Cover-Bild Freundschaft und Vergeltung
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25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Berlin Verlag
  • Themenbereich: Belletristik
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 352
  • Ersterscheinung: 27.06.2024
  • ISBN: 9783827014160
Helmut Krausser

Freundschaft und Vergeltung

Roman

Als über den Jahreswechsel 1965 vier Menschen an einem altehrwürdigen englischen College spurlos verschwinden, stehen nicht nur die anwesenden Lehrer und Schüler vor einem Rätsel – auch die polizeilichen Ermittlungen laufen ins Leere. Allein Anthony Brewer, ehemals Zögling des Knabeninternats und mittlerweile pensionierter Rechtsanwalt, lässt das damals Geschehene nicht los. Er hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, den Cold Case aufzuwärmen und das Raven-Hall-Mystery mit den Mitteln der Gegenwart zu lösen. Ein meisterhaft komponierter Roman mit originellen Twists und nachbebender Spannung.


»Krausser gehört eingeladen, besprochen und mit Preisen bedacht, vor allem aber gehört er gelesen. Denn so viele Genies, dass man es sich leisten könnte, einen Helmut Krausser weiter zu ignorieren, gibt es in Deutschland nun wirklich nicht.« Daniel Kehlmann/DIE ZEIT

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.07.2024

Viel Testosteron und ein Cold Case

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„Freundschaft und Vergeltung“ ist mein erstes Buch von Helmut Krausser, auf das ich nach Daniel Kehlmanns Lobeshymnen über den Autor sehr gespannt war.

Anthony Brewer, ein pensionierter englischer Rechtsanwalt, ...

„Freundschaft und Vergeltung“ ist mein erstes Buch von Helmut Krausser, auf das ich nach Daniel Kehlmanns Lobeshymnen über den Autor sehr gespannt war.

Anthony Brewer, ein pensionierter englischer Rechtsanwalt, war 1965 ein 17-jähriger Schüler des englischen Internats Raven Hall. In der Weihnachtszeit verschwanden damals auf mysteriöse Weise vier Menschen. Die Polizei tappte im Dunkeln, die Vermissten tauchten nie wieder auf, und Anthony lässt dies über die Jahre nicht zur Ruhe kommen. Bereits 1985 stellt er erste Nachforschungen an, und nach seiner Pensionierung nimmt er 2016 die Suche wieder auf.

Auch wenn der Plot nach einem Krimi klingt, würde ich das Buch nicht als solchen ansehen, und echte Krimifans werden vermutlich eher enttäuscht sein. Auch wenn zunächst vordergründig die Lösung des Falles im Fokus steht, wird im Laufe des Romans immer mehr deutlich, dass es eigentlich um ganz andere Themen geht – das testosterongeladene Klima an Knabeninternaten, die Kraft der Illusionen, die eigene Lebensbilanz und das Altern geht.

Ich tat mich zunächst schwer, emotionalen Zugang zu der Geschichte zu finden - als zu selbstgefällig und unsympathisch empfand ich die Charaktere, und zu abstoßend das von zu viel Testosteron geprägte Vokabular und die Atmosphäre am Knabeninternat. Insbesondere die zentrale Figur Christan Bradshaw nervt durch ihre sexistische, spätpubertäre und selbstgefällig-großspurige Art massiv. Die Einstellung sowohl der Schüler als der männlichen Lehrkräfte zu sexueller Nötigung gegenüber Frauen ist erschreckend. Das mag 1965, lange vor #MeToo, noch Realität gewesen sein, ist aber dennoch beim Lesen schwer erträglich. Generell würde ich dieses Buch klar als einen „Männerroman“ bezeichnen.

Krausser Schreibstil ist flüssig zu lesen, das Buch ist spannend und wendungsreich geschrieben, strukturell geschickt aufgebaut mit einer Mischung aus Rückblenden, Augenzeugenberichten, Polizeiprotokollen und Anthonys Leben in der Gegenwart. Insbesondere das Spiel mit den Erwartungen und Illusionen hat mir sehr gut gefallen.

Ich lege dieses Buch mit gemischten Gefühlen zur Seite. Zu viele Fragen bleiben für mich unbeantwortet, um zufrieden mit dem Buch abschließen zu können, und eine echte Nähe zu den Figuren konnte ich nicht entwickeln. Der Ich-Erzähler Anthony war für mich nicht griffig genug, um die Auswirkungen der damaligen Ereignisse auf sein späteres Leben konkret nachvollziehbar zu machen, hier bleibt mir das Buch zu vage. Insgesamt hatte ich mir angesichts der Vorschusslorbeeren deutlich mehr erwartet und das Buch wird mir nicht nachhaltig im Gedächtnis bleiben.

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