Eine Geschichte die nachwirkt
Nora und Florent lieben sich so innig, dass sie nichts als einander brauchen. Trotzdem entscheiden sie sich für ein Kind, doch schon kurz nach der Geburt spielt Tristane im Leben ihrer Eltern keine Rolle ...
Nora und Florent lieben sich so innig, dass sie nichts als einander brauchen. Trotzdem entscheiden sie sich für ein Kind, doch schon kurz nach der Geburt spielt Tristane im Leben ihrer Eltern keine Rolle mehr und ist auf sich allein gestellt. Erst mit der Geburt ihrer kleinen Schwester endet ihre Einsamkeit, Tristane übernimmt die Mutterrolle und gibt Laetitia all die Liebe und Geborgenheit, die sie schmerzlich vermisst...
Amelie Nothomb erzählt eine befremdliche und zugleich berührende Geschichte über absolute Liebe, Einsamkeit und Familienbande. Tristane ist ein hochintelligentes Kind, das schon früh versucht, den Eltern nicht zur Last zu fallen und den Erwartungen zu entsprechen. Verhaltensweisen, die dem Vater nicht angemessen erscheinen, werden von ihr unterdrückt, Aufgaben, die die Mutter überfordern, werden von ihr übernommen, ohne dass dies von den Eltern als ungewöhnlich empfunden wird. Nur ihre Tante Bobette erkennt ihre Intelligenz und Einzigartigkeit, ist aber mit ihrer eigenen Familiensituation überfordert. Obwohl sie ihre Kinder liebt, verbringt sie die meiste Zeit vor dem Fernseher, statt sich um sie zu kümmern, und sieht hilflos zu, wie ihre Kinder krank werden und Verhaltensauffälligkeiten zeigen.
Weniger subtil als gewohnt schildert Nothomb verschiedene Formen von Vernachlässigung, seelischen Verletzungen und emotionalem Schmerz, stellt das Verhalten ihrer Figuren bewusst zur Schau und betrachtet nüchtern die Auswirkungen. Die Distanz macht das Geschehen nicht weniger eindringlich, sondern schärft das Bewusstsein dafür, wie entscheidend die ersten Beziehungen für die eigene Entwicklung sind und welch große Verantwortung mit der Elternrolle einhergeht.
Ein psychologischer Roman, der nachdenklich stimmt und noch lange nachklingt.