Figuren, eine durchdachte Handlung – alles, was man von einem guten Krimi erwarten darf, bietet auch dieser spezielle Fall von „Wisting“. Ich habe mich bestens unterhalten und empfehle den „ungewollten Verrat“ daher sehr gerne weiter.

Veröffentlicht am 26.06.2024

Briten

Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null
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Bad Oeynhausen, 1945: Nach kurzer amerikanischer Besatzung übernehmen die Briten die Herrschaft und errichten mitten im Kurort Bad Oeynhausen ihr Hauptquartier. Die bisherigen Bewohner werden kurzerhand ...

Bad Oeynhausen, 1945: Nach kurzer amerikanischer Besatzung übernehmen die Briten die Herrschaft und errichten mitten im Kurort Bad Oeynhausen ihr Hauptquartier. Die bisherigen Bewohner werden kurzerhand vor die Tür gesetzt und müssen bei Verwandten oder in Lagern unterkommen. Während Anne in eine primitive Baracke vor der Stadt zieht, marschiert ihre frühere Freundin Rosalie zu einem Bauernhof, wo sie gegen Mithilfe bei Stall- und Hausarbeit eine kleine Kammer und Kost bekommt. Während die eine gegen die britische Bevormundung aufbegehrt, versucht die andere, sich mit den Besatzern zu arrangieren.

In kurzen, übersichtlichen Kapiteln stellt Theresia Graw die Geschichte von Anne und Rosalie dar, verquickt historische Fakten mit romanhaften Elementen zu einem besonderen Ganzen. Von der ersten bis zur letzten Seiten herrscht spürbare Lebendigkeit, man erkennt das Herzblut der Autorin, welches in jeder einzelnen Zeile steckt. Detaillierte Recherchen lassen überaus realistische Szenen entstehen, die einem bisweilen den Atem stocken lassen über die Gräuel, welche auch nach dem Krieg noch zu erdulden waren – mit ein paar persönlichen Habseligkeiten sind die Oeynhausener aus den eigenen vier Wänden vertrieben worden, Hunger und Kälte nagen an den ohnehin geschwächten Menschen, jeder Tag gleicht einem Kampf ums Überleben. Anne und Rosalie stehen als Beispiel für Schicksale, welche sich so oder ähnlich zugetragen haben und erinnern auch heute noch an jene schreckliche Zeit. Aber auch die Briten sind hervorragend charakterisiert, insbesondere ihre Art zu sprechen ist sehr treffend wiedergegeben.

Mit viel Feingefühl und stilistischer Wertigkeit erzählt Theresia Graw vom Grauen und vom Hoffen, vom Verzagen und vom Kämpfen. Die Blickwinkel von Anne und Rosalie beleuchten unterschiedliche Herangehensweisen, wobei keine besser ist als die andere, jeder muss seinen Weg finden und für sich zurechtkommen. Sehr emotionale und berührende Augenblicke darf der Leser mit den beiden jungen Damen erleben, und auch heute noch denkt man beim Lesen immer wieder darüber nach, wie man wohl selbst in solchen Situationen gehandelt hätte.

Ich bin auch von diesem Roman aus der Feder Theresia Graws sehr ergriffen und werde den Nachhall noch länger in mir spüren. Ein hervorragendes Buch aus historischen Gegebenheiten und einer wunderschönen fiktiven Handlung, ich empfehle es sehr, sehr gerne weiter!

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