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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.06.2024

Ein unruhiger Ruhesitz

Alter schützt vor Scharfsinn nicht
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Tommy und Tuppence sind endlich in den wohlverdienten Ruhestand getreten und haben sich von der Welt der Geheimdienste verabschiedet. In Beresford wollen sich die beiden zur Ruhe setzen, doch schon beim ...

Tommy und Tuppence sind endlich in den wohlverdienten Ruhestand getreten und haben sich von der Welt der Geheimdienste verabschiedet. In Beresford wollen sich die beiden zur Ruhe setzen, doch schon beim Einzug findet Tuppence in einem alten Buch eine merkwürdige Botschaft, die auf einen Mord hinweist. Als alte Secret Service-Hasen können die beiden es nicht lassen und nehmen die Spur auf, die weit in die Vergangenheit zurückreicht. Ein Cold Case, der unverhofft wieder „heiß“ wird.

Der 5. und letzte Band von Tommy und Tuppence und Agatha Christies letztes Werk. Ein doppelter Grund zur Wehmut, in die sich ein bisschen Bedauern mischt, da sich die so vielversprechend beginnende Geschichte immer mehr verläuft und sich in Schleifen, Rückblicken und Wiederholungen verliert. Agatha Christie scheint für Spionagegeschichten wenig Talent gehabt zu haben, obwohl mir ihre Tommy und Tuppence-Bände sonst immer außergewöhnlich gut gefielen.

Die Atmosphäre der Geschichte ist toll, der Fall sehr vielversprechend und auch die Charaktere gefielen mir sehr gut – so gut, dass ich dem Buch trotz der geradezu verheerenden Art wie die Kriminalhandlung auf der Strecke bleibt, noch mal 4 Sterne gebe. Allerdings ein Tipp für alle, die gerne noch mehr von Tommy und Tuppence lesen möchten: Das Buch „N oder M?“ sollte unbedingt als erstes gelesen werden. In diesem Band gibt es viel zu viele und viel zu detaillierte Rückblicke darauf, sodass man gut gespoilert wird.

Ich liebe die Tommy und Tuppence-Bände, aber dieses Buch weist erhebliche Schwächen im Story-Aufbau aus. Sehr schade, weil einem damit eine an sich sehr schöne Lektüre etwas verdorben wird.

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Veröffentlicht am 27.08.2022

Solide, aber unspektakulär

Die Stadt der Dolche
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Sie ist der Inbegriff von Reichtum, Macht und Verrat: die Stadt Tumanbay, Sitz des Sultans, Heimat des größten Sklavenmarktes und der reichsten Kaufleute. Hier ist alles in einem Wimpernschlag möglich: ...

Sie ist der Inbegriff von Reichtum, Macht und Verrat: die Stadt Tumanbay, Sitz des Sultans, Heimat des größten Sklavenmarktes und der reichsten Kaufleute. Hier ist alles in einem Wimpernschlag möglich: schwindelerregender Aufstieg und tiefster Fall. Dieses funkelnde Leben zwischen unglaublichen Möglichkeiten und grauenhaften Gefahren ist plötzlich bedroht von einer unbekannten, fremden Macht: Königin Maya – ausgerechnet von einer Frau, die in der männerdominierten Welt eigentlich nur eine Funktion hat, und dann auch noch aus einer unbekannten Provinz. Der Sultan kann nur drüber lachen, doch abgetrennte Köpfe, die bis in seinen Thronsaal gebracht werden, sind nur der Anfang.

Vollmundig angekündigt, großartig in Gold aufgemacht und von der Inhaltsangabe verlockt bin ich in dieses neue Fantasywerk eingetaucht. Nach beendeter Lektüre bin ich etwas ratlos zurückgeblieben. Den Vergleich mit Game of Thrones konnte ich verstehen, Gewalt, Sex und Verrat spielen auch hier eine große Rolle, wenn auch dankbarer Weise ohne exzessive Beschreibungen. Von 1001 Nacht und Aladdin fand ich nichts – dazu gehört für mich mehr als ein bisschen Wüstensand und ein Sultan. Die Geschichte selbst bietet nicht viel Neues, ist aber durchaus solide geschrieben. Mir fehlte Originalität und ein Charakter zum mitfiebern. An Protagonisten fehlt es nicht. Ständiger Perspektivwechsel gibt dem Leser ein umfassendes Bild der Fantasywelt und der Ereignisse, doch am Ende wird hier nur mit neuen Namen bekanntes erzählt.

Es bleibt eine solide Fantasygeschichte, die aber unspektakulär bleibt und mich nicht zu fesseln verstand.

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Veröffentlicht am 30.10.2021

Der Fluch der Westerburgs

Das Petermännchen - Eine Geistergeschichte aus dem 13. Jahrhundert
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Das Petermännchen ist schon seit Jahrhunderten der Hausgeist des alten Rittergeschlechts der Westerburgs. Niemand weiß woher es kommt oder was seine Bestimmung ist. Für Rudolph, den letzten Nachkommen ...

Das Petermännchen ist schon seit Jahrhunderten der Hausgeist des alten Rittergeschlechts der Westerburgs. Niemand weiß woher es kommt oder was seine Bestimmung ist. Für Rudolph, den letzten Nachkommen der Westerburgs, wird das Petermännchen zu einem Mentor. Doch all seine Ratschläge scheinen nur zu guten Taten und einem tugendhaften Leben zu führen. Immer tiefer verstrickt das Petermännchen Rudolph ins Laster und schließlich zu Verbrechen.

Von diesem Klassiker der deutschen Schauerromantik habe ich mir viel versprochen – wahrscheinlich zu viel. Die Charaktere bleiben, auch wenn sie mit Namen und Hintergrundgeschichte ausgestattet sind, sehr schematisch und symbolverhaftet, ähnlich wie die eines Märchens: der Prinz, der böse Zwerg, die schöne Prinzessin. Man kann sich nicht recht einfühlen. Es bleibt eine große Distanz zwischen der Geschichte und dem Leser. Die Motivation und Charakterentwicklung bleibt auf der Strecke. Rudolphs negative Entwicklung wirkt sprunghaft und nicht nachvollziehbar. Ich hätte mir eine komplexer ausgearbeitete Geschichte und mehr Charaktertiefe gewünscht.

Sehr schön umgesetzt ist allerdings die schillernde Figur des Petermänchens. Anfangs fragt sich auch der Leser, warum diese Figur durch Klappentext und Vorwort als teuflisch bezeichnet wird. Seine Ratschläge klingen gut, richtig und zielführend. Rudolph ist ein sympathischer, junger Ritter mit wirklich ehrenhaften Absichten. Sehr subtil wird man an die wahren Absichten des Petermännchens herangeführt – doch dann wird die Entwicklung sprunghaft, auch mal unlogisch und unmotiviert und nicht zuletzt viel zu schnell.

Mit der Auflösung der Hintergrundgeschichte wird meines Erachtens zu lange gewartet. Sie macht den Schluss noch mal spannend und interessant, rettet das Buch auf 3 ½ Sterne, aber als Leser hätte man doch gerne schon vorher ein paar Informationen bekommen, nur um bei der Stange zu bleiben. Die ausufernde Moral der Geschichte, die dem Leser am Ende zu mal ausführlich darlegt, was er jetzt daraus lernen könne, ist noch mal ein sehr zäher Brocken, den sich der Autor hätte sparen können. Er war bereits innerhalb des Buches deutlich genug.

Alles in allem: Ein durch lesenswertes Rittermärchen mit schönen Prinzessinnen, magischen Gegenständen, exotischen Kreuzzugsszenarien, verzauberten Türmen und tapferen Rittern. Die Umsetzung hält den Leser leider auf Distanz, lässt ihn mit einigen zähen Szenen kämpfen und bei Entwicklungssprüngen etwas atemlos um Anschluss kämpfen. Das Book on Demand hat zudem mit ein paar Publikationskrankheiten zu kämpfen, wie fehlerhaften Fußnoten und hapernder Rechtschreibung bzw. Zeichensetzung. Daran erkennt man, dass BoDs entweder kein oder ein sehr mangelhaftes Lektorat durchlaufen,

Das Buch ist durchaus lesenswert und interessant, doch muss man sich auf ein paar Besonderheiten in der Erzählweise einlassen.

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Veröffentlicht am 10.07.2021

Ein schönes Pferdebuch für Erwachsene

Pferdemähnen und Apfeltorten
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Als den drei Freundinnen Ricca, Karla und Nike ihre Wohnung gekündigt wird sind sie erstmal schockiert. In Kiel ist bezahlbarer Wohnraum knapp. Doch dann bietet sich den dreien außerhalb eine großartige ...

Als den drei Freundinnen Ricca, Karla und Nike ihre Wohnung gekündigt wird sind sie erstmal schockiert. In Kiel ist bezahlbarer Wohnraum knapp. Doch dann bietet sich den dreien außerhalb eine großartige Chance: Mit dem gemütlichen Appelhof, der für sie schon immer eine Zuflucht war, erfüllen sie sich einen Traum, von dem sie gar nicht wussten, dass sie ihn hatten. Zwar liegt der Hof etwas abgelegen und er ist auch renovierungsbedürftig, aber das kann die jungen Frauen nicht bremsen. Einsamkeit kommt nicht auf, mit ihren Pferden sind sie überglücklich – doch dann droht ihnen Neid und Gier einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Ich liebe Pferdebücher und so konnte ich auch dieser Geschichte nicht widerstehen. Schön geschrieben, sehr sympathische Charaktere und ein warmherziger Plot machen dieses Buch zu einem schönen Leseerlebnis. Leider fand ich die Charaktere nicht ganz ausbalanciert. Von Ricca und Karla erfährt man relativ wenig. Sie scheinen ständig an einem vorbeizulaufen. Nike ist weiter ausgearbeitet und da aus ihrer Perspektive erzählt wird natürlich auch komplexer. Allerdings fehlte mir bei ihr etwas Pepp. Schon auf den ersten Seiten erfährt man, dass sie mit ihrem Studium nicht ganz glücklich ist – mehr als eine Randnotiz, die immer mal wieder auftaucht ist es allerdings nicht. Es gibt keine Gedanken darüber, wohin es gehen soll und selbst für eine Vogel-Strauß-Taktik war es mir etwas zu wenig. Ihre Beziehung zu Tjark war mir auch etwas zu steif und viel zu stagnierend aufgebaut. Ich habe nichts gegen eine sich langsam entwickelnde Beziehung, aber im Prinzip passiert hier lange nicht viel mehr als das man noch mal erfährt, dass Nike sich in ihn verliebt hat. Dann wird wieder in banales abgeschweift und seien es Dates, die unmotiviert inhaltsleer rüberkommen.

Interessant fand ich vor allem Nathalie, eine Nebenfigur, die gerne mit den drei Protagonistinnen befreundet wäre. Auch wenn dieser Charakter eigentlich negative Züge einer langweiligen Schwaflerin und etwas überkandidelten Pferdetussi tragen sollte, kam das in ihrer Ausarbeitung nicht rüber. Sie wird zwar auf Textebene so beschrieben, doch scheint sich der Charakter von der ihm zugedachten Rolle distanziert zu haben. Man sollte meinen, dass sei negativ, aber abgesehen davon, dass einen die zum Teil sehr harsche Ablehnung der drei Freundinnen etwas befremdet, ist Nathalie die lebendigste und sympathischste Figur des gesamten Buches. Hilfsbereit, freundlich, fröhlich, immer da, wenn Not am Mann ist und jederzeit bereit den dreien unter die Arme zu greifen, sind ihre Auftritte mein persönliches Highlight gewesen und machten sie zu meiner Lieblingsfigur.

Fazit: Ein schönes Pferdebuch für Erwachsene mit ein paar Schwächen in der Charaktergestaltung. Eine lesenswerte Geschichte mit viel Potential.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Mehr Mut sich von der Vorlage zu lösen

Skorpion und Klapperschlange
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Als Old Shatterhand und Winnetou dem völlig unbedarften Jeff Robinson begegnen, der auf der Suche nach dem Mörder seines Bruders ist, ist ihnen schnell klar, dass der junge Mann ohne ihre Begleitung im ...

Als Old Shatterhand und Winnetou dem völlig unbedarften Jeff Robinson begegnen, der auf der Suche nach dem Mörder seines Bruders ist, ist ihnen schnell klar, dass der junge Mann ohne ihre Begleitung im Wilden Westen scheitern wird. Ihr Weg führt sie nach Fort Worth, gerade als dort die Nachricht eintrifft, dass die Postkutsche mit der Tochter des Majors im Llano Estacado von Indianern überfallen wurde. Die beiden Westmänner brechen sofort zu einer Rettungsmission auf.

Ich kann einfach kaum einem Buch aus dem Karl-May-Verlag widerstehen und so musste ich natürlich auch zu diesem hier greifen. Vollmundig wird hier ein neues Karl May-Abenteuer versprochen mit all den Helden, die man aus dem großen Werk kennt von Winnetou und Old Shatterhand bis zu Bloody Fox und dem Missouri-Blenter. Schade ist, dass sich das Buch ein bisschen liest wie eine abgehakte Strichliste. Als hätte jemand dem dem Autor eine To-Do-List gegeben, auf der all das steht, was unbedingt im Roman auftauchen muss, von Charakteren bis zu Schreibelementen. So wirkt das ganze etwas unmotiviert. Jeff Robinson bleibt blass und bestenfalls albern, ein Siedlertreck, der nur für eine etwas gezwungene Liebesgeschichte vorhanden ist und Bloody Fox ist nur dabei, weil es im Llano Estacado spielt – im Übrigen so wenig präsent, dass es keinen Unterschied gemacht hätte, wenn er nicht dabei gewesen wäre.

Am Schlimmsten fand ich die Imitation von Karl Mays Sachinformationen. Während diese Abschnitte bei May zugegebenermaßen durchaus ausufernd sein können, bleiben sie doch meist eng an die erzählte Geschichte, ihre Motivation und Botschaft gebunden. Hier wirkt Old Shatterhand wie ein debiler Schwätzer mit der Aufmerksamkeitsspanne eines 2jährigen im Süßigkeitenladen. Dass Winnetou außerdem auf diesen knapp 300 Seiten mehr Dialoganteil hat als in zwei 500 Seiten-Romanen des Originals, lässt auch meine Lieblingsfigur sehr zweidimensional bleiben. Das permanente „Mein Blutsbruder dies und mein Blutsbruder das“ hilft auch nicht. Das liest sich gespreizt und unglaubwürdig.

Ich vergebe 3 ½ Sterne für diesen Abenteuerroman, der bei allen Schwächen eine durchaus solide Grundidee hat, spannend ist mit witzigen Elementen und den Leser auch mitnimmt. Mehr Mut zu einem eigenen Schreibstil hätte diesem Buch gut getan. Neue Geschichten mit den bekannten May-Helden lassen sich auch heute noch erzählen, doch sollte man davon Abstand nehmen wirklich alles am Vorbild auszurichten. Außerdem sollte in 300 Seiten nicht mehr untergebracht werden als sie auch fassen können. So wirken die beiden Trapper, die noch auftauchen ziemlich deplatziert. Sie haben mit keinem Element des Abenteuers zu tun und sind keinerlei Bereicherung. Wirklich schade, dass so viel Potential verschenkt wurde.

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