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Veröffentlicht am 15.02.2024

Wertvolle Botschaft

Der Wortschatz
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In "Der Wortschatz" von Rebecca Gugger und Simon Röthlisberger findet Oscar eines Tages beim Lochbuddeln eine große Truhe, doch vom Inhalt ist er anfangs enttäuscht, denn in ihr befinden sich nur Wörter. ...

In "Der Wortschatz" von Rebecca Gugger und Simon Röthlisberger findet Oscar eines Tages beim Lochbuddeln eine große Truhe, doch vom Inhalt ist er anfangs enttäuscht, denn in ihr befinden sich nur Wörter. Doch schnell bemerkt er, was er mit diesen Wörtern bewirken kann, denn als er mit dem Wort "quietschgelb" einen Igel trifft, hat dieser plötzlich genau diese Farbe.
"Der Wortschatz" erzählt nicht nur eine nette Geschichte von einem Jungen und einem ungewöhnlichen Fund, sondern zeigt auch, welche Macht Wörter haben können. Das Buch erklärt in kleiner Form, wie Sprache Realität erschafft. Das schon im Kindesalter beizubringen, kann ganz wichtig sein, denn später ist dieses Konzept nur schwierig greifbar und doch ist es so wichtig! Das Buch kann einem nicht nur aufzeigen, dass man vorsichtig sein sollte wie man mit anderen Menschen spricht, sondern auch später helfen, dass man die Wichtigkeit des Genderns versteht!
Optisch ist das Buch auch gut aufgemacht. Wir sehen die Wörter, mit den Oscar "experimentiert, die dadurch hervorgehoben sind, dass sie aus dem Text herausgenommen sind und Teil der Bilder sind. Ein Bilderbuch, wie es sein sollte, bei dem Bild und Text in Verbindung stehen und das eine ohne das andere nicht funktioniert. Es gibt viel zu entdecken für Kinder. Wenn Oscar auf der einen Doppelseite die Wörter über die Schulter wirft und wir auf der nächsten Doppelseite die Auswirkungen sehen, ohne dass der Text uns alles erklärt, schärft das nicht nur das genaue Beobachten, sondern die Kinder arbeiten aktiv an ihrem Wortschatz und das mit netten und teils lustigen Illustrationen.
Ein Punkt, der mich etwas stört, ist, dass Oscar später im Buch dazu motiviert wird, sich selbst Wörter auszudenken, wenn im die vorgegebenen Wörter ausgehen. Einerseits schult es zwar die Kreativität und in der deutschen Sprache ist viel möglich, aber im späteren Schulalltag sollten sie vielleicht nicht allzu viele Wörter erfinden, wenn sie nicht weiterwissen.
Trotz des kleinen Mankos ein sehr gelungenes Buch, das meinen (noch imaginären) Kindern bestimmt vorgelesen wird! Derzeit musste der Hund herhalten.

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Veröffentlicht am 05.06.2023

Powerfrauen auf Side Quests

Die Prinzessinnen: Fünf gegen die Finsternis
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Mit "Die Prinessinnen" liefert Christian Endres ein neues Fantasy-Werk, bei dem nicht nur eine starke Frau vorhanden ist, nein, es stehen gleich fünf von ihnen im Mittelpunkt. Und da sind wir auch schon ...

Mit "Die Prinessinnen" liefert Christian Endres ein neues Fantasy-Werk, bei dem nicht nur eine starke Frau vorhanden ist, nein, es stehen gleich fünf von ihnen im Mittelpunkt. Und da sind wir auch schon bei dem Punkt, der mich überhaupt erst auf das Buch aufmerksam gemacht hat. Der Titel und das Cover lassen die Leser:innen genau solche Figuren erwarten und sie werden keineswegs enttäuscht. Die Prinzessinnen in diesem Roman können kämpfen, besser als so ziemlich jeder Mann und alle anderen Wesen, nehmen kein Blatt vor den Mund und leben ihre Sexualität so aus, wie sie es möchten. Sie sind also in keiner Hinsicht die typische Frau aus einem Fantasyroman und das ist gut so!
Bestimmt ist der Roman kein poetisches Meisterwerk, das die Leser:innen mit Tiefgang und großen Gedanken in eine tiefe Nachdenklichkeit versetzt, dafür nimmt er sie mit auf ein Abenteuer voller Gefahren und großer Emotionen. Manchmal scheint es zwar so, als ob die Prinzessinnen auf einer großen, unbekannten Quest ständig von Nebenquests abgelenkt werden, aber am Ende fügt sich alles zusammen. Dadurch ist es am Anfang schwierig in den Roman hineinzufinden, aber bald wachsen einem die Prinzessinnen ans Herz und die Handlung nimmt auch schnell Fahrt (oder Ritt?) an.
Ein weiteres Manko für mich, und das ist Meckern auf sehr hohem Niveau: Der Roman wurde von einem Mann geschrieben.

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Veröffentlicht am 14.05.2023

Eine ganz besondere Frau

Die einzige Frau im Raum
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Seit ich durch mein Diplomprojekt über in Vergessenheit geratene Österreicher:innen auf Hedy Lamarr gestoßen bin, bin ich von dieser Frau begeistert (weshalb ich sie auch in meinen Geschichtsunterricht ...

Seit ich durch mein Diplomprojekt über in Vergessenheit geratene Österreicher:innen auf Hedy Lamarr gestoßen bin, bin ich von dieser Frau begeistert (weshalb ich sie auch in meinen Geschichtsunterricht eingebunden habe). Marie Benedict widmet dieser Frau nun einen ganzen Roman und berichtet über alle Facetten ihres Lebens.
Hey Lamarr, eigentlich Hedwig Kiesler, hat als Schauspielerin in Wien begonnen, bis der herrische Waffenfabrikant Friedriech Mandl sie heiraten wollte. Aus Schutz gegen den immer stärker werdenden Antisemitismus in Europa ging sie die Ehe ein, doch als die Umstände immer schlimmer werden flieht sie nach Amerika und beginnt in Hollywood ein neues Leben als Filmstar. Soweit die Geschichte, die den meisten über Lamarr bekannt ist, Benedict beleuchtet jedoch auch die unbekannteren, jedoch viel wichtigeren Aspekte ihres Lebens. Die Aspekte weshalb Hedy Lamarr eine Ikone der Frauengeschichte ist!
Der Roman ist sprach gut aufgebaut, passt in die Zeit, in der er spielt und berührt und schockiert die Leser:innen. Manche Erklärungen zu historischen Umständen wirkten jedoch unpassend und aufgezwungen.

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Veröffentlicht am 07.12.2020

Thriller? Reportage? Cronica?

Der erste Tote
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In Tim MacGabhanns Debütroman finden die beiden Journalisten Andrew und Carlos die Leiche eines jungen Studenten in Mexiko. Schnell wird diese von der Polizei weggebracht. Carlos geht der Sache nach und ...

In Tim MacGabhanns Debütroman finden die beiden Journalisten Andrew und Carlos die Leiche eines jungen Studenten in Mexiko. Schnell wird diese von der Polizei weggebracht. Carlos geht der Sache nach und bezahlt dies mit seinem eigenen Leben.
MacGabhann nimmt die Leser.innen mit auf eine Reise in ein Mexiko, das sich so normalerweise nicht der Öffentlichkeit zeigt. Er zeigt die dunkle Seite, von der die meisten vermutlich bescheid wissen, dies aber bewusst verdrängen. Er zeigt auf, wie wenig ein Menschenleben in Mexiko wert ist, vor allem wenn dieses Leben einem neugierigen Journalisten gehört. Der Autor berichtet von den noch immer anhaltenten Kriegen rund um die Ölvorkommen in einem der umstrittensten Länder der Welt. Hierbei hilft seine jahrelange Erfahrung als Journalist, bei der er selbst aus Mexiko berichtet hat.
Sein Roman ist somit auch eine Mischform, die am Anfang etwas fremd auf die Leser.innen wirkt, jedoch perfekt zu dem Thema und den Protagonisten passt. Sein Buch präsentiert sich als Thriller, der jedoch nicht von einem unzerstörbaren Polizisten oder Detektiv vorangetrieben wird, sondern von einem Journalisten, der selbst unsicher ist und Angst hat vor dem Wespennest, in das er sticht. Durch den journalistischen Protagonisten ist der Roman geprägt von Gesprächen, Recherchen und Interviews. Actionszenen muss man suchen, doch sie fehlen auch nicht. MacGabhann selbst bezeichnet seinen Roman als Mischung aus Thriller und Cronica, einer literarischen Form aus Mexiko, bei der Reportage und Roman vermischt werden, um über die Realität berichten zu können, ohne die Kartelle und den Tod fürchten zu müssen. Dies ist MacGabhann meisterhaft gelungen.
Sein Schreibstil erinnert an Hunter S. Thompson und passt somit perfekt in die Unterwelt von Mexiko. "Der erste Tote" liest sich als Hard-Boiled-Crime-Novel mit einen sensiblen Protagonisten und ganz viel Poesie. Diese Poesie mag dreckig und verkommen sein, doch dies macht sie nur noch viel schöner, denn sie bricht durch den ganzen Dreck und die verpestete Luft und bringt etwas Sonne und einen schönen Atemzug, zwischen dem ganzen Tod und der Gewalt.
Dazu kommt Andrew, der als Protagonist erst total fehl am Platz scheint. Andrew ist unsicher, möchte lieber nicht eingreifen um sich selbst zu schützen. Doch nach dem brutalen Mord an seinem Partner kann er nicht mehr wegschauen. Trotzdem bleibt Andrew sensibel, die Bilder an den Mord verfolgen ihn und oft versinkt er in seiner Trauer und seinen Gefühlen. Als Mann der Schwäche, Liebe und Unsicherheit zeigt, ist er etwas ganz besonderes in der Literatur, das es leider viel zu selten gibt, obwohl es doch so wichtig ist!

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Veröffentlicht am 03.07.2024

Und täglich grüßt der Sexismus

Death. Life. Repeat.
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In "Death. Life. Repeat." von Louise Finch erlebt Spencer wieder und wieder den selben Tag und zwar nicht nur irgendeinen Tag, sondern der erste Jahrestag des Todes seiner Mutter, an dem sein bester Freund ...

In "Death. Life. Repeat." von Louise Finch erlebt Spencer wieder und wieder den selben Tag und zwar nicht nur irgendeinen Tag, sondern der erste Jahrestag des Todes seiner Mutter, an dem sein bester Freund eine Party schmeißt, auf der eine Mitschülerin von einem Auto erwischt wird und stirbt - jetzt muss er den Schlüssen finden, der diese Zeitschleife unterbricht. Spencer und seine Freunde sind das Paradebeispiel für toxische Männlichkeit und Machoverhalten: auf ihre Partys werden möglichst viele Mädchen eingeladen, eine Beziehung braucht es nicht, denn dann kann man jede Party eine andere abschleppen, aber lasst uns nicht vergessen den Mädchen vorab eine "Sternbewertung" zu geben, die ja nicht über 3,5 von 5 hinaus geht und natürlich sinkt, wenn schon mal wer dran war, über Gefühle wird nicht geredet, auf den Partys gibt es möglichst viel Alkohol (Spence hat eindeutig ein schweres Alkoholproblem) - also nicht der sympathische Sunnyboy, der seinem Mädchen jeden Wunsch von den Augen abliest und immer nur ihre Gefühle im Sinn hat, absolut kein "perfect boyfriend"-Material, eher das "mir-wird-schlecht-wenn-ich-noch-mehr-über-dich-erfahre"-Material.
Der Roman spricht nicht nur sehr wichtige Themen an - erstrangig das Männer- und Frauenbild der Gesellschaft -, sondern ist auch fabelhaft geschrieben. Gemeinsam mit der Entwicklung, die Spencer durchmacht, verändert sich auch der Schreibstil. Er beginnt sehr abgehackt und emotionslos und umso näher Spencer der Auflösung des Rätsels kommt und die dunklen Dinge über seinen Freund aufdeckt, umso nüchterner er auch wird, umso klarer, flüssiger und tiefergehender wird auch der Schreibstil. Wenn es auch etwas vorhersehbar ist - nicht alle sind so naiv wie Spencer - ist es ein komplett durchgeplantes und lehrreiches Buch!

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