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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.09.2024

Stark, tiefgründig, erbarmungslos schmerzhaft

Mein drittes Leben
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Der Abgrund, in den Linda sieht, ist endlos. Die Verzweiflung und Machtlosigkeit ebenso. Nach dem Tod ihrer einzigen Tochter existiert sie selbst nur noch als leere Hülle, deren Berechtigung zur Existenz ...

Der Abgrund, in den Linda sieht, ist endlos. Die Verzweiflung und Machtlosigkeit ebenso. Nach dem Tod ihrer einzigen Tochter existiert sie selbst nur noch als leere Hülle, deren Berechtigung zur Existenz mit einem großen Fragenzeichen versehen ist. – Wer ist sie denn noch, wenn ihre Tochter nicht mehr da ist? War sie Sonja eine gute Mutter? Warum hat sie so oft an ihrem Kind gezweifelt? Hätte sie mehr für Sonja tun müssen?

In schlichten und doch klaren und starken Worten nimmt Daniela Krien die Leser:innen ihres Buches mit auf eine zutiefst emotionale Reise. Wie der Verlust eines Kindes, des einzigen Kindes, ein Leben von einem Augenblick auf den nächsten bedeutungslos werden lässt; wie eine Paarbeziehung, eine Ehe plötzlich in Trümmern liegt, weil sie in den Abgrund stürzt, während er allmählich und unter großen Anstrengungen wieder zur Kante emporklimmt. Wie dumpf die Welt und das ganze Dasein empfunden werden kann, weil ein Mensch fehlt…

Das Buch ist schonungslos in den tiefen und depressiven Stimmungen, in die es den Leser / die Leserin führt, es zieht beim Lesen herunter, macht traurig, nachdenklich. Lindas Leid ist übermächtig, was auch die Leser:innen deutlich selbst erspüren. Und dennoch ist es ein schönes, wenn auch sehr trauriges Buch, weil es stimmig ist, weil es wahr ist – und, weil es weh tut.

Achtung, ab hier Spoiler!

Der Moment, in dem Linda ihren Lebenswillen und kleine, aber doch positive Dinge für sich wiederentdeckt, war ein emotionaler Befreiungsschlag! Wie kraftvoll sie ins Leben zurückkehrt, indem sie das Leben anderer lebenswerter macht – durch ihre Gesellschaft und / oder finanzielle Unterstützung, war herrlich mitanzusehen.

Das offene Ende mag Geschmackssache sein, ich empfand es als sehr passend. Ein emotional anspruchsvolles und doch zugleich wunderbares Buch!

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Veröffentlicht am 05.08.2024

Phantasievolle, tierische Weltreise mit etwas Luft nach oben

Die große Weltreise durch den Zoo
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Die Tiere im Zoo haben hart gearbeitet und sich eine Pause verdient. Was liegt da näher, als in Urlaub zu fahren? Kaum haben Zoodirektor Alfred Ungestüm und Ignaz Pfefferminz Igel diesen Plan gefasst beginnt ...

Die Tiere im Zoo haben hart gearbeitet und sich eine Pause verdient. Was liegt da näher, als in Urlaub zu fahren? Kaum haben Zoodirektor Alfred Ungestüm und Ignaz Pfefferminz Igel diesen Plan gefasst beginnt ein heiteres Chaos aus verschiedenen Wünschen und Charakteren, Reisezielen und subtil-lustigen Anspielungen, die auch erwachsene Vorleser zum Schmunzeln bringen.

Das Buch hatte auf Basis einer Leseprobe mein Interesse geweckt. Unheimlich warmherzige und lustige Dialoge, eingebettet in wunderbar kindgerecht illustrierte Seiten. Neben der Grundidee, dass die Tiere in verschiedene Länder ihrer Wahl reisen möchten, finden auch zahlreiche Anspielungen ihren Platz. So möchte zum Beispiel Anton Elefant unbedingt die ältesten Porzellanläden der Welt in China besuchen und die Lemminge unbedingt Bungeespringen ausprobieren. Die Namenswahl der Tiere ist für mich ein weiteres Highlight des Buches – da wird aus Ferdi Faultier plötzlich Jean Paul Faultier, um Gisela Giraffe ihren Wunsch zu erfüllen, die große Mode in Paris zu erleben.

Kurzum: Die Idee der Geschichte ist herrlich, warmherzig und lustig (lest unbedingt vor! Eddie Ameisenbär bringt die Zuhörer garantiert zum Lachen und die Vorleserin / den Vorleser an die Grenzen des Möglichen 😉).

Was ich persönlich ein bisschen schade fand, war, dass die Tiere nur relativ oberflächlich in ihren jeweiligen Urlaubsszenen zu erleben sind. An der Stelle hätte ich mir etwas mehr Zeit mit jedem einzelnen gewünscht, um die Charaktere hinter dem Urlaubsziel besser zu verstehen und damit auch Kindern (womöglich) einen besseren Zugang zu ihren eigenen Wünschen zu geben. Es gibt noch mehr Teile der Reihe, die wir nicht besitzen, in der Gesamtschau oder mit etwas Vorwissen ergibt sich bestimmt ein anderer Eindruck.

Das Ende empfand ich als zu abrupt. Eben noch in der Fledermausvilla, ergibt sich plötzlich eine komplett andere Szenerie und das Buch ist beendet. Als kleines Extra findet sich ganz hinten im Buch eine aufgeklebte und herauslösbare Postkarte von einem der Zoobewohner. Kleine Leserinnen und Leser können damit ihre ganz eigenen Urlaubsgrüße an ihre Lieben zuhause schicken – eine süße Idee!

In der Gesamtschau ist das Buch eine empfehlenswerte, schöne, leichte Geschichte für Kleinkinder, konnte meine Erwartungen auf Basis der Leseprobe aber nicht ganz erfüllen. Der erste Eindruck der Charaktere war so toll, lustig und positiv, dass ich gerne mehr Zeit mit Ignaz, Eddie und Co. verbracht hätte. Ein paar Seiten mehr Inhalt hätten der Geschichte gut gestanden und ein fließenderes Ende möglich gemacht.

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Veröffentlicht am 05.07.2024

Nachdenklich machende Geschichte mit viel Tiefgang

Die Mitternachtsbibliothek
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Nora ist vom Leben gebeutelt und müde - lebensmüde. Als sie eines nachts ihrem Leben ein Ende bereiten will, findet sie sich nicht, wie erhofft, im Jenseits wieder, sondern in einer magischen Bibliothek. ...

Nora ist vom Leben gebeutelt und müde - lebensmüde. Als sie eines nachts ihrem Leben ein Ende bereiten will, findet sie sich nicht, wie erhofft, im Jenseits wieder, sondern in einer magischen Bibliothek. Der Beginn einer spannenden Reise, die eigentlich das Ende sein sollte, und viele kluge Fragen, was wir in unserem Leben ändern würden, hätten wir die Chance dazu.

Die ersten 50 Seiten dieses Buches haben mich nach unten gezogen. In die Welt einer Frau, die mit ihrem Leben abgeschlossen hat. Es ist, selbst beim Lesen, ein unheimlich intensives Erlebnis und schwer auszuhalten, sich mit so harten und verletztenden Gedanken zu konfrontieren, wie es Nora tut. Die Verzweiflung der unfassbar intelligenten Hauptfigur ist nahezu mit Händen greifbar. Doch dann betritt sie die Bibliothek und ihr stehen all die Leben offen, die sie nie gelebt hat, die Chance, Entscheidungen, die sie heute zutiefst bereut, ungeschehen zu machen. Das klingt unheimlich verlockend - auf den ersten Blick zumindest.

Matt Haig hat mit wunderbaren und klaren Worten einen Kosmos psychischer Tiefe, Verletzlichkeit und Wissenschaft geschaffen, der den Leser / die Leserin mit in unendliche Lebens-Möglichkeiten zieht.

Dieses Buch hat Gewicht und zugleich eine unheimliche Leichtigkeit, weil eines ganz klar wird: Es liegt an uns. Jede/r von uns kann zu jedem Zeitpunkt in ihrem/seinem Leben (wieder) Entscheidungen treffen und damit den Lauf der Dinge für immer verändern.

Eine absolute Empfehlung für alle, die Bücher mit Tiefgang lieben oder gerade selbst in einer Phase der Sinnsuche, Perspektive und Neuorientierung sind.

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Veröffentlicht am 09.11.2024

Spannende Idee, tolles Buch - aber nicht Fitzeks bester Psychothriller

Das Kalendermädchen
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Olivia bangt um das Leben ihrer Adoptivtochter Alma. Um das Mädchen zu retten, muss sie sich auf eine unfassbare Reise in die Vergangenheit begeben und herausfinden, wer Almas leibliche Mutter ist. Dabei ...

Olivia bangt um das Leben ihrer Adoptivtochter Alma. Um das Mädchen zu retten, muss sie sich auf eine unfassbare Reise in die Vergangenheit begeben und herausfinden, wer Almas leibliche Mutter ist. Dabei stößt sie auf eine moderne urbane Legende, "das Kalendermädchen", und den wohl schrecklichsten lebendigen Adventskalender, den man sich vorstellen kann.

Sebastian Fitzeks neuer Psychothriller "Das Kalendermädchen" kommt mit einer zur Jahreszeit passenden, außergewöhnlichen Story daher, die schnell mein Interesse geweckt hat. Die geniale Sonderausstattung der ersten Auflage war das Sahnehäubchen, die Kaufentscheidung eine sehr leichte.

Die Geschichte spielt auf insgesamt drei Zeitebenen, was es nicht immer leicht macht, die Orientierung zu behalten. Ich gehe davon aus, dass genau das auch gewollt ist. Sprachlich bleibt sich Fitzek treu, der Psychothriller liest sich sehr flüssig und ansprechend.

Anders als sonst, habe ich gut die Hälfte des Buches benötigt, um für mich richtig in den Sog der Story zu finden. Charaktere, Namen und auch die Geschehnisse konnten mich nicht richtig packen. Besonders habe ich mit den umgedichteten weihnachtlichen Verszeilen zu kämpfen gehabt. Statt mir das Blut in den Adern gefrieren zu lassen, kam mir des Öfteren ein "Echt jetzt..?!" der enttäuschten Art in den Sinn.

Ab der Hälfte gewann die Handlung deutlich an Dynamik und erste Zusammenhänge begannen offenkundig zu werden. Ab diesem Moment konnte ich das Buch dann auch nicht mehr aus der Hand legen, weil es auf eine Art fesselnd war, die ich so bei Fitzek auch noch nicht kannte. Es ging dabei weniger um das Auflösen der (Hoch-)Spannung, sondern eher darum, herauszufinden, ob meine eigenen Mutmaßungen zu den persönlichen Verstrickungen der diversen Charaktere und ihren jeweiligen Rollen in diesem umfangreichen Konstrukt zutreffend waren oder sich überraschend doch etwas ganz Anderes ergab. - Und es gab eine angenehme Vielzahl von ungeahnten Zusammenhängen und nicht vermuteten Hintergründen.

Alles in allem daher ein gelungener weihnachtlicher Psychothriller, wenn auch für mich nicht so fesselnd und verstörend wie andere Bücher des Autors.

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Veröffentlicht am 06.09.2024

Überraschend starkes Ende nach zähem Einstieg in die Geschichte

The Reappearance of Rachel Price (deutsche Ausgabe)
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Wie würdest du reagieren, wenn deine totgeglaubte Mutter plötzlich, nach 16 Jahren Abwesenheit, unvermittelt vor dir steht, während du und deine Familie dabei seid, mit einem Filmteam eine Doku über ihr ...

Wie würdest du reagieren, wenn deine totgeglaubte Mutter plötzlich, nach 16 Jahren Abwesenheit, unvermittelt vor dir steht, während du und deine Familie dabei seid, mit einem Filmteam eine Doku über ihr Verschwinden zu drehen?

Klappentext und eine Leseprobe haben mein Interesse auf ein temporeiches, außergewöhnliches Buch mit grandiosem Page-Overlay in der ersten Ausgabe geweckt. Leider habe ich dann über 200 Seiten benötigt, bis die Story für mich endlich Fahrt aufnahm, erste spannende Handlungsstränge sich entwickelten, die Charaktere an Farbe gewannen und sich die immer gleichen Fragen und Inhalte nicht mehr ständig wiederholten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits mehrfach überlegt, das Buch abzubrechen.

Hauptfigur Bel (Annabel) ist eine absolute Anti-Heldin, wirkt häufig unsympathisch, weist mit Blick auf ihre Mutter Rachel paranoide Züge auf und stiehlt, um "den Knoten in ihrem Bauch" zu besänftigen. Viele der Szenen, die im familiären Umfeld stattfinden, wirken überzogen und gekünstelt. Vielleicht sollte das als Stilmittel auf die Doku einzahlen, die über das komplette Buch hinweg gedreht wird, mich konnte es dahingehend nicht überzeugen. Zumal irgendwann klar wird: Jede einzelne Person in dieser Familie lügt und birgt ihr(e) Geheimnis(sse). Was spannend hätte sein können, hat mich in einer Vielzahl von Fällen schlicht genervt, weil Andeutung über Andeutung gemacht wurde und die Handlung einfach weiterging über etliche hundert Seiten.

Ab ca. Seite 200 begannen dann erste wirklich überraschende Entwicklungen und der Spannungsbogen baute sich nach einem zähen Einstieg merklich auf. Phasenweise ist es mir ab diesem Zeitpunkt wirklich schwer gefallen, das Buch noch aus der Hand zu legen - damit hatte ich nicht gerechnet! Das letzte Drittel des Buches birgt so viele Wendungen und unvorhersehbare Entwicklungen, dass ich am Ende froh war, es zu Ende gelesen zu haben. Auch weil Bel auf den letzten 150 Seiten eine echte Verwandlung macht, die eine Figur zur Folge hatte, mit der ich mich deutlich besser identifizieren konnte.

Komplett überzeugen konnte mich das Buch aufgrund des schwachen und langatmigen Einstiegs leider nicht, aber das starke und überraschende Ende hat viele der negativen Aspekte wettgemacht!

Der gewählte Sprachstil konnte mich nicht recht überzeugen, viel "Fuck" und Schnodderigkeit nehmen Raum ein und machen das Buch (vielleicht) eher tauglich für junge Erwachsene, womit die Zuordnung in die Young Adult-Kategorie ihre Berechtigung erfährt.

Wer Lust auf ein Leseexperiment hat, darf sich gerne trauen. Leider kann ich keine Vergleiche zu anderen Werken der Autorin ziehen, daher an dieser Stelle weder eine klare Empfehlung, noch eine klare Nicht-Empfehlung.

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